Eigentlich hatte ich meinen Beitrag schon einmal vor ein paar Tagen eingestellt, aber irgendwie scheint er im Nirvana verschwunden zu sein. Nun gut, ich versuche nochmals mein Glück:
Man kann sich über die haarsträubenden Argumente nur wundern, dass schon mit der Themenstellung beginnt. Die Vorfahren der Menschheit waren weder reine Pflanzenfresser noch reine Fleischfresser. Sich nicht auf eine bestimmte Nahrungsquelle zu spezialisieren, bedeutet eine höhere Anpassungsfähigkeit und somit auch eine größere Change überleben zu können.
Diese Strategie erfordert aber auch gewisse Kompromisse bei den Zähnen und auch beim gesamten Verdauungsapparat. Wir können deshalb keine grobfaserigen Pflanzen verdauen, wie das bei den Pflanzenfressern der Fall ist, aber auch kein Wild erlegen und fressen, wie das die Raubtiere können. Zur anfänglichen Kost gehörten also Früchte, Beeren, Wurzeln, Samen, Nüsse und eine begrenzte Anzahl von leicht verdaulichen Pflanzen. Zum Nahrungsangebot gehörten aber auch Schnecken, Würmer, Maden, Muscheln, Insekten und gelegentlich auch Kleintiere, denen man gerade habhaft wurde. Diesen Speiseplan findet man noch heute bei verschiedenen Naturvölkern, aber auch bei den Primaten, wie zum Beispiel den Schimpansen und Gorillas.
Durch diese Flexibilität war es dann leichter möglich, sich klimatischen Veränderungen und neuen Lebensräumen anzupassen. Entscheidend für die Entwicklung der Menschen dürften die Seen und Auenlandschaften gewesen sein, die sich durch die mittlere Sahara zogen. Eine Landschaft, in der es wie in einem Paradies diese Nahrung im Überfluss gab und auch genügend Schutz vor Raubtieren bot. Möglicherweise hat auch hier der Mensch in den Strandbereichen begonnen, sich dauerhaft aufzurichten.
Durch diese Flexibilität wurde es dann auch später möglich, in den kargen Tundren Europas zu überleben. Das Gras, die Flechten und Mose dieser Landschaft sind für einen Menschen nahezu ungenießbar, aber sie bietet in den Tieren ein Nahrungsangebot, die mit dieser Kost zurechtkommen. Die Neandertaler hatten sich dieser Welt perfekt angepasst und ernährten sich nahezu ausschließlich von Fleisch. Eine Spezialisierung, die sie aber in eine Abhängigkeit manövrierte und dann letztlich mit ihrem Aussterben verbunden war.
Was damals gegessen wurde, lässt sich an den Zähnen und an den Streufunden aus dem Umfeld der Ausgrabungen ermitteln. Die Frage, ob nun der Menschen ein Vegetarier ist oder nicht, stellt sich also nicht, denn das Nahrungsangebot ist der entscheidende Punkt. Sicher ist nur, dass die Entwicklung aus dem Neolithikum zu einem Nahrungsangebot geführt hatte, das dem Menschen nicht artgerecht ist. Erst die Abkehr von der Gesellschaft von Sammler und Jäger hat nachweislich zu vielen Krankheiten geführt, die bis dahin keine große Rolle gespielt hatten (z. B. Karies).
Laktose ist so ein Produkt des Neolithikums, denn die Laktoseunverträglichkeit war bis zu diesem Zeitpunkt eigentlich für alle Menschen die Regel und nicht die Ausnahme. Die Verträglichkeit endete mit dem Säuglingsalter. Je nachdem, wie sich die Milchwirtschaft entwickelt hatte, so hatte sich auch eine Verträglichkeit entwickelt. Deshalb leiden zum Beispiel die meisten Chinesen an Laktoseunverträglichkeit. So wird klar, warum auch Ötzi eine Laktoseunverträglichkeit hatte.
Es gab vor ungefähr 2 Millionen Jahren im Australopithekus robustus einmal eine Nebenlinie, die sich als reine Pflanzenfresser entwickelt hatte. Diese Nebenlinie konnte sich aber letztlich nicht durchsetzen und starb aus. Bedingt durch die dazu erforderliche Kaumuskulatur, wäre jedoch für ihn eine wesentliche Vergrößerung seines Gehirnvolumens kaum möglich gewesen. So kann man also auch die These von einer Rückentwicklung eines Vegetariers zu einem Fleischfresser getrost zu den Akten legen.
Egal welche Kost man nun bevorzugt, am Ende bleibt uns als Mensch immer noch der Weg zu einem alternativen Nahrungsmittel offen.
Merlin