Du beschreibst hier im Grunde den Kern um den es mir bei fast allem letztlich geht: Die Psychologie des Menschen. Lapidar gesagt: "Wie wir ticken." Und ich glaube, dass davon nur extrem Wenige ausgenommen sind. Denn die allermeisten von uns tragen Konflikte in sich. Vollkommen sicher fühlt sich niemand, weder psychisch noch physisch. Daher streben wir alle nach Sicherheit.
Tja, korrigier mich wenn ich falsch liege - soviel ich sehe, bedeutet mehr Sicherheit immer auch mehr Unfreiheit. Und das will ja auch niemand.
D.h. es wird dann die zu kurze Bettdecke hin und her gezerrt - oder die Unfreiheit outgesourct.
Sicherheit ist eng mit Kontrolle und Macht verknüpft - wir versuchen zumindest das eigene kleine Leben möglichst zu kontrollieren (womit ich nicht unbedingt meine das man zum Kontrollfreak mutiert der seine Mitmenschen tyrannisiert). Physische Sicherheit ist eng mit Geld verknüpft. Geld ist wiederum sehr mit Erfolg und damit auch mit Ansehen verknüpft. Denn zu unserer psychologischen Sicherheit gehört sehr extrem der Wunsch, nicht abgelehnt sondern respektiert und vielleicht sogar bewundert zu werden. Erfolg und Geld und Macht sind ja auch psychologisch für die meisten nicht unwichtig.
Ich hab noch nicht gesehen dass das funktionieren täte - dass man also mehr Ansehen erfahren täte wenn man mehr Geld hat. Aus eigener Erfahrung nehme ich keinen Unterschied wahr, ob ich von Sozialhilfe gelebt hab oder gut verdiene. (Der einzige Unterschied ist, dass ich in dem Gefühl leben kann, wenn etwas unerwartetes auf mich zukommt - oder wenn ich noch ein Bier mehr trinken will-, dann kann ichs bezahlen - das ist angenehm.)
Also entweder dieses ganze Ding -von Sicherheit über Kontrolle bis zu Geld und Macht- funktioniert für mich nicht, oder es ist überhaupt ein Trugschluss oder Einbildung. Ich werd da nicht wirklich schlau draus.
Aber: Unser Geldsystem repräsentiert uns. Unser politisches System repräsentiert uns. Unsere Konzerndiktatur repräsentiert uns.
Das ist ein wichtiger Punkt, ja.
Was mir ein bisschen auf den Keks geht ist die Ansicht, all jene die sehr wenig haben könnten das jederzeit ändern. Wenn sie könnten würden sie es. Warum sollten sie nicht wollen? Man könnte dann sagen: Faulheit... aber auch Faulheit ist ein psychologischer Mechanismus und hat Ursachen.
Ja genau - das hat alles Ursachen. Das ist mir beim letzten Beitrag durch den Kopf gegangen: wenn wir die Psychologie mit dazunehmen, wird das sehr komplex - jedenfalls zu komplex als dass ich es hätte aufrollen wollen. Das artet dann aus: woher kommen unsere Glaubenssätze - von was lassen wir uns beeindrucken - wie gestaltet sich dann die -subjektive!- Wirklichkeit...
Aber auch: warum ist ein Mensch lern- und veränderungswillig, und ein anderer nicht? Und dann: wie kriegt man dieses Moment der Neugier, der Anpassungsfähigkeit und Veränderungswilligkeit aktiviert, und warum scheint es bei so vielen Menschen eher wenig ausgeprägt? Das müsste dann wieder mit dem Sicherheitsbedürfnis zusammenhängen. Aber wie löst man das auf?
Wir sind eine Gesellschaft die das Selbstbewusstsein vieler Individuen zerstört. Die sind dann nicht mehr fähig überhaupt noch Eigeninitiative zu entwickeln weil die Zuversicht gegen Null tendiert.
Genau das ist die Frage: wieso passiert das? Vordergründig scheint es Bequemlichkeit zu sein - aber dahinter ist offenbar eine gesellschaftsweite Angstneurose. Die ist aber nicht sachlich begründet - weil es uns verglichen mit allen früheren Zeiten, im Durchschnitt doch recht gut geht.
Und m.A.n. ist der erste Schritt, überhaupt Verständnis zu haben bzw. versuchen zu verstehen. Denn es bleibt nun mal ein Fakt das manche Menschen einen sehr schweren Start hatten, in jeglicher Hinsicht. Dann zu erwarten, die könnten viel wissen, viel leisten, ausschließlich kluge Entscheidungen treffen usw. ist zuviel verlangt.
Mache mögen einen schweren Start haben - das reicht aber doch nicht als Erklärung. Und dann wäre doch eher anzunehmen, dass Menschen sich gegenseitig helfen und motivieren.
