hi goldfisch ...
das regime war mit sicherheit der auslöser, der verursacher, aber es ändert nichts an der tatsache, das man hinterher damit leben muss und genau da wollte ich ansetzen...
es ist meine entscheidung, WIE ich damit umgehe. ich kann entweder ANDEREN die schuld geben und damit gebe ich nicht nur meine eigenverantwortung für mein leben ab, sondern ich mache mich selbst handlungsunfähig. ich gebe mir selbst das gefühl "nichts tun zu können" - weil ja jemand anderer schuld hat.
wir können eben nichts im leben verändern, außer uns selbst. keine anderen menschen, keine situationen, keine regime und auch keinen tod ... nur uns selbst, das ist die macht, die wir haben und der moment, wo ich die abgebe ist der moment wo ich sage: "der andere hat schuld"
wenn ich also sage: schwamm drüber - jetzt ist jetzt und die vergangenheit ist nun mal nicht mehr zu ändern und auch meine energie jetzt darauf zu verschwenden nach strafe zu rufen und mich zu empören, ändert nichts an der situation, wie sie jetzt ist." also doch lieber "es" nehmen, wie es ist und das beste draus machen. anstatt zum beispiel, den kindern immer wieder vorzuklagen, wie schlimm alles gewesen ist und was man alles erleiden und erdulden musste und das alles anders wäre, wenn opi noch lebte, könnte man den kindern davon erzählen wie schön es war, als omi und opi sich kennenlernten. was für ein toller mann opa war und wie tapfer er gewesen sei bis zum schluss und so weiter ... man könnte so zum beispiel dem ganzen 3 reich den stinkefinger zeigen und sagen: "ihr habt uns nicht kleingekriegt, wir leben noch" und diese stärke eben weitergeben, anstatt sich selbst ohnmächtig zu machen und zusagen: "hat eh alles keinen zweck. die nazis haben uns alles genommen. wozu leben wir überhaupt noch. all das leid usw.usw." es ist das erbe, das sich dann von generation zu generation vererbt und jede einzelne generation hatte für sich die entscheidung etwas daran zu ändern und schon müßte sich lazpel jetzt nicht damit rumschlagen. mit etwas, das ihn persönlich JETZT überhaupt nicht betreffen sollte. und auch er hat jetzt die chance, dieses denken zu verändern, es ist seine freie entscheidung ...
was das betrifft, was wir tun würden wenn ...
ich habe viele stunden mit meiner oma zugebracht und zugehört, was sie mir erzählte. sie war bis zur kristallnacht angestellt in einem jüdischen laden ... vielleicht bin ich einfühlsamer als du. ich konnte mich gut hineinversetzen in dieses gefühl, in diese zeit. es war eine zeit der angst. jeder hatte angst vor jedem und die meisten waren tatsächlich damit beschäftigt ihr eigenes leben und das der kinder zu retten.
die männer waren an der front, selbst die söhne am ende sogar kinder ... die frauen waren größtenteils auf der flucht, mit ihren kindern. es gab nichts zu essen und immer wieder bombenangriffe, die die bewohner aus dem schlaf riss und sie in die bombenkeller fliehen ließ.
sie hatten angst, goldfisch ... ich bin eigentlich froh, das wir das nicht wirklich nachvollziehen können, wie es ist, wenn man nur noch um das nackte überleben kämpft und ich halte es eher für ideologie, wenn man dann heute sagt: ich hätte dies oder jenes ...
und immer wieder haben mir leute erzählt - auch unter tränen - dass sie einfach nicht gewußt haben. sicher sah man, das die jüdischen nachbarn verschwanden, aber niemand hat wirklich auch nur vermutet, was mit ihnen geschah. denn das würde voraussetzen, das sie alle wie die aufsichten in den kz gedacht hätten. niemand konnte sich DAS wirklich vorstellen ... vll. sollte man das mal nicht vergessen ... das nazi-regime war ein regime der lüge und der verschleierung... die meisten greueltaten kamen erst zum vorschein, als die allierten schon längst den krieg hier beendet hatten und die lager fanden.
wer hätte denn was davon erzählen sollen, deiner meinung nach ? die aufseher, die insassen ? wer hätte den ein interesse daran haben sollen, von denen, die involviert waren ... und sicher ist es auch so, das die menschen tatsächlich gar nicht wirklich wissen wollten, was da vor sich geht. es war einfach zu ungeheuerlich und unvorstellbar. wer sagte denn, das es nicht morgen alle menschen treffen konnte, die nicht in das schema f passten ... ?
schließlich traf es ja nicht nur juden, sondern auch zb. behinderte, ausländer oder politisch anders denkende ...
ich würde mir ein wenig mehr mitgefühl wünschen und ein wenig mehr verständnis für die menschlichkeit ...
mein lieber geldfisch ...

... ich bin hier in einem esoforum und behalte mir da vor zu argumentieren wie ich das will. nur weil für dich kein leben nach dem tod oder eine höhere macht beweisbar ist, heißt das nicht, das es so etwas nicht gibt ... jedenfalls hilft diese sichtweise die dinge so zu erklären, das sie für mich nachvollziehbar, erklärbar sind und ich damit in frieden leben kann. es ist vielleicht etwas unglücklich etwas anzugreifen, an dessen bestehen man gar nicht glaubt.
mord ? goldfrosch, tod ist tod. ob ich nun einen menschen durch mord, totschlag, autounfall oder einer krankheit verliere ... oder ob er sich selbst mit nikotin und/oder alkohol langsam zu grunde richtet ... das alles macht für mich keinen unterschied. ich trauere um den toten menschen, der für mich nicht mehr erreichbar ist, egal woran ich glaube ... und ich weiß einfach, das nichts was ich tue oder denke diesen menschen wieder herzaubert. siehe wieder oben... mein absatz über "schuldverteilung" ... ich habe die wahl. ich kann ein leben lang an diesem tod kleben bleiben, gott und die welt verantwortlich machen, lamentieren und mein leid beklagen - oder ich trauere die angemessene zeit um das was WIRKLICH ist, nämlich den tod eines geliebten menschen und bin danach wieder glücklich und zufrieden und lebe mein leben mit neuen begegnungen und neuen chancen ... oder ich nutze diese situation vll. auch um mir über eben höhere zusammenhänge klarzuwerden, in dem ich hinterfrage, warum, weshalb, wieso und mich auf die suche mache nach erklärungen.
und weißt du, was die haarsträubenden argumente angeht, so geht uns das mit euch genauso ... und das ist krieg. eben immer den anderen beschuldigen, haarsträubende dinge zu sagen, verdreht im denken zu sein usw. usw. und das ist auch der weg, der immer nur wieder in das eigene beschränkte denken führt... anstatt die anderen mal einfach sein zu lassen und zu denken, okay ... die haben ja ihre gründe, warum sie so denken und warum begegnet es mir ...
ich glaube im endeffekt, das gerade menschen wie lazpel mit der familienaufstellung große dienste geleistet werden könnten, doch er boykottiert sich hier selbst, indem er sich den weg jetzt schon selbst verbaut hat. er müßte sich so sehr selbst in frage stellen, das ich das eher für unwahrscheinlich halte. also ist das nichts anderes als selbstsabotage...
schade eigentlich ... so bleibt er weiter ohnmächtig und hilflos in seiner wut auf wildfremde leute, die ihm persönlich gar nichts getan haben und trägt weiter an einer uralten last, die eigentlich mit seinem opa im grab liegen sollte...