in einem meiner verschlosseneren zustände hab ich mal folgendes dazu geschrieben:
"Schon komisch, wenn man erst gar nicht in der Welt ist... Wenn immer so ein Sicherheitsabstand dazu ist, dass man wie ein Fremder darin ist. Wenn man wie verstohlen, wie verborgen darin ist. Wenn einen wie ein atmosphärischer Schleier von allem trennt... Wenn man nicht zusammen energetisch mit den anderen darin interagieren kann. Wenn einen ein Riesen-Abstand von allem trennt... Wenn man eine selbstbewusste Person hat, aber diese nicht in der Welt realisieren kann. Wenn einen eine Schlucht von allem trennt. Wenn man weiss ich wohin flüchtet... Wenn man die äussere Realität nicht - energetisch - versteht. Die Schwingungen nicht bei einem ankommen... Und man isoliert für sich lebt... Wenn man ganz einfach nicht in der Welt ist, nicht atmosphärisch darin eingeknüpft... Man quasi in seinem Gefängnis lebt. Wenn man eine riesige Sehnsucht nach anderen hat, aber keinen Zugang zu ihnen findet... Weil man gar nicht sich selbst in dieser Welt ist - weil man ein Planet für sich selbst ist... Und dann nur ein zittriges Selbst übrig bleibt, weil man nur ein Schattengänger in dieser Welt ist, der durch eine dicke Glaswand auf die Welt blickt...
Warum kann ich nicht ein vibrierendes Selbst in dieser Realität/Atmosphäre sein... Warum schlage ich immer wieder die Brücke ein... Warum bin ich nicht erfolgreich in der Welt, sondern schlage immer wieder verborgene Wege ein, klammere mich (unbewusst) selbst aus..."
Natürlich weiss ich all das erst, seit ich mich jenseits der Mauer erlebt habe... (vom Lebensgefühl her Erinnerungen an das Alter von acht) Wenn man nicht atmosphärisch mit der Umwelt kommunizieren kann, äussert sich das in einer reduzierten Persönlichkeit nach aussen... Man ist irgendwie in sozialen Beziehungen überhaupt nicht zugänglich, da man gar nicht mit seiner eigentlichen Person nach aussen geht... Man ist ja quasi nur ein Schatten seiner selbst, da kann man dabei noch so eigenwillig und "selbstbewusst" (selbstbewusst wie gesagt hinter verschlossener Tür) sein...
ja, die zwischenmenschlichen Interaktionsmöglichkeiten sind reduziert. Das verstehe ich. Guxdu mal, ob Du dich wiederfindest, dann kannst du dich vergleichen:
Das Alter von 8 Jahren: kommt mir persönlich bekannt vor. Bei mir war es auch so, daß ab diesem Alter eine Veränderung stattfand. Ich nenne es so,daß da mein inneres Kind eine Aufgabe übernommen hat, die es ihm verunmöglicht hat, weiter Kind zu sein. Damals starb mein Vater, und weil wenig darüber gesprochen wurde, wie sich das Leben jetzt ändern würde, habe ich die Auswirkungen seines Todes eben irgendwie so für mich interpretiert, daß es nicht ganz korrekt war.
Ich habe da mit 8 Jahren auf einmal eine innere Verantwortung gespürt, daß man ab jetzt immer gut aufpassen muß, weil man ab jetzt nicht mehr ganz sicher sei. Es war ja kein Vater mehr da, die Familie hatte eine Wunde und blutete. Über die Jahre habe ich dann meine ersten Lebensjahre komplett vergessen, um die Wunde zu schliessen, und habe meine Gefühle für meinen Vater vollkommen verdrängt. Und es ist jede Menge Zorn an die Stelle der Gefühle getreten, Zorn und Wut darüber, verlassen worden zu sein.
Als ganz natürlich empfinde ich es heute, daß ein Kind dann eine Wand um sich herum aufbaut. Für mich war es so, daß mich bitte keiner nochmal so verletzen sollte, daß ich da alleine sitzen bleibe, nachdem ich jemanden geliebt habe, der auf einmal futsch ist. Dieses Alleinezurückbleiben wollte ich bitte nicht mehr erfahren. Das Resultat war Gefühllosigkeit, kein inneres Sich-Einlassen mehr.
Das ging gut so etwa bis ich 30 war. Dann war ein Scheideweg im Leben, denn die Berufsausbildungen und die berufliche Tätigkeit verlangten jetzt doch so langsam eine ausgereiftere Persönlichkeit, als ich sie zu bieten hatte. Weil ich viel über innere Zusammenhänge gelesen und gelernt hatte wußte ich, daß mir da noch Aufarbeitung en masse bevorstand. Mir war auch klar, etwa seit ich 22 war, daß ich eine Scheißwut im Bauch hatte, aber ich "kam nicht heran" an diese Wut. Ich dachte mir, daß das schon noch kommen würde, mit 22 hatte ich eh anderes zu tun. Ich konnte mich auch sowieso immer prima durch Arbeit und Lernen, Lesen, Sport, Sex etc. von mir selber ablenken.
Bis ich 32 war habe ich vor allem Eines erlebt: zwei mögliche Seiten der Betrachtung der Dinge. Wenn ich z.B. auf mich selber blickte, sah ich zweierlei Wesen:
zum Einen einen Mann, der eigentlich noch ein Junge ist, der seine Talente noch immer entwickelt als ob er ein Kind wäre. Und das bewunderten sehr viele, damit habe ich auch mein Geld verdient, daß ich mehr oder minder so blieb wie ich war. Andere paßten sich immer an ihre Grüppchen an und konnten dann oft nicht mehr mit Distanz und objektiv auf die zu erledigende Arbeit schauen. Ich selber konnte mich gar nicht so "energetisch" in einer Gruppe verbinden, daß ich mich irgendwie mit denen in eine Richtung veränderte und man einen gemeinsamen Blickwinkel erhielt. Ich schien autark zu sein, stark genug für Dinge, für die andere keinen Mumm empfanden. Konnte mich fokussieren. Und ich habe mir diesen Schuh auch willig anziehen lassen und angezogen.
Der andere Fuß steckte in einem jungen Mann, der noch acht Jahre alt war, der seine Persönlichkeit von Erfahrungen und Wachstum abhielt, indem er sich nicht mit den anderen verband. Er schob Wissen vor, viel angesammeltes Wissen, und eine gute Eloquenz. Er arbeitete und verarbeitete nicht, geschweige denn daß er reflektierte. Er lebte im Gefängnis des ersten jungen Mannes (s.o.) und fand keinen Anlaß in sich drin, sich aus diesem Gefängnis zu befreien. (auch weil der Erste das Geld für den Zweiten verdiente, weil er die Beziehungen für den Zweiten gestaltete, weil er die Worte für den Zweiten wählte, Sex für den Zweiten hatte, er ging sogar für den Zweiten aufs Klo und träumte für diesen.)
Ich lebte nur eine Seite, meine eigene Seite, mich selber, lebte ich nicht. Ich lebte nur meine gestaltete Seite, so wie die Kindheit sie übrig gelassen hatte, meine gewesene Biographie. Und nicht meine Zukunft, nicht meine Träume, wahren Interessen, Vorlieben, Neigungen. Ich entwickelte mich laufend wie ein Wirbelwind, sog jede Menge dabei mit, aber irgendwann war ich heißgelaufen.
jou, dann habe ich aber das Ruder mal rumgerissen.
Das war dann aber auch wirklich wie mitten in den Taifun hinein zu fahren. Alles ging mir flöten, aller Halt. Das ganze Sicherheitsempfinden stellte sich als Farce heraus, die mich so langsam umbringen wollte. Es machte "Knack" in mir drin, irgendwo im Kopf, ungehört, und auf einmal hörte ich meine Gedanken und sah die dazugehörigen Bilder. Das war mir ein bißchen abhanden gekommen- hatte ich gar nicht bemerkt.
Dieses ganze Gedenke, diese ganze Alltagsverarbeitung, die man unbewußt laufend nachholt in dieser Welt, in der man tausendfach schneller lebt und viel zu viele Reize zu verarbeiten hat, war mir gar nicht mehr bewußt gewesen. Ich lebte noch die berühmten 5% der Bewußtheit, nutzte noch die 5% meines Gehirns, das den Alltag irgendwie in Angst bewältigte, auf den Steuerbescheid und die Rechnungen mit Angst vor dem Briefkasten sitzend und auf bessere Zeiten wartend. "
Schaffe Ich das?" Die innere Antwort und Überzeugung war: Nein. Ich schaffe das nicht. Ich bin
krank.
Heute weiß ich: weit gefehlt. Ich bin nicht krank. Was krank ist, ist diese Zivilisation, in der ich lebe. Alles was ich habe sind Zivilisationskrankheiten, die ohne die schizophrene, bigotte, unvernünftig geordnete und defizitär kommunizierende Gemeinschaft, in die ich hineingeboren wurde, überwiegend gar nicht existieren würden. "Persönlichkeitsstörungen" wachsen und entstehen während des Lebens aus der Verarbeitungsqualität des Erlebten heraus. Wenn einem niemand beibringt, wie man Erlebtes verarbeitet, muß man sich nicht wundern, daß das persönliche Erleben vieler, vieler (!) Menschen heute krank ist. Entweder man meint, man selber sei krank, oder man meint, man sei gesund und die anderen seien "krank".
