Anskar-Kirche, Hauskreis Dortmund Jesus Christus und seine Worte im Matthäus-Evangelium
Was heißt "Menschensohn"?
Menschensohn ist nach hebräischem und aramäischem Sprachgebrauch die Bezeichnung des Einzelwesens Mensch, im Buch Daniel des Alten Testaments (7,13 f.: "und siehe, es kam einer mit den Wolken des Himmels wie der Sohn eines Menschen..." ) ein Wesen, dem Gott die Herrschaft übergibt. Im Neuen Testament erhielt Menschensohn eine besondere Ausprägung als Selbstbezeichnung Jesu.
Gemäß den Evangelien sprach Jesus von Nazareth oft vom Menschensohn. Doch wen meinte er damit?
Der Ausdruck "Menschensohn" (griechisch "ho hyios tou anthropou", eigentlich "der Sohn des Menschen") ist ungewöhnlich. Griechisch würde man nicht auf die Idee kommen, so etwas zu sagen. Besonders merkwürdig für griechische Ohren ist der bestimmte Artikel bei "des Menschen".
Es spricht alles dafür, dass es sich dabei um
eine wörtliche Übersetzung aus dem Aramäischen handelt: "bar änascha" oder "bar nascha". Im Hebräischen wie im Aramäischen bedeutet die Wendung "Sohn des X" unter anderem auch "ein bestimmtes Exemplar der Gattung X".
"Menschensohn" meint also zunächst einmal einen bestimmten Menschen, im Gegensatz zu "Mensch" als Gattungsbegriff. Es findet sich in den aramäischen Schriften aber auch Belege, die sich am ehesten generisch verstehen lassen ("jeder Mensch"), und andere, wo Menschensohn indefinit gebraucht wird ("jemand"). Auch der Gebrauch als Selbstreferenz ("ich") ist bezeugt, allerdings erst in späten Targumen.
Der Ausdruck "Menschensohn" taucht in Daniel 7,13 auf: "und siehe, es kam einer mit den Wolken des Himmels wie der Sohn eines Menschen..." Er begegnet auch in den Bilderreden des äthiopischen Henochbuches und im vierten Esrabuch. Dies legt nahe, dass es zur Zeit Jesu die Erwartung einer apokalyptischen Richtergestalt gab, die den Titel "Menschensohn" trug. "Menschensohn" wäre dann ein Hoheitstitel, wie "Messias", "Herr", "Sohn Gottes" oder "König". Jesus hätte dann diesen Titel aufgegriffen und die
Erwartung auf sich selbst bezogen, oder die Urgemeinde hätte dies nach Ostern
gemacht.
Inhaltlich lassen sich die Menschensohnworte in drei Gruppen einteilen:
a) Der kommende Menschensohn (apokalyptische Richtergestalt)
Mk 13,26: "Und dann wird man den Menschensohn auf den Wolken des Himmels kommen sehen mit großer Macht und Herrlichkeit." (Man fühlt sich unweigerlich an Dan 7,13f erinnert)
Lk 12,40: "Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, wo ihr es nicht meint."
b) Der gegenwärtige Menschensohn (seine Hoheit und Niedrigkeit)
Mk 2,28 (gegenwärtige Hoheit): "So ist der Menschensohn Herr auch über den Sabbat."
Lk 9,58 (gegenwärtige Niedrigkeit): "Die Füchse haben Gruben und die Vögel des Himmels Nester; der Menschensohn dagegen hat nichts, wo er sein Haupt hinlegen kann."
c) Der leidende, sterbende und auferstehende Menschensohn
Mk 9,31 (zweite Leidensankündigung): "Der Menschensohn wird in die Hände der Menschen ausgeliefert, und sie werden ihn töten, und nachdem er getötet worden ist, wird er nach drei Tagen auferstehen."
[Ich denke, der Begriff Menschensohn beinhaltet alles drei. Dadurch erübrigt sich
auch die fruchtlose Diskussion mancher Theologen. Es erscheint mir auch sicher, dass
sich Jesus mit der Bezeichnung Menschensohn selbst gemeint hat und keinen
anderen. Unter Theologen ist dies jedoch auch umstritten.]