Täterloyalität

Meine Frage wäre eher - warum macht das Kind als Erwachsener nicht einen kompletten Cut?
Die Antwort steht im Titel: Täterloyalität.

Durch den Missbrauch wurde das Kind innerlich derart "verdreht", dass es anstatt auf sich selbst zu hören und zu schauen, auf den Täter schaut. Anstatt die Wut über das geschehene auf den Täter zu richten, wird es wütend auf sich selbst. Anstatt den Täter zu hassen hasst es sich selbst. Die Gefühle dort hin zu richten, wohin sich gehören, geht oft mit Angst einher - das geht bis zur Todesangst. Das sind ganz normale Schutzmechanismen der Seele wenn man missbraucht wurde - umso ausgeprägter, wenn der Missbrauch durch enge Bezugspersonen begangen wurde. Diese Prägung aufzugeben dauert mitunter Jahrzehnte und braucht viel Bewusstwerdung über das, was geschehen ist. Dieser Weg führt aber auch dazu, dass man Angst und Schuldgefühle bekommt, wenn man es wagt daran zu denken dem Täter die Loyalität aufzukündigen und anfängt mit dem missbrauchten Kind in einem selbst loyal zu werden.
 
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Liebe wildsau

Danke dass du so ausführlich geantwortet hast, ich war zu platt dafür, es ist psychologisch sehr schwierig überhaupt an den Punkt zu kommen wo man dieses so als Wahrheit begreifen kann, noch mal schwieriger das dann so nach aussen zu bringen und nicht zu wissen wie andere darauf reagieren.
Man wartet ja eigentlich darauf dafür kritisiert und in Frage gestellt zu werden und ich bin sehr erleichtert dass die Antworten doch sehr unterstützend und einstimmig ausgefallen sind.

Deine beiden Beiträge drehen sich ja nun doch zum allergrößten Teil um die zweite Form der Täterloyalität - der des Systems.

Ja, da hast du Recht, weil es mit dem Erwachsenen-Ich wesentlich leichter ist die heutige Sichtweise darzustellen als Zugang zum Kindheits-Ich zu finden.

Ich kann ja teilweise nur raten wie es damals war, vieles wurde aus Überlebensgründen verdrängt oder vergessen, deshalb gibt es viele Lücken, es lässt sich nicht alles leicht rekonstruieren.
Manchmal hat man einen Flashback und sieht bestimmte Szenen oder man hat einen Trigger, das sind dann aber nur die Roh-Emotionen.
Was man konkret gedacht oder gefühlt hat ist teilweise zu verschwommen.

Mit deiner Frage zum Schluss:
stellt sich mir die Frage, ob du dir nicht nochmal die erste Form genauer anschauen solltest, und dir überlegen, wo du nach wie vor innerlich dem Täter loyal bist.

Ja, absolut !

Rückwirkend muss ich davon ausgehen dass ich als Kind sehr mitfühlend mit dem Täter war, es hat ihm innere Erleichterung verschafft mich zu schlagen und da ich symbiotisch mit seiner Identität verschmolzen war, waren seine Probleme auch meine,
seine Erleichterung hat mich auch erleichtert, es hat mir damals sicher nichts ausgemacht mir Schuld geben zu lassen, mir die Verantwortung für sein Wohlbefinden aufbürden zu lassen oder mich bei Misserfolg eben auch zu schämen.

Wahrscheinlich gibt es sehr viele Kinder, die unbewusst ihre Eltern heilen wollen weil sie in dem Alter diese ganz natürliche Liebe und Empathie in sich tragen.

Wenn man sich als Erwachsener von dem Täter trennt, dann kann es sein dass man das Kind mit dem Bade ausschüttet und sich auch von seiner eigenen Liebesfähigkeit und Empathie trennt, bei mir war es so.

Ich hatte den Eindruck dass ich durch meinen damaligen Selbstmordversuch bis heute auch irgendwie einen Teil meiner Seele verloren habe und ich möchte das Gute und Weiche in mir das Heilen wollende gerne zurück.

Aber ich habe Angst vor den Schmerzen, die es bringen könnte wieder in so einem Muster zu landen.
Man gibt als Kind das allerbeste von sich, würde selbst noch sein eigenes Leben geben und es ist trotzdem nicht genug, das fühlt sich echt Scheisse an, zerstörte Unschuld !!!

Meine Mutter hatte mir damals sogar noch ins Gesicht gesagt: "Na dann bring dich doch um, dann habe ich wenigstens einen Grund dich einweisen zu lassen !"
Ich hatte ihr nicht geglaubt, denn sie war ja meine Mutter.
Ich hatte nicht geglaubt dass sie auch Ärzte und Jugendamt anlügen würden.

Wie fühlt sich das an als Gewaltopfer zwangseingewiesen zu werden und für den Täter geht alles normal weiter ?

Weggeworfen zu werden wie ein Stück Müll und dann noch das Stigma tragen zu müssen, ach du bist doch krank, ohne Diagnose versteht sich.
Die Ärzte waren verplichtet mich wegen Eigengefährdung einzuweisen und eine Zeit zur Beobachtung dazulassen bis ich stationär eine Therapie angefangen hatte, die ich aber nicht wollte, weil das ja eigentlich ungerecht war.

Aber ich war danach eben nie mehr der gleiche Mensch wie vorher.

Den Zusammenbruch hatte ich erst dort, aus dem tiefsten Gefühl der Ohnmacht und Einsamkeit heraus.
Man hatte so lange durchgehalten um dann am tiefsten Punkt von allen im Stich gelassen zu werden.

Meinen 18. Geburtstag verbrachte ich im Krankenhaus, denn ich hatte keinen Platz wohin ich gehen konnte, ein Recht auf eine Wohnung oder eigenes Geld hatte ich noch nicht, die Plätze in der Jugendfürsorge waren knapp und sie wollten das Risiko nicht wirklich eingehen.
Nicht jeder hat die Fähigkeit mal eben auf der Strasse leben zu können und ja, ich hatte es schon probiert, konnte es nicht ertragen, es war so kalt, ich musste ja zu Haus bleiben um die Schule abschliessen zu können und studieren zu können, was dann aber auch nicht mehr möglich war,
für einen zerbrochenen Menschen war es schwierig nur den nächsten Tag überleben zu können, kein Gedanke an die Zukunft möglich.

Ja, und trotz alledem denkt man selbst nach vielen Jahren immer noch, was wenn ich sie heilen könnte, was wenn man das Wundermittel oder die Wundermethode findet damit alles gut wird.

Ich weiss dass es nicht möglich ist, statistisch betrachtet gibt es ein paar wenige Fälle wo es ging, oft auch nur kurz vor dem Tod oder schwerer Krankheit der Eltern.

Aufzugeben an den guten Funken von schwierigen Menschen zu glauben ist ja vielleicht auch nicht so gut.
Man hat dann den Eindruck die Welt ist ein kalter und grausamer Ort.

Vielleicht hat hier ja doch noch jemand eine Erfolgsgeschichte, wo entgegen jeder Erwartung doch Dinge gut wurden ?
 
Schlimm ist es auch wenn man sein ganzes Leben lang immer wieder in die gleichen Muster kommt.

Die gewalttätigen Eltern werden dann eben ausgetauscht durch gewalttätige Nachbarn oder Chefs, man landet in gewalttätigen Beziehungsmustern und wird manchmal selber zum Täter.

Wie oft habe ich schon Freundschaften zerstört weil ein Teil von mir diese Nähe nicht aushalten konnte ?

Aus dem Nichts kommt eine destruktive Energie, nichts ist logisch daran.

Täterintrojekte kann auch bedeuten dass man sich selber Schaden zufügt, schwer zu erklären warum, es ist egal ob es eine ständige Form von Selbstsabotage/Selbstzerstörung ist oder anderes.
Lange zog ich Konflikte oder Ungerechtigkeiten an wie ein Magnet, manchmal ohnmächtig erstarrt, manchmal zurück kämpfend, eine andere Seite der gleichen Medaille.

