Neue Eskalationsstufe: Koran-Verbrennung

Ja. Meine Statement war in der Tat etwas zu pauschal, und mir ist schon bewusst, dass es auch die bedauernswerten Fälle a la Kurnaz gibt. Ich will sein Schicksal mit den folgenden Aussagen auch gar nicht verhöhnen. Aber es ist doch schon so, dass es sich hierbei nicht um eine verbrecherische Systematik handelt, sondern um einzelne Verstöße der zuständigen Behörden. Diese Fälle gibt es leider, und es gibt keinen perfekten Verwaltungsapparat, der das verhindern kann. Man muss das eben dadurch abfedern, dass solchen Opfern eine großzügige Entschädigung und Nachbetreuung zukommt. In welcher Form auch immer. Es ist doch aber ein Unterschied zur systematischen Entrechtung bestimmter Minderheiten und dergleichen, die Ausdruck eines generellen Verstoßes gegen die Menschenrechte und einer tatsächlich gewollten Ungerechtigkeit sind.
wenn es da nicht dinge wie diese folterschule in columbus (siehe auch hier ) oder die diversen geheimgefängnisse (hoffen wir halt mal, dass die von obama angeordnete schließung aller geheimgefängnisse tatsächlich stattfindet)
gäbe, würde ich dir ja glatt vom prinzip her recht geben, wobei dann immer noch zu sagen wäre, dass dieses nicht-so-genau-nehmen mit menschenrechten und solchen fragen wie der, ob tatsächlich eine schuld vorliegt, zumindest phasenweise eine dimension hatten (ich hoff, die verwendung der mitvergangenheitsform bleibt langfristig gerechtigfertigt), bei der die grenze zur systematik schon eher ein bisserl zu verschwimmen beginnt - auch wenn der unterschied zu systemen wie eben saudi-arabien, iran oder auch afghanistan zur zeit der taliban natürlich immer noch immens ist.


Ich weiß nur nicht, warum ihr mir das andauernd unter die Nase reibt. Glaubst du, zum Beispiel, wirklich, ich hätte irgendwelche Sympathien für die Ungerechtigkeiten dort?

na wohl kaum. aber wenn du hier permanent die usa als menschenrechtsexporteur hinstellst, dann muss man das halt ins richtige licht rückenund sagen, dass sie einfach nach ihren eigenen interessen verfahren und genau so die ärgsten verbrecherregimes (und terroristen) unterstützen und hochrüsten, wenn sie meinen, dass es ihren interessen dienlich ist. und zwar seit jahrzehnten, und ich würde davon ausgehen, dass diese fälle deutlich häufiger sind als die, wo sie demokratie und menschenrechte herbeigebombt haben (auch wenn wir hier das glück hatten, zu letzteren zu gehören; es sei aber bei dieser gelegenheit doch angemerkt, dass die sowjetunion, so wenig sympathie ich für diesen verflossenen staat auch habe, die hauptlast des krieges getragen hat).

Ich bin kein Gefolgsmann der Saudis oder der Amerikaner. Staaten interessieren mich nicht. Ich bin dafür das Recht der staatlichen Selbstbestimmung vollständig zugunsten des Rechtes der persönlichen Selbstbestimmung abzuschaffen.
die abschaffung der nationalen selbstbestimmung wird der freiheit und dem glück des individuums aber in zeiten des globalisierten neoliberalismus nur äußerst beschränkt zuträglich sein und die tyrannei des stärkeren nur noch mehr fördern als das innerhalb der nationalstaaten sowieso schon der fall ist. hätten wir auf dem planeten mehrheitlich eine solidarische gesellschaftsordnung (wie auch immer die dann aussehen mag, ich bin nämlich eher kein marxist :) ), dann wäre es natürlich was anderes. daher würde ich das eher von fall zu fall betrachten.
 
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Die Art und Weise, wie du zitierst, ist äußerst unpraktisch. Ich würde dich bitten, dich einfach an den Standard zu halten. Das wäre sehr höflich, weil es das Antworten erheblich erleichtern würde. Danke.

