Zumal wir als Endverbraucher nicht wirklich viel unmittelbar in der Hand haben. Ein Urlaubsflug ist zwar die größte "Klimasünde", die ein einzelner privater Mensch begehen kann, aber die Fliegerei ist bei weitem nicht Klimakiller Nummer 1. Straßenverkehr ist da noch größer, und der Energiesektor allgemein stößt noch mehr Treibhausgase aus als der Verkehrssektor.
Effektiver Klimaschutz würde bedeuten, die Energie- und Verkehrswende umzusetzen. Und Verkehrswende heißt dabei nicht einfach, alles auf E-Mobilität umzustellen, sondern vor allem den Mobilitätsdruck zu nehmen, auf dass insgesamt auch weniger Autos (egal ob Verbrenner oder E-Auto) notwendig sind. DAS sind die größten Stellschrauben, die nur Politik und Industrie unmittelbar in der Hand haben.
Das sehe ich anders. Wir leben in einer Demokratie und in einer Marktwirtschaft, wir Endverbraucher haben mit unserem Wahl- und Konsumverhalten so ziemlich alles in der Hand. Und was kommt dabei heraus? Den größten Zulauf haben die Parteien, für die die Welt ja morgen noch nicht untergeht, oder die den menschengemachten Klimawandel grundsätzlich in Frage stellen. Und beim Konsum scheint es gar keine Hemmungen mehr zu geben, die Umsatzzahlen des Onlinehandels erreichen immer neue Rekorde. Siehe z.B. den rasanten Aufstieg der Billigstramschplattform Temu oder den ganzen Fast-Fashion-Wahnsinn mit 52 Kollektionen neuer Wegwerfklamotten pro Jahr. Wer wird denn gezwungen, all diesen, auf vielen Ebenen völlig kranken Quatsch mitzumachen?
Und das mit dem Versagen der Politik bei der Verkehrswende kann ich auch nicht mehr hören. Natürlich ist der ÖPNV in einem katastrophalen Zustand, ich könnte einen ganzen Thread mit meinen Erlebnissen als Passagier der Deutschen Bahn füllen. Sicher müsste auch in Sachen Mobilitätsdruck mehr passieren, das Ladestellennetz für E-Autos ausgebaut werden usw. usw.
Aber es ist aber ganz und gar nicht so, dass der Endverbraucher das tut, was auch innerhalb dieser schlechten Rahmenbedingungen im Sinne des Klimaschutzes möglich wäre. Wer auf ein Auto angewiesen ist, könnte sich ja einen Kleinwagen anschaffen, Fahrgemeinschaften bilden, Park & Ride-Möglichkeiten nutzen. Aber das Gegenteil ist der Fall. Es werden nicht nur Jahr für Jahr mehr PKW, sondern sie werden im Schnitt auch noch immer größer, schwerer und leistungsstärker. Schlechte Verkehrspolitik kann doch keine Entschuldigung dafür sein, sich einen völlig bescheuerten SUV anzuschaffen.
Und die Industrie ist da sowieso raus. Die ist Teil des Problems, kein Teil der Lösung. Es mag den einen oder anderen Unternehmer geben, der wirklich versucht, so gut und schonend wie möglich mit Mensch, Natur und Ressourcen umzugehen. Aber große, börsennotierte Konzerne sind völlig seelenlose Entitäten, deren einziger Sinn und Zweck es ist, den Profit der Aktionäre zu maximieren. Man kann an sie keine Maßstäbe wie Moral oder Verantwortungsbewusstsein anlegen, sie kennen kein Gut oder Böse. Sie exportieren Spritzmittel, die wegen ihrer Giftigkeit im eigenen Land verboten sind, mischen Zusätze in den Tabak, die Raucher schneller und stärker abhängig machen, oder treiben mit ihren Schmerzmitteln ein ganzes Land in eine Opioidkrise.
Wie man inzwischen weiß, lagen dem Ölkonzern Exxon schon in den 1970er Jahren eigene Studien vor, die den Zusammenhang zwischen Klimawandel und CO2-Ausstoß klar belegten, und die bevorstehende Erderwärmung teilweise besser vorhersagten, als die Klimamodelle, die unter Wissenschaftlern damals öffentlich diskutiert wurden. Und trotzdem hat Exxon jahrzehntelang viel Geld in Lobbyarbeit gegen mehr Klimaschutz gesteckt, Wissenschftler und Politiker geschmiert und Aktivisten diskreditiert.
Von dieser Seite ist jedenfalls keine Hilfe beim Kampf gegen den Klimawandel zu erwarten.
Die einzige Möglichkeit solche Konzerne einzuhegen besteht darin, sie durch gesetzliche Regelungen, Steuern und Strafen und durch unser Konsumverhalten zu verantwortungsvollem Handeln zu zwingen. Also die entsprechenden Parteien wählen und nicht jeden Mist kaufen, nur weil man es kann.