Der ehemalige Täter möchte gerne dass ich im Leben scheitere, wirklich nur damit er recht gehabt hat.
Für den Rest meines Lebens werde ich mich dran erinnern wie ich ihn auf Knien angebettelt habe mich aus dem Krankenhaus zu holen, wie er sich umdrehte und die Tür hinter ihm ins Schloss fiel.
Am nächsten Tag sagte mir die behandelnde Ärztin sie würde es nicht zulassen dass ich manipulieren würde, aber da war der innere Schaden schon geschehen und das Vertrauen in Hilfe pfutsch.
Es waren Privatpersonen, die mir den Glauben an das Leben und an das Gute wiedergegeben haben.

Der grösste Trost sind immer meine Kinder gewesen.
Nur für sie wollte ich es schaffen, sonst hätte ich aufgegeben.
Kinder haben ein recht auf eine nährende Mutter, die für sie da sein kann, mit ihnen lachen kann, Kuchen backen und durch dick und dünn gehen.

Jeder von ihnen ist auf einem guten Weg, trotz all der Anfangs-Turbulenzen, sie sind gut in der Schule, gesund, haben Freunde und ressourcenvolle Charaktere und Talente.

Ich bin stolz auf sie, ja man kann den Teufelskreis durchbrechen, man kann es besser machen trotz schlechtem Start.

Es kann ein paar Generationen dauern bis das Wichtigste bereinigt ist, wenigstens habe ich den Anfang machen können und gebe dann die Fackel an meine Kinder weiter.

Liebe Grüsse und sorry wenn das jemanden getriggert hat, ich kann sonst nicht heilen wenn das nicht endlich nach draussen kommt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Liebe Lagerfeuer,
Danke dass du so ausführlich geantwortet hast, ich war zu platt dafür, es ist psychologisch sehr schwierig überhaupt an den Punkt zu kommen wo man dieses so als Wahrheit begreifen kann, noch mal schwieriger das dann so nach aussen zu bringen und nicht zu wissen wie andere darauf reagieren.
Man wartet ja eigentlich darauf dafür kritisiert und in Frage gestellt zu werden und ich bin sehr erleichtert dass die Antworten doch sehr unterstützend und einstimmig ausgefallen sind.
Umso wichtiger ist, dass du es tust. Es ist enorm heilsam, über die eigene Wahrheit, seine eigene Sicht der Dinge, die geschehen sind, zu sprechen. Die wurde und wird in deinem System offenbar lange genug unterdrückt, durfte nicht seine, andere, mächtigere hatten die Definitionsmacht. Wichtig ist, dass du deine eigene Identität aufbaust - und dazu gehört nun mal die Geschichte deines Martyriums aus deiner Sicht. Mach weiter so! Nimm deine eigene Geschichte in Besitz!
Was aber vielleicht gut wäre, wäre einen Ort zu finden, der sicher ist. Dass du hier unterstützende Rückmeldungen bekommen hast, war glaub ich eher ein Zufall. In der Regel finden sich in einem so öffentlichen Bereich viele Stimmen, die einen verurteilen. Und das macht einen dann noch mehr fertig. Vielleicht findest du eine Selbsthilfegruppe, in der du offen reden kannst, und wo vielleicht andere sind, die eine ähnliche Geschichte teilen? Ich meine das nicht deshalb, weil es hier nicht hin gehören würde. Aber du musst vorsichtig und pfleglich mit dir umgehen. Und dafür wäre ein Safe Space sicher ein guter Ort.

Ja, da hast du Recht, weil es mit dem Erwachsenen-Ich wesentlich leichter ist die heutige Sichtweise darzustellen als Zugang zum Kindheits-Ich zu finden.

Ich kann ja teilweise nur raten wie es damals war, vieles wurde aus Überlebensgründen verdrängt oder vergessen, deshalb gibt es viele Lücken, es lässt sich nicht alles leicht rekonstruieren.
Manchmal hat man einen Flashback und sieht bestimmte Szenen oder man hat einen Trigger, das sind dann aber nur die Roh-Emotionen.
Was man konkret gedacht oder gefühlt hat ist teilweise zu verschwommen.
Hm, ich sehe das ein wenig anders. Ich denke es ist eben nicht dein Erwachsenen-Ich, das den Wunsch verspürt, sich mit dem System auszusöhnen, es zu verändern, "in die Liebe zu gehen", wie du es schreibst. Das ist dein Kindheits-Ich, das diesen Wunsch hat. Dein Erwachsenen-Ich ist es, das weiß, dass maximale Kontaktreduktion das beste wäre. All die Glaubenssätze, die dich davon abhalten, sind die des verletzen Kindes in dir, das noch nicht glauben kann, dass es das darf.
Dass sich die Erinnerungen nur fragmentiert melden, ist normal, das ist ja das Wesen eines Traumas, das ein Teil in einem zersplittert ist. Deswegen ist es auch so wichtig, eine stabile erwachsene Identität aufzubauen, die die hochkommenden Splitter ertragen, verdauen, integrieren kann.