In den USA wird nicht gefoltert. Jedenfalls nicht systematisch. Unter George Bush gab es grenzwertige Verhörpraktiken, die mittlerweile verboten wurden. Sie wurden verboten, eben weil die USA ein demokratischer Staat sind.

Du hast nun notorisch eine Stellungnahme zum Vergleich der rechtlichen Stellung der Iraker insgesamt heute und vor dem Krieg vermieden. Darf ich daraus schlussfolgern, dass dir dieser eindeutige Gewinn für die Iraker zwar bewusst ist, du ihn aber nicht wahrhaben willst? Vielleicht weil es so gar nicht passen mag zum grundschlechten Ami, den wir alle so abgrundtief hassen?


Den KZ-Vergleich darfst du bitte zurücknehmen. Er ist lächerlich und eine Verhöhnung aller tatsächlichen KZ-Opfer. Eine ebensolche Frechheit ist der Vergleich mit dem Iran, wo vollkommen unschuldige und harmlose Bürger eingekerkert werden - Homosexuelle zum Beispiel, Bahai, Juden.

Die Gefangenen von Guantanamo sind nur formal unschuldig. Dieser Sprachgebrauch greift aber nur im Zivilen. Bei den dortigen Gefangenen handelt es sich um "feindliche Kämpfer" und es ist durchaus üblich, solche ohne Verfahren gefangenzunehmen. Das ist deutschen Soldaten millionenfach widerfahren. Und daran war nichts illegales. Es entspricht weitestgehend den international vereinbarten Regeln des Krieges. Genaugenommen müssten die Amerikaner sich daran nicht mal halten, weil diese "feindlichen Kämpfer" durch ihr Verhalten eigentlich des Schutzes der Kriegsrechtskonventionen verlustig gehen - etwa dadurch, dass sie sich nicht erkenntlich und einheitlich uniformieren, dass sie ihre Waffen nicht offen tragen, dass sie sich unter Zivilisten verstecken, etc. Dein Vergleich ist also vollkommen abwegig und wirklich eine absolute Frechheit.



Ich entschuldige mich für mein unpraktisches Hineinschreiben, kommt nicht mehr vor.
Du widersprichst Dir doch aber, wenn Du sagst, dass sich die Situation der Menschen im Irak erheblich verbessert hat, trotzdem aber immer noch in den Gefängnissen erheblich gefoltert wird. Und wenn der Staat eben so korrupt ist, dann macht es für die Bürger eben noch nicht so einen gewaltig großen Unterschied zwischen vorher und nachher.

Und wenn Du sagst, dass gegen viele Guantanamo-Häftlinge rein formell nichts vorliegt, dann ist es für mich eben ein himmelschreiendes Unrecht, was da geschieht und so vergleiche ich es mit dem KZ, ob es nun Frechheit ist oder nicht. Egal, in welcher Anzahl Menschen zu Unrecht inhaftiert werden und ob es normale jüdische Bürger waren oder junge Männer, denen der Kopf gewaschen wurde und die dachten, dass es das richtige ist, sich für Gott und Religion zu opfern, finde ich es trotzdem schlimm. Dann könnte ich noch die Arbeitslager von Stalin aufführen, genauso schlimm und da gibt es noch weitere Ungerechtigkeiten, die Menschen anderen Menschen antun. Ich finde meine Formulierung oder Vergelich nicht frech, sondern allgemein die Menschheit hier auf diesem Planeten. Tut mir leid, ist so.

