Inzest - und wie nach der Aufstellung realer Umgang mit den Leuten..

Ich glaube es ist sehr wichtig mit welcher Haltung man ein System lösen möchte. Wenn die Haltung bedingungslose Liebe ist und man den Fokus auf Heilung und Herzöffnung ausrichtet, dann kommt ganz viel Bewegung ins System und es dürfen alle sich entwickeln.

Natürlich brodelt viel unter der Oberfläche, aber was habe ich für einