Krishnamurti

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opti

Guest
Zunächst einmal sei darauf hingewiesen, dass Krishnamurti sehr stark durch die okkulte Welt der theosophischen Gesellschaft beeinflusst wurde. Er stand in jungen Jahren vollkommen unter der Kontrolle von Mrs. Besant und Charles W. Leadbeater, den führenden Mitgliedern der theosophischen Gesellschaft. Bereits mit 14 Jahren wurde er von Charles W. Leadbeater, einem führenden Mitglied der theosophischen Gesellschaft, die hoffnungsvoll auf die Ankunft eines „Weltlehrers“ wartete, aufgrund seiner ungewöhnlich reinen Aura am Strand von Adyar „entdeckt“ und als kommender Messias betrachtet.

Das Ich, Selbst oder auch Ego (Krishnamurti unterscheidet hier nicht) ist für Krishnamurti die Ursache aller Konflikte. Dahinter steht die Annahme einer Dualität, die das "Göttliche" und den Menschen bzw. die Natur voneinander trennt, und sie der göttlichen Einheit entreißt. Die Verneinung des "Ich", die Krishnamurti dann vornimmt, kommt mir etwas eigenartig vor. Diese Verneinung beruht auf der Annahme, dass hinter allem ein Gott steht und das alles eins sei. Beide Annahmen sind rein theoretisch und es gibt dafür keinerlei Beweise. Damit geht sein ganzes Streben in die Richtung, dieses Getrenntsein des Menschen vom Göttlichen aufzuheben und die Vereinigung des Menschen mit dem Göttlichen anzustreben. Damit reduziert er alle Probleme auf die Trennung des Menschen von Gott, obwohl, wenn wir es genau betrachten, wir nicht einmal wissen, ob dieses Göttliche überhaupt existiert. Er stellt also eine These auf, verkündet sie als unumstößliche Wahrheit, an der bitte niemand zu rütteln hat, und baut darauf alle seine Überlegungen auf. Für mich ist dieses Vorgehen äußerst zweifelhaft und ähnelt dem Verhalten der Religionen.

Das Denken kann nach Krishnamurti keine Lösung für unsere Konflikte darstellen. Das sehe ich etwas anders. Bezieht man dieses Denken z.B. auf unser Wohlbefinden oder unser Leiden, so kann uns unser Denken sehr wohl gute Hinweise liefern, wie wir unser Wohlbefinden verbessern, bzw. unser Leiden vermindern oder beenden können. Dies geschieht natürlich nicht allein durch unser Denken, sondern auch durch unser Fühlen und durch die gesammelten emotionalen und intellektuellen Erfahrungen, die wir im Laufe unseres Lebens gemacht haben. Zumindest können wir mittels unseres Denkens und unseres Empfindens sehr gut analysieren und ergründen, wie wir eine Veränderung in eine erwünschte Richtung erreichen können. Ob wir die als richtig erkannte Verhaltensänderung allerdings umsetzen, steht auf einem anderen Blatt. Diese Verhaltensänderungen unterliegen nämlich nicht nur dem Denken. Hinzu kommen Gewohnheiten, die wir uns zu eigen gemacht haben, von denen wir uns erst einmal trennen müssten. Das aber fällt uns nicht immer leicht.

Auch die Behauptung Krishnamurtis, Denken sei ein trennender, analytischer Vorgang und könne niemals die Wirklichkeit sein, vielmehr stelle es eine Reflexion unserer persönlichen, konditionierten Sicht der Dinge dar, kann ich so nicht teilen. Natürlich ist unser Denken beschränkt und wir können nicht das Wissen in seiner ganzen Vielfalt erfassen. Weder ist es unserem Denken möglich, einen höheren Sinn für unser Dasein zu erfassen, noch ist es ihm möglich, sich die Erfahrungen anderer Menschen zu eigen zu machen. Aber dafür ist unser Denken offensichtlich auch gar nicht ausgelegt. Den Sinn des Denkens sehe ich in erster Linie darin, den kleinen überschaubaren Rahmen, in dem wir leben, zu erfassen, ihn einzuordnen und ihn zu gestalten. Zu diesem Gestalten zähle ich auch, ihm einen spirituellen Sinn zu verleihen und ihn zu verwirklichen. Und darüber hinaus ist unser Denken sogar in der Lage, Visionen zu entwickeln, die weit über unseren kleinen individuellen Rahmen hinausgehen und globale Formen annehmen kann.

Nach Krishnamurtis Vorstellung, könne die Illusion des Ich nur dann enden, wenn der Denkende erkennt, dass er und der Gedanke nicht zwei verschiedene Entitäten (Wesen), sondern im Grunde völlig identisch sind. Diese Überlegungen beruhen auf der Vorstellung alles sei eins. Dies ist aber ein religiöser Ansatz, mit dem man glaubt, eine höhere göttliche Ordnung beschreiben zu können. Ich halte diese Vorstellung für willkürlich und kann sie nicht als besonders hilfreich betrachten.

Aus diesem religiösen Gesichtswinkel ist natürlich alles eins, Gott, der Mensch und die Natur und natürlich auch der Denker und der Gedanke. Aber ich glaube, so funktioniert das Denken nicht. Die Überlegungen Krishnamurtis gehen davon aus, das unser Denken gewissermaßen einen Filter durchläuft, der nur das durchlässt, was wir als richtig erkannt haben. Das ist aber keineswegs immer so. So nehmen wir immer wieder neue Gedanken auf, betrachten sie gewissermaßen von allen Seiten und versuchen, sie in unsere Gedankenwelt zu integrieren. Dabei kann es aber durchaus passieren, dass wir erkennen, dass die eine oder andere Ansicht, die wir bisher pflegten, nicht richtig war. Die Konsequenz davon ist, dass wir unser Denken neu strukturieren. Somit hat unser Denken also keine festgefügte Struktur, sondern unterliegt einer permanenten Wandlung.

Krishnamurti
 
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opti schrieb:
Die Verneinung des "Ich", die Krishnamurti dann vornimmt, kommt mir etwas eigenartig vor. Diese Verneinung beruht auf der Annahme, dass hinter allem ein Gott steht und das alles eins sei.
Nö, sie beruht ganz einfach auf Logik und ein bisschen Empirie. Mit Gott hat das überhaupt nichts am Hut.

Ich habe das hier aufzuzeigen versucht (es genügt, die ersten paar Seiten des Threads zu lesen), aber wie grundsätzlich immer wenn man plötzlich einmal nachdenken muss, haben sich nur wenige Foris am Experiment beteiligt. Immerhin haben diejenigen, die es getan haben und nicht bloss darüber hinweggelesen haben, einige lustige Sachen entdeckt.
 
Danke Opti, für das schöne Thema!
Ich stimme mit dem was Krishnamurti hier sagt völlig überein. Ohne dass mir Krishnamurtis Lehre geläufig gewesen wäre...
Was er sagt entspricht dem, was ich gerade erfahre... Was ich gerade dabei bin zu entdecken...
Das analytische Denken und das Erkennen aus dem Einheitsempfinden sind nicht zu verwechseln. Das analytische Denken erkennt durch Trennung und braucht immer einen Standpunkt von außen, das Einheitsempfinden erkennt durch Mitgefühl, Einfühlung, Erspüren, ES SELBST SEIN. Dabei geht es nicht um Glaube oder Religion. Es geht um erfahrene Wahrheit durch meditative Versenkung und Öffnung. Fallen die Grenzen des Ego weg, wird das Selbst in der ganzen Weite erfahrbar und kann deswegen in jede beliebige Form eintauchen und von innen verstehen...
lg Kalihan
 
Kalihan schrieb:
Danke Opti, für das schöne Thema!
Ich stimme mit dem was Krishnamurti hier sagt völlig überein. Ohne dass mir Krishnamurtis Lehre geläufig gewesen wäre...
Was er sagt entspricht dem, was ich gerade erfahre... Was ich gerade dabei bin zu entdecken...
Das analytische Denken und das Erkennen aus dem Einheitsempfinden sind nicht zu verwechseln. Das analytische Denken erkennt durch Trennung und braucht immer einen Standpunkt von außen, das Einheitsempfinden erkennt durch Mitgefühl, Einfühlung, Erspüren, ES SELBST SEIN. Dabei geht es nicht um Glaube oder Religion. Es geht um erfahrene Wahrheit durch meditative Versenkung und Öffnung. Fallen die Grenzen des Ego weg, wird das Selbst in der ganzen Weite erfahrbar und kann deswegen in jede beliebige Form eintauchen und von innen verstehen...
lg Kalihan
Eine sehr exakte Beschreibung der Unterschiedlichkeit des Denkens. Krishnamurti beschäftigte sich mit Freiheit und Naütrlichkeit des Einzelnen. Er wurde eigentlich eher zum Guru gemacht, als daß er das wollte und löste seine Religionsgemeinschaft kurzerhand auf. Der Hintergrund seines Denkens war Mitgefühl, denn er hatte erkannt, daß jegliche Bindung an eine spirituelle Praxis zur Unfreiheit führt und vor dem letztendlichen "Sprung" durch die Dimensionen des Geistes abhält:-))

