Ramar schrieb:
Plötzlich, aus dieser gefährlichen Sicht, sind die täglich verhungernden Kinder selbst schuld, da diese ja sich ihr Schicksal selbst ausgesucht haben und deren gepeinigte Seelen sich ja wieder inkarnieren können.
Jede Untat, jeder Mord, Betrug, jedes Verbrechen, jegliches Wegschauen vor dem Leid kann so, meist noch aus einer überheblich ignoranten erhabenen Perspektive einfach als gegeben, ja als GUT gesehen werden.
Im Abtreibungsthread etwa werden teils sogar schon Meinungen vertreten, dass der Fötus, die Seele bösartig sei ( auch da diese das Leben der Mutter gefährde). Konsequent weitergedacht, könnten damit alle Untaten dieser Erde rechtgefertigt, ja sogar eben als gut empfunden werden !! Wenn ich den Nachbarn ermorde, vertreibe ich ihn ja nur aus seiner irdischen Hülle und der lästige Hund soll sich eben eine neue Hülle suchen. Und überdies, auch eines der beängstigenden Argumente, hat er sich das ja sowieso selbst ausgesucht.
Mit diesen Argumenten bewaffnet, brauchen wir ja schlichtweg gar nichts mehr helfen aber dürften alles machen - ist doch jeder selbst schuld an seinem Schicksal. Warum sollen wir dann noch irgendwelchen Kriegsopfern helfen, nach Katastrophen einschreiten oder den Hunger bekämpfen ? Wäre ja sogar falsch, da wir das ausgewählte Schicksal dieser Seelen künstlich verändern..... Und ein Mord wird zu einer "guten Tat".
Eine solche menschenverachtende Einstellung kenne ich nur aus den vedischen Schriften, resp. dem indischen Kastenwesen - ist aber damit dennoch nicht wirklich vergleichbar.
Ehrlich gesagt, das schürt meine Befürchtungen und ich halte das für noch gefährlicher, als die bösartigen Vernichtungskampagnen im Nationalsozialismus.
Was meint Ihr dazu ?
L. G.
Ramar
Wieviele Menschen es gibt, die so denken und was in ihnen vorgeht, weiß ich nicht, aber es sind sicher keine Esoteriker. Sie haben mal hier und mal da ein bisserl was gelesen, an esoterischen Texten und jetzt versuchen sie, alles was Außen passiert mit diesen 10 Sätzen zu erklären, weil sie glauben, sie habe etwas verstanden. Oder auch, weil sie ihre eigene Position rechtfertigen wollen. (Banales Beispiel: ich trag meinen Pelzmantel, weil er mir gefällt und außerdem hab ich dem Tier aus seinem Körper geholfen *gg*) Oder wenn ein gewisser Osho schreibt: Dein Verstand ist nichts wert. Wirf ihn weg .....
Und wenn man das 1:1 versucht umzusetzen, hat man eigentlich nie einen besessen und kann ihn gar nicht wegwerfen.
Aber das weiß derjenige ja nicht, weil er glaubt ja, was verstanden zu haben und das ist gefährlich. Das würde ich nie bestreiten.
Aber Esoterik ist für mich was anderes und ich glaube auch, schon andere Teilnehmer gelesen zu haben, die es ähnlich sehen. Esoterik ist zunächst mal ein sehr persönlicher Weg der Selbstfindung und dient bestimmt nicht vorrangig der Erklärung äußerer Mißstände, Ungerechtigkeiten und kollektiver Wirrnisse. Möglicherweise kann man mit zunehmender Zeit, die man auf diesem inneren Weg verbringt, die eine oder andere kleine Teilerkenntnis erlangen die sich vielleicht nach und nach mit anderen Teilen des großen Lebenspuzzles verbinden läßt, aber diese Teilerkenntnisse reichen sicher nicht zur Erklärung des Weltgeschehens. Esoterik ist deswegen keine ICH-bezogene Lebenseinstellung, denn das Grundmotto lautet (zumindest für mich) Selbsterkenntnis > Menschenerkenntnis > Welterkenntnis
Und esoterische Begegnungen sind für mich der Versuch über mich selbst (die äußere Persönlichkeit ist die Tür oder Grenze) nach Innen zu gehen und über die Empfindungen, die ich dabei wahrnehme mit anderen Menschen in Kontakt zu treten. Und solche Begegnungen finden statt; auch bei Menschen, die sich nicht als Esoteriker bezeichnen. Aber wenn sie über tiefe und ehrliche Empfindungen im Bezug auf den Menschen an sich und die Welt als Ganzes reden, dann befinden sie sich eben mit ihrem Bewußtsein in ihrem Inneren auch wenn sie in ihrem Dialog die Außenwelt mit einbeziehen. Sie reden ja über Empfindungen und die sind nun mal Innen.
Und wenn man sich nun mit einem anderen trifft, über dieses nach Innen gehen, dann weiß man, daß man nicht mehr ganz allein ist, in diesem Innenraum. Es gibt hier auch Artgenossen. Und ich kann mir recht gut vorstellen, daß so auch Netzwerke entstehen können, die dann von Innen her in positiver Weise auf die Außenwelt wirken. Das gemeinsame gehen nach Innen, Selbsterkenntnis, gegenseitiges Erkennen und im weitern vielleicht Welterkenntnis is notwendigerweise auch mit einer Verwandlung der äußeren Persönlichkeit verbunden. Glaube ich.
Kurz und bündig gehts auch so: Esoterik ist für mich Religion, führt mich näher zu den Menschen und zu Gott, dem Unerschaffenen und bietet mir kein Erklärungsmodell für globale, zeitaktuelle Mißstände. Vielmehr ist es eine Methode, diese Mißstände von Innen her zu verändern. Das mich das nicht abhalten sollte, auch Außen zu helfen, wo ich es für nötig halte und meinen Möglichkeiten entsprechend kann, brauch ich nicht extra erwähnen. Wer aber Esoterik als Lexikon, Rechtfertigung oder Erklärungsmodell für menschliches Fehlverhalten sieht, hat meiner Ansicht nach etwas falsch verstanden und das kann auch gefährlich werden, glaub ich halt. Da stimme ich schon zu.
Aber das Leben ist eben auch gefährlich. Lebensgefährlich und Massenhysterie sowieso.
l.G. wuk
