Schwererziehbare Kinder

...dazu leiße sich sicher noch etwas mehr sagen.... oder wyrm?

zum einen: Schulen sind Teil der Gesellschaft, mehr noch: stützender Teil der aktuellen Gesellschaftsform und in besonderm Maße deren Wertevermittler.
Und dieser Aufgabe werden sicher nicht alle Lehrer gerecht, denn es erfordert zumindest dann, wenn man sich für einen Vertreter demokratischer Ansätze hält, ein variantenreiches Wissen, selbstbewußtes und couragiertes Handeln und Denken, und nicht zuletzt eine hohe Kommunikationskompetenz. Und nebenbei noch Methoden zum kreativen Umgang mit Lehrplänen und ja leider auch administrative Kenntnisse.

zum anderen: wenn wir hier über Modelle reden, die Verbesserungsmöglichkeiten beinhalten, geht das also nicht ohne Bewertung der Gesellschaftsform, in der wir leben.
und an diesem Punkt scheiden sich da wohl die Geister zumindest teilweise, wie's aussieht....


Du hast recht, wenn du sagst, dass wir über die Gesellschaft reden müssen, wenn wir in diesem Zusammenhang diskutieren. Problematisch ist vor allem, dass Eltern sich scheinbar immer häufiger auf die erzeiherische Funktion der Schulen verlassen und selbst kaum Verantwortung für die Erziehung ihrer Kinder übernehmen.
Dies dann in einigen Stunden, in denen auch noch was vermittelt werden soll, nachzuholen, ist nur bedingt möglich. Zudem hat man ja ín einer einzigen Klasse viele Individuen mit unterschiedlichen Hintergründen und Bedürfnissen sitzen, auf die man natürlich auch eingehen will. Wie es heute in Grundschulen aussieht, weiß ich nicht so genau, allerdings könnte ich mir gut Vorstellen, dass auch die Kids schon sehr geprägt sind, vor allem von den Medien. Das ist auch soweit ok, bloß wenn man dann Berichte liest, in denen die Rede davon ist, dass Kinder im gerade mal schulpflichtigen Alter schon Gewaltfilme oder sogar pornographisches Material konsumieren, dann ist es unschwer herauszufiltern, WELCHEN Idolen auffällige Kinder vielleicht, abgesehen von den eigenen Eltern, nacheifern.

Was nun die Lehrer selbst angeht, kann sicher nicht geleugnet werden, dass es auch "schwarze Schafe" gibt. Viele sind nach einigen Jahren dermaßen ausgepowert, dass sie kaum noch die Möglichkeit haben, angemessen zu handeln. Und wenn sie DANN nichts dagegen tun (anderer Job, längere Pause) werden sie nicht selten zu denjenigen Lehrern, die viele Schüler fürchten. Viele angehende und auch praktizierende Lehrer sind sich nicht darüber bewusst, dass dieser Beruf nicht unbedingt geeignet ist, ihn bis zur Pensionierung durchzuführen. Das ist wirklich Schade. Daher finde ich es nicht schlecht, dass jetzt über das Beamtentum diskutiert wird und dies in vielen Bundesländern schon nicht mehr praktiziert wird. Allerdings besteht hier die Gefahr eines ständigen Lehrerwechsels an Schulen mit schwankendem Lehrerbedarf. Ich kann mir momentan kaum vorstellen, dass sich das positiv auf die Lernmöglichkeiten der Schüler auswirkt.

Aber zurück zur Gesellschaft: Was lernen denn die Kids heutzutage in ihrem Alltag? Das wäre eine Frage, die man diskutieren könnte. Mit "Lernen" meine ich übrigens nicht was die Kinder sich an Wissen aneigenen, sondern eher welche Werte und Normen sie außerhalb des Schulalltags lernen?

LG

Nachtschwärmer
 
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Nachtschwärmer;965696 schrieb:
Aber zurück zur Gesellschaft: Was lernen denn die Kids heutzutage in ihrem Alltag? Das wäre eine Frage, die man diskutieren könnte. Mit "Lernen" meine ich übrigens nicht was die Kinder sich an Wissen aneigenen, sondern eher welche Werte und Normen sie außerhalb des Schulalltags lernen?

LG

Nachtschwärmer
Ausserhalb und Innerhalb...