Aber es ist spät, kann nicht mehr so denken, morgen auf ein Neues.
 
na wohl kaum. aber wenn du hier permanent die usa als menschenrechtsexporteur hinstellst, dann muss man das halt ins richtige licht rückenund sagen, dass sie einfach nach ihren eigenen interessen verfahren und genau so die ärgsten verbrecherregimes (und terroristen) unterstützen und hochrüsten, wenn sie meinen, dass es ihren interessen dienlich ist. und zwar seit jahrzehnten, und ich würde davon ausgehen, dass diese fälle deutlich häufiger sind als die, wo sie demokratie und menschenrechte herbeigebombt haben (auch wenn wir hier das glück hatten, zu letzteren zu gehören; es sei aber bei dieser gelegenheit doch angemerkt, dass die sowjetunion, so wenig sympathie ich für diesen verflossenen staat auch habe, die hauptlast des krieges getragen hat).
Genau. Es ist ein, zugegebenermaßen manchmal fragwürdiges, Prinzip, dass der Zweck die Mittel heiligt. Das Hauptinteresse der USA ist die Verbreitung der Demokratie in der Welt. Das entspricht dem eigenen Sendungsbewusstsein und der eigenen Geschichte. Und ich rede jetzt mal nur von der Zeit nach dem Ende des kalten Krieges. Ein Aspekt davon ist natürlich eine wirtschaftliche Vormachtstellung. Das ist nur natürlich. Demokratie lässt sich nicht verbreiten, wenn die vorhandenen Demokratien unbedeutend und schwach sind. Ich weiß nicht, was letzten Endes alles dazu führt, Saudi-Arabien zu unterstützen. Die Situation ist aber auch nicht so leicht, dass man alle Tyranneien auf einmal abschaffen kann. Momentan ist der Iran der gefährlichste Feind der Demokratie. Durch seine sehr starke propagandistische Wirkung, die auf den weltweit zunehmenden Antisemitismus und eine verquaste Revolutionärsromantik setzt, die bei vielen Menschen durchaus fruchtet. Gefährlich ist er auch durch seine äußerst aggressive Außenpolitik, die permanent auf Konfrontation setzt. Und er ist gefährlich, weil er von religiös besessenen regiert wird, die eigentlich bloß noch auf die Apokalypse warten (und ihren Teil dazu beisteuern wollen). Der Iran hat aber zuviele Freunde und Verbündete, die schützend ihre Hände vorhalten. Die engen Kontakte der USA zu den Saudis haben mit Sicherheit ganz einfach damit zu tun, dass sie außenpolitisch relativ zuverlässig sind und natürlich, dass sie den heutigen Iran ebenfalls als ihren Feind betrachten - mit der kuriosen Quintessenz, dass inzwischen immer häufiger von einer Kooperation arabischer Staaten mit Israel berichtet wird, um die iranische Gefahr einzudämmen.

Die Frage ist für die Amerikaner ganz einfach, was sie erreichen würden, wenn sie die Saudis verstießen bzw. was sie dadurch verlieren würden. Ganz besonders im Hinblick auf die Verbreitung der Demokratie.
 
wenn ihr hauptinteresse das verbreiten der demokratie wäre, hätten sie keine putschversuche gegen demokratisch gewählte präsidenten, so wie in chile und venezuela unterstützt und nicht diverse rechte militärdiktatutren in lateinamerika unterstützt, sowie auch die längste zeit diverese islamische fundamentalisten in afghanistan und anderswo.

was sie dazu treibt, saudi-arabien zu unterstützen und hochzurüsten, ist ebenfalls sehr einfach erklärt, nämlich das interesse am dortigen öl. wenn dir das ernsthaft nicht klar ist, hab ich dich wohl überschätzt.

ja, nach dem 2. weltkrieg hatten sie tatsächlich interesse daran, in einem teil der welt demokratie zu verbreiten, nämlich in westeuropa, weil sie da ein paar politisch stabile und wirtschaftlich potente partner im kalten krieg gebraucht haben (und natürlich im neuen kalten krieg nach wie vor brauchen). das ist aber auch schon alles. der rest sind kindermärchen.

an der iranischen außen- (und auch innen-)politik gibt es natürlich nix zu beschönigen, auch wenn sie in nicht geringem ausmaß dazu dient, das eigene volk bei laune zu halten. wären die usa und israel ihrerseits die großen unschuldsengerln, würde der dreck aber wohl auch auf etwas weniger fruchtbaren boden fallen.

und jetzt komm mir nicht damit, ich würde den juden die schuld am antisemitismus geben. es geht ned um "die juden", sondern um die politik des staates israel, und der ist nicht "die juden". außerdem sag ich ja nicht, dass die israelische politik irgendwelche antisemitischen ausfälle rechtfertigt. aber ich sage sehr wohl, dass die (selbstverständlich zum teil völlig irrationale) antiisraelische propaganda im arabischen und zentralasiatischen raum es schwerer hätte, auf fruchtbaren boden zu fallen, wenn israel nicht selbst nach wie vor eine konfliktorientierte politik betreiben würde.
 
