S
Sansara
Guest
Ich hatte/habe ja auch Probleme mit der selbsterschaffenen Realität.
Zufällig ist mir ein Buch von Paul Watzliawick (als Hrsg.) in die Hände gefallen: Die erfundene Wirklichkeit. Es ist eine Einführung in den Konstruktivismus und diese philosophische Richtung geht davon aus, dass wir unsere Wirklichkeit(en) erfinden ohne uns dessen bewusst zu sein.
Realität -> Sinnesorgane -> Gehirn -> Interpretation
Apfel -> Augen -> Farbe und Form -> rot und knackig, lecker
Dazu muss man noch bedenken, dass unsere Sinne nur einen (kleinen?) Teil dieser Welt wahrnehmen können. Und dass der Begriff "Apfel" auch schon eine Interpretation ist.
Und auch das oft gewählte Beispiel mit der heißen Herdplatte/der Ohrfeige o.ä., also Schmerz als Realitätsbeweis lassen die Autoren nicht gelten. Denn dieser Schmerz ist nur unsere Interpretation, die unsere Schmerzrezeptoren auslösen, wenn sie etwa mit stark zirkulierenden Elektronen (?) (also etwa einer heiße Herdplatte) in Kontakt kommen. Die Realität wäre also nicht der Schmerz, sondern die stark zirkulierenden Elektronen (oder so), noch nicht mal die Hitze, denn die ist ja nur Interpretation dessen. [Wenn man noch dazu bedenkt, dass es Menschen gibt, die kein Schmerzempfinden haben, dann wird die konstuierte Realität vielleicht noch deutlicher. Oder man stelle sich ein Lebewesen vor, dass wärmeunabhängig lebt und keine entsprechenden Sinnesorgane besitzt und für diese Hitze "blind" ist, aber dafür etwas anderes wahrnimmt, wofür wir blind sind. Was ist dann die Realität? Sicher nicht unsere Interpretation des kleinen Ausschnitts, den wir wahrnehmen, der ist nur unsere individuelle Realität.]
Auch selbsterfüllende Prophezeiungen erklärt das Buch. Es gibt tatsächlich Fälle, wo Leute "verhext" worden sind und so sehr daran glaubten, dass sie an diesem "Fluch" verstarben. So dramatisch muss es gar nicht sein: Was wir annehmen, wie uns andere empfinden (un/symphatisch), so verhalten wir uns ihnen gegenüber und bekommen unsere Annahme bestätigt.
Seltsamerweise steht in dem Buch nirgendwo etwas über Buddhismus/Erleuchtung, schon aber etwas über Menschen, denen in Extremsituationen die Wirklichkeit wirklicher als je zuvor vorkam, was sich nachträglich nicht mehr nachempfinden lässt...
Und die Autoren scheinen alle Atheisten zu sein, irgendwo steht aber auch, dass höhere Säugetiere nicht ohne einen tieferen Sinn des Lebens existieren könnten...
Ich finde, es erklärt wissenschaftlich das Ego, welches man ablegen kann (oder zumindest: dessen man sich bewusst werden kann). Das ist nämlich eine Illusion bzw. nur für einen bestimmten Zeitpunkt und eine bestimmte Person existent. Aber darunter befindet sich die Welt, pur und rein, so wie sie ist und die lässt sich zumindest in einzelnen Momenten so erleben.
Die mir so geschenkten Momente haben mich glücklicherweise vom Atheismus zum Göttlichen (nicht zu Gott als übergeordnete Wesenheit) geführt.
Also, nochmal kurz zur Ausgangsfrage:
Es gibt eine Realität, aber wir erfassen sie weder komplett noch direkt, sondern durch unsere Sinnesorgane und Nervenzellen. D.h. wir interpretieren den Wirklichkeits-Ausschnitt, den unsere Sinnesorgane erfassen und nehmen dadurch nur unsere eigene Realität wahr. Gleiches gilt für das psychologische Ego-Konstrukt.
Ich meine, im Buch stand irgendwo, wir sind Teil der Welt und versuchen sie als Außenstehende wahrzunehmen, was logischerweise nicht gelingen kann.
Konsequenzen daraus: Toleranz gegenüber anderen (weil ich ja weiß, dass jeder in seiner individuellen Wirklichkeit lebt), Verantwortung (weil ich ja weiß, dass ich für die Welt verantwortlich bin).
LG von Sansara
PS: Ich glaube jetzt, dass das nihilistische Nichts einfach eine andere Interpretation von Gott ist.
Zufällig ist mir ein Buch von Paul Watzliawick (als Hrsg.) in die Hände gefallen: Die erfundene Wirklichkeit. Es ist eine Einführung in den Konstruktivismus und diese philosophische Richtung geht davon aus, dass wir unsere Wirklichkeit(en) erfinden ohne uns dessen bewusst zu sein.
Realität -> Sinnesorgane -> Gehirn -> Interpretation
Apfel -> Augen -> Farbe und Form -> rot und knackig, lecker
Dazu muss man noch bedenken, dass unsere Sinne nur einen (kleinen?) Teil dieser Welt wahrnehmen können. Und dass der Begriff "Apfel" auch schon eine Interpretation ist.
Und auch das oft gewählte Beispiel mit der heißen Herdplatte/der Ohrfeige o.ä., also Schmerz als Realitätsbeweis lassen die Autoren nicht gelten. Denn dieser Schmerz ist nur unsere Interpretation, die unsere Schmerzrezeptoren auslösen, wenn sie etwa mit stark zirkulierenden Elektronen (?) (also etwa einer heiße Herdplatte) in Kontakt kommen. Die Realität wäre also nicht der Schmerz, sondern die stark zirkulierenden Elektronen (oder so), noch nicht mal die Hitze, denn die ist ja nur Interpretation dessen. [Wenn man noch dazu bedenkt, dass es Menschen gibt, die kein Schmerzempfinden haben, dann wird die konstuierte Realität vielleicht noch deutlicher. Oder man stelle sich ein Lebewesen vor, dass wärmeunabhängig lebt und keine entsprechenden Sinnesorgane besitzt und für diese Hitze "blind" ist, aber dafür etwas anderes wahrnimmt, wofür wir blind sind. Was ist dann die Realität? Sicher nicht unsere Interpretation des kleinen Ausschnitts, den wir wahrnehmen, der ist nur unsere individuelle Realität.]
Auch selbsterfüllende Prophezeiungen erklärt das Buch. Es gibt tatsächlich Fälle, wo Leute "verhext" worden sind und so sehr daran glaubten, dass sie an diesem "Fluch" verstarben. So dramatisch muss es gar nicht sein: Was wir annehmen, wie uns andere empfinden (un/symphatisch), so verhalten wir uns ihnen gegenüber und bekommen unsere Annahme bestätigt.
Seltsamerweise steht in dem Buch nirgendwo etwas über Buddhismus/Erleuchtung, schon aber etwas über Menschen, denen in Extremsituationen die Wirklichkeit wirklicher als je zuvor vorkam, was sich nachträglich nicht mehr nachempfinden lässt...
Und die Autoren scheinen alle Atheisten zu sein, irgendwo steht aber auch, dass höhere Säugetiere nicht ohne einen tieferen Sinn des Lebens existieren könnten...
Ich finde, es erklärt wissenschaftlich das Ego, welches man ablegen kann (oder zumindest: dessen man sich bewusst werden kann). Das ist nämlich eine Illusion bzw. nur für einen bestimmten Zeitpunkt und eine bestimmte Person existent. Aber darunter befindet sich die Welt, pur und rein, so wie sie ist und die lässt sich zumindest in einzelnen Momenten so erleben.
Die mir so geschenkten Momente haben mich glücklicherweise vom Atheismus zum Göttlichen (nicht zu Gott als übergeordnete Wesenheit) geführt.
Also, nochmal kurz zur Ausgangsfrage:
Es gibt eine Realität, aber wir erfassen sie weder komplett noch direkt, sondern durch unsere Sinnesorgane und Nervenzellen. D.h. wir interpretieren den Wirklichkeits-Ausschnitt, den unsere Sinnesorgane erfassen und nehmen dadurch nur unsere eigene Realität wahr. Gleiches gilt für das psychologische Ego-Konstrukt.
Ich meine, im Buch stand irgendwo, wir sind Teil der Welt und versuchen sie als Außenstehende wahrzunehmen, was logischerweise nicht gelingen kann.
Konsequenzen daraus: Toleranz gegenüber anderen (weil ich ja weiß, dass jeder in seiner individuellen Wirklichkeit lebt), Verantwortung (weil ich ja weiß, dass ich für die Welt verantwortlich bin).
LG von Sansara
PS: Ich glaube jetzt, dass das nihilistische Nichts einfach eine andere Interpretation von Gott ist.