Dass Menschen nicht gleich viel wert sind,
dass es "Bessere und Schlechtere" gibt,
dass man sich zu den "Besseren" anders benehmen darf, als zu den "Schlechteren",
dass es einen Wert gibt: das Geld und die Macht dahinter.

Nicht der Inhalt zählt, sondern das Besitzen von Dingen. auch Wissen...

Das sind die Werte der Gesellschaft, und wie ich schon schrieb, müssen da einige Versagen. Denn dazu ist dieses System geschaffen...es ist sozusagen die Logik dahinter.

Wert
Selektion.
Faustrecht.

Wer drauf steht, ist selbst schuld. ;)


Caya
 
WOZU Kinder ans System anpassen und nicht umgekehrt?

historisch betrachtet sind die besten und effizientesten Revolutionäre einer Gesellschaft ihre Musterschüler+kritischer und sehr persönlicher Motivation :)

Wenn ich also jemanden dazu erziehen will, unsere Gesellschaft zu kippen, muss er sie erst mal systematisch erfassen und verstehen. Das geht nur mit temporärer Anpassung, da sonst alle Zugangswege zur Bildung von der bestehenden Gesellschaft verweigert werden....
 
historisch betrachtet sind die besten und effizientesten Revolutionäre einer Gesellschaft ihre Musterschüler+kritischer und sehr persönlicher Motivation :)

Wenn ich also jemanden dazu erziehen will, unsere Gesellschaft zu kippen, muss er sie erst mal systematisch erfassen und verstehen. Das geht nur mit temporärer Anpassung, da sonst alle Zugangswege zur Bildung von der bestehenden Gesellschaft verweigert werden....
Ich spreche nicht von Rebellion.

Ich spreche von Evolution.


Passen wir doch das Werkzeug unseren Händen an und nicht umgekehrt...

;)


Caya
 
...so weit, so gut :) obwohl man sich sicher noch fragen könnte, ob denn "normaler Unterricht" für eine solche Gruppe das richtige ist...


wie denkst Du Dir das konkret (besser frage ich noch mal kurz, bevor ich auf die einhämmere ;))

OK, versuchs mal an einem Beispiel zu erläutern. Leider kenn ich mich mich Grundschulpädagogik weniger aus, daher ein Beispiel älterer Schüler.

Situation: Ein Lehrer kommt neu in eine Klasse. Keiner schenkt ihm Beachtung, alle reden usw. Die Schüler sind übrigens schon Jugendliche, so zwischen fünfzehn und sechzehn Jahren. Der Lehrer fährt mit seinem Programm fort, schreibt jede Stunde die entsprechenden Buchseiten an die Tafel und sagt den Schülern, die ihm immer noch nicht zuhören, dass sie im Anschluss ihre Fragen äußern können und sie dann darüber diskutieren. Nichts passiert, die Schüler unterhalten sich und machen was sie wollen.
Eines Tages teilt der Lehrer eine Klassenarbeit aus, die alle Schüler komplett verhauen (logisch).

Sie beschweren sich natürlich auch und behaupten, dass sie das gar nicht durchgenommen hätten. Der Lehrer behauptet das Gegenteil und sagt, dass er den Stoff sehr wohl behandelt habe und weist nochmal auf die zu lesenden Buchseiten zu Beginn jeder Stunde hin. Die Schüler protestieren weiter. Der Lehrer erklärt ihnen, dass es nicht sein Job ist, sich vor einer Gruppe Halbwüchsiger zum Affen zu machen und permanent rumzuschreien, damit das Gesagte in den letzten Reihen ankommt, wo es dann wahrscheinlich eh ignoriert würde,und sie in einem Alter seien, in dem sie selbst wissen müssen, was für sie wichtig ist. Und da sie sich die ganzen Unterrichtsstunden hindurch so angeregt unterhalten hätten und ihm keine Fragen gestellt hätten, wäre er davon ausgegangen, dass sie alles verstanden hätten und angeregt darüber diskutiert hätten.[Er stellt sich also ignorant]

In den Stunden danach verlief der Unterricht wieder "normal". Der Lehrer hat den Test übrigens nicht mit zur Zeugnisnote gerechnet, dies den Schülern allerdings bis zur Zeugnisausgabe verschwiegen. Soweit ich weiß, wurde das Verhältnis zwischen den Schülern und dem Lehrer auch noch richtig gut.