ZB: Die meisten Menschen scheinen, wenn sie ins exotische Ausland reisen, da irgendwie Angst zu haben (die Reisegesellschaften mit ihren Führern und vorgebuchten Hotels leben davon). Ich hab mich früher genauso unsicher gefühlt. Und dann war ich einmal 14 Tage mit jemand unterwegs, wo mir gezeigt hat wie das mit dem Backpacker-Reisen funktioniert, und dass es da überhaupt keine Probleme gibt, sondern jeder jedem hilft und alles einfach nur wunderbar ist. Und seitdem hab ich da riesig Spass dran - und gerade dass dabei nichts sicher ist und man nicht weiss was einen erwartet, gibt mir ein ungemein befreiendes Gefühl - obwohl (oder grade weil) ich weiss dass da wo ich mich rumtreibe, jedes jahr ein paar Ferries absaufen und Flugzeuge runterfallen. Na und?
Aber die meisten Leute funktionieren offenbar nicht so - die sind nicht imstande, einen Anstoss, ein Vorbild aufzugreifen und sich daraus einen neuen Freiheitsgrad für ihr Leben zu gewinnen. Und die machen sich hundert Gedanken darüber was *vielleicht* passieren könnte. Aber warum das? Sterben müssen wir doch sowieso.
Ja... aber es ist sehr interessant sich mal zu fragen, was dazu führt das ein Mensch gar nicht mehr hochkommt. Es braucht zwingend Zuversicht und Selbstbewusstsein um sich anzustrengen. Ohne ... geht es einfach nicht. Wer glaubt, das es sowieso nichts bringt, weil er diese Erfahrungen zu oft und zu lange gemacht hat, wird lieber Hartz4 nehmen und versuchen damit eben durch den Tag zu kommen.
Das ist nicht schön, man muss es nicht loben, aber es ist aus der individuellen Sicht nicht unverständlich.
Das ist nicht unverständlich, aber es kann doch nicht die Erklärung für diese ganze flächendeckende Anpassung sein.
Irgendwann dachte ich, dass dieses Rätsel sich mithilfe der Esoterik lösen läßt - weil da eben nicht nur Ökonomie, sondern auch das Bewusstsein betrachtet wird - aber dann hab ich da ganz ähnliche Angstneurosen gefunden - guck Dich nur hier im Forum um, wieviele Leute hier Angst vor "schwarzer Magie" haben.
Für die Gesellschaft als ganzes wäre es schon mal ein Schritt nach vorne, zuerst mal die ungleiche Verteilung wirklich glasklar zu erkennen, zu untersuchen wie sie entsteht und zu hinterfragen. Es geht mir gar nicht darum Reiche zu verurteilen. Wäre ich Chef eines Konzerns würde ich die Millionen auch nehmen.
Ich nicht. Ich hab abgelehnt als man mir angeboten hat Manager zu werden.
Ich hätte mir gewünscht, in einer netten Hippie-Kommune zu leben, und die Rüben im Garten zu ziehen - ein Zuhause, ein Miteinander - mit reichlich Sex, genug Drogen und viel Musik.
Das wäre mir hundertmal lieber gewesen als noch so viele Millionen - denn was soll ich mit den Millionen anfangen? Ich kann den ganzen Tag durch die Stadt laufen, und finde nichts was ich haben wollte.
Du machtest Dich etwas darüber lustig, das manche Menschen Entzugssymptome entwickeln wenn man ihnen ihr Geld nimmt.
Ich mach mich da nicht wirklich lustig drüber. Ich find es eher besorgniserregend. Und ich beobachte die Symptome an mir selber - man gewöhnt sich da dran, dass alles mit Geld geregelt wird.
Nur theoretisch. Du hast es ja bei aller Freiheit, ohne das ich das jetzt übermäßig kritisch meine, auch nicht geschafft Dein Ideal von einer Gemeinschaft zu verwirklichen. Offenbar bist auch Du dann gewissen Umständen unterworfen. Und das sind andere auch...
Naja, ich kann meinen Mitmenschen halt nichts aufzwingen. Und ich hab nicht den Anspruch, die Lösungen für Andere zu liefern.
Wir sind einem System ausgeliefert. Wir sind es schon psychologisch. Denn ist es nicht seltsam, das man nicht mal Kontrolle über die eigenen Gedanken, Emotionen und Wünsche hat?
Das ist nun aber die wichtigste Aufgabe aller Spiritualität, eben dies bewusst werden zu lassen! Und da kann man dran drehen. Diese Kontrolle kann man sich verschaffen.
Es braucht nur minimale "Traumatisierungen" und ein Mensch ist für lange Zeit davon gezeichnet... Ein Schüler wird von einem Lehrer gedemütigt... und diese Erfahrung wird Teil dessen was ihn auf Jahre oder Jahrzehnte mitbestimmt. Und solche kleinen Erfahrungen geschehen in einem ganz normalen Leben ja lange nicht in Einzahl während es sehr viele richtig schwer erwischt.
Da bin ich nicht einverstanden. Mir scheint das eine art Modeerscheinung zu sein, dass man heutzutage meint, man wäre ja von allem möglichen ganz furchtbar traumatisiert. Oder die schlauen Psychologen, die sogar erklären, jeder Mensch
müsse schon ganz prinzipiell traumatisiert sein, weil man ja als Kind nicht jeden Wunsch erfüllt kriegt.