Ich entschuldige mich für mein unpraktisches Hineinschreiben, kommt nicht mehr vor.
Danke schön. :)

Du widersprichst Dir doch aber, wenn Du sagst, dass sich die Situation der Menschen im Irak erheblich verbessert hat, trotzdem aber immer noch in den Gefängnissen erheblich gefoltert wird.
Ich sehe da keinen Widerspruch. Die Situation hat sich eben deutlich verbessert. Das ist ja keine absolute Feststellung, sondern bloß ein Vergleich mit der Zeit vor dem Krieg. Mir ist selbstverständlich klar, dass die politische Kultur und die Frage der Menschenrechte noch in keiner Weise mit etwa europäischen Standards vergleichbar sind. Trotzdem sind die Lebensumstände heute erheblich besser als vor dem Krieg. Besonders klar wird das an den, unter Saddam verfolgten, Shiiten und Kurden. Sie sind heute freier als jemals zuvor im Irak.

Und wenn Du sagst, dass gegen viele Guantanamo-Häftlinge rein formell nichts vorliegt, dann ist es für mich eben ein himmelschreiendes Unrecht, was da geschieht und so vergleiche ich es mit dem KZ, ob es nun Frechheit ist oder nicht. Egal, in welcher Anzahl Menschen zu Unrecht inhaftiert werden
Ja. Aber das war es nicht, was ich meinte. Sie sind keine "normalen" Häftlinge. Ihr Status ist viel mehr mit dem von Kriegsgefangenen vergleichbar. Nach dem zweiten Weltkrieg saßen Millionen deutscher Soldaten in amerikanischen Lagern ein (unter erheblich schlechteren Bedingungen als in Guantanamo). Kaum einem von ihnen wurde ein Prozess gemacht. Formal lag also gegen sie nichts vor. Da sie aber Kriegsgegner waren, hatten die Amerikaner das Recht, so mit ihnen zu verfahren. Die Frage, ob es ungerecht ist, dass Hans Müller mit 20 Jahren für drei Jahre nach Amerika "verbannt" und eingepfercht wurde, kann man natürlich stellen. Aber das sind die Regeln, die im Krieg gelten.

Ich frage mich auch, warum du dann nicht einen Vergleich mit einem stinknormalen Gefängnis machst. Der KZ-Vergleich scheint mir nur deshalb gewählt worden zu sein, um eine möglichst große Verachtung den Amerikaner gegenüber zum Ausdruck zu bringen. Vielleicht auch einfach Hass. Tatsächlich ist er völlig deplaziert. In einem KZ wurden Menschen systematisch ermordet. Da saßen auch keine Kriegsgefangenen ein, sondern ganz normale Zivilisten. Und in Guantanamo gelten selbstverständlich die Menschenrechte. Genau das ist ja der Grund für das Verbot gewisser Verhörpraktiken gewesen. Und das ist ein erheblicher Unterschied zum KZ.