play safe, spieler
 
Spieler schrieb:
Eine sehr exakte Beschreibung der Unterschiedlichkeit des Denkens. Krishnamurti beschäftigte sich mit Freiheit und Naütrlichkeit des Einzelnen. Er wurde eigentlich eher zum Guru gemacht, als daß er das wollte und löste seine Religionsgemeinschaft kurzerhand auf. Der Hintergrund seines Denkens war Mitgefühl, denn er hatte erkannt, daß jegliche Bindung an eine spirituelle Praxis zur Unfreiheit führt und vor dem letztendlichen "Sprung" durch die Dimensionen des Geistes abhält:-))

play safe, spieler

Was Krishnamurti auflöste, war die "Order of the Star of the East" die tief im theosophischen Sumpf verstrickt war, dem ich doch sehr ablehnend gegenüberstehe. Er hatte zwar einige sehr schöne Ideen über die Erziehung und über die Gestaltung der Gesellschaft, aber insgesamt habe ich nicht das Gefühl, dass er besonders gut mit spirituellen Praktiken vertraut war. Das war wohl auch nicht seine Absicht, weil er auf dem Standpunkt stand, dass spirituelle Praktiken dem Menschen nicht weiterhelfen. Ich glaube, er sprach sich sogar gegen die Meditation aus. Das macht aber in der Regel nur jemand, der selber niemals tiefgründigere Erfahrungen mit der Meditation hatte.

Wie aber kann er behaupten, das jegliche Bindung an eine spirituelle Praxis zur Unfreiheit führt? Ich würde eher vermuten, dass er versucht hat, solch einen Weg zu beschreiten, aber nicht die Kraft und die Entschlossenheit hatte, diesen Weg zu Ende zu gehen. Millionen Menschen vor ihm und nach ihm haben solch einen spirituellen Weg mit Erfolg beschritten. Wieso also kommt er zu der Erkenntnis, dass spirituelle Wege zur Unfreiheit führen? Er sollte nicht von sich auf andere schliessen. Und irgendwann ist er dann wahrscheinlich etwas zu kopflastig geworden und versuchte das, was ihm mittels des spirituellen Weges verschlossen blieb, mittels des Intellekts und seiner religiösen Überzeugungen zu lösen. Das aber halte ich nun wiederum für den falschen Weg.
 
opti schrieb:
...Das aber halte ich nun wiederum für den falschen Weg.
Daß es so etwas wie einen falschen Weg geben könne, das hat Krishnamurti aus seinem Herzen abgelehnt. Das halte ich für eine argumentativ nicht überwindbare Sicht. Er war ein Argumentierer, ein Spieler mit dem Wort im Geist. Er hat die Leute ähnlich wie es auch in manchen östlichen Traditionen üblich ist verwirrt und geistig desintegriert. Dadurch fielen die Hüllen des individuellen Denkens. Gerade einer wie Du, der sich durch Abgrenzung und Bewertung in richtig und falsch erfährt, kann durch die Unsinnigkeit der spirituellen Suche, die K. klar wie ein Diamant herausarbeitet, wachsen und zur Ruhe mit wirklich individuellen Erfahrungen kommen. Und für alle Leute, die sich einem Guru oder sonst einem Symbol oder Weg hingeben, mag es sich wie die Faust auf's Auge anfühlen. Denn am Ende jeden Weges steht irgendwann die Möglichkeit, die Augen zu öffnen und seinen Weg in der Materie, mit seiner Körper-Geist-Seele und nicht nur mit seinem Geist zu gehen. Mit jeder spirituellen Erfahrung desintegriert man das Einheitserfahren, weil der Körper sich weiterhin in der materiellen Welt fühlt, der Geist und die Seele aber unterwegs sind.
Krishnamurti macht nicht den Fehler wie die katholische Kirche, daß sie den Leuten das Visualisieren etc. verbietet, weil es Teufelswerk sei. Er hält alles für natürlich, was sich aus dem eigenen Selbst entwickelt und ist der Meinung, daß die Natürlichkeit eine eigene Religion mit sich selbst als innerem Führer bereit hält.

