Inzest - und wie nach der Aufstellung realer Umgang mit den Leuten..

Hi Ahorn,

ich hab zwar Besserung gelobt, aber ich mags einfach nicht verniedlichen, indem ich offensichtliche Schuldzuweisungen umschreibe.

Wer sagt denn, dass sie steckenbleiben wird?
Niemand - es kann aber auch keiner mit Sicherheit ausschliessen, dass es nicht so ist.

Und da du selbst geschrieben hast, Schuld macht handlungsunfähig - war meine Schlußfolgerung, durch Schuldzuweisungen bleibt man in diesen stecken.

Doch, um durchzugehen, ist es hilfreich die Dinge und auch den Täter beim Namen zu nennen.
Ich persönlich finde es wichtiger, die Situation an sich zu benennen, als einer bestimmten Person - die keine Chance auf Stellungnahme hat - Schuld zuweisen zu müssen.

Wenn man sich dieses verbietet, bleibt man viel eher im Opferdasein stecken.
Womit wir wieder bei Schuldzuweisungen und dem steckenbleiben darin sind.

Wenn ich die Situation an sich benenne, zB mit - ich bin als Kind mißbraucht werden, kann mich aber nicht erinnern, wer oder was oder wann es war - dann kann ich an meiner Einstellung zu dieser Situation arbeiten - die Verantwortung beim Täter lassen - oder ihm eben zurück geben.

Wenn ich glaube, dass ich eine bestimmte Person auswählen muss, welche es vielleicht getan hat - dann ist das für mich eindeutige Schuldzuweisung an jemanden, der möglicherweise gar keine Chance mehr hat, dazu Stellung zu nehmen.

Dazu brauch ich die Person nicht kennen - oder auch nur irgendwas mit dieser Person, welche beschuldigt wird, zu tun haben - da geht es mir persönlich einzig und allein um das Seelenheil des Opfers.

Solange das Opfer jemanden braucht, auf den es mit dem Finger zeigen kann, wird es sich schwer tun, in sich etwas zu heilen - meine Erfahrung.

Wichtig ist für mich, dass die Überlebende ihre eigene Wahrheit glauben darf - und sie ihr nicht schon wieder ausgeredet wird.
Von mir aus darf jeder glauben, was er will.

Geht es hier gerade um die hier geschilderten Fälle - oder um deine eigene Situation? Weil ich persönlich schreibe noch immer von den "Fällen" aus den Eingangspostings, wo es um den "Beweis" durch eine Aufstellung geht.

- und sie ihr nicht schon wieder ausgeredet wird.
Ich will niemanden etwas ausreden - von mir aus kann sich jeder zig Täter suchen, denen man böse sein kann.

Wenn das Thema hier im Forum Familienaufstellung zur Diskussion gestellt wird, erlaube ich mir fallweise - (m)eine systemische Sicht der Situation dar zu stellen - obs wer annimmt oder nicht, ist nicht mein Problem.

Iich versuche nur, meine Sicht so zu kommunizieren, dass die, dies verstehen wollen, auch die Chance haben, dies zu tun - auch, wenn sie sich mit den systemischen Fachbegriffen so vertraut sind.

Nur so kann Heilung geschehen.
Zweifle ich nachhaltig an - von wegen der Absolutheit - gibt sicher einige, die glauben, es so zu brauchen - aber kann ganz sicher nicht generell behauptet werden.
 
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Zum Thema Inzest muß ich noch ein paar klare Worte sagen.
Schuld oder Verantwortung.
Positives Denken, ich gehöre auch dazu, schönt die furchtbaren Erlebnisse die ein Kind durchmacht, wenn es z. B. jahrelang vom Vater mißbraucht wurde
Dieses Opfer, dass wenn es denn frei werden will, muß nochmals alles durchleben und da hilft kein positives Denken.
Der Vater überläßt dem Kind das Schuldigkeitsgefühl, das nicht versteht mit seinen Gefühlen umzugehen.
Und da soll nur von Verantwortung das der Vater hat gesprochen werden?
Wenn hier gesagt wird er übernimmt die Verantwortung für seine Schuld ok.
Denn wie soll die Erwachsene mit ihren Gefühlen umgehen, denn als Kind hatte sie sicher nicht das verharmloste Gefühl von Verantwortung. Diese junge Frau leidet unendlich unter ihren Schuldgefühlen und meist entstand daraus ein Selbsthass und Schattendasein als Frau.
Sie hat das Recht endlich die "Schuld" dem zu geben dem sie gehört.
Was er dann damit macht ist schlicht und ergreifend sein Problem.
So wie die Tochter, so muß er seinen Weg suchen, sich davon zu befreien.
Wenn es die Tochter irgendwann schafft ihm zu vergeben, ist das eine wunderbare Sache. Aber bis es soweit ist muß mit klaren deutlichen Worten ausgesprochen werden was Sache ist.
catwomen

