Richtige oder Falsche Meditation

LoneWolf

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Immer wieder lese ich Texte in der Art: "Sofern man richtig meditiert erreicht man dies oder das...." und immer frage ich mich, was ist denn nun richtige Meditation und was die Falsche? Wodurch unterscheiden sie sich genau?

Kann man auch richtig meditieren beim gehen etwa? Im Wald vieleicht, oder durch den Supermarkt? Bei der Arbeit, während man ein Zimmer ausmalt? Oder kann man vielleicht gar im Samadhi-Zustand eine Wandlampe montieren oder Möbel zusammenbauen? Oder muss man sich dafür zwingend mit seinem Arsch auf ein weiches Kissen setzen und Mantras summen?

gibt es Meditation und gibt es Samadhi im Alltag? Das is meine Frage auf den Punkt gebracht.
 
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Von Salvador Dali stammt folgender Ausspruch:
Lerne malen wie die alten Meister. Dann mach, was du willst.
Das bringt die Sache sehr schön auf den Punkt. All diese Leute, die sagen, man könne doch wohl überall und jederzeit meditieren, es brauche niemandem, der einem das beibringen würde etc. usw. usf., all diese Leute sollen ZUERST meditieren lernen, wie die alten Meister. Und DANN können sie machen, was auch immer sie wollen.

Es ist eine seltsame Angewohnheit, dass alle Menschen glauben, sie seien völlig ohne gründliche Schulung einfach so bereit und in der Lage, die gesamte Tiefe der Meditation schon von vornherein zu kennen - ohne dass sie beispielsweise jemals in einem mehrtägigen Retreat waren.

Wenn wir das Bildermalen als Vergleich nehmen, dann gibt es ausnahmslos niemanden, welcher ohne jegwelche Schulung und Anstrengung einfach so drauflosmalen konnte, wie die alten Meister. Niemanden. Selbst jene rar gesäten Genies, welche ohne äussere Anleitung sich das malen selbst beibrachten, selbst jene Genies investierten in allen Fällen zuerst Jahre oder Jahrzehnte in ihre Leidenschaft, feilten, arbeiteten, arbeiteten und arbeiteten.

Damit Meditation einfach so geschieht, völlig anstrengungslos, wie das in den Dzogchen-Texten beispielsweise oft geschildert wird, ist ein enormes Geschick und eine wirklich absolut aussergewöhnliche Meisterschaft vonnöten, die üblicherweise mindestens 20 Jahre (!) Meditationserfahrung voraussetzt.

Richtige Meditation ist solche, welche dafür sorgt, dass du all deine Bequemlichkeiten hinter dir lässt und all jene für dich typischen Muster durchbrichst, die dich davon abhalten, anstrengungslos meditieren zu können.

Es ist letztlich gleich wie überall auch: Du kriegst genauso viel zurück, wie du investierst. Nicht einen Cent mehr, nicht einen Cent weniger. Wenn du nichts investierst, dann kriegst du auch nichts zurück.

Ich meditiere seit 10 Jahren ziemlich intensiv und war in mehreren Retreats. Es gibt Dinge, die kann man unmöglich verstehen, wenn man nicht eine gewisse Meditationserfahrung hat. Was ist der Unterschied zwischen Aufmerksamkeit und Konzentration? Wer kann das erklären, wenn er nicht zuvor eine gründliche Schulung durchlaufen hat? Wer weiss, welches die Meditationserfahrungen tiefster Absorptionszustände sind, wenn er sie nicht selbst erlebt hat? Diese Zustände kommen unmöglich einfach von selbst.

Meditation bedeutet, dass du langsam aber sicher in der Lage bist, deine Hirnfunktionen zu steuern, wie das normale Menschen nicht können. Es gibt äusserst aussergewöhnliche Dinge, die Langzeitmeditierende zu tun imstande sind, die Kurzzeitmeditierende nicht können. Es ist somit beweisbar, dass es einen Unterschied gibt zwischen jenen, die viel Zeit und Aufwand in ihre Meditationspraxis gesteckt haben und jenen, die das nicht getan haben. All diese Dinge werden inzwischen wissenschaftlich untersucht, und ich kann es nur noch einmal betonen, dass Menschen ohne weitere Meditationserfahrungen zu gewissen Dingen einfach nicht in der Lage sind.

Tummo-Meditation - um nur ein Beispiel zu nennen - kann deine Körpertemperatur in einem solch extremem Masse erhöhen, dass du ohne weiteres bei Gefriertemperaturen eine Stunde lang auf einem Eisblock sitzen kannst. Hast du jemals einen Menschen gesehen, der das "einfach so" konnte? Ohne zuvor eine langjährige Meditationspraxis unter korrekter Anleitung durchzuführen?

Der "anstrengungslose Zustand", von welchem oft gesprochen wird, ist ein äusserst selten anzutreffendes Muster von Hirnwellen, welches - wenn es überhaupt auftritt, es ist nämlich auch bei Langzeitmeditierenden eher die Ausnahme als die Regel - nur in Leuten angetroffen werden kann, die > 20 Jahre Meditationserfahrung haben. Es ist ein Muster, in welchem gewisse EEG-Wellen messbar sind, die bei normalen Menschen nur im Tiefschlaf auftreten. Niemand kann sowas willentlich herstellen - es sei denn, er hat es gelernt. Und zwar durch langes, intensives Training unter präziser Anleitung und Aufsicht von ebenfalls geschulten Lehrern.