Guckst Du, ich hab daheim regelmäßig ordentlich Prügel gekriegt, ich war in der Schule der Prügelknabe (weil ich damals schon lieber über UFOs nachgedacht hab anstatt Fußball zu spielen), und es ist auch sonst längst nicht alles glatt gelaufen oder so wie ich es mir vorgestellt hätte - und ich sehe nicht dass mich das daran hindert, mein Leben geregelt zu kriegen und Erfolg zu haben.
Da muss es andere Erklärungen geben.
Wenn mehr oder weniger Traumatisierte (keiner ist es gar nicht)
Genau diese These. Ich bin ganz bestimmt traumatisiert von den zwei dutzend Esoterikern, die mir alle einreden wollten, dass ich ja unbedingt ein Kindheitstrama haben müsse - und ich mich dann allen ernstes in meinem Bewusstsein auf die Suche gemacht hab um es zu finden.
Und bitte - das hört sich jetzt wahrscheinlich abwertend an, bzw. die Betroffenen nicht ernstnehmend. So meine ich das aber nicht. Sondern, ich meine...
ein System erschaffen, wirkt es traumatisierend auf den Einzelnen. Alles "mehr oder weniger"... aber für gar nicht mal so Wenige ist es extrem.
... das ist nicht die zutreffende Erklärung für die gesellschaftliche Misere.
Und ich suche die richtige Erklärung.
Wenn du laufen lernst, fliegst du auch auf die Fresse. Und dann - stehst du auf und probierst es wieder. Und die Löcher im Knie heilen auch wieder.
Das ist mit der Psyche nicht anders, die ist normalerweise auch selbstheilend.
Also, gibt es nicht nur Traumata (die gibt es bestimmt, aber die sollten eigentlich auch wieder heilen), sondern es muss noch einen Faktor geben, der die psychischen Selbstheilungskräfte aushebelt - oder irgendetwas in der Art. Und das gilt es zu finden.
Aber ernsthaft: Du findest nicht genug Heilige um einen idealen "Staat im Staate" zu schaffen. Osho hats versucht und der Fisch stank vom Kopfe her.
Hmja. Und es freut mich, dass Du solche Projekte auch mit in die Betrachtung nimmst. Osho hat durchaus auch Sachen gemacht die gar nicht verkehrt sind.
Die können ja kaum kooperieren. Wirf nen Stück Fleisch mitten in ein hungriges Wolfsrudel... die holen auch nicht Messer und Waage raus um brüderlich zu teilen.
Das hat Dostojewski auch gesagt - und in viel bitterer Weise - fast so böse wie ich...
Dann aber wieder - es geht uns heute verhältnismäßig recht gut. Es ist -in Mitteleuropa- ein sehr kleiner Prozentsatz der tatsächlich hungrig ist. Im wörtlichen Sinne hungrig. Im übertragenen Sinne sind fast alle hungrig - aber nach was?
Ich befürchte, Du irrst Dich. Einige Bereiche dieser Erde sind Kriegsschauplätze der Big Player. Damit sind nicht nur Staaten wie die USA und China gemeint... unsere Erde wird von Konzernen regiert die v.a. in armen Ländern regieren wie die Mafia. Und das meine ich absolut ernst. Mit allem drum und dran.
Ich weiss. Aber verkaufen wollen sie ihren Neuschrott vor allem hier. Wenn ihn keiner haben wollte, wäre das Problem erledigt.
Wenn ich könnte, würde ich Aktiengesellschaften einfach verbieten. Es kann nicht angehen, dass gewirtschaftet wird, und niemand ist dafür verantwortlich.
Selbst wenn Du Deutschland in Stämme splitten würdest, würde es nicht wirklich besser. Dann gingen die Verteilungskämpfe erst richtig los, denn dann ginge es vor allem um die echten Werte: Land. Ein Stamm gegen den anderen. Und Deutschland würde dann 240.000 Stämme zu je 350 Personen beherbergen. Viel Spass.
Irgendwie hab ich da ein optimistischeres Menschenbild. Mag sein dass es falsch ist, aber ich möcht's nicht aufgeben...
Zuerst mal ein kleiner Tip: Wenn Du mich ausbeuten willst, solltest Du es nicht ankündigen.
Ach?
Aber ernsthaft: Es gibt ja viele kleine Dörfer, und ich komme usprünglich aus einem, wo jeder jeden kennt. Abgesehen davon, dass die Dinge da auch nicht ideal laufen und es mehr oder weniger berechtigten Neid gibt, würden viele Dörfer (oder auch Stämme) auseinanderfliegen wenn es keine übergeordnete Struktur gäbe. Das persönlich kennen bringt noch keinen Frieden.
Dann gilt es rauszufinden was Frieden bringt.
Das ist sowieso das Grundproblem: Es gibt zuviele Menschen.
Ja, aber das darf man nicht laut sagen. Das will niemand hören...