Auch wenn viel davon die Rede ist: Es gibt eigentlich fast keine Menschen, die sich wirklich das wünschen, was in diesem Forum "spirituelles Wachstum" genannt wird. Warum das so ist? Ganz einfach: Auf dem "Weg zum spirituellen Wachstum" legt der Mensch nach und nach sein Ich gänzlich ab. Bis am Ende von ihm buchstäblich nichts mehr übrigbleibt. Wohlgemerkt, es handelt sich hier nicht etwa um ein nettes Konzept, über das man nun eine ellenlange Diskussion starten könnte (mit dem Ziel, möglichst viel darüber zu diskutieren, statt tatsächlich den Weg zu gehen). Das eigene Ich zu verlieren bedeutet in erster Linie: Schmerz. Angst. Verlust jeglicher innerer Sicherheit. "Entwerden" nannten die christlichen Mystiker diesen Vorgang, und man sollte sich hier nichts vormachen, dieser Vorgang löst Angst aus.
So halten sich die Leute i.a. gerne an Konzepte. Der eine glaubt, wenn er nur lange genug dies oder jenes unternähme - oder eben NICHT unternähme -, dann würde sich schon früh genug inneres Wachstum einstellen. Es ist völlig egal, worum es sich handelt, manche glauben an Meditation, andere an Yoga, dritte an spezielle Ernährung (vegetarisch, Trennkost, etc.), vierte vielleicht gar an die Sublimation der Körperenergien durch was-weiss-ich für Techniken.
Gemeinsam ist diesen Konzepten eines: Sie sollen Sicherheit schaffen. Sie geben dem Menschen einen Rahmen, innerhalb dessen er sich bewegen kann, innerhalb dessen er sich orientieren kann, sagen ihm, was er zu tun oder zu lassen hat.
Das Bedürfnis, sich auf eine solche Weise zu versichern, also Sicherheit zu finden, ist eines der grössten Hindernisse auf dem Weg zum spirituellen Wachstum. Spirituelles Wachstum IST seinem Wesen nach, alle Sicherheiten aufzugeben bzw. sie nach und nach zu verlieren. In der christlichen Mystik muss der Mensch erst ganz leer werden, damit er von Gottes Wille erfüllt werden kann. Es ist folglich der Glaube an das Machbare, der sich als Lüge entpuppt. Das schlaue Ego versucht sich auf diese Weise zu konservieren, indem es sich eine Methode schafft und sich an diese Methode hält. Solange eine Methode ist, gibt es etwas zu tun. Solange es etwas zu tun gibt, gibt es ein Ich, das etwas tun muss. Solange es ein Ich gibt, ist es unmöglich, gänzlich frei zu werden, um "von Gott erfüllt" zu werden. Das Aufrechterhalten der Methode ist also geheime Motivation, möglichst nicht weiter den Weg des spirituellen Wachstums gehen zu müssen.
So vollzieht denn der Durchschnittsmensch eine Art Treppenbewegung. Er geht immer nur gerade so weit, als es nicht wirklich weh für ihn tut. Also so weit inneres Wachstum ihn gerade nicht mehr wirklich zu gefährden vermag. "Bis hier, und nicht weiter!" Das ist der heimliche Widerstand, den das Ego aufbringt, um nicht mit den eigenen Verfehlungen konfrontiert zu werden.
Würde nicht das Leben uns penetrant die eigenen Irrtümer vor Augen führen, so würde folglich der normale Mensch in Tat und Wahrheit überhaupt nicht spirituell wachsen. Kein Mü weit, um genau zu sein. Das Leben hat es nun aber in sich, uns unsere Verfehlungen ständig vor Augen zu führen. Das Leben ist da auch schon mal ziemlich brutal. So ist es einleuchtend, dass die meisten Menschen dann spirituell am allermeisten wachsen, wenn sie in existentielle Notsituationen geraten. Dann, wenn ihnen alle Sicherheiten unter den Füssen weggezogen werden, und es sich zeigt, dass ihnen weder Yoga, noch Meditation, noch Ernährungsgewohnheiten, noch Energiearbeit weiterhelfen. Denn: Was nützt dir Yoga, wenn du dir ein Bein gebrochen hast? Die Angst vor dem Schmerz, vor der notwendigen Operation, die mühsame Genesung, all dies führt dem Menschen vor Augen, was echten Wert besitzt, und was nur Konzepthüllen sind, gerade mal gut für die endlose Diskussion in einem Esoterikforum, aber eigentlich zu nichts sonst.