Meditation und Samadhi im Alltag bedeutet: Kissen nehmen, hinsetzen, meditieren. Wieder und wieder und wieder. Jahrelang. Einfach nur besonders bewusst in einen Apfel zu beissen, das ist eine schöne Erfahrung, aber es verhält sich zur Meditation ungefähr wie die Zeichnungen eines Kindes zu den Zeichnungen eines Salvador Dali. Beides ist Kunst, aber letzteres hat eine Qualität, die ersteres nicht hat.
 
Es ist ein Muster, in welchem gewisse EEG-Wellen messbar sind, die bei normalen Menschen nur im Tiefschlaf auftreten. Niemand kann sowas willentlich herstellen - es sei denn, er hat es gelernt.

Ich glaub, das versteh ich.

Bei richtiger Meditation geht es also um das willentliche Herstellen von bestimmten EEG-Wellen, eines Zustandes, der dem Tiefschlaf ähnlich ist.
Klar, das ist schwer, wenn man sich dabei bewegt, agiert und interagiert und seinen Willen dabei auf Dinge ausrichtet, die der Alltag einem abverlangt.
 
Klingt für den Laien wie: "Den Tiefschlaf bewusst erleben". In Wirklichkeit mag es natürlich über alle, dem Laien denkbare Zustände hinausgehen. Vielleicht erlangt den Übenden sogar ein Zustand, in dem er frei davon wird, zu unterscheiden, weil es keine Relevanz mehr für ihn hat.

Der spirituelle Lehrer Paramahansa Yogananda dagegen unterscheidet in seiner Bhagavad Gita Interpretation drei Stufen von Samadhi[2]: Die erste Stufe, Jada Samadhi, sei ein unbewusstes kataleptisches Stadium, spirituell nutzlos, weil es nur zeitweise das Bewusstsein und die Aktivität des Ego aufhebe.

Das finde ich lustig, wie weit er stimmt, kann ich nicht wissen. Was nicht die Aktivität des Egos aufhebt, wäre demnach spirituell nutzlos. Wer aber denkt nach über den spirituellen Nutzen, wenn nicht das Ego? Wie kann man über den spirituellen Nutzen nachdenken, ohne aktives Ego? Geht das? Was genau ist spiritueller Nutzen?
 
Es gibt verschiedene Arten von Meditation. die "richtige" ist die welche für dich passt oder dir von deinem Meister/Guru gegeben wurde. Es kann z.B. sein das du aus unwissenheit mehrere Meditationen die entgegengesetzt wirken machst, im besten fall bist du dann nur verwirrt, im schlimmsten hast du einen großen Schaden angerichtet. Grundsätzlich aber kannst du mit Vipassana nichts verkehrt machen.

Wenn dir einer erzählen will das dies die einzig richige Meditation ist, dann lauf schnell weg. Jemand der erzählt das es so richtig wäre und nicht anders ist in dem Fall nicht ernst zu nehmen.

Natürlich gibt es sehr "gute" Meditationen aber das heißt nicht das sie zu dir passen.
 
Es kann z.B. sein das du aus unwissenheit mehrere Meditationen die entgegengesetzt wirken machst, im besten fall bist du dann nur verwirrt, im schlimmsten hast du einen großen Schaden angerichtet. Grundsätzlich aber kannst du mit Vipassana nichts verkehrt machen.

Das leuchtet mir ein, das wäre dann ein falscher Weg, der insofern auch seine Berechtigung hat, sofern man in überwindet und darüber hinweg zur Einsicht gelangt. Vipassana hab ich nachgelesen, was das ist. Das klingt interessant.
 
Vielleicht erkennt man die richtige Meditation naturgemäß erst im Nachhinein, wenn man einen Weg bereits betreten hat, durch die Einsichten, die man dabei gewinnt :dontknow:

Vipassana - damit wir vom selben reden - könnte man doch auch Einsichts bzw. Achtsamkeitsmeditation nennen... ist das richtig?
 
Ich glaub, das versteh ich.

Bei richtiger Meditation geht es also um das willentliche Herstellen von bestimmten EEG-Wellen, eines Zustandes, der dem Tiefschlaf ähnlich ist.
Klar, das ist schwer, wenn man sich dabei bewegt, agiert und interagiert und seinen Willen dabei auf Dinge ausrichtet, die der Alltag einem abverlangt.
Ja, es geht aber nicht nur um dieses spezielle EEG-Muster, es gibt andere typische EEG-Muster, die durch verschiedene Arten von Meditation erlernt werden können. Wichtig ist einfach, dass Ungeübte das nun mal nicht herstellen können. Es ist, als ob du nie Langstreckenlauf trainiert hast, und jetzt plötzlich einen Marathonlauf in weniger als 3h 30 Min. laufen können willst. Das geht einfach nicht.

Natürlich sind all diese speziellen Phänomene im Grunde genommen zweitrangig. Sie treten einfach auf als Nebeneffekt, wenn man lange genug meditiert. Wichtiger sind die Erkenntnisse, die ein Mensch daraus gewinnt. Beispielsweise gilt in der Vipassana-Tradition der Moment, in welchem du zum ersten Mal wirklich Nirvana erfährst, als sehr wichtig, weil in diesem Moment gewisse Illusionen und Falschansichten bezüglich deiner selbst und der Welt unwiderruflich durchtrennt werden. Damit wird die Basis für leidhaftige Erfahrungen entscheidend geschwächt.
 
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