Judenfeindlichkeit

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Während sich die Ausgrenzung und Diskriminierung der Juden in Deutschland vor aller Augen vollzog, achtete das Hitler-Regime bei der so genannten „Endlösung“ auf strengste Geheimhaltung. SS-Angehörigen war es unter Androhung der Todesstrafe verboten, über die Ermordung von Juden oder Sinti und Roma zu berichten. Die Zahl der unmittelbar an den Verbrechen beteiligten Täter, zum Beispiel Angehörige von Wachmannschaften, Einsatzgruppen, Polizeibataillonen und Wehrmachtsteilen, wird auf etwa 300.000 geschätzt.

Gegenüber der restlichen Bevölkerung wurden die Deportationen der Juden aus dem Reich offiziell als „Umsiedlungen“ bezeichnet. Ein Propagandafilm über das „Vorzeigeghetto“ Theresienstadt mit dem Titel „Der Führer schenkt den Juden eine Stadt“ suggerierte dieses Bild noch 1944, als viele Deutsche durch die sogenannte Flüsterpropaganda längst zu Mitwissern des Massenmords geworden waren. Eine Mehrheit der Deutschen nahm die Lüge von den angeblichen Umsiedlungen ohne zu fragen hin, obwohl solche Massendeportationen schon für sich genommen ein schweres Unrecht darstellten. Viele handelten so aus Angst vor dem NS-Terror, andere dagegen, weil sie von der antijüdischen Politik der Nazis profitierten oder ihre antisemitische Überzeugung teilten.

Dass die „Umsiedlung“ tatsächlich Massenmord bedeutete, erfuhren manche Deutschen nur vom Hörensagen, etwa von Soldaten auf Heimaturlaub. Der Widerstandskämpfer Helmut James Graf von Moltke schrieb 1943: „Mindestens neun Zehntel der Bevölkerung weiß nicht, dass wir Hunderttausende von Juden umgebracht haben.“ Doch selbst das Zehntel, das zumindest ansatzweise Bescheid wusste, hat – von wenigen rühmlichen Ausnahmen abgesehen – nichts gegen den Holocaust unternommen. – Erst nach Kriegsende erfuhr die Mehrheit der deutschen Bevölkerung das ganze Ausmaß der NS-Gräuel. Manchen wurden sie auf drastische Weise zur Kenntnis gebracht: So zwangen amerikanische Besatzungstruppen die Bevölkerung Weimars, an Führungen durch das benachbarte KZ Buchenwald teilzunehmen, von dessen Existenz jeder am Ort hatte wissen müssen. Doch selbst dann wollten einige die Verbrechen der Nazis nicht wahrhaben.

Dabei waren diese nur die logische Folge dessen, was sich bis in die ersten Kriegsjahre hinein vor aller Augen in Deutschland abgespielt hatte. Niemandem konnte damals verborgen bleiben, dass die Juden nach und nach aus dem gesellschaftlichen Leben verschwanden. Antijüdische Maßnahmen wie der Boykott von 1933 und die reichsweiten Pogrome vom 9. November 1938 fanden auf offener Straße statt. Jeder wusste Bescheid über zahllose Diskriminierungen und Einschränkungen, denen die Juden unterworfen waren: von den Nürnberger Rassegesetzen über Berufsverbote, den Judenstern, die Ghettoisierung und vieles mehr. Zudem kannte jeder Zeitungsleser und Radiohörer Hitlers mehrfach wiederholte Drohung vom 30. Januar 1939, nach der ein neuer Weltkrieg „die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa“ bedeuten würde. Lange vor der Machtergreifung hatte Hitler ähnliche Drohungen bereits in seinem Buch „Mein Kampf“ ausgestoßen, das nach 1933 weite Verbreitung fand.

Obwohl der Völkermord an den Juden eine logische Konsequenz der nationalsozialistischen Rassenpolitik war, glaubten damals und glauben noch heute manche Menschen, dass die Bilder und Berichte aus den Konzentrationslagern Bestandteil der britischen und amerikanischen Kriegspropaganda seien. Damals wie heute ist viel Nicht-Wissen über den Holocaust im Grunde ein Nicht-Wissen-Wollen, eine Verdrängung aus Angst, Scham oder Gleichgültigkeit. – Dem widerspricht allerdings der US-Historiker Daniel Goldhagen, der die passive Haltung der allermeisten Deutschen gegenüber dem Holocaust aus einem tief in der deutschen Gesellschaft verwurzelten Antisemitismus erklärt und als grundsätzliche Zustimmung zum Vernichtungsprogramm der Nationalsozialisten beschreibt.

Zu Beginn der institutionalisierten Verfolgung der jüdischen Bevölkerung profitierten viele Deutsche im Zuge von „Arisierungen“ direkt vom Leid ihrer jüdischen Nachbarn. Gegen Kriegsende ließ der Überlebenskampf in den zerbombten Städten kaum einen Gedanken an das noch größere Leid anderer Menschen aufkommen. In den zerstörten Städten ging immer wieder das Gerücht um, der Luftkrieg sei die Vergeltung für das, was man den Juden angetan habe. Dies wird zuweilen als Zeichen eines untergründigen Unrechtsbewusstseins interpretiert, war aber allzu oft auch Ausdruck einer zutiefst antisemitischen Haltung, nach der „die Juden an allem Schuld“ seien oder „Amerika kontrollieren“.

Angesichts der Mittäterschaft oder Gleichgültigkeit der deutschen Bevölkerungsmehrheit sind die seltenen Taten jener nichtjüdischen Deutschen um so höher zu bewerten, die Juden halfen, zu überleben. Der heute wohl bekannteste Vertreter dieser kleinen Gruppe war Oskar Schindler, der rund 1.200 jüdische Zwangsarbeiter vor der Ermordung bewahrte.
 
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Schon vor 1939, vor allem aber nach Kriegsbeginn kritisierten die Alliierten die nationalsozialistische Innenpolitik, darunter auch die Verfolgung von Juden und anderen Minderheiten. Trotzdem wurden die europäischen Juden nicht vor den vorrückenden Truppen der Achsenmächte evakuiert. Seit 1942 war ihnen die deutsche Ausrottungspolitik bekannt; seitdem verurteilten sie diese äußerst scharf und begründeten damit auch ihre Kriegsstrategie, ohne jedoch gezielte Maßnahmen zur Verhinderung des weitergehenden Holocaust zu ergreifen. Mitte Dezember 1942 sprachen die amerikanische und die britische Regierung eine Warnung aus, dass „die Verantwortlichen einer Vergeltung nicht entgehen“ würden. Dieses Vorgehen gegen die Täter im Besonderen folgte aber erst nach Kriegsende.

Als die ersten Nachrichten über die Massenvernichtung eintrafen, versuchte das US-Außenministerium deren Veröffentlichung zu unterdrücken, da sie eine Behinderung ihrer Kriegsanstrengungen fürchtete. Auf Druck der öffentlichen Meinung trat im April 1943 auf Bermuda eine internationale Konferenz zusammen, um Lösungen für Flüchtlinge zu erörtern. Sie verlief aber ergebnislos. Erst nach Intervention des Finanzministers Henry Morgenthau kündigte Franklin D. Roosevelt am 22. Januar 1944 die Einsetzung des War Refugee Board an. Dieses Gremium trug zur Rettung mehrerer Tausend Juden bei.

Die britische Regierung zeigte ihre Haltung durch verschiedene Behinderungen, Unterlassungen und Ausweichmanöver. Als im Dezember einige britische Abgeordnete verlangten, jüdischen Flüchtlingen müsse sichere Zuflucht versprochen werden, lehnte dies der britische Außenminister mit der Begründung ab, es gäbe „Sicherheitsbedenken“ und „geografische Probleme“. Anfang 1943 wurde bekannt, dass man gegen Hinterlegung einer gewissen Summe in der Schweiz 70.000 rumänische Juden hätte retten können. Die Regierung blockierte jedoch den Plan.

KZ-Häftlinge in Mauthausen (Österreich) begrüßen ihre amerikanischen BefreierAm schlimmsten verfuhren die sowjetischen Behörden mit den Juden. Nach Abschluss des Hitler-Stalin-Paktes im August 1939 wurden deutsche Juden – darunter viele Kommunisten, die in Russland Zuflucht gesucht hatten – den Nazis ausgeliefert. Nach Kriegsausbruch blieb die besondere Gefährdung der Juden unberücksichtigt. Die sowjetische Berichterstattung verschwieg die deutsche Ausrottungspolitik. Jüdische Flüchtlinge fanden oft keine Unterstützung durch die Partisanen, wurden von diesen nicht als Mitkämpfer aufgenommen und zum Teil ihrer Waffen und Nahrungsmittel beraubt, was jedoch auch stark vom Einzelfall abhängig war.

Nach Kriegsende änderte sich die Haltung der Alliierten kaum. In der englischen und amerikanischen Besatzungszone trafen etwa 200.000 jüdische Flüchtlinge ein. Ein englischer General, der die United Nations Relief and Rehabilitation Administration leitete, behauptete, eine jüdische „Geheimorganisation“ würde Juden nach Deutschland „schmuggeln“. Sie seien „gut gekleidet, wohlgenährt und rotwangig“ und besäßen „große Geldbeträge“. Mitte 1946 untersagten die englischen Behörden jüdischen Flüchtlingen den Zugang zur britischen Besatzungszone.

Wegen solcher Erfahrungen vermuten manche Vertreter jüdischer Opfergruppen, dass einige führende Kräfte im Westen der Nazipropaganda erlagen, wonach das so genannte „Weltjudentum“ den Krieg verursacht habe, um sich der Herrschaft über die angelsächsischen Staaten zu bemächtigen. Eine gesamteuropäische Verantwortung für den Holocaust wurde aber auch in kirchlichen Kreisen nach 1945 betont: oft, aber nicht immer zur Relativierung des deutschen Schuldanteils.
 
Einige Informationen über das Konzentrationslager Mauthausen:

Das Konzentrationslager Mauthausen war ein deutsches Konzentrationslager der Nationalsozialisten in Österreich. Grund für die Inbetriebnahme der Konzentrationslager Mauthausen, Flossenbürg und Gusen war der Erwerb und die Inbetriebnahme von Steinbrüchen. Bei Mauthausen lag ein Granitsteinbruch. Granit wurde zu dieser Zeit in großen Mengen für die sogenannten „Führerbauten“ benötigt und bei Mauthausen und Gusen kam noch dazu, dass Hitler vor hatte, Linz zu einer „Führer-Stadt“ zu machen, wofür auch Unmengen von Granit gebraucht wurden.

Das Konzentrationslager Mauthausen wurden ab März 1939 zu einem selbständigen Lager erweitert. Bis 1945 wurden nach Mauthausen und in seine Nebenlager etwa 200.000 Personen deportiert. Unter ihnen befanden sich Menschen mit über 30 verschiedener Nationalitäten. Etwa 2,5% der Insassen waren Frauen. Es wurden auch Jugendliche und Kinder inhaftiert und ermordet.

Das Konzentrationslager Mauthausen war das einzige KZ der Klasse drei auf dem Gebiet des Reiches, warum kann man bis heute nicht sagen. Klasse drei bedeutete „Vernichtung durch Arbeit“. Ein Grund dafür kann die isolierte Lage des Konzentrationslagers an den Steinbrüchen sein. Wörtlich heißt es in dem Erlass von Reinhard Heydrich (Chef der Sicherheitspolizei, des SD und SS-Obergruppenführer), die Lagerstufe III sei „...für schwerbelastete, unverbesserliche und auch gleichzeitig kriminell vorbestrafte und asoziale, das heißt kaum noch erziehbare Schutzhäftlinge. Etwa 120.000 Häftlinge kamen so durch Zwangsarbeit in den nahe gelegenen Granitsteinbrüchen um oder wurden ermordet.