In genauem Wissen, dass ich nun etwas sehr Unpopuläres von mir gebe (oh, und wieviel das über den Menschen aussagt...): Genau darum braucht jeder, der auch nur halbwegs an spirituellem Wachstum interessiert ist, einen "spirituellen Lehrer". Ohne geht es nicht. Das Ego macht so gut wie jeden Versuch, sich innerlich von solchen falschen Konzepten zu lösen, gleich wieder vollständig zunichte. Ein spiritueller Lehrer erkennt diesen Vereitelungsversuch des Ego und vereitelt ihn wiederum. Zum Beispiel, indem er einem Menschen zum wiederholten Male dieselbe stupide Aufgabe erteilt, so lange, bis der innere Widerstand des Ego zusammenbricht. Dann geschieht Wachstum. Es ist weder notwendig, den Lehrer zu verehren, ihn hochzuschätzen oder ihn als Halbgott zu behandeln. (Auch wenn das sehr nützlich und wirkungsvoll sein kann. Hingabe ist allerdings etwas, was der unserer Kultur nicht allzu sehr entspricht.)
Aber das ist noch immer nicht alles. Die Sache ist nämlich noch einmal perfider. Auch wenn das Obenstehende alles einleuchtend klingen mag, eine Sache bedarf noch der zusätzlichen Betrachtung.
Ich habe weiter oben von Yoga, Meditation, Ernährung, Energiearbeit und allen möglichen Methoden gesprochen, die ein Mensch einhält in der Absicht (jedenfalls gemäss der Absicht, wie er sie für sich selbst sieht), damit das spirituelle Wachstum zu beschleunigen. Ich habe weiter ausgeführt, dass diese Methoden Versuche sind, dem Ego einen Rahmen zu geben, der wiederum versichert, dass es möglichst nicht mit den eigenen Lügen und Irrtümern konfrontiert wird. In Tat und Wahrheit hängt die Vorstellung eines Ich (ich benutze hier die Termini Ego und Ich der Einfachheit halber äquivalent) sogar untrennbar mit den unternommenen Anstrengungen (in Form von solchen Methoden, Konzepten, Techniken, Ansichten wie eben Yoga, Meditation usw.) zusammen. Es ist ganz einfach: Wo ein Ich ist, da ist es nur folgerichtig, eine Anstrengung zu unternehmen, um dieses Ich zu verbessern. Das Ich lebt als Vorstellung immer nur von der Abgrenzung zum Rest der Welt. Ein Ich verhält sich zum Rest der Welt so, wie die eine Seite der Münze zur andern. Das eine existiert nicht ohne das andere.
Damit einer überhaupt an die Existenz eines von der Welt klar abtrennbaren Ichs glauben kann - und wie diejenigen, welche den Thread "Was ist das Ich?" aktiv mitverfolgt haben, gesehen haben, ist die Frage, was das Ich tatsächlich ist, merkwürdigerweise gar nicht ohne weiteres zu beantworten! -, benötigt er eine "Erklärung" oder ein "Kriterium", warum dieses Ich sich von der Welt unterscheidet bzw. worin sich dieses Ich von der Welt unterscheidet. Um das Ich als getrennt von der Welt existierend zu erfahren - und ohne diese Trennung könnte der Mensch gar nicht "Ich" sagen -, muss der Mensch notwendigerweise ein Kriterium zur Trennung einführen, etwas, was "hier ist, aber dort nicht ist". (Die Wörter "hier" und "dort" können entweder einen räumlichen oder einen zeitlichen Bezug haben, im Stil von "mein Körper ist hier, aber nicht dort, denn dort ist ein anderer Körper" (räumlich), oder "heute bin ich noch nicht erleuchtet, aber später irgendwann, wenn ich nur genug X tue" (zeitlich).) Der Mensch muss sich als räumlich und/oder zeitlich abtrennbar/unterscheidbar definieren/empfinden, um die Trennung zwischen "Ich und der Welt" überhaupt erst errichten zu können.
