Zurheide: Fangen wir mal an mit den strategischen Interessen Russlands. Natürlich, die Schwarzmeerflotte ist dort auf der Krim stationiert. Ist das das wesentliche strategische Interesse von Moskau?
Kaim: Das scheint mir das unmittelbare militärische Interesse zu sein. Aber es gibt, glaube ich, überwölbende politische Interessen, vor allen Dingen halt die Wiedererrichtung eines Einflussgebietes, was dem sowjetischen Raum alter Provenienz ähnelt – ich verwende jetzt bewusst nicht den Ausdruck eines russischen Imperiums – aber der Zementierung einer Einflusssphäre Russlands, was letztlich deckungsgleich ist oder in weiten Teilen deckungsgleich ist mit dem Gebiet der Sowjetunion. Das sehen wir seit einiger Zeit. Das bevorzugte Instrumentarium ist eben die Eurasische Union, der Versuch, eine Freihandelszone zu errichten unter russischer Führung. Und daneben gibt es, glaube ich, noch das überwölbende politische Interesse, was auch Gesine Dornblüth gerade angesprochen hat, dass Russland eben getrieben ist von einem – oder die russische Führung getrieben ist von einem Bemühen, wieder als Weltmacht anerkannt zu werden nach dem Ansehens- und vor allem nach dem Machtverlust nach dem Ende der Sowjetunion.