Dieses "Konzept" funktioniert bei jüngeren Schülern natürlich nicht, da sie die nötige Einsicht noch nicht haben. Der Lehrer dieser Klasse hat es aber geschafft, die eigenverantwotlichkeit der Schüler zu aktivieren und diesen klar zu machen, dass sie selbst verantwortlich für ihren Erfolg oder Mißerfolg seien. Hier spielt auch mit rein, dass man als Lehrer nicht permanent so laut sprechen kann, dass man eine redende Klasse übertönt. Dann hat man nämlich nach einigen Jahren seine Stimme ruiniert.

Ich deke, dass ein ähnliches Konzept auch in schwierigen Klassen mit jüngeren Schülern funktionieren könnte. Natürlich kann man nicht genauso vorgehen. Aber man müsste einen Weg finden, ihre Eigenverantwortlichkeit zu aktivieren. Dazu muss man sich aber erst mal Gehör verschaffen, d.h. man muss bei jüngeren Kids Regeln aufstellen, die man am besten mit ihnen zusammen erarbeitet und dann hübsch auf großen Tafeln, die die Schüler natürlich selbst gestalten, irgendwo gut sichtbar in der Klasse aufhängt (am Besten neben der Tafel). Sollte es dann zu Eskalationen in irgendeiner Art kommen, kann man immer auf die GEMEINSAM erarbeiteten Regeln zurückgreifen. Um dies bei Problematischeren Kids auch praktikabel zu machen, könnte man sich auch gemeinsam überlegen, was bei einem "Regelverstoß" passieren soll. Das könnten beispielsweise Maßnahmen wie Müll aufsammeln, Tafel putzen oder ähnliche sein. So machen sich die Kids auch schon im Vorfeld Gedanken über "richtiges" Verhalten.

Bei der Klasse aus dem Artikel wüsste ich alldings auch nicht, was ich konkret machen würde. So "harte" Maßnahmen sind in meinem Unterricht noch nie nötig gewesen. Eine Möglichkeit wäre (das müsste aber mit Eltern und Schulleitung abgesprochen werden) Strafarbeiten zu verteilen´, die die Kids zu Hause auch machen MÜSSEN, d.h. die Eltern werden umgehend informiert, sobald etwas vorgefallen ist. Diese "Strafarbeiten" haben den Vorteil, dass man sie so konzipieren kann, dass der betroffene Schüler in der nächsten Stunde so gut vorbereitet ist, dass er sich auf diese Art und Weise sogar noch ein bisschen vor seinen Mitschülern profilieren kann. Dann hätte er gleich ein positives Erlebnis, was das Attribut "Straf-" wieder ein wenig aufwiegen würde.
Aber wie gesagt: Die Eltern müssen mitspielen, ansonsten ist man gegen ein Kind, dass nicht lernen und zuhören will, machtlos. Und dann bringt der Unterricht leider für niemanden etwas und mit den Zukunftschancen siehts auch schlecht aus.

Warum der betreffende Schulleiter die Klasse nicht auflöst, ist mir unbegreiflich. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die anderen Klassen ähnlich schlimm sind und eine Auflösung die Probleme bloß verlagern würde.

Eine andere Möglichkeit wäre Team-Teaching. Dann hat immer eine Lehrperson Zeit, sich mit den einzelnen schülern nebenbei auseinanderzusetzen und bei Problemen zu helfen etc.

Es ist immer Schwierig über Probleme zu diskutieren ohne die Ursachen zu kennen. Daher ist mein schnellüberlegter Lösungsvorschlag wahrscheinlich auch nicht in allen Situationen praktikabel.

LG

Nachtschwärmer
 
Nachtschwärmer;965720 schrieb:
Es ist immer Schwierig über Probleme zu diskutieren ohne die Ursachen zu kennen. Daher ist mein schnellüberlegter Lösungsvorschlag wahrscheinlich auch nicht in allen Situationen praktikabel.

LG

Nachtschwärmer
Das ist es ja...es ist sogar sehr individuell.

Die Frage ist:

Was wollen wir (Erwachsenen) eigentlich wirklich?


;)


Caya
 
sicher nicht... hier zeigt sich, dass verschiedene Menschen verschiedene Ansätze an Lernen und Erfahrungen machen fordert.

Nur:

Das interessiert nun mal eine Gesellschaft nicht, welche auf Kapitalismus und Status FIXIERT ist. Diese fordert zuminest eine NORM.