Nachdem du so viel Unverständnis erfahren hast, ist es einfach wichtig, das du mit dir selbst fürsorglich, liebevoll und empathisch umgehst. Das hat oberste Priorität für die Heilung.
Wenn man sich als Erwachsener von dem Täter trennt, dann kann es sein dass man das Kind mit dem Bade ausschüttet und sich auch von seiner eigenen Liebesfähigkeit und Empathie trennt, bei mir war es so.
Selbst wenn das so war: deine Liebesfähigkeit ist deshalb nicht verloren. Du kannst und darfst sie wieder lernen. Du solltest sie aber nicht auf den Täter richten und dich dazu zwingen, ihn zu lieben. Richte sie auf dich selbst, sei gut zu dir. In deiner Kindheit hat das keiner getan, dich lieben. Jetzt als erwachsene bist du dafür zuständig, dich selbst zu lieben. Das kann dir keiner verbieten. Ja, und auch das ist zunächst schwer, wenn man nicht weiß, wie das geht. Aber wenn du Geduld, Mitgefühl und Respekt für dich selbst hast, dann wird das mit der Zeit immer leichter. :)

Du wünscht dir ein Wundermittel. Und ich sage dir, das gibt es. Es heißt: radikale Selbstannnahme. Sich selbst bedingungslos lieben. Alle Gefühle da sein lassen und annehmen, auch solche, die unerwünscht sind und die man sonst verurteilt. Trauer, Angst, Wut, Zorn, Hass, Panik, und alle Arten von traumabedingten "Zuständen" z.B. wenn man dissoziiert, dürfen sein. Mit der Zeit kann man dann lernen, dass sie nur ein Teil von einem sind, wenn sie einen mal wieder überschwemmen. Und man kann lernen, da auszusteigen. Die Hauptarbeit liegt aber in der Stabilisierung und der Stärkung der gesunden Anteile. Dem Aufbau einer stabilen Erwachsenen Identität.

Ich weiß nicht wie alt du bist, und wie lange du diesen Weg schon gehst. Aber ich habe größten Respekt davor, dass du es tust. Ich kann dir sagen: Heilung ist möglich, oder zumindest eine starke Verbessrung, um mit der Vergangenheit gut leben zu können. Bitte, unbedingt weitergehen!!!

Ganz liebe Grüße von der WildSau
 
Vielleicht hat hier ja doch noch jemand eine Erfolgsgeschichte, wo entgegen jeder Erwartung doch Dinge gut wurden ?

Man wartet ja eigentlich darauf dafür kritisiert und in Frage gestellt zu werden und ich bin sehr erleichtert dass die Antworten doch sehr unterstützend und einstimmig ausgefallen sind.
Es wundert mich - dass du - auch jetzt noch und hier noch erwartet hast- dafür kritisiert zu werden....das klingt schon noch ein Bissel danach, das du dir selbst immer noch nicht so ganz im eigenen Rücken stehst...noch Stützung brauchst...

In dem speziellen Fall, ein intelligenter, gesellschaftlich erfolgreicher Vater, mit paranoider Persönlichkeitsstörung, diktatorisch, Kinder und Frau müssen 100 Prozent gehorsam sein, nicht nur alles tun was der Patriarcharch will, sondern auch alles denken und fühlen was er will, weil er sich sonst psychologisch bedroht fühlt.
Ihre eigene Individualität und Bedürfnisse werden ihnen kategorisch streitig gemacht, sie werden behandelt wie Eigentum.

Diese intelligenten gesellschaftlich erfolgreichen und beruflich etwas zu sagen habenden Väter sind ja nicht so selten.