Nochmal: die Guantanamo-Häftlinge sind nicht "zu unrecht" eingesperrt (von unglücklichen Ausnahmefällen abgesehen). Sie sind dort, und zwar "zu recht", als Kriegsgegner eingesperrt. Das gleiche Recht hätten die Taliban gehabt, wenn sie irgendwelche Amerikaner gefangengenommen hätten. Und ich glaube kaum, dass sich darüber jemand aufgeregt hätte.

und ob es normale jüdische Bürger waren oder junge Männer, denen der Kopf gewaschen wurde und die dachten, dass es das richtige ist, sich für Gott und Religion zu opfern, finde ich es trotzdem schlimm.
Ich weiß nicht, ob du es wirklich nicht merkst. Aber deine Vergleich sind wirklich extrem zynisch. Du erkennst keinen Unterschied zwischen dem jüdischen Uhrmacher, der mit Frau, Geschwistern, Eltern und Kindern vergast wird und einem "Gotteskrieger", der vergleichsweise luxoriös untergebracht ist und der explizit dafür kämpfte, Frauen und andere, in seinen Augen Minderwertige, wie Tiere behandeln zu dürfen?
 
wenn ihr hauptinteresse das verbreiten der demokratie wäre, hätten sie keine putschversuche gegen demokratisch gewählte präsidenten, so wie in chile und venezuela unterstützt und nicht diverse rechte militärdiktatutren in lateinamerika unterstützt, sowie auch die längste zeit diverese islamische fundamentalisten in afghanistan und anderswo.
Damals gab es aber noch die Sowjetunion, die genauso bestrebt war, ihr Gesellschaftsmodell der gesamten Welt aufzuzwingen. Aus damaliger Sich befand man sich in einem existenziellen Kampf und jede Annäherung des "eigenen Hinterhofs" an den Hauptfeind wollte man mit allen Mitteln verhindern. Von Allende wusste die CIA, dass er sich zu Statements hatte hinreißen lassen, die ihn als glühenden Verehrer des Stalinismus zeigten. Es sprach bisher nirgendwo auf der Welt etwas dafür, dass ein Stalinist oder auch nur ein Kommunist es fertigbringt, einen sozialistischen Staat aufzubauen, der nicht in den Stalinismus abdriftet und zum Vorposten der Sowjets wird. Die Atomwaffen-Stationierung auf Kuba hatte zuletzt deutlich gemacht, wie schnell es gehen kann, dass "der Russe" einen Fuß in der Tür hat. Natürlich kann das nicht alles rechtfertigen. Aber die Welt war nie so simpel, dass man die Wahl hatte zwischen dem absolut guten und dem absolut bösen Weg. Letztlich stand aber die Verteidigung der demokratischen Welt als Leitmotiv hinter der amerikanischen Politik.

was sie dazu treibt, saudi-arabien zu unterstützen und hochzurüsten, ist ebenfalls sehr einfach erklärt, nämlich das interesse am dortigen öl.
Hm. In den neunziger Jahren hatten wir doch massive Probleme mit den Nazis. Ein wesentlicher Kritikpunkt an ihnen war, dass ihre einfachen Erklärungen der komplexen Welt, in der wir leben nicht gerecht werden. Dass sie zu stark vereinfachen, pauschalisieren, negieren. Und ich denke, diese Einschätzung gilt für alle "einfachen Antworten".

Natürlich spielt das Öl eine Rolle. Öl bedeutet Macht. Und die Führungsmacht der demokratischen Welt muss natürlich bestrebt sein, auch die Führungsmacht der ganzen Welt zu sein. Das liegt im Wesen des demokratischen Anspruchs begründet, die einzig legitime Herrschaftsform zu sein, die letztlich überall auf der Welt durchgesetzt werden muss. Und das geht nicht ohne Macht. Genau so meinte ich das im vorhergehenden Beitrag.

ja, nach dem 2. weltkrieg hatten sie tatsächlich interesse daran, in einem teil der welt demokratie zu verbreiten, nämlich in westeuropa, weil sie da ein paar politisch stabile und wirtschaftlich potente partner im kalten krieg gebraucht haben (und natürlich im neuen kalten krieg nach wie vor brauchen). das ist aber auch schon alles.
Und warum sollte dieses Interesse heute plötzlich nicht mehr da sein? Da wir gerade bei den einfachen Antworten waren: für die Amerikaner wäre es in der damaligen Zeit unter diesem Aspekt viel "vernünftiger" gewesen, Himmlers Angebot anzunehmen: die SS bleibt bestehen und sorgt im Reich für Ordnung und die Wehrmacht verbündet sich mit den Westalliierten und man marschiert gemeinsam gegen die Sowjets. Himmler wäre dafür sogar bereit gewesen, die Judenausrottung abzubrechen. Das spätere Wirtschaftswunder konnte 1945 noch niemand auch nur erahnen.
 