Zu diesem Zweck dienen besagte Methoden oder Ansichten oder Konzepte (Yoga, Meditation, etc.) ebenfalls. Alle diese Systeme haben es an sich, dass sie ein zu erreichendes Ziel oder einen "Abstand" postulieren. Wenn es erstmal ein Ziel gibt, dann kann relativ zu diesem Ziel dann entsprechend ein Ich postuliert werden. Zum Beispiel: Wer vegetarisch isst, lebt gesünder, also gesünder als jemand anderer (~räumliches Trennungskriterium), gesünder als früher (~zeitliches Trennungskriterium). Oder: Wer genügend Yoga ausführt, der kommt auf dem Pfad des spirituellen Wachstums schnell voran ("schnell" immer in Bezug auf andere, die kein Yoga ausführen, das wäre erneut ein räumliches Trennungskriterium). Und so weiter.
Das Postulieren eines zu erreichenden Zieles sichert also den Menschen ab. Insofern, als dass er die Idee eines "Ichs, getrennt von der Welt existierend" aufrechterhalten kann. (Und ich betone noch einmal, dass diese Vorstellung logisch nicht haltbar ist. Wer mir nicht glaubt, soll die entsprechenden Überlegungen im "Was ist das Ich?"-Thread nachvollziehen.) Aber diese künstliche Trennung hat schwerwiegende Folgen! All die genannten Systeme (Yoga, Meditation usw.) entführen den Menschen aus dem Hier und Jetzt, indem sie ihn auf ein projiziertes Ziel hinlenken. Der Mensch verliert folglich ständig den Kontakt zu dem, was tatsächlich im Jetzt-Moment da ist, was einfach so existiert (und das ist das Meiste sehr banal), denn so lange die Ich-Vorstellung besteht, muss zwingend auch ein Trennungskriterium aufrechterhalten werden, und wie wir gesehen haben, führt dieses Trennungskriterium unmittelbar zu einem Bruch durch die Realität!
Diese Bewegung, weg vom Hier und Jetzt, ist in ihrem Wesen nichts anderes als die Versicherung der Ich-Vorstellung! Man könnte sagen: Es handle sich um Gier, um das Erreichen von etwas, das nicht bereits vollständig da ist. Etwas, das zuerst durch mühsame Anstrengung, durch Askese erreicht werden muss. Gier ist die Bewegung weg von dem, was soeben gerade ist, hin zu einer Projektion in einer "bessere, schönere, angenehmere Welt"! Warum freuen wir uns auf ein Auswärtsessen im Restaurant? Es handelt sich um eine Projektion in eine imaginierte Zukunft - die im Hier und Jetzt NICHT real ist. Dies ist Gier, nichts anderes. Und wozu benötigen wir diese? Um die Trennlinie zwischen dem Ich und "dem anderen" aufrechtzuerhalten, hier in Form eben jener eingebildeten, völlig irrealen Zukunft.
Das Ich ist somit gleichbedeutend mit einer Bewegung weg vom Hier und Jetzt. Die Bewegung weg vom Hier und Jetzt lässt sich am besten mit dem Begriff "Gier" umschreiben. Jeder Glaube an eine bessere, schönere, angenehmere Welt in der Zukunft oder sonstwo ist nicht nur eine Flucht, vor dem, was tatsächlich da ist, sondern auch der subtile Versuch, die Ich-Vorstellung weiterhin aufrechtzuerhalten. Es gibt buchstäblich nichts in unserm Leben, was nicht geschieht, das nicht dem Zweck dient, diese Vorstellung zu verfestigen.
Somit entpuppt sich letztlich auch der Glaube an spirituelles Wachstum als nichts als eine Lüge (und damit sind natürlich auch Meditation, Yoga, jede Form von Askese, Energiearbeit etc.) mit eingeschlossen. All diese Systeme haben den gleichen Zweck. Sie sollen letztlich die Kluft zwischen Ich und dem Rest der Welt aufrechterhalten. Dies ist ihre einzig wahre Funktion.
