U-Boot auf dem Weg zur »Titanic« offenbar verschollen

"In einem nun aufgetauchten Videoclip eines nicht datierten Interviews gibt Stockton Rush zu, dass die Materialkombination aus Titan und Kohlefaser eigentlich nicht zulässig sei. »Ich habe einige Regeln gebrochen, um das [Tauchboot] herzustellen«, sagt er. »Es gibt eine Regel, dass man Titan und Kohlefaser nicht kombiniert – ich habe es getan.«

Tja, und warum hat er es getan?

"Er begründet diese Entscheidung damit, dass er als Innovator in Erinnerung bleiben wolle, der mit Konventionen gebrochen und Neues ausprobiert habe."

Ja, das ist ihm auch gelungen. Man wird ihn auch in Erinnerung behalten, als den Typen, der wegen seines aufgeblasenen Egos das Leben der Passagiere inklusive seines eigenen, leichtfertig aufs Spiel.

Darin durchaus wesensverwandt mit Andrews, dem Konstrukteur der Titanic.

Wenn ich mal eben zitieren darf aus meinem soeben eingestellten Titanic-Aufsatz:
------------
Butler beschreibt, mit welcher Obsession Andrews Schiffsführungen vornahm und dabei "vor Stolz nahezu platzte" (20) Vieles deutet darauf hin, daß er das große Schiff als eine gewaltige Erweiterung seines Ichs ansah - charakteristischerweise macht er auch keinen Versuch, in ein Rettungsboot zu kommen. Er legt nicht einmal eine Schwimmweste an. Vermutlich hätte man ihn nicht einmal mit einer vorgehaltenen Waffe dazu bewegen können, das sinkende Schiff zu verlassen. Sein Ende ist bekannt:

Zitat:
02.10 Uhr - Kapitän Smith entbindet die Funker Bride und Phillips von ihren Pflichten. 02.17 Uhr - Phillips arbeitet weiter und versucht, einen letzten Funkspruch abzusetzen. Kapitän Smith teilt den Besatzungsmitgliedern mit: >Jetzt muß jeder für sich sorgen.< Er kehrt auf die Brücke zurück und erwartet dort das Ende. Thomas Andrews, der Erbauer der Schiffs, wird zum letzten Mal allein im Rauchersalon der Ersten Klasse gesehen, wo er ins Leere starrt.
--------------------
 
Werbung:
Also, wenn ich das richtig sehe, gibt es da zwei denkbare Szenarien, und eine ist so schlimm wie die andere:

1. Das Tauchboot kann selbstständig überhaupt nicht richtig auftauchen und somit nutzt eine eine von innen zu öffnende Luke überhaupt nichts. Siehe das Auto unter Wasser Prinzip.

2.

"Die vergleichbaren Tauchboote anderer Betreiber haben teils die Möglichkeit, die Einstiegsluke von innen zu öffnen. Allerdings: Diese Tauchkapseln liegen, an der Meeresoberfläche schwimmend, derart tief im Wasser, dass bei geöffneter Luke sofort Wasser eindringen würde und sie binnen Minuten sinken. Ein Warten auf Hilfe bei geöffneter Luke wäre also auch dort nicht möglich."

Das nützt ja dann auch nichts. Meiner Meinung nach, muss da grundlegend etwas an der Konstruktion verändert werden. So oder so hat man ansonsten einen schwimmenden Sarg.

Ganz davon abgesehen, dass das Tauchboot in einigen km Tiefe verunfallt ist. Die Insassen hätte da nichts retten können, außer eben zu gewährleisten, dass die Hülle diesem Druck standhalten kann.
 
Gerichtsdokumente eines Prozesses zwischen OceanGate und David Lochridge, dessen ehemaligem Direktor für den Schiffsbetrieb, zeigen, dass es bereits vor Jahren Sicherheitsbedenken gab. Lochridge warnte unter anderem davor, das Material sei nicht ausreichend unter starkem Druck getestet worden. Versuche mit einem kleineren Modell hätten gezeigt, dass die Kohlefaser unter hohem Druck Schwachstellen aufwies. Zudem sei das in der »Titan« verwendete Guckloch nur für Tiefen von maximal 1300 Metern zugelassen.

 
Also, wenn ich das richtig sehe, gibt es da zwei denkbare Szenarien, und eine ist so schlimm wie die andere:

1. Das Tauchboot kann selbstständig überhaupt nicht richtig auftauchen und somit nutzt eine eine von innen zu öffnende Luke überhaupt nichts. Siehe das Auto unter Wasser Prinzip.

2.

"Die vergleichbaren Tauchboote anderer Betreiber haben teils die Möglichkeit, die Einstiegsluke von innen zu öffnen. Allerdings: Diese Tauchkapseln liegen, an der Meeresoberfläche schwimmend, derart tief im Wasser, dass bei geöffneter Luke sofort Wasser eindringen würde und sie binnen Minuten sinken. Ein Warten auf Hilfe bei geöffneter Luke wäre also auch dort nicht möglich."

Das nützt ja dann auch nichts. Meiner Meinung nach, muss da grundlegend etwas an der Konstruktion verändert werden. So oder so hat man ansonsten einen schwimmenden Sarg.

Man darf bei alledem nicht vergessen. Die modernsten U-Boote, für die gewissermaßen unbegrenzt Geld vorhanden ist (Armee) tauchen 1000 Meter tief. (Grafik Artikel) Die Titan 4-mal tiefer. Wenn man sich das Verhältnis anschaut, glaube ich nicht, dass mehr Technik, mehr irgenwas..großartig was geändert hätte. Wenn das alles so simpel wäre, dann würden es schon gemacht werden...vom Militär.