da hat man also dann einen pinochet als verbündeten, einen hekmatyar, einen schah, einen saddam hussein (solang er halt brav war, und der genozid in halabja hat den westen ja auch nicht gestört) und was weiß ich wen nicht noch aller. faschistisch-reaktionäre militärdiktatoren, faschistisch-reaktionäre gotteskrieger, faschistisch-reaktionäre monarchen, und dafür soll die verteidigung der demokratie das zugrunde liegende leitmotiv sein...in wirklichkeit war man wohl eher recht bald nach 1945 der ansicht, doch das falsche schwein geschlachtet zu haben, um es mal in den worten des us-verbündeten churchill zu sagen.

und 2002 hat es keine sowjetunion mehr gegeben, trotzdem wurde wieder ein putschversuch gegen einen demokratisch gewählten linken präsidenten in lateinamerika unterstützt. in einem ölreichen land. in einem kontinent, der ihnen sowieso immer mehr entgleitet. macht- und wirtschaftsinteressen. keine demokratischen leitmotive.

und netter kleiner nazivergleich, den du da wegen meine aussage bzgl. interesse am saudi-öl anstellst (hauptsache siriuskind wird ihrerseits für sowas "abgemahnt"). aber da will ich mich jetzt gar nicht dran festbeißen. tatsache ist, dass du ja selbst sagst, dass es wohl das interesse am öl ist, dass sie zur unterstützung der saudis treibt. gut, du vermutest da auf der dritten überebene letztendlich ein demokratisches leitmotiv. das würde ich mir dann einreden lassen, wenn sie ansonsten regelmäßig entsprechend handeln würden. aber wer nach wie vor extrem reaktionäre, islamistische gottesstaaten hochrüstet und nach wie vor rechte militärputschversuche in demokratischen staaten unterstützt, dem nehme ich keine demokratischen leitmotive ab. macht- und wirtschaftsinteressen bestimmen das außenpolitische handeln der usa genau so wie das der übrigen welt. sie sind nicht böser als andere, aber mächtiger. dadurch werden sie leichter zum feindbild, was in diesem ausmaß manchmal ungerechtfertigt ist, aber eine verkennung der motive liegt aus meiner sicht definitiv nicht vor.
 
Danke schön. :)


Ich sehe da keinen Widerspruch. Die Situation hat sich eben deutlich verbessert. Das ist ja keine absolute Feststellung, sondern bloß ein Vergleich mit der Zeit vor dem Krieg. Mir ist selbstverständlich klar, dass die politische Kultur und die Frage der Menschenrechte noch in keiner Weise mit etwa europäischen Standards vergleichbar sind. Trotzdem sind die Lebensumstände heute erheblich besser als vor dem Krieg. Besonders klar wird das an den, unter Saddam verfolgten, Shiiten und Kurden. Sie sind heute freier als jemals zuvor im Irak.


Ja. Aber das war es nicht, was ich meinte. Sie sind keine "normalen" Häftlinge. Ihr Status ist viel mehr mit dem von Kriegsgefangenen vergleichbar. Nach dem zweiten Weltkrieg saßen Millionen deutscher Soldaten in amerikanischen Lagern ein (unter erheblich schlechteren Bedingungen als in Guantanamo). Kaum einem von ihnen wurde ein Prozess gemacht. Formal lag also gegen sie nichts vor. Da sie aber Kriegsgegner waren, hatten die Amerikaner das Recht, so mit ihnen zu verfahren. Die Frage, ob es ungerecht ist, dass Hans Müller mit 20 Jahren für drei Jahre nach Amerika "verbannt" und eingepfercht wurde, kann man natürlich stellen. Aber das sind die Regeln, die im Krieg gelten.