Ich hatte auch so einen. Zudem noch ein Meister und schwarzer Gürtel-Träger im verbalen verhöhn-Karate. mit hoher intensivst schmerzhaften Trefferquote was Gefühle anging. Und Widerworte waren sehr riskant - gross und gut gebaut mit guter Handschrift und einem Jährzorn der alle Sicherungen durchbrennen lassen konnte - wenn er einmal anfing. Dann auch wirklich nur noch vom Einfluss meiner Mutter zu stoppen war.

Der alle Rückgrad-Brechen-Register ziehen konnte - für alle die die Füsse "unter seinen Tisch" stellten. Das eigene - was ihm angetan wurde - dann auch bei Anderen praktizierte - weil eben selbst erfahren als sehr wirkungsvoll erlebt. Mit der Reitpeitsche auf die Beine, für die ihm schon 3 Mal von Zuhause Davongelaufene - inklusive Polizei Androhung für Kontakte und einsperren bei Verfehlungen, Fensterhebel im Zimmer abmontieren, Eimer statt Klo ins Zimmer und das Androhen die geliebten langen Haare abzuschneiden und den Schädel kahl zu rasieren - seine russische Gefangenschaft liess grüssen.

Dem eigenen Kind alles aber auch restlos alles zu nehmen und nehmen zu wollen- bis es mit dem Rücken so verzweifelt an der Wand stand - dass es nur noch einen Ausweg sah - Suizid. Das hat mir etwas beigebracht - allerdings meinem Vater aber auch.

Die Ärzte waren verplichtet mich wegen Eigengefährdung einzuweisen und eine Zeit zur Beobachtung dazulassen bis ich stationär eine Therapie angefangen hatte, die ich aber nicht wollte, weil das ja eigentlich ungerecht war.

Das gab es nach aufgefunden worden sein im Wald und nach 3 Tagen und 3 Nächten im Koma Oben an der Himmelstür nach drübend stehend- bei mir nicht. Ich wurde widerwillig mit Wut im Bauch wach - mit einem festen Entschluss und kam danach auch wieder nach Hause. Was still und wohlvorbereitet aber Stichtag 18 mit Auszug von Zuhause endete. Womit dann keiner gerechnet hat.

Gleichzeitig stellt sich der Vater als armes Opfer hin, dessen Kind ihn schäbig im Stich gelassen hat und wie sehr er dieses Kind doch lieben und vermissen würde, er wisse überhaupt nicht wie er das verdient hätte, nicht mal zu seinem Geburtstag eine Karte zu bekommen, er hätte doch immer sein bestes gegeben.

Diese Blösse des jammerns hätte sich mein Vater allerdings nicht gegeben. Er fühlte sich immer und überall omni-berechtigt für alles. Ein ungekrönter König - der auf der Welt keinen seiner würdig empfand und gut genug auch schon gar nicht.

Doch in bestimmten Momenten regt sich der Wunsch sich wieder mit seinen Wurzeln zu verbinden.

Das wäre mir nach all dem - niemals in den Sinn zu kommen. Die Einsamkeit fürs anders sein -in der ich meine Kindheit verbracht habe- hat mir auch das gut mit mir allein sein können beigebracht.

Wenn man sich als Erwachsener von dem Täter trennt, dann kann es sein dass man das Kind mit dem Bade ausschüttet und sich auch von seiner eigenen Liebesfähigkeit und Empathie trennt, bei mir war es so.

Das denke ich absolut nicht - bei mir war sie vorher da - zwischendurch und mittendrin und nachher auch noch immer. Was man in sich trägt - kann einem nicht genommen werden - ausser man lässt es selbst zu und öffnet die Tür dafür oder opfert sie selbst. Empathie und Liebesfähigkeit ist angeboren und nicht Täter abhängig und gebunden. Man kann sie auch nicht ohne Konsequenz opfern - dann hat man eine betäubte gefühllose Stelle in sich - die Aufmerksamkeit auf sich zieht - weil man die Leere dort schmerzlich als wie tot oder etwas fehlt - fühlt.

Für den Rest meines Lebens werde ich mich dran erinnern wie ich ihn auf Knien angebettelt habe mich aus dem Krankenhaus zu holen, wie er sich umdrehte und die Tür hinter ihm ins Schloss fiel.