Spirituelles Wachstum ist somit nichts anderes, als das stückweise Abschälen und Wegwerfen aller Trennungskriterien, also der Gier, also der "Wachstumssysteme" (Meditation, Yoga, Askese usw.), bis am Ende keine Trennung mehr zwischen dem Ich und dem Rest der Welt aufrechterhalten werden kann. Wer aber erkennt, dass auch dies noch eine subtile Lüge darstellt, der merkt, dass er bereits am Ende jeglicher projizierter Entwicklung angekommen ist. Es gibt einfach nichts mehr zu tun. Er ist bereits am Ende angekommen.
Alles Gesagte gilt übrigens auch für mich.
So halten sich die Leute i.a. gerne an Konzepte. Der eine glaubt, wenn er nur lange genug dies oder jenes unternähme - oder eben NICHT unternähme -, dann würde sich schon früh genug inneres Wachstum einstellen. Es ist völlig egal, worum es sich handelt, manche glauben an Meditation, andere an Yoga, dritte an spezielle Ernährung (vegetarisch, Trennkost, etc.), vierte vielleicht gar an die Sublimation der Körperenergien durch was-weiss-ich für Techniken.
Gemeinsam ist diesen Konzepten eines: Sie sollen Sicherheit schaffen. Sie geben dem Menschen einen Rahmen, innerhalb dessen er sich bewegen kann, innerhalb dessen er sich orientieren kann, sagen ihm, was er zu tun oder zu lassen hat.
Das Bedürfnis, sich auf eine solche Weise zu versichern, also Sicherheit zu finden, ist eines der grössten Hindernisse auf dem Weg zum spirituellen Wachstum. Spirituelles Wachstum IST seinem Wesen nach, alle Sicherheiten aufzugeben bzw. sie nach und nach zu verlieren. In der christlichen Mystik muss der Mensch erst ganz leer werden, damit er von Gottes Wille erfüllt werden kann. Es ist folglich der Glaube an das Machbare, der sich als Lüge entpuppt. Das schlaue Ego versucht sich auf diese Weise zu konservieren, indem es sich eine Methode schafft und sich an diese Methode hält. Solange eine Methode ist, gibt es etwas zu tun. Solange es etwas zu tun gibt, gibt es ein Ich, das etwas tun muss. Solange es ein Ich gibt, ist es unmöglich, gänzlich frei zu werden, um "von Gott erfüllt" zu werden. Das Aufrechterhalten der Methode ist also geheime Motivation, möglichst nicht weiter den Weg des spirituellen Wachstums gehen zu müssen.
So vollzieht denn der Durchschnittsmensch eine Art Treppenbewegung. Er geht immer nur gerade so weit, als es nicht wirklich weh für ihn tut. Also so weit inneres Wachstum ihn gerade nicht mehr wirklich zu gefährden vermag. "Bis hier, und nicht weiter!" Das ist der heimliche Widerstand, den das Ego aufbringt, um nicht mit den eigenen Verfehlungen konfrontiert zu werden.
Würde nicht das Leben uns penetrant die eigenen Irrtümer vor Augen führen, so würde folglich der normale Mensch in Tat und Wahrheit überhaupt nicht spirituell wachsen. Kein Mü weit, um genau zu sein. Das Leben hat es nun aber in sich, uns unsere Verfehlungen ständig vor Augen zu führen. Das Leben ist da auch schon mal ziemlich brutal. So ist es einleuchtend, dass die meisten Menschen dann spirituell am allermeisten wachsen, wenn sie in existentielle Notsituationen geraten. Dann, wenn ihnen alle Sicherheiten unter den Füssen weggezogen werden, und es sich zeigt, dass ihnen weder Yoga, noch Meditation, noch Ernährungsgewohnheiten, noch Energiearbeit weiterhelfen. Denn: Was nützt dir Yoga, wenn du dir ein Bein gebrochen hast? Die Angst vor dem Schmerz, vor der notwendigen Operation, die mühsame Genesung, all dies führt dem Menschen vor Augen, was echten Wert besitzt, und was nur Konzepthüllen sind, gerade mal gut für die endlose Diskussion in einem Esoterikforum, aber eigentlich zu nichts sonst.