Ich frage mich auch, warum du dann nicht einen Vergleich mit einem stinknormalen Gefängnis machst. Der KZ-Vergleich scheint mir nur deshalb gewählt worden zu sein, um eine möglichst große Verachtung den Amerikaner gegenüber zum Ausdruck zu bringen. Vielleicht auch einfach Hass. Tatsächlich ist er völlig deplaziert. In einem KZ wurden Menschen systematisch ermordet. Da saßen auch keine Kriegsgefangenen ein, sondern ganz normale Zivilisten. Und in Guantanamo gelten selbstverständlich die Menschenrechte. Genau das ist ja der Grund für das Verbot gewisser Verhörpraktiken gewesen. Und das ist ein erheblicher Unterschied zum KZ.

Nochmal: die Guantanamo-Häftlinge sind nicht "zu unrecht" eingesperrt (von unglücklichen Ausnahmefällen abgesehen). Sie sind dort, und zwar "zu recht", als Kriegsgegner eingesperrt. Das gleiche Recht hätten die Taliban gehabt, wenn sie irgendwelche Amerikaner gefangengenommen hätten. Und ich glaube kaum, dass sich darüber jemand aufgeregt hätte.


Ich weiß nicht, ob du es wirklich nicht merkst. Aber deine Vergleich sind wirklich extrem zynisch. Du erkennst keinen Unterschied zwischen dem jüdischen Uhrmacher, der mit Frau, Geschwistern, Eltern und Kindern vergast wird und einem "Gotteskrieger", der vergleichsweise luxoriös untergebracht ist und der explizit dafür kämpfte, Frauen und andere, in seinen Augen Minderwertige, wie Tiere behandeln zu dürfen?



Doch, mir ist der Unterschied in der Hinsicht schon bewußt, nur ist dieser Gotteskrieger auch ein Mensch, meist sind es ungebildete junge Männer, denen man mit religiösen, extremen Vorstellungen den Kopf gewaschen hat, damit sie das tun, was sich der Oberfanatiker ( Mullah ), der Macht erreichen möchte und diese jungen Männer dafür benutzt, so vorstellt. Sie sind eigentlich auch Opfer von Männern, die sich selber die Hände nicht schmutzig machen wollen und geschickt die Fäden ziehen.
 
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da hat man also dann einen pinochet als verbündeten, einen hekmatyar, einen schah, einen saddam hussein (solang er halt brav war, und der genozid in halabja hat den westen ja auch nicht gestört) und was weiß ich wen nicht noch aller. faschistisch-reaktionäre militärdiktatoren, faschistisch-reaktionäre gotteskrieger, faschistisch-reaktionäre monarchen, und dafür soll die verteidigung der demokratie das zugrunde liegende leitmotiv sein...in wirklichkeit war man wohl eher recht bald nach 1945 der ansicht, doch das falsche schwein geschlachtet zu haben, um es mal in den worten des us-verbündeten churchill zu sagen.
Naja, aus dieser Formulierung wird ja schon deutlich, dass es sich dabei um eine reine Vermutung handelt. Wenn wir nicht jedes Detail betrachten, sondern das Prinzip der amerikanischen Politik - was hätten sie denn anders machen können? Die Frage ist durchaus ernst gemeint. Wenn die oberste Prämisse ist, die Sowjets einzudämmen. Und das war, nach damaligem Ermessen, sehr vernünftig. Wenn ich Verbündete brauche, um den Krieg zu gewinnen, dann muss ich eben aus denen wählen, die sich bereit erklären. Und wenn das alles nur Ganoven sind, dann kann ich mich fragen, ob sie vielleicht das kleinere Übel sind oder ob ich dann den Alleingang wage, der vermuntlich nicht sehr erfolgreich sein wird und letztlich bedeutet, den Kommunisten das Feld zu überlassen. Was in diesem Fall passiert, konnte man oft und eindrucksvoll genug sehen. Es war nicht moralisch einwandfrei, was die Amerikaner taten. Ist mir schon klar. Trotzdem hat ihnen der Erfolg am Ende recht gegeben: die Sowjetunion ist zusammengebrochen und seit 1990 sieht die Welt erheblich besser aus als vorher.

und 2002 hat es keine sowjetunion mehr gegeben, trotzdem wurde wieder ein putschversuch gegen einen demokratisch gewählten linken präsidenten in lateinamerika unterstützt. in einem ölreichen land. in einem kontinent, der ihnen sowieso immer mehr entgleitet. macht- und wirtschaftsinteressen. keine demokratischen leitmotive.
Falls du Chavez meinst: der ist nicht links, sondern ein ganz banaler Stalinist. Es gab einen wirklich linken Präsidenten in Südamerika: In Brasilien. Er hat seinen Sozialkurs durchgesetzt, ohne Stimmung gegen "den Westen" zu machen, ohne demokratische Standards auszuhebeln, ohne Hass auf Minderheiten zu schüren. Und siehe da: obwohl er ein Linker ist, genießt er weltweit hohes Ansehen und es gab nicht mal einen böse-amerikanischen Putsch-Versuch. Aber Chavez ist eben ein klassisches Beispiel: allein sein Geifern gegen die Amerikaner macht ihn in den Augen vieler zu einem Idol. Dass er ein brutaler Diktator ist, möchte dann keiner mehr hören. Er ist das gute Opfer der bösen Amerikaner. Alles schön einfach: hier die guten, da die bösen.

und netter kleiner nazivergleich, den du da wegen meine aussage bzgl. interesse am saudi-öl anstellst (hauptsache siriuskind wird ihrerseits für sowas "abgemahnt"). aber da will ich mich jetzt gar nicht dran festbeißen.
Es ging nicht um die Nazis. Aber du wirst vermutlich auch höhnen über die einfachen Antworten. Und einfache Antworten sind, jedenfalls in der Politik, meistens falsche Antworten. Und die "Antwort", hinter allem stecke Öl und Raffgier ist nun nicht gerade ein paradebeispiel ausgeheckter Raffinesse. Sie ist plump, simpel und aller Wahrscheinlichkeit nach zu 95% ein gewachsenes Vorurteil, das ohne irgendwelche Detailskenntisse immer weiter kolportiert wird.

tatsache ist, dass du ja selbst sagst, dass es wohl das interesse am öl ist, dass sie zur unterstützung der saudis treibt. gut, du vermutest da auf der dritten überebene letztendlich ein demokratisches leitmotiv. das würde ich mir dann einreden lassen, wenn sie ansonsten regelmäßig entsprechend handeln würden. aber wer nach wie vor extrem reaktionäre, islamistische gottesstaaten hochrüstet und nach wie vor rechte militärputschversuche in demokratischen staaten unterstützt, dem nehme ich keine demokratischen leitmotive ab. macht- und wirtschaftsinteressen bestimmen das außenpolitische handeln der usa genau so wie das der übrigen welt. sie sind nicht böser als andere, aber mächtiger. dadurch werden sie leichter zum feindbild, was in diesem ausmaß manchmal ungerechtfertigt ist, aber eine verkennung der motive liegt aus meiner sicht definitiv nicht vor.
Es ist aber doch schlicht zuviel verlangt, von einem Land ein stringent sich immer wiederholendes Handlungsmuster zu verlangen. Wie soll das denn gehen? Die Politik muss sich doch an den Realitäten orientieren. In Saudi-Arabien gibts Öl. Also könnte das Öl mit hineinspielen. In Afghanistan war die Situation natürlich eine ganz andere. Da ging es zuallererst darum, die Sowjets da wieder rauszukicken. Weil man, verständlicherweise, davon ausging, dass ein paar durchgeknallte Gotteskrieger kein langfristiges Problem sind, hat man sich eben ihrer Hilfe bedient, weil sie nunmal die einzige verfügbare Streitmacht stellten. Die Amerikaner können gar nicht "regelmäßig entsprechend handeln", weil die Situtation das überhaupt nicht hergibt. Oder ich hab jetzt nicht verstanden, was du meintest.
 
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