O-Ton, Sybille Jacobs, Initiative zur Anthroposophie-Kritik, Augsburg:
»Es wird meiner Meinung nach eindeutig rassistisches Gedankengut den Kindern vermittelt. Zwar subtil und so, dass die Eltern das nicht unbedingt sofort merken. Wir haben das auch nicht gemerkt, weil ich die Hefte damals nie so genau angeschaut habe, weil die Kinder keine Schularbeiten oder nur wenig Schularbeiten aufbekommen haben. Dann habe ich mir die Hefte vorgenommen, und dann hat es mich fast umgehauen.«
Geschichtshefte der fünften Klasse aus verschiedenen Waldorfschulen. alle aus den letzten Jahren. Hier finden wir eine Entwicklungslehre der Menschen, die im Geschichtsunterricht staatlicher Schulen unbekannt ist. Die Arier, so heißt es dort, verliessen den untergehenden Kontinent Atlantis, um zahlreiche Hochkulturen zu begründen.
Begriffe wie Arier, Opferfeuer oder Arierwanderungen tauchen auf - unkommentiert. Für den Betrachter von aussen wird hier lediglich ein wenig bekannter Mythos vermittelt.
Experten sind da anderer Meinung. Der Inhalt der Schulhefte zeige, dass den Kindern Mythologie als geschichtliche Tatsache gelehrt werde, eine Entwicklungstheorie, die die Arier besonders hervorhebe, sei pädagogisch unhaltbar.
O-Ton, Klaus Prange, Pädagoge, Universität Tübingen:
»Diese Konstruktion hat die Funktion, in den einzelnen ein Bewusstsein zu erzeugen, dass in ihnen selbst die ganze Geschichte- so wie Steiner sie liest, mit ihren Merkwürdigkeiten - in jedem Menschen diese Geschichte präsent ist. Mit einem deutlichen Vorrang unserer Zugehörigkeit oder angeblicher Zugehörigkeit, muss man ja sagen, zur arischen Rasse, die da nach wie vor wie etwas behandelt wird, das es wirklich gegeben hat.«
In einigen Heften werden Eigenschaften ganzer Völker beschrieben. Vermittelt wird dabei: Russen sind unbeherrscht und unpünktlich, Franzosen oberflächlich, und sogenannte Buschmänner haben Hohlkreuze und starke Hinterteile.
Hildegard Ernst bildet Geschichtslehrer für staatliche Schulen aus. Ihr legen wir die Waldorfhefte vor.
Den Inhalt hält sie für fatal.
O-Ton, Hildegard Ernst, Historikerin, Universität Mainz:
»In einigen Kapiteln werden Völker mit Stereotypen überzogen, die, wenn sie unkritisch so stehen bleiben, zu rassistischen Vorstellungen führen müssen.«
Nach Meinung einiger Eltern finden sich diese Einstellungen auch im Schulalltag - mit schlimmen Konsequenzen.
Gegenüber REPORT Mainz berichten ehemalige Waldorflehrer, es komme immer wieder vor, dass umstrittene Inhalte unreflektiert in den Unterricht einflössen. Und da es im Unterricht keine Bücher gäbe, seien die Kinder auf das angewiesen, was der Lehrer ihnen erzähle.
O-Ton, Norbert Biermann, ausgestiegener Waldorflehrer:
»Jeder Waldorflehrer fühlt sich den Lehren Steiners verpflichtet, und solange es für mich keine öffentliche Distanzierung von diesen rassistischen Thesen gibt, ist es für mich unbegreiflich, dass solche Schulen diese Ideologie im ausgehenden 20. Jahrhundert noch verbreiten und dafür auch noch staatliche Förderung beanspruchen.«