Das sind klare Worte. Auch wenn ich das Wort Schuld nicht mag, kommt Deine Aussage stimmig für mich rüber.
Dem Täter die Verantwortung für die Tat zurückgeben. Einem Kind wird ja häufig noch eingeredet, es wäre selbst schuld, weil dieses oder jenes... Und da klare Grenzen zu ziehen, ist ein heilsamer Schritt.

Wut, Angst, Hass und all diese Gefühle gehören zum Heil-Werden dazu. Als Kind mussten diese Gefühle verdrängt werden - doch als Erwachsene darf man sie annehmen und da sein lassen. Man darf auch wütend auf die Eltern sein, egal, was sie getan oder unterlassen haben.
 
Jake schrieb:
Der Täter hat im übrigen immer eine Chance nachzudenken.

Er wird aber nicht nachdenken, wenn er immer noch in dem Hamsterrad seiner Gewohnheiten steckt, sprich, dem Gewohnheitshintergrund seiner Taten nicht entzogen wird: Dem Kaufhausdieb das Kaufhaus, dem Autodieb die Straße, dem Missbraucher das Umfeld/Familie). Wie kann man eine Besserung oder Einsicht in Gang setzen, wenn man nicht benennt, was böse an den Taten war/ist, besonders auch Hinblick auf manche Missbraucher, die sich völlig im Recht wähnen, weil es ja schließlich „ihr Kind“ sei.


Jake schrieb:
Wenn das Urteil gefällt, wenn die Rache kassiert ist... was ist dann für die Lösung des Opfers aus seinen Verstrickungen geleistet? Nichts...

Doch. Wenn der Täter aufrichtig bereut und Abbitte bei seinem Opfer leistet. In dem Moment, wo er das tut, setzt sich die Spirale der Heilung in Gang, weil er anerkennt, dass er Schuld auf sich geladen und eine Seele missbraucht hat. Ich glaube, für ein Opfer ist es unerhört erleichternd zu wissen, dass da jemand ist, der sagt: "Ja, ich habe meine Macht missbraucht, indem ich dich für meine Zwecke benutzt habe, ich habe Gewalt und Manipulation angewendet, um dir Böses anzutun, ich kann das nicht wieder gut machen, aber ich bitte dich um Verzeihung"……




LG
Urajup
 
Hallo ChrisTina,

ChrisTina schrieb:
Und wenn ich als erwachsenes Kind meiner Eltrn anmasse, meinen Vater "vom hohen Ross" runter zu holen, dann stelle ich mich drüber - was aus systemischer Sicht dem Fluss der Liebe nicht gut tut.

Aber ChrisTina, welcher „Fluß der Liebe“ war denn beim einem missbrauchenden Vater vorhanden?? Ist es systemische Liebe, seine Macht zu missbrauchen, zu demütigen und sein Kind in eine ohnmächtige Position zu treiben, geschädigt an Leib und Seele?

Solange man das missbrauchte Kind auch als erwachsenen Menschen immer noch in eine Position drängt, den Vater und mit ihm seine hierarchische/patriarchische Stellung als „obersten Gott“ anzuerkennen, wird es immer Opfer/Kind bleiben. Man spricht ihm damit das Recht ab, das Unrecht als Unrecht zu definieren und auch Konsequenzen einzufordern, da ihm suggeriert wird, die begangenen Taten des Vaters waren schicksalsbedingt und dürfen nicht hinterfragt werden. Diese Vorgehensweise ist in meinen Augen nicht akzeptabel. Es wird damit versucht, den Täter zum Opfer und das Opfer zum Täter zu machen.



LG
Urajup
 
Doch. Wenn der Täter aufrichtig bereut und Abbitte bei seinem Opfer leistet. In dem Moment, wo er das tut, setzt sich die Spirale der Heilung in Gang, weil er anerkennt, dass er Schuld auf sich geladen und eine Seele missbraucht hat. Ich glaube, für ein Opfer ist es unerhört erleichternd zu wissen, dass da jemand ist, der sagt: "Ja, ich habe meine Macht missbraucht, indem ich dich für meine Zwecke benutzt habe, ich habe Gewalt und Manipulation angewendet, um dir Böses anzutun, ich kann das nicht wieder gut machen, aber ich bitte dich um Verzeihung"……

LG
Urajup
Und wenn ers nicht tut?
Muss dann das Opfer leidendes Opfer bleiben?
Ohne jegliche Chance auf Heilung?
 
Oft war der Täter selbst Opfer und 'rächt' sich nun am Schwächeren oder erfüllt eine selbst erfahrene Aufgabe.

Deswegen finde ich Rache so problematisch.
Ich finde es in erster Linie wichtig, dass man sich um die Opfer kümmert damit diese Kette durchbrochen wird.
 
Und wenn ers nicht tut?
Muss dann das Opfer leidendes Opfer bleiben?
Ohne jegliche Chance auf Heilung?

Nein, muss es nicht, es würde allerdings den Weg der Heilung verkürzen, wenn er es tun würde. Und da ich es versucht habe, meinen Vater zu der Einsicht zu bringen, weiss ich, dass ich es wenigstens versucht habe.


Dann fiel mir gerade ein: Zuerst hat der Täter das Kind herabgewürdigt, indem es das Kind zum Objekt degradierte. Da braucht es einiges an Anstrengung, um die Verhältnisse wieder gerade zu rücken. Und wenn man den Vater vom hohen Ross herunterholen muss, um zu erkennen, dass er doch nicht so übermächtig ist, wie er es einem als Kind weisgemacht hat.
 
Aber ChrisTina, welcher „Fluß der Liebe“ war denn beim einem missbrauchenden Vater vorhanden??

Möglicherweise keiner - wobei nicht mal das kann man - ohne bei der Aufstellung dabei gewesen zu sein, behaupten - was aber nicht heißt, dass ich, als Opfer, mir jetzt an ihm ein Beispiel nehmen muss, und genauso handeln muss wie er.

Ist es systemische Liebe, seine Macht zu missbrauchen, zu demütigen und sein Kind in eine ohnmächtige Position zu treiben, geschädigt an Leib und Seele?

Nein - ist es nicht

Allerdings geht der systemische Denkansatz davon aus, dass die systemische Liebe immer durch die Eltern auf die Kinder überfließt - und auf deren Kinder und deren Kinder.

Wenn ich jetzt meinen Vater als Hälfte meiner Eltern ablehne - ihn verdamme - ihn beschuldige - schneide ich mich dadurch auch von der systemischen Liebe seines Systems - seiner Ahnen ab - und ich werde mich Zeit meines Leben "nicht ganz" fühlen.

Ich brauche meinen Vater nicht zu lieben - oder gar zu vergöttern (wobeis gerade Mißbrauchsopfer allerdings freiwillig tun) - mir geht es nur darum, dass ich ihm auch nicht unbedingt etwas unterstellen sollte, wenn ich mir nicht sicher bin, dass ers war.

Wenn du es als richtig erachtest, aus einer Aufstellung heraus jemanden für etwas zu verurteilen - bitte sehr - nur zu - wenn du dich dadurch "besser" fühlst - oder wenn du glaubst, dadurch heiler zu werden.

Solange man das missbrauchte Kind auch als erwachsenen Menschen immer noch in eine Position drängt, den Vater und mit ihm seine hierarchische/patriarchische Stellung als „obersten Gott“ anzuerkennen, wird es immer Opfer/Kind bleiben.

Hatte aber auch keiner geschrieben.

Nur, dass der leibliche Vater der leibliche Vater ist - und das - und nur das gilt es an zu erkennen - kann schwerlich abgestritten werden.

Andererseits - wenn ich einen Menschen beschuldigen muss, mich mißbraucht zu haben - auf Grund dessen, dass "es" sich in einer Aufstellung zeigt - dann ist das auch nicht wirklich eine Position, durch welche man aus dem Opfer/Kind raus kommt.

Man spricht ihm damit das Recht ab, das Unrecht als Unrecht zu definieren und auch Konsequenzen einzufordern,

Ich weiß zwar nicht, wer das tut - im Gegenteil - ich persönlich habe mehrmals betont, dass ein mißbrauchtes Kind tun und lassen kann, was es glaubt, tun oder lassen zu müssen.

Ich nehme mir persönlich weiterhin das Recht, immer und immer wieder drauf hin zu weisen, dass eine unbegründete Schuldzuweisung nicht unbedingt sein muss, um das eigene Seelenheil zu erlangen.

Wie schon im anderen Beitrag - jedes mißbrauchte Kind hat das Recht, das Unrecht zu definieren und Konsequenzen ein zu fordern. Nur - was, wenn auch diese Forderung ent-täuscht wird? Willst dus dazu verurteilen, Zeit seines Lebens Opfer bleiben zu müssen?

Ich habe mehrfach versucht, auf zu zeigen, dass es auch ohne explizite Schuldzuweisung an eine Person - die noch dazu vielleicht gar nicht mal der Täter war - eine Heilung geben könnte.

Wenn das wer nicht wahrhaben will, dem sei seine Rache unbenommen.

da ihm suggeriert wird, die begangenen Taten des Vaters waren schicksalsbedingt und dürfen nicht hinterfragt werden.

Es ist nicht schickalsbedingt und es darf alles hinterfragt werden.

Aber wie hinterfrage ich etwas, was möglicherweise ein toter Vater getan haben könnte?

Ok - durch eine Aufstellung, in der sich "etwas" zeigt - und wenn das wer als Mißbrauch durch den Vater definiert- kann ichs einfach glauben, und damit endlich jemanden gefunden haben, dem ich Schuld zuweisen kann.

Ich arbeite seit Beginn dieses Jahrtausends mit Aufstellungen - und es zeigt sich viel - und es wird auch viel und unterschiedlichstes in das, was sich zeigt, hinein interpretiert - immer abhängig vom jeweiligen Weltbild des Interpretierers - nur - ob das ein gültiger Schlüssel für irgend eine Form von "die Wahrheit" ist?

Wenn sich in einer Aufstellung etwas zeigt, was dem Kienten nutzt, um endlich zu sich selbst zu finden - schön - warum nicht - aber aus einer Aufstellung einen Vorwurf ab zu leiten - naja, ich weiß nicht.

Diese Vorgehensweise ist in meinen Augen nicht akzeptabel. Es wird damit versucht, den Täter zum Opfer und das Opfer zum Täter zu machen.

Das was du beschreibst wäre auch in meinen Augen nicht akzeptabel - aber das hat auch keiner hier getan - das ist jetzt schlichtweg deine Interpretationen dessen, was du gelesen hast - was aber in der Form nirgendwo geschrieben stand.
 
Ich finde es in erster Linie wichtig, dass man sich um die Opfer kümmert damit diese Kette durchbrochen wird.

Genau das wollte ich tun - und auch einige anderen hier - ein Opfer davon ab zu halten, jetzt diese Spirale weiter zu führen. Nachdems mir offensichtlich nicht gelungen ist - geh ich jetzt mal Altbau sanieren und flieg zu einem Konzert ab.

Ich wünsch euch noch erbauliche Diskussionen.
 
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Ich finde es in erster Linie wichtig, dass man sich um die Opfer kümmert damit diese Kette durchbrochen wird.

Genau das wollte ich tun - und auch einige anderen hier - ein Opfer davon ab zu halten, jetzt diese Spirale weiter zu führen. Nachdems mir offensichtlich nicht gelungen ist - geh ich jetzt mal Altbau sanieren und flieg zu einem Konzert ab.
Dazu gehört aber auch, dass man dem Opfer zuhört - und nicht sagt: "Das solltest Du so aber jetzt nicht tun!" Denn damit hindert man den Geschädigten ein weiteres Mal, sich und seine Gefühle auszudrücken. Das ist mE eine Fortsetzung des Missbrauchs. Denn schon als Kind durfte dieser Mensch seinen Empfindungen keinen Ausdruck verleihen.
 
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