Das Versagen der Schulen ist insofern eher eine positive Folge und eine logische Konsequenz...und durchaus KEIN Drama.

Wir sollten dieses System nicht versuchen zu KITTEN, sondern grundsätzlich ersetzen. ;)

Was meinst?


Caya


Was stellst du dir denn unter normalem Unterricht vor? Vielleicht weißt du ja schon, dass sich unser Schulsystem seit einigen Jahren im Wandel befindet und dass es Frontalunterricht nach den neuesten Standards gar nicht mehr gibt?

...Und das Unterricht so konzipiert werden soll, dass sowohl besonder starke als auch besonder schwache Schüler gefördert werden können?

...und das Unterricht mehr praxisorientiert verlaufen soll...

... und das SuS animiert werden sollen, ihren Lernprozess mit anfänglicher Unterstützung selbst zu strukturieren - nach ihren eigenen Bedürfnissen und interessen...

... dass es ein fächerübergreifender Unterricht ermöglicht werden soll, damit die Schüler ihr selbst erworbenes Wissen auch in anderen Kontexten anwenden können und somit nicht nur noch für die Schule lernen, sondern erkennen, dass Schule und Leben zusammenhängen

.
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Wenn du das alles schon weist, verstehe ich nicht, was du so an Schule und Unterricht auszusetzen hast. Was macht das "normal" in deinen Augen so schlimm? (Oder hab ich es jetzt wieder mit der Indigo/Kristall-Fraktion zu tun)

LG

Nachtschwärmer
 
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Nachtschwärmer;965734 schrieb:
Was stellst du dir denn unter normalem Unterricht vor? Vielleicht weißt du ja schon, dass sich unser Schulsystem seit einigen Jahren im Wandel befindet und dass es Frontalunterricht nach den neuesten Standards gar nicht mehr gibt?

...Und das Unterricht so konzipiert werden soll, dass sowohl besonder starke als auch besonder schwache Schüler gefördert werden können?

...und das Unterricht mehr praxisorientiert verlaufen soll...

... und das SuS animiert werden sollen, ihren Lernprozess mit anfänglicher Unterstützung selbst zu strukturieren - nach ihren eigenen Bedürfnissen und interessen...

... dass es ein fächerübergreifender Unterricht ermöglicht werden soll, damit die Schüler ihr selbst erworbenes Wissen auch in anderen Kontexten anwenden können und somit nicht nur noch für die Schule lernen, sondern erkennen, dass Schule und Leben zusammenhängen

Hi,
gerade diese Dinge sind doch nur oberflächliches Kitten und hat nichts mit grundsätzlicher Veränderung zu tun. M.M. nach ist nicht entscheidend was gemacht wird sondern WIE. All die Dinge sind natürlich schön und gut, aber wenn sie von einer Lehrperson halbherzig und ohne Respekt umgesetzt werden ist dies wirklich einfach nur vertane Mühe. Genau hier liegt das Problem, Kinder werden nicht gesehen wie sie sind (das will glaub ich auch keiner an staatlichen Schulen, denn alles muss ja genormt werden) und geachtet… Das spüren die Kinder natürlich und was kann schon gedeihen auf einem Nährboden ohne gegenseitigen Respekt und Vertrauen? Klar das man da nicht lernen will. Ging mir auch bloß so. Und Vermittlung von Kulturgütern… Also um es mal vorsichtig auszudrücken: das ist mir auch nicht so ganz klar. Wer legt denn so was fest?! Die Gesellschaft?! Und deshalb muss es mich zwangsläufig total interessieren?! Bringt mich das etwa auf meinem persönlichen Lebensweg weiter? Weiß ich damit wer ich bin? Lerne ich damit fürs Leben? Ich passe mich damit der Gesellschaft an- juhu!!! Und wenn ich mich nun mal mit dem deutschen Kulturgut wenig verbunden fühle...Wenn es mich nicht die Bohne interessiert warum soll ich es dann lernen?! Und all die anderen ach so wichtigen Standards laut Lehrplan… Wozu? Um sie nach dem Nürnberger-Trichtersystem nach Bedarf (im Test) auszuspucken und dann wieder getrost vergessen zu dürfen… Welchen Wert hat das im Vergleich zu all den wirklich relevanten Kompetenzen, die unsere Schüler nachweislich nicht haben?:confused:
LG
 
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