Reichlich krank ist heute das zwischenmenschliche Klima. Man müßte mal hindurch-riechen durch die Glaswand in diese unmöglichen Zustände des Sich-Befindens anderer hinein und nicht immr nur sich selber meinen... dann erkennt man erst mal: da draussen stinkt's. Es stinkt nach dusseligen Heilungsversprechen aus einer Situation heraus zu kommen, die man nun einmal biographisch erworben hat. Dabei gilt es da gar nicht heraus zu kommen, es gilt vielmehr herein zu kommen in die eigene Er-Innerung und zu sehen: DAS war mit 8. Und DAS hat das verursacht. Und dieses Erkennen ist das Schlüsselchen, sich das bildhafte und schließlich "chemische" Erkennen für das Trauma zurück zu holen. Chemisch deshalb, weil man sich in der inneren Verbundenheit zu diesem Ereignis betrachten kann: wie war ich zu den teilnehmenden Charakteren vor und nach dem Ereignis verbunden?
Daran kann ich erkennen, wie mein Gefühl sich gewandet hat durch das Ereignis. Und oft auch das Verhalten anderer Beteiligter in ihren Rollen. Bildhaft vorstellen, noch einmal genau hineinriechen in den Skandal, und dann "brechen die Gefühle los". Danach muß man sich darüber bewußt bleiben, daß man genau das wollte, dieses Losbrechen der Gefühle und die Erinnerung.
In der Betrachtung des längeren Prozeses gleicht die Persönlichkeit ihre Stärken und Schwächen durch das Wiedererlangen der Gefühlserinnerung für das eigene Leben ab und aus. Man erkennt: ich kann dieses dort leider nicht, weil ich dies und das nie erlebt habe. Hat mir keiner gezeigt. Oder ich kann es nicht, weil ich jenes dort erfahren habe, das mich irgendwie "schwach" gemacht hat. Das Erkennen dieser Zusammenhänge reicht aus, um "bewußt" zu werden über die bisher unbewußten Zusammenhänge des inneren Gefängnisses. (z.B. unverarbeitete existentielle Erfahrungen wie das Hinzukommen eines Geschwisterchens oder Traumata mit Vertrauensverlusten--->Schwächung des Selbstbewußtsein und "Verglasung" des Ich-Bewußtseins, könnte man sagen)
Man muß wohl sagen: wenn dieser Glaspanzer "aufbricht" in tausend splitternde Spiegel, oder das Herz aufbricht, sich auf den Weg macht aus dem Gefängnis heraus, dann beginnt die "dunkle Nacht der Seele" (mal googeln). Aber man kann auf diesem Weg durch die Nacht gehen, weil man hat ein Laternchen in der Hand. Und das ist da, weil man es mitbekommen hat. Man hat es sich verdient dadurch, daß man diesen Change im Leben gemacht, vollzogen hat, und aufgebrochen ist auf den Weg ins eigene Innen, in die eigenen Verletzungen, das eigene Schicksalsdrama des Kindes. Ganz allein weil man das entschieden hat, aufzubrechen zu sich selber, ist dieses Licht immer an und geht auch nicht mehr aus. Man wird "geführt", nicht in einem Balanceakt, sondern durch den Zusammenhang, "durch das Leben". Es fühlt sich etwas schwammig an zu Beginn und es geht sehr langsam. Und wo es hinführt- puuuh, kann ich nicht sagen, das wird bei jedem anders sein. Aber besser immer mit beiden Füssen in der eigenen Biographie stehen bleiben, wenn man sich aus sich selbst herausheben will. Und immer nur vergleichen, nur vergleichen. Nie von sich auf andere schließen oder von sich auf andere und trotzdem das Maximale zur Verfügung stellen was man ist und hat. Weil dann kriegt man "mit Sicherheit" immer mehr zurück, als man gegeben hat. Ich glaube, man nennt das heute "Benefit", diesen Gewinn, der durch den Eintausch der eigenen Persönlichkeit gegen eine Lustigere Persönlichkeit entsteht.
Fazit: bitte gehen Sie über
Schicksal und streichen Sie 4000 Euro
ein oder wiederholen sie ihr
Los und wandeln sie eine Runde im Gefängnis...
so, hat Spaß gemacht, aber jetzt