In genauem Wissen, dass ich nun etwas sehr Unpopuläres von mir gebe (oh, und wieviel das über den Menschen aussagt...): Genau darum braucht jeder, der auch nur halbwegs an spirituellem Wachstum interessiert ist, einen "spirituellen Lehrer". Ohne geht es nicht. Das Ego macht so gut wie jeden Versuch, sich innerlich von solchen falschen Konzepten zu lösen, gleich wieder vollständig zunichte. Ein spiritueller Lehrer erkennt diesen Vereitelungsversuch des Ego und vereitelt ihn wiederum. Zum Beispiel, indem er einem Menschen zum wiederholten Male dieselbe stupide Aufgabe erteilt, so lange, bis der innere Widerstand des Ego zusammenbricht. Dann geschieht Wachstum. Es ist weder notwendig, den Lehrer zu verehren, ihn hochzuschätzen oder ihn als Halbgott zu behandeln. (Auch wenn das sehr nützlich und wirkungsvoll sein kann. Hingabe ist allerdings etwas, was der unserer Kultur nicht allzu sehr entspricht.)
Aber das ist noch immer nicht alles. Die Sache ist nämlich noch einmal perfider. Auch wenn das Obenstehende alles einleuchtend klingen mag, eine Sache bedarf noch der zusätzlichen Betrachtung.
Ich habe weiter oben von Yoga, Meditation, Ernährung, Energiearbeit und allen möglichen Methoden gesprochen, die ein Mensch einhält in der Absicht (jedenfalls gemäss der Absicht, wie er sie für sich selbst sieht), damit das spirituelle Wachstum zu beschleunigen. Ich habe weiter ausgeführt, dass diese Methoden Versuche sind, dem Ego einen Rahmen zu geben, der wiederum versichert, dass es möglichst nicht mit den eigenen Lügen und Irrtümern konfrontiert wird. In Tat und Wahrheit hängt die Vorstellung eines Ich (ich benutze hier die Termini Ego und Ich der Einfachheit halber äquivalent) sogar untrennbar mit den unternommenen Anstrengungen (in Form von solchen Methoden, Konzepten, Techniken, Ansichten wie eben Yoga, Meditation usw.) zusammen. Es ist ganz einfach: Wo ein Ich ist, da ist es nur folgerichtig, eine Anstrengung zu unternehmen, um dieses Ich zu verbessern. Das Ich lebt als Vorstellung immer nur von der Abgrenzung zum Rest der Welt. Ein Ich verhält sich zum Rest der Welt so, wie die eine Seite der Münze zur andern. Das eine existiert nicht ohne das andere.
Damit einer überhaupt an die Existenz eines von der Welt klar abtrennbaren Ichs glauben kann - und wie diejenigen, welche den Thread "Was ist das Ich?" aktiv mitverfolgt haben, gesehen haben, ist die Frage, was das Ich tatsächlich ist, merkwürdigerweise gar nicht ohne weiteres zu beantworten! -, benötigt er eine "Erklärung" oder ein "Kriterium", warum dieses Ich sich von der Welt unterscheidet bzw. worin sich dieses Ich von der Welt unterscheidet. Um das Ich als getrennt von der Welt existierend zu erfahren - und ohne diese Trennung könnte der Mensch gar nicht "Ich" sagen -, muss der Mensch notwendigerweise ein Kriterium zur Trennung einführen, etwas, was "hier ist, aber dort nicht ist". (Die Wörter "hier" und "dort" können entweder einen räumlichen oder einen zeitlichen Bezug haben, im Stil von "mein Körper ist hier, aber nicht dort, denn dort ist ein anderer Körper" (räumlich), oder "heute bin ich noch nicht erleuchtet, aber später irgendwann, wenn ich nur genug X tue" (zeitlich).) Der Mensch muss sich als räumlich und/oder zeitlich abtrennbar/unterscheidbar definieren/empfinden, um die Trennung zwischen "Ich und der Welt" überhaupt erst errichten zu können.
Zu diesem Zweck dienen besagte Methoden oder Ansichten oder Konzepte (Yoga, Meditation, etc.) ebenfalls. Alle diese Systeme haben es an sich, dass sie ein zu erreichendes Ziel oder einen "Abstand" postulieren. Wenn es erstmal ein Ziel gibt, dann kann relativ zu diesem Ziel dann entsprechend ein Ich postuliert werden. Zum Beispiel: Wer vegetarisch isst, lebt gesünder, also gesünder als jemand anderer (~räumliches Trennungskriterium), gesünder als früher (~zeitliches Trennungskriterium). Oder: Wer genügend Yoga ausführt, der kommt auf dem Pfad des spirituellen Wachstums schnell voran ("schnell" immer in Bezug auf andere, die kein Yoga ausführen, das wäre erneut ein räumliches Trennungskriterium). Und so weiter.