Das Verwerfliche in dem Fall ist, dass das Risiko bekannt war und auf fatalistische Art und Weise Geld damit verdient wurde.
Es war von vornherein klar, dass ein Erstfall immer eine tödliche Katastrophe ist und deswegen wurde alles, was vermeintlich unnötig ist, weil es keine effektive nutzbare Sicherheit bringt, auch nicht eingebaut.
 
Diverse Verbundstoffe und/oder Keramiken können auch durchaus stabiler und damit belastbarer sein als Stahl. Ein anderer Aspekt ist allerdings auch, wie die Stoffe bei hohen Lasten reagieren. Stahl lässt sich ja durchaus verformen, ohne dass es bricht, währen Keramiken o.ä. häufig spröde sind - also schneller Risse aufweisen und dann ggf. Wasser unter Hochdruck reinlassen, wo Stahl sich vielleicht "nur" etwas verformen würde.
Grundsätzlich ist es ja so, dass Verbundstoffe andere Eigenschaften haben, als die einzelnen Stoffe für sich. Beton ist das so ein Fall. Deswegen sag ich ja, dass kann man nicht verallgemeinern.

In dem ZDF-Artikel, den @Tommy verlinkt hat, hieß es, dass mit dem neuen Design auch neue Testverfahren nötig gewesen wären. Das verstehe ich tatsächlich nicht. Die Belastbarkeit unter Druck sollte sich eigentlich für alle Kleinfahrzeuge dieser Art gleichartig testen lassen. Einzig die theoretischen Überlegungen über Stabilität sind bei Kugeln und Zylindern unterschiedlich... die Berechnungen sind bei Zylindern auch nicht so viel komplizierter als bei Kugeln.
In dem Artikel ging es um Vorwurf, dass es keine Zertifizierung für 4000 Meter gab. Es gibt halt keinen, der das machen könnte. So war die Aussage des Besitzers. Keine Norm, Kein Gutachten , keine Zertifizierung. Hört sich wie ein typisch deutsches Problem an. Kann ich nachvollziehen^^
 
Nein, aber unter extrem hohem Druck reagieren sie mit Sicherheit anders als z.B. Stahl.
Alles, außer Stahl, reagiert anders als Stahl.
Hier fehlte ein umfangreiches Testverfahren, denn U-Boote aus Verbundstoffen sind neu.
Kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff CFK ist es aber nicht. Der wird in der Raumfahrt und Industrie unter ähnlichen und höheren Drücken genutzt. Laut Besitzer hat er ja mit der NASA zusammengearbeitet. Und 400bar sind kein wirklich extremer hoher Druck.


Physikalisch gesehen.
 
Gerichtsdokumente eines Prozesses zwischen OceanGate und David Lochridge, dessen ehemaligem Direktor für den Schiffsbetrieb, zeigen, dass es bereits vor Jahren Sicherheitsbedenken gab. Lochridge warnte unter anderem davor, das Material sei nicht ausreichend unter starkem Druck getestet worden. Versuche mit einem kleineren Modell hätten gezeigt, dass die Kohlefaser unter hohem Druck Schwachstellen aufwies. Zudem sei das in der »Titan« verwendete Guckloch nur für Tiefen von maximal 1300 Metern zugelassen.

Nun gut, das ist ein anderer Artikel.
 
Ganz davon abgesehen, dass das Tauchboot in einigen km Tiefe verunfallt ist. Die Insassen hätte da nichts retten können, außer eben zu gewährleisten, dass die Hülle diesem Druck standhalten kann.

Ich weiß. Da gab es rein gar nichts mehr, was man hätte öffnen können.
Wir hatten vorhin nur hypothetisch darüber spekuliert, warum dieses Boot zu allem Überfluss nun auch noch so konstruiert wurde, dass sich die Luke nicht von innen öffnen lassen würde, selbst wenn es gelingen würde aufzutauchen.
 
Werbung:
Rush wusste ganz genau, was für eine Schrottkiste er da zusammen gehämmert hat.

Nach einem Bericht des Magazins Insider habe der Chef des Unternehmens Stockton Rush erzählt, dass Teile des U-Boots aus alten Kohlefasern einer Boeing gefertigt wurden.

Und man fasst es ja nicht: aus Kostengründen!!! Es gab Preisnachlass bei Boeing, da das Haltbarkeitsdatum der gekauften Teile überschritten war:

"Die Kohlefasern hatten ihre Haltbarkeitsdauer bereits überschritten. Aus diesem Grund waren sie für den Flugbetrieb der Boeing unbrauchbar geworden. Dennoch wurden sie für die Titan wiederverwendet und im Rumpf verbaut, das berichtet Arnie Weissmann, Chefredakteur der Travel Weekly. ..Nun enthüllt Weissmann laut Insider neue Details über die Instabilität des U-Boots. So habe Stockton Rush ihm erzählt, dass er „die Kohlefaser, aus der die „Titan“ hergestellt wurde, zu einem großen Preisnachlass von Boeing bekommen hatte, weil sie ihre Haltbarkeitsdauer für den Einsatz in Flugzeugen überschritten hatte.“

Nach einem BBC-Bericht erklärte Tiefseeerkundungs-Experte Rob McCallum, dass Kohlefaser grundsätzlich ein unbrauchbares Material für den Bau eines U-Boots sei. Er soll Stockton Rush mehrfach gebeten haben, den Betrieb einzustellen. Doch der OceanGate-Chef ignorierte diese Bedenken.

 
Zurück
Oben