Das ist etwas - was mir mitlesend auch das Herz aufreisst - das ist ein Verrat - den ich niemals verziehen hätte. Dieser Mensch wäre für mich absolut tot - gelöscht - und nicht mehr existent.

Nach meinem Auszug und Cut mit 18 Jahren hatte ich einen eigenen Tisch unter den ich meine Füsse stellte- und damit hat sich auch mein Leben verändert. Und ich für mich kam damit gut klar und habe innerlich richtig aufgeatmet. Habe auch alle Familien-Fotoalben und Dias - die so fürchterlich die Atmosphäre wiedergaben und nur nach grinsenden leblosen inhaltslosen Zombies aussahen, dass man selbst beim Anschauen schon keine Luft mehr bekam- meinem Bruder geschenkt - für seine Familie.

Von da an habe ich meine Weichen im Leben selbst mitbestimmt - ich wäre auch nie zurückgegangen - Familie war mir egal und ich dafür auch nicht mehr ansprechbar -davon auch zu nichts mehr beeinflussbar.

Man kann niemand Anderen ändern - auch nicht Familienmitglieder. Aber man kann sich von denen trennen, wo es absolut nicht passt - auch von Familie. Auch wenn das viele oft nicht verstehen ... und dann mit einem "das kann man doch nicht machen" kommen ... Man kann und Frau auch.

Das einzige was mir nach all den vielen Jahren geblieben ist....ich brauche immer und überall ein offenes Fenster ....und immer frische Luftzufuhr.

Ich muss allerdings auch dazusagen, dass meine Mutter recht früh und noch zu jung gestorben ist und mein Vater ihr auch nicht lange danach gefolgt ist. Ich hatte ihn physisch anwesend nicht so lange - was es leichter gemacht hat - auch die energetische Aussöhnung mit ihm - fand dann früher statt fand - als für mich dann mal die spirituelle Richtung in mein Leben kam..

Jeder hat ja auch seine eigene Geschichte - auch Eltern - und nichts kommt von nichts - auch wenn es dann keine Entschuldigung für nichts sein soll.

Aber ich bin fest davon überzeugt, dass auch jeder seine unterstützenden Energie-Hilfen hat um sich aus etwas zu befreien - wenn die richtige Zeit dafür gekommen ist - und man sie dafür auch nutzt. Niemand muss ein Leben hilflos ausgeliefert in einer Situation für immer festhängend bleiben.

Wenn man freiwillig darauf verzichten kann, dass einen Mutter oder Vater oder Familie doch bitte unbedingt irgendwann lieben sollen und das auch genau auf die Art, wie man es selbst so gerne hätte und als einzig richtig ansieht - dann beginnt der Weg in die Freiheit und Befreiung.

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... und manche hatten eben keinen "wissenden Zeugen", der gesehen hätte, was einem angetan wurde, und einen dadurch in der eigenen Wahrnehmung stärkte.
... hatten nicht die Resilienz, die andere hatten, um ihren seelischen Kern vor der Grausamkeit zu schützen und zu erhalten.
... konnten sich ihre Würde nicht behalten.
... und wurden tatsächlich gebrochen.

Liebe @Lagerfeuer, lass dich nicht einschüchtern oder unter Druck setzen, durch Geschichten von anderen, die Misshandlungen "besser" verarbeiten konnten. Niemand steckt in deinen Schuhen, niemand kann exakt nachempfinden, wie es dir geht. Es ist NCHT deine Schuld, dass dir deine Würde genommen wurde und dich diese Misshandlung bis in die Grundfesten erschüttert hat. Du konntest nichts dafür, warst ausgeliefert. Sich mit anderen zu vergleichen macht keinen Sinn. Seelisches Leid zu vergleichen ist grausam. Du gehst deinen Weg in genau dem für dich richtigen Tempo. Und du machst das gut. Aber du darfst jederzeit anfangen Grenzen zu setzen.

Kennst du die Bücher von Franz Ruppert? Der schreibt ganz viel über Trauma, auch über Symbiosetrauma. Sehr verständlich, sehr einfühlsam. Sehr gut, um zu lernen, mit sich selbst empathisch zu werden.
 
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