Das Postulieren eines zu erreichenden Zieles sichert also den Menschen ab. Insofern, als dass er die Idee eines "Ichs, getrennt von der Welt existierend" aufrechterhalten kann. (Und ich betone noch einmal, dass diese Vorstellung logisch nicht haltbar ist. Wer mir nicht glaubt, soll die entsprechenden Überlegungen im "Was ist das Ich?"-Thread nachvollziehen.) Aber diese künstliche Trennung hat schwerwiegende Folgen! All die genannten Systeme (Yoga, Meditation usw.) entführen den Menschen aus dem Hier und Jetzt, indem sie ihn auf ein projiziertes Ziel hinlenken. Der Mensch verliert folglich ständig den Kontakt zu dem, was tatsächlich im Jetzt-Moment da ist, was einfach so existiert (und das ist das Meiste sehr banal), denn so lange die Ich-Vorstellung besteht, muss zwingend auch ein Trennungskriterium aufrechterhalten werden, und wie wir gesehen haben, führt dieses Trennungskriterium unmittelbar zu einem Bruch durch die Realität!
Diese Bewegung, weg vom Hier und Jetzt, ist in ihrem Wesen nichts anderes als die Versicherung der Ich-Vorstellung! Man könnte sagen: Es handle sich um Gier, um das Erreichen von etwas, das nicht bereits vollständig da ist. Etwas, das zuerst durch mühsame Anstrengung, durch Askese erreicht werden muss. Gier ist die Bewegung weg von dem, was soeben gerade ist, hin zu einer Projektion in einer "bessere, schönere, angenehmere Welt"! Warum freuen wir uns auf ein Auswärtsessen im Restaurant? Es handelt sich um eine Projektion in eine imaginierte Zukunft - die im Hier und Jetzt NICHT real ist. Dies ist Gier, nichts anderes. Und wozu benötigen wir diese? Um die Trennlinie zwischen dem Ich und "dem anderen" aufrechtzuerhalten, hier in Form eben jener eingebildeten, völlig irrealen Zukunft.
Das Ich ist somit gleichbedeutend mit einer Bewegung weg vom Hier und Jetzt. Die Bewegung weg vom Hier und Jetzt lässt sich am besten mit dem Begriff "Gier" umschreiben. Jeder Glaube an eine bessere, schönere, angenehmere Welt in der Zukunft oder sonstwo ist nicht nur eine Flucht, vor dem, was tatsächlich da ist, sondern auch der subtile Versuch, die Ich-Vorstellung weiterhin aufrechtzuerhalten. Es gibt buchstäblich nichts in unserm Leben, was nicht geschieht, das nicht dem Zweck dient, diese Vorstellung zu verfestigen.
Somit entpuppt sich letztlich auch der Glaube an spirituelles Wachstum als nichts als eine Lüge (und damit sind natürlich auch Meditation, Yoga, jede Form von Askese, Energiearbeit etc.) mit eingeschlossen. All diese Systeme haben den gleichen Zweck. Sie sollen letztlich die Kluft zwischen Ich und dem Rest der Welt aufrechterhalten. Dies ist ihre einzig wahre Funktion.
Spirituelles Wachstum ist somit nichts anderes, als das stückweise Abschälen und Wegwerfen aller Trennungskriterien, also der Gier, also der "Wachstumssysteme" (Meditation, Yoga, Askese usw.), bis am Ende keine Trennung mehr zwischen dem Ich und dem Rest der Welt aufrechterhalten werden kann. Wer aber erkennt, dass auch dies noch eine subtile Lüge darstellt, der merkt, dass er bereits am Ende jeglicher projizierter Entwicklung angekommen ist. Es gibt einfach nichts mehr zu tun. Er ist bereits am Ende angekommen.
Alles Gesagte gilt übrigens auch für mich.