Das hier ist interessant. Und wenn ich es richtig verstehe ziemlich extrem:
"Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat angekündigt, über jeden möglichen „Kompromiss“ bei den Verhandlungen mit Russland sein Volk entscheiden zu lassen. Die Inhalte eines möglichen Abkommens könnten „historische“ Veränderungen bedeuten, sagte der Staatschef in einem am Abend veröffentlichten Interview mit der Nachrichten-Website Suspilne. Entschieden werde darüber von ukrainischer Seite am Ende in einem Referendum."
Falls es bei den Verhandlungen mit Russland einen Kompromiss geben sollte, werde er das ukrainische Volk in einem Referendum darüber abstimmen lassen, kündigt Präsident Wolodymyr Selenskyj an. Und der Kreml bestellt den US-Botschafter ein, die bilateralen Beziehungen seien „am Rande des...
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Wenn man sich vorstellt wie so ein Szenario aussehen würde:
1) Ukraine und Russland verhandeln (gegenwärtiger Status)
2) Ukraine und Russland einigen sich vorläufig auf ein Ergebnis -- vorläufig, weil Referendum müsste es bestätigen
3) Dann sollte es ein Referendum in der Ukraine geben. Klingt zuerst mal logisch, aber natürlich ist ein Referendum während Kriegshandlungen stattfinden nicht möglich. Die Mindest-Voraussetzungen wären ein Waffenstillstand der eingehalten werden müsste. Ein echtes Referendum wäre aber selbst dann eigentlich nicht möglich, da Russland ja einige Gebiete im Osten ganz oder zumindest teilweise kontrolliert. Da wäre also die Frage, ob auch Menschen aus diesen Gebieten mit abstimmen dürften.
Wenn ich das richtig verstehe, zumindest falls diese Ankündigung eines Referendums tatsächlich ernst gemeint und mit Referendum eine Volkswahl in der gesamten Ukraine gemeint sein sollte, dann ist das aus russischer Perspektive fast eine Absage an Verhandlungen. Was ich meine, überspitzt ausgedrückt: Eigentlich müssten die Russen sich nach einem Kompromiss am Verhandlungstisch aus der Ukraine zurückziehen, das Ergebnis des Referendums abwarten, und dann wieder einmarschieren wenn es nicht bestätigt wird.
Das ist natürlich vollkommen unrealistisch, was aber bedeutet: Alleine die Verhandlungen über die Methodik eines Referendums, so dass das am Ende auch tatsächlich verlässlich wäre, würden wohl eher Monate als Wochen dauern.
Man kann diese Nachricht, sofern ernst gemeint, auf sehr unterschiedliche Arten deuten:
1) Die Ukraine, bzw. Selensky als deren Präsident, verhandeln wir aus einer Position der "Stärke" heraus. Die ist zwar nicht ganz real, aber sie kennen die Schwäche Russlands, sie wissen das Russland diesen Krieg zwar theoretisch gewinnen kann, aber nie wirklich. Das ist sicherlich ein "Pro".
2) Ein schnelles Ende des Krieges wird aber vermutlich auf die Art nicht kommen. Vielleicht übersehe ich hier irgendetwas, aber für mich ist rätselhaft, wie Russland je einem Verhandlungsergebnis zustimmen könnte, wenn sie dann noch ein Referendum "abwarten" sollen.