play safe, spieler
 
Spieler schrieb:
Mit jeder spirituellen Erfahrung desintegriert man das Einheitserfahren, weil der Körper sich weiterhin in der materiellen Welt fühlt, der Geist und die Seele aber unterwegs sind.
So, tut man das? Ich empfinde eher, dass sich der Körper mit der spirituellen Erfahrung verändert und vollständig zum Leben erwacht...
Es ist eine persönliche Entscheidung, ob man die Spiritualität außerhalb des Körpers ansiedelt oder ins Körperliche integriert. Der zweite Fall kommt mir wacher vor. Hör mal geschwind weg Opti:) - Im zweiten Fall sind nämlich alle Chakren beteiligt, im ersten Fall nur Stirn und Krone..., vielleicht noch Hals...
lg Kalihan
 
Kalihan schrieb:
So, tut man das? Ich empfinde eher, dass sich der Körper mit der spirituellen Erfahrung verändert und vollständig zum Leben erwacht...
Es ist eine persönliche Entscheidung, ob man die Spiritualität außerhalb des Körpers ansiedelt oder ins Körperliche integriert. Der zweite Fall kommt mir wacher vor. Hör mal geschwind weg Opti:) - Im zweiten Fall sind nämlich alle Chakren beteiligt, im ersten Fall nur Stirn und Krone..., vielleicht noch Hals...
lg Kalihan
Da stimme ich so spaßeshalber nicht zu, weil der Geist den gesamten Körper umfaßt und nicht nur die oberen Chakren. Und wenn Du mit einem Körperteil immer wieder die gleichen Bewegungen machst, kommt es irgendwann ja auch zu reflektorischen Auswirkungen in anderen Körperteilen. Insofern ist es vielleicht nur die Frage, aus welchem Zentrum heraus man lebt (weghören, opti!). Wenn das Zentrum das Herz ist wie bei Dir und bei Krishnamurti (er hat eine ganz schöne Lebensgeschichte, finde ich und er ist einer der schönsten Männer die ich je gesehen habe- für mich ist er Schönheit pur), dann ist soweit ja kein Problem vorhanden:-) Dein Foto auf Seite 88 im Foto-Thread hat mich sofort an ihn erinnert:liebe1: :liebe1: :liebe1:

Übrigens finde ich das hier sehr schön:
http://www.akasha.de/tetraeder/kfirst.html

k1924.jpeg

jk101.jpg

Krishnamurti3.jpg


Liebe Grüße, spieler
 
Hallo Opti,

erst einmal Danke dafür, dass Du hier so ausführlich dieses Thema vorstellst.

Ich möchte ein paar Gedanken zu deinem Text beitragen.


Das Ich, Selbst oder auch Ego (Krishnamurti unterscheidet hier nicht) ist für Krishnamurti die Ursache aller Konflikte.

Um näher zu bestimmen, was hier gemeint sein könnte, möchte ich erst einmal einige Ich's unterscheiden.
Es gibt das einfach Ich als "Identität". Ich bin das: Ich = x. Ich habe eine Identität von mir: bin 32 Jahre alt, schwarze Haare, studiert, .... . Ich meine das erst einmal als etwas Kognitives. Ein Katalog von Eigenschaften und Erlebnissen, von welchen ich glaube, dass sie mir eigen sind.
Dann gibt es so etwas wie ein "Ego", das beispielsweise diejenigen Gefühle (Minderwertigkeitsgefühle, Scham, ...) ausgleicht, die das Ich abwerten und das eine Ich-Wirksamkeit und Geltung anstrebt, indem es sich einen Wert durch Handlungen oder verinnerlichte Perspektiven und Beurteilungen zuschreibt (auch Ehre, Stolz, Selbstwert, etc. ...).
Dann gibt es etwas wie die "Persönlichkeit" als Ich. Das ist nicht das Ich, von dem ich denke, dass ich das bin, sondern das ist diejenige Konstitution aus der heraus gedacht, gefühlt, motiviert, erlebt wird, dass da ein Ich sein könnte, dasjenige was alles Konstituiert und Trägt.
Dann gibt es so etwas wie ein Ich als Grenze: das Grenz-Ich. "Ich bin hier und dort bist Du". "Ich fühle mich Eins mit dir". "Komm mir nicht zu nahe". "Ich brauche Abstand". "Ich kann mich nicht/gut abgrenzen."
Und dann gibt es auch noch ein psychoanalytisches Ich, in dem Konflikte zwischen Bedürfnissen und Gewissen abgewehrt oder ausgehalten werden. Hier gibt es die verschiedensten Abwehrmechanismen des Ich, um Konflikte abzuwehren. Ganz archaisch: Spaltung, Größen-Selbst, Projektion, Idealisierung. Oder feiner: Verdrängung und Sublimation.
Und dann gibt es noch I, Me und Self bei George Herbert Mead. Das I drückt die unmittelbaren Gefühle und Intuitionen, Bedürfnisse aus, so wie sie unmittelbar entstehen. Das Me fühlt sich in andere ein, nimmt die Perspektive anderer ein. Und das Selbst ist um einen Ausgleich von I und Me bemüht, indem es diese distanziert vermittelt. "Das I sagt: Er hat mir weh getan, dieser Idiot". Das Me sagt: "Aber er kann doch nichts dafür, er ist nun mal süchtig und dann passiert das." Und das Self vermittelt: " Naja, er kann nichts dafür, das stimmt schon, wir müssen unsere Aggresion nicht an ihm auslassen, aber wir müssen uns dennoch von ihm trennen. Es kann so nicht weiter gehen."
Und als letztes noch das Körper-Leib-Energie-Ich. Ich sitze hier auf meinem Stuhl, kann mich im Spiegel betrachten, auf Fotos. Das bin ich. Das ist mein Körper. Ich kann ihn biegen und strecken, kann ihn behandeln wie einen Körper/Objekt. Zugleich fühle ich ihn als meinen Leib, kann ich in ihm Energie ausstrahlen und kann ich diese Energie über diesen Leib hinaus ausstrahlen, kann ich meinen Energie-Mantel fühlen, wie er mich umgibt.

Ich kann mich jetzt fragen, welches Ich hier aufgelöst werden muss und was meint diese Auflösung? Was passiert, wenn ich spirituell fortschreite ?

Die Identität stellt sich immer weniger als ein Gegenstandsbild dar, haftet weniger an Rollen, Vorstellungen oder Gedanken fest, sondern wird flexibel, löst sich auf zu einem weisen, lächelnden Gefühl der Authentizität und Gewissheit.
Das Ego benötigt erst einmal Stärkung und Kraft, wie ein Baby, das sich nach Liebe sehnt. Nachdem seine wirklichen Schmerzen und tiefen, eigensten, ursprünglichen Bedürfnisse befriedigt sind, lässt es los und löst sich auf, Gelassenheit stellt sich ein.
Die Ich-Grenze wird stärker und zugleich flexibler. Sie lässt hierdurch mehr Nähe und mehr Distanz sowie wirkliches Alleine-Sein zu. Ich kann verschmelzen, loslassen und verliere mich dennoch nicht, auch in intimster Nähe. Zugleich kann ich alleine sein und diese Distanz halten, mich so fühlen, wie ich bin, alles aufsteigen lassen.
Das psychoanalytische Ich widersteht zunehmend Konflikte, ist immer seltener gezwungen, abzuwehren und erfährt folglich immer seltener einen Konflikt zwischen sich und Objekten sowie Bedürfnis und Gewissen. Einerseits wird das Gewissen zu einem lieben- und verständnisvollen Erwachsenen, andererseits lösen sich die Anhaftungen auf.
Mein Self wird kann sich immer weiter distanzieren, beobachtet mich von außen als eines von unendlichen Wesen, in einer Evolution, in einem Kreislauft, der kommt und geht, denkt schließlich außerhalb von allem Innen-Außen, non-dual. Mein Me fühlt sich in andere ein, verschmilzt mit ihnen, fühlt und schenkt Liebe, Geborgenheit. Mein I löst sich auf in Energie, wird selbst non-dual (Für Wilber ist das I das letztlich Entscheidende in der spirituellen Entwicklung: "For it is the proxiamte self that is the navigator through the basic waves in the Great Nest of Beeing." Integral Psychology S.35. Vgl. die Karte S.199)
Und schließlich manifestiert und spiegelt sich alles darin, dass sich mein Energie immer weiter ausbreitet und mein Leib (Herz) sich energetisch öffnet.

Das Denken kann nach Krishnamurti keine Lösung für unsere Konflikte darstellen.
...Nach Krishnamurtis Vorstellung, könne die Illusion des Ich nur dann enden, wenn der Denkende erkennt, dass er und der Gedanke nicht zwei verschiedene Entitäten (Wesen), sondern im Grunde völlig identisch sind. Diese Überlegungen beruhen auf der Vorstellung alles sei eins. Dies ist aber ein religiöser Ansatz, mit dem man glaubt, eine höhere göttliche Ordnung beschreiben zu können. Ich halte diese Vorstellung für willkürlich und kann sie nicht als besonders hilfreich betrachten.
... Die Überlegungen Krishnamurtis gehen davon aus, das unser Denken gewissermaßen einen Filter durchläuft, der nur das durchlässt, was wir als richtig erkannt haben. Das ist aber keineswegs immer so. So nehmen wir immer wieder neue Gedanken auf, betrachten sie gewissermaßen von allen Seiten und versuchen, sie in unsere Gedankenwelt zu integrieren. Dabei kann es aber durchaus passieren, dass wir erkennen, dass die eine oder andere Ansicht, die wir bisher pflegten, nicht richtig war. Die Konsequenz davon ist, dass wir unser Denken neu strukturieren. Somit hat unser Denken also keine festgefügte Struktur, sondern unterliegt einer permanenten Wandlung.

Auch wenn das Denken eine permanente Wandlung vollzieht, wenn es immer weiter von oben, außen auf uns herabblickt, so ist es als Denken doch auf Begriffe angewiesen, mit welchen es die Phänomene beschreibt, die sich ihm darbieten, um diesen Sinn zuzuschreiben, so dass die Welt eine sinnvolle Welt wird. Doch die Evolution stellt uns stets lediglich historische Begriffe bereit, schon hier sind wir innerhalb eines semantischen Horizontes eingeschränkt.
Denken hat eine Forum, einen Standpunkt und es vermittelt und verweist auf etwas. Die Form des Denkens ist keine Logik. Logik-Systeme können bis zur Prädikatenlogik als vollständig und widerspruchsfrei hergeleitet werden, alles andere ist seit Gödel in einem Ebenen-Zirkel gefangen. Denken ist vor allem, auch wenn die Form noch so "logisch" erscheint, sinnhaftes Verstehen und Bezeichnen von einem Standpunkt aus.
Und der Standpunkt des Denkens ist stets ein Standpunkt, so viele Standpunkte er auch mit einbezieht, von so weit entfernt er auch blicken mag. Es wird immer nur vermitteln, wird auf der Sinn-Ebene sinnvoll sein, wird, so lange es operiert, ein Trennendes sein. Wo zeigt sich dies offensichtlicher als in der Meditation.

Denken, in diesem Sinne, ist dazu Da, dass irgendwann klar wird, ganz klar wird, dass es loslassen kann: Loslassen - dann hat sich Denken sich selbst verstanden.

Das zeigt sich auch an den Chakren: Während das Hals-Chakra feinfühlig, distanziert, reflektiert die Worte spricht, so befreit sich das Stirn-Chakra vom Denken und blickt tiefer als es das Denken vermag. Denken verhindert das Fallenlassen, Loslassen ins Stirn-Chakra.

Damit geht sein ganzes Streben in die Richtung, dieses Getrenntsein des Menschen vom Göttlichen aufzuheben und die Vereinigung des Menschen mit dem Göttlichen anzustreben. Damit reduziert er alle Probleme auf die Trennung des Menschen von Gott, obwohl, wenn wir es genau betrachten, wir nicht einmal wissen, ob dieses Göttliche überhaupt existiert. Er stellt also eine These auf, verkündet sie als unumstößliche Wahrheit, an der bitte niemand zu rütteln hat, und baut darauf alle seine Überlegungen auf. Für mich ist dieses Vorgehen äußerst zweifelhaft und ähnelt dem Verhalten der Religionen
.

Wenn das Denken aufhört, wenn das Ich sich auflöst, wenn sich die Energie, das Herz, alle Chakren immer weiter öffnen, dann vollzieht sich "Einswerdung" und das Getrenntsein vergeht. Wie eine Heimkehr, dorthin zurück, wo es geborgen war, wo es Eins war. Das Urvertrauen löst sich ein. Glückseeligkeit, Energie und leuchtende Stille durchfluten, vibrieren, schimmern im Sen. Unabhängig von Denken, Logik und Begriffen. Es ist viel, viel mehr. Es ist Ganz-Sein, Einswerden, ein Öffnen und Vernehmen, ein Verstehen aus dem Ganzen in das Ganze hinein, ein Meer, Wellen, Licht, Liebe :liebe1:

Das analytische Denken und das Erkennen aus dem Einheitsempfinden sind nicht zu verwechseln. Das analytische Denken erkennt durch Trennung und braucht immer einen Standpunkt von außen, das Einheitsempfinden erkennt durch Mitgefühl, Einfühlung, Erspüren, ES SELBST SEIN. Dabei geht es nicht um Glaube oder Religion. Es geht um erfahrene Wahrheit durch meditative Versenkung und Öffnung. Fallen die Grenzen des Ego weg, wird das Selbst in der ganzen Weite erfahrbar und kann deswegen in jede beliebige Form eintauchen und von innen verstehen...
lg Kalihan

Liebe Grüße :liebe1:
Energeia
 
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Krishnamurti schreibt den Idealen keine weltverbessernde Bedeutung zu, sondern versucht im Gegenteil vielmehr auf die Gefährlichkeit der Ideale hinzuweisen:

„Die Idee ist uns wichtiger als die Wirklichkeit; was wir sein sollten, liegt uns mehr am Herzen, als was wir sind. Unser Streben ist ständig darauf gerichtet, diese Wirklichkeit in die Schablone unserer Vorstellung zu pressen. Da uns dies nicht gelingt, schaffen wir damit einen Gegensatz zwischen dem was ist, und dem, was sein sollte. Was sein sollte, ist unsere Idee, die Schöpfung unserer Phantasie, es kommt also zum Konflikt zwischen Illusion und Wirklichkeit, nicht nach außen hin, sondern in uns selbst.“

Diese Haltung Krishnamurtis kann ich überhaupt nicht teilen. Warum zum Beispiel interessiert sich jemand für Esoterik oder für Spiritualität? Es gibt bestimmt eine ganze Menge Menschen, die sich aus dem Grunde mit solchen Themen beschäftigen, weil sie innerlich unzufrieden sind und nach Wegen suchen, ihr Leben erfüllter zu gestalten. Und ich bin mir absolut sicher, dass jeder, der ernsthaft einen spirituellen Weg beschreitet, auch eine positive Veränderung in seinem Leben erreichen wird. Wenn Krishnamurti aber die Meinung vertritt, solche Versuche seien von vornherein zum Scheitern verurteilt, so vertritt er eine doch sehr pessimistische Einstellung, der ich nicht zustimmen kann.

Weiter sagt Krishnamurti: "Letztlich dienen Ideale uns nur dazu, um von uns selbst, unseren eigentlichen Problemen und Konflikten, abzulenken, um nicht auf sie schauen zu müssen."

Hier verallgemeinert mir Krishnamurti etwas zu sehr. Ich gebe ihm recht, dass sehr viele Menschen diese Ideale vielleicht vor sich hertragen, ohne zu versuchen, diese Ideale selber zu verwirklichen. Aber es gibt eben auch die anderen, die mit großer Mühe versuchen, diese Ideale zu verwirklichen. Wenn ich solche Aussagen lese, dann beschleicht mich das Gefühl, dass Krishnamurti selber versucht haben könnte, seine Ideale zu verwirklichen, und nachdem ihm dies nicht gelungen ist, spricht er allen anderen auch die Fähigkeit ab, diese Ziele zu erreichen.

Weiter sagt Krishnamurti: "Wir sind gewalttätig, darum erschaffen wir das Ideal der Gewaltlosigkeit, wir hassen einander, darum haben wir das Ideal der Liebe, wir sind innerlich unsicher und verwirrt, darum streben wir nach Ordnung. Wir erschaffen und proklamieren also Idealzustände, die es zu erreichen gilt. Hierdurch entsteht der Konflikt in der Person durch das, was in Wirklichkeit ist, und dem was sein sollte."

Ich weiß nicht, warum Krishnamurti das Erschaffen von Idealen als so verwerflich betrachtet. Natürlich haben wir diese inneren Konflikte in uns, die er aufzählt. Will man sich von diesen inneren Konflikten lösen, so muss man sich diese Konflikte, die Ängste, die Emotionen und die seelischen Verletzungen, die damit verbunden sind, zunächst einmal bewusst machen. Man muss sich damit auseinander setzen, und nach Wegen suchen, diese inneren Konflikte zu lindern und vielleicht am Ende sogar ganz zu beseitigen. Bis jetzt habe ich von Krishnamurti noch keine Überlegungen gefunden, wie er solche Konflikte lösen möchte.

Dann behauptet Krishnamurti, dass durch das Anstreben des Gegensatzes unserere als negativ erkannten Eigenschaften, der Konflikt weiter aufrecht erhalten wird. Krishnamurti nimmt als Beispiel die Gewalt:

„Um jenseits der Gewalt zu sein, darf ich sie nicht unterdrücken, sie nicht ablehnen, darf ich nicht sagen, „Sie ist nun mal ein Teil von mir“ ... Ich muß auf sie schauen, ich muß sie erforschen, ich muß mit ihr vertraut werden, und das kann ich nicht, wenn ich sie verurteile oder rechtfertige.“

Im Grunde genommen, sagt er zunächst einmal das gleiche, was ich auch aussagen wollte. Er schaut auf die negativen Emotionen, er erforscht sie und macht sich mit ihnen vertraut. Aber dies ist durchaus kein so neutraler Prozess, wie Krishnamurti uns dies offensichtlich erzählen möchte. Schau ich mir meine Trauer oder meine Wut an, die ich über Jahrzehnte hintergeschluckt habe, dann ergreift mich die Trauer, ich fange eventuell an zu weinen, bekommen vielleicht sogar einen Weinkrampf, und entsprechendes geschieht, wenn ich mich mit meiner Wut auseinandersetze.

Mit bloßem Hinschauen und Erforschen allerdings ist hier nicht sehr viel geholfen. Es behauptet ja auch niemand, dass man diese negativen Gefühle unterdrücken soll, oder sich sagen soll, sie sind ein Teil von mir. Und wenn man sie nicht verurteilen oder rechtferigen möchte, so möchte man sie genau so wenig gutheißen. Mir fehlt bei den Ansätzen, die Krishnamurti macht, ein wenig der Lösungsvorschlag. Es kann sein, dass das an dem verkürzten Text liegt.

Zum Schluss noch eine Aussage Krishnamurtis, die mir persönlich viel zu pessimistisch erscheint:

„Sie haben nun eine Reihe von Darlegungen gelesen, aber haben Sie wirklich verstanden? Ihre Voreingenommenheit, Ihre Lebensart, die Struktur der Gesellschaft, in der Sie leben, hindern Sie daran, eine Tatsache anzuschauen und unmittelbar und gänzlich frei zu sein. Sie sagen, „Ich will darüber nachdenken; ich will überlegen, ob es möglich ist, von der Gewalt frei zu sein oder nicht. Ich will versuchen frei zu sein.“ Dieses „Ich will versuchen“ ist das Schrecklichste, was Sie sagen können. Es gibt kein Versuchen, Sie können nicht ihr Bestes tun wollen.“

Offensichtlich hält Krishnamurti einen Großteil der Menschheit für unwissend. Ich gebe zu, dass sehr viele Menschen bestimmt nach dem Strickmuster leben, wie Krishnamurti es hier andeutet. Sie werden viele Dinge bestimmt weder erkennen noch verstehen, weil ihnen das nötige Hintergrundwissen fehlt. Also wird es ihnen sicherlich auch nicht gelingen, ihr Leben etwas positiver zu gestalten, sondern sie werden versuchen, irgendwelche faulen Kompromisse zu finden.

Und hinter diesem "Ich will versuchen" steht oftmals wirklich nur ein halbherziges Lippenbekenntnis, welches auch schon im nächsten Moment wieder vergessen ist. Aber es gibt eben auch die anderen Menschen, wenn sie auch in der Minderheit sein mögen, auf die trifft das eben nicht zu. Bei denen bleibt der Versuch, das beste zu tun, nicht nur ein guter Vorsatz, sondern er wird zur Lebensperspektive, der in die Tat umgesetzt wird und dementsprechend seine Früchte trägt.

Krishnamurti über Ideale
 


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