Zu den besonders schweren Grausamkeiten gehörte die so genannte Todesstiege, eine Steintreppe, die den Steinbruch „Wiener Graben" mit dem eigentlichen Konzentrationslager Mauthausen verband. Die Beteiligten des Steinträgerkommandos schleppten mehrmals täglich Granitblöcke über die insgesamt 186 Stufen der Treppe 31 Meter nach oben. Die „Todesstiege" war der Ort zahlreicher Unfälle und Morde an Häftlingen, verübt durch Kapos (oft kriminelle Hilfsaufseher) und die SS-Wachmannschaft.

Eine 50 Meter hohe Felswand wurde von der SS dazu missbraucht, Häftlinge hinabzustoßen, wo ihre Körper entweder durch den Aufprall auf dem Stein zerschmettert wurden oder sie im Regenwasserteich am Fuße der Wand ertranken. Zynisch nannten die SS-Totenkopf-Offiziere die Stelle „Fallschirmspringerwand".

Auf Befehl von Heinrich Himmler entstand in Mauthausen im Juni 1942 das erste von zehn Häftlingsbordellen. Hierfür wurden Frauen „abgestellt“, die zur Häftlingskategorie „asozial“ gehörten. Viele dieser zur Prostitution gezwungenen Frauen kamen aus dem Frauenkonzentrationslager Ravensbrück. Zogen sich Frauen eine Geschlechtskrankheit zu, wurden sie für medizinische Versuche zur Verfügung gestellt. Schwangere wurden einer Zwangsabtreibung unterzogen. Bis in die 1990er Jahre galten die Betroffenen nicht als Opfer der Naziherrschaft und erhielten keine Entschädigung.

Das KZ hatte auch zahlreiche Außenlager. Die größten waren in Gusen und Melk. Aber auch auf Schloss Hartheim, in Ebensee in Oberösterreich oder in der Hinterbrühl, wo die Strafgefangenern im unterirdischen Flugzeugwerk Seegrotte arbeiten mussten, und in Guntramsdorf/Wr. Neudorf waren solche Außenstellen. Auch in der sogenannten Serbenhalle in den Raxwerken in Wiener Neustadt waren bis zu eintausend Häftlinge untergebracht.

Am 5. Mai 1945 wurde das Lager von Alliierten befreit. Das KZ Mauthausen war damit das letzte Konzentrationslager, das befreit wurde.

Weitere Informationen: Das KZ Mauthausen
 
Der Tagesablauf des Konzentrationslagers Mauthausen in Österreich, welches von den Häftlingen auch als "Mordhausen" bezeichnet wurde, war anders als der Tagesablauf anderer KZs, was vor allem daran lag, dass der SS-Gruppenführer Theodor Eicke eine ganz besonderen Methoden hatte, ein Lager zu führen, vor allem was die Strafe anging. Diese Strafen begleiteten den gesamten Tagesablauf. Eicke hatte vorher „Erfahrung“ im KZ Dachau gesammelt. So übernahm er auch die im KZ Dachau erlassenen Strafverordnungen.

Die offiziellen Strafmaßnahmen im Konzentrationslager waren Ordnungsstrafen (Essensentzug, Strafarbeit), Arreststrafen, Dunkelarrest und als letztes: körperliche Züchtigungen. Zu den Ordnungsstrafen gehörten im allgemeinen Strafarbeit unter Aufsicht eines SS-Unterführers, ein „Briefschreibverbot“ bzw. ein Verbot, Briefe zu empfangen, Essensentzug bei voller Beschäftigung und schlimmstenfalls die Einweisung in die Strafkompanie des Konzentrationslagers, was einem Todesurteil gleich kam.

Die Strafkompanie hatte die härteste Arbeit zu leisten, so z.B. das Hochtragen der schweren Granitblöcke über die sogenannte „Todesstiege“. Die Treppe führte vom Steinbruch aus hoch zum Lager, wobei der Zustand nicht einer Treppe entsprach, da sie sehr steil war und die Stufenabstände mal sehr groß und mal sehr klein waren. Heute sind die 186 Stufen der Treppe leichter zu begehen, da die Treppe renoviert wurde.

Die Arreststrafen waren meist mit Stockschlägen verbunden und der verschärfte Arrest wurde in der Dunkelkammer (Stehbunker) vollzogen, ohne die Möglichkeit zum Hinlegen bzw. Sitzen. Zur körperlichen Züchtigung gehörte vor allem das Schlagen mit einem „Ochsenziemer“ (Rohrstock, der klassische Ochsenziemer wird aus der gereinigten, gedehnten und nach schraubenförmigem Verdrehen getrockneten Haut eines Bullen-Penis hergestellt).

Die Anzahl der Schläge, die man als Strafe bekommen konnte, lag zwischen 5 und 75 (!). Waren es mehr als 25 Schläge, so musste der Häftling, egal welcher Nationalität, laut auf Deutsch mitzählen. Verzählte er sich, oder machte er einen Fehler, wurde von vorne angefangen. Laut Vorschriften sollte die Strafhandlung nur im Beisein eines SS-Arztes stattfinden, was aber nie der Fall war.

Aufgrund einer Weisung „Reichsführer-SS“, Heinrich Himmler vom 2. Dezember 1942 sollten „Prügelstrafen nur noch als letztes Mittel angewandt werden“. Dadurch musste man eine Prügelstrafe immer beim Wirtschafts- Verwaltungshauptamt bzw. dem dortigen Inspekteur der KZs anmelden, was dem Lagerführer des Konzentrationslagers oft viel zu kompliziert war. Von diesem Datum an wurde die Prügelstrafe nur noch sehr selten angewandt.

Als weitere Disziplinarbehandlung gab es das sogenannte Tor- oder Strafestehen. Die betroffenen Häftlinge mussten dafür stundenlang, Tage und Nächte in der Nähe des Lagertores stehen, während sie von vorbeigehenden SS-Männern „zum Spaß“ geschlagen oder getreten wurden.

Eine der schlimmsten Misshandlungen bzw. Strafen war das "Pfahlhängen", auch "Baumhängen" genannt, das oft in Mauthausen verübt wurde. Dem Häftling, der damit bestraft wurde, „wurden die Hände mit einem etwa fingerdicken Strick auf dem Rücken zusammengebunden. An diesem Strick wurde das Opfer dann am Querbalken einer Baracke in etwa 2 Meter Höhe aufgehängt, so dass der Körper frei in der Luft schwebte. Das ganze Körpergewicht lastete auf den nach rückwärts gebogenen Gelenken.

Pfahlbinden.jpg

Das "Pfahlhängen" oder "Baumhängen"

Dabei können die Schultergelenke ausgekugelt werden. Diese Tortur war mit großen Dehnungsschmerzen der Muskulatur, mit Bewusstseinstrübung und nach 30 Minuten mit völliger Ohnmacht verbunden“. Mit dieser qualvollen Tortur bestrafte die SS Häftlinge oder versuchte Geständnisse zu erpressen. (Im Konzentrationslager Dachau, wurde ab 1941 der im Wirtschaftsgebäude befindliche Baderaum, wo man bis zu 49 Häftlinge an den zu diesem Zweck angebrachten Balken aufhängen konnte, für den Vollzug dieser Folter benutzt.)

Der Schriftsteller, Kommunist und Antifaschist Julius Schätzle beschreibt das "Baumhängen" folgendermaßen:

"Bei diesem Hängen, kurz "Baum" genannt, wurden dem Verurteilten mit einer eisernen Kette die Hände nach hinten zusammengeschlossen. Dann musste er einen drei Stufen hohen Tritt erklettern. Der Henker nahm das andere Kettenende, klinkte es in einem an einem Balken angebrachten Haken ein und zog den Tritt dem Daraufstehenden mit einem Ruck unter den Füßen weg. Dieser schwebte nun mit nach hinten gerissenen Armen ungefähr 20 Zentimeter über dem Boden.

Im allgemeinen dauerte diese Prozedur eine Stunde. Das Hängen war aber auch eine sehr beliebte Methode zur Erpressung von Aussagen. In einem solchen Falle hing schon mancher über zwei Stunden. Mancher bis zu seinem Tode. In der Regel trat der Tod zwischen der zweiten und vierten Stunde ein.

Fürchterliche Schmerzen in den Schultern und Handgelenke waren die Folgen dieser Behandlung. Nur mühsam konnte die Lunge mit dem nötigen Sauerstoff versorgt werden. Das Herz arbeitete in einem rasenden Tempo. Aus allen Poren drang der Schweiß. Aber auch nach der Stunde dieses Fegefeuers zeigten sich noch üble Folgen. Der Häftling war nicht mehr in der Lage, seine Hände und Arme zu benützen, alles war gelähmt. Oft war eine wochenlange Behandlung im Revier notwendig, um diese Folgen zu beseitigen."

(Julius Schätzle, Wir klagen an. Ein Bericht über den Kampf, das Leiden und Sterben in deutschen Konzentrationslagern, Kulturaufbau-Verlag, Stuttgart 1946)

Der katholische Priester Hans Carls äußert sich über das Verhalten der SS bei diesen Folterungen:

"Die SS war in der Regel zu mehreren zugegen. Sie rauchten ihre Zigaretten und spielten Karten. Wurde das Geschrei zu laut, drohten sie mit ihren Peitschen, schlugen sogar öfter die armen Gequälten, oder, was noch gemeiner war, bewegten sie hin- und her, um den Schmerz noch zu erhöhen."

(Hans Carls, Dachau. Erinnerungen eines katholischen Geistlichen aus der Zeit seiner Gefangenschaft 1941-1945, Verlag J. P. Bachem, Köln 1946)

Die SS schreckte auch nicht davor zurück, Häftlinge im Bunker umzubringen. Diese Morde wurden nicht selten als Selbstmorde ausgegeben.

Der Alltag im Konzentrationslager Mauthausen war so ausgelegt, dass er den Häftling „zerstörte“, ihm seine Würde raubte und ihn so stark quälte wie möglich. Die Häftlinge mussten sich jedem Befehl unterordnen und die SS-Männer hatten eine unerschöpfliche Phantasie, was das „Zerstören“ und Demütigen der Häftlinge anging. Die Häftlinge mussten z.B. stundenlang strammstehen oder in der Nacht 10 bis 20 Mal aus den Fenstern springen und sich im Dreck wälzen und danach ihre Kleider waschen.

KZ Mauthausen
Gedenkstaettenpädagogik
 
Es ist so unglaublich, was Menschen Menschen antun können, daß man sich die Frage stellen muß: "Wie hätte ich mich verhalten?" Natürlich wird man diesen unglaublichen Sadismus dann für seine eigene Person ausschließen - ich auch - aber kann man das wirklich mit gutem Gewissen? Vor vielen Jahren habe ich über das amerikanische Experiment gelesen, bei dem die eine Gruppe die Gefangenen, die andere Gruppe die Wärter spielte und ich bekam Angst, Angst vor mir selbst, vor dem, was vielleicht ganz tief in mir steckt und nur auf die Möglichkeit wartet, aktiv zu werden. Denn daß die Menschheit als solche nichts dazugelernt hat, beweisen die Folterungen in allen Kriegsgebieten der Erde.

LG Carry
 
Carry schrieb:
Es ist so unglaublich, was Menschen Menschen antun können, daß man sich die Frage stellen muß: "Wie hätte ich mich verhalten?" Natürlich wird man diesen unglaublichen Sadismus dann für seine eigene Person ausschließen - ich auch - aber kann man das wirklich mit gutem Gewissen? Vor vielen Jahren habe ich über das amerikanische Experiment gelesen, bei dem die eine Gruppe die Gefangenen, die andere Gruppe die Wärter spielte und ich bekam Angst, Angst vor mir selbst, vor dem, was vielleicht ganz tief in mir steckt und nur auf die Möglichkeit wartet, aktiv zu werden. Denn daß die Menschheit als solche nichts dazugelernt hat, beweisen die Folterungen in allen Kriegsgebieten der Erde.

LG Carry

Ja, es ist erschreckend, was Menschen sich gegenseitig antun können. Und ich glaube auch nicht, dass wir sehr viel aus der Geschichte gelernt haben. Noch heute herrscht weitgehend Gleichgültigkeit gegenüber diesem Teil der Geschichte. Noch immer ist ein Großteil der Bevölkerung obrigkeitshörig und wäre wahrscheinlich bei entsprechendem äußeren Druck bereit, wieder mitzumachen.

Erschreckend finde ich nicht nur die Grausamkeiten des Nationalsozialismus sondern auch die Gleichgültigkeit der anderen Staaten in der Welt gegenüber dem Terror, welches der Nationalsozialismus ausübte.

Wenn ich mir ansehe, wie weltfremd selbst sehr viele Juden noch waren, als sie ins KZ geführt wurden und glaubten, sie würden dort eine neue Heimat finden, obwohl sie von anderen Menschen, die die Sache ganz realistisch betrachteten, darauf hingewiesen wurden, was in den KZs stattfand, so erinnert mich das an die weltfremde Einstellung, die mir hier im Forum auch immer wieder über den Weg läuft.
 
Theoretisch hatten die Häftlinge im Konzentrationslager Mauthausen nach dem Abendzählappel bis 20.45 Uhr frei, dazu kam es allerdings fast nie, denn man musste lange für die Toiletten- und Waschräume anstehen. Um 20.45 mussten dann alle Häftlinge in ihren jeweiligen Baracken sein und ab 21.00 Uhr war Bettruhe. Allerdings wurden Abends sehr oft Laus- Kleider- oder Spindkontrollen angeordnet, um die Häftlinge zu schikanieren und ihre Nachtruhe zu kürzen. So konnten die Häftlinge oft nur 6 Stunden schlafen. Geweckt wurden die Häftlinge um 4.45 Uhr im Sommer und im Winter um 5.15 Uhr.

Währen der Mauthausener Typhus-Epidemien 1940-41 wurden jeden Abend schikanöse Lauskontrollen durchgeführt. Oft wurde ein Häftling einfach erschlagen oder ertränkt, wenn er Läuse hatte. „Kaum drastischer konnte die Aufschrift der in den Mauthausener Baracken angeschlagenen Plakate (auf gelbem Grund eine große schwarze Laus) praktiziert werden: „Eine Laus dein Tod.“

Die Ernährung eines Häftlings im Konzentrationslager Mauthausen war, wie in allen Konzentrationslagern, mehr als unzureichend. Das verabreichte Essen, das die Häftlinge täglich erhielten, hatte etwa 1.450 Kalorien. Bei der langen und sehr schweren Arbeit, die die Häftlinge zu verrichten hatten, wären mindestens 4.500 Kalorien notwendig gewesen. Aufgrund der mangelnden Ernährung und der schweren Arbeit betrug die durchschnittliche Lebensdauer eins Häftlings bis Herbst 1939 etwa 15 Monate, ab 1945 nur noch 6 Monate. Der Arbeitseinsatz betrug 11 Stunden. Insgesamt waren in Mauthausen 197.464 Häftlinge inhaftiert, von denen ungefähr 100.000 ermordet wurden bzw. starben
 
Die Lebensbedingungen in Ebensee, einem der 52 Nebenlager des österreichischen Konzentrationslagers Mauthausen, waren schlechter als die in allen anderen Nebenlagern. Während des langen Winters vom November 1943 bis Juni 1944, wo erst die letzten Schneereste verschwanden, mussten die Häftlinge zum Teil barfuß bleiben, da es nicht genug Schuhe gab. Die Häftlinge waren auch sonst mehr als unzureichend bekleidet.

Hinzu kam, dass sie täglich 10 bis 12 Stunden in den Stollen arbeiten mussten. Der leitende SS-Offizier, Otto Riemer, war ein Trinker und Sadist, der es richtiggehend genoss, Häftlinge zu quälen und zu töten. Außerdem gab es in Ebensee die auf Menschen dressierte Dogge „Lord“, die mehrmals Häftlinge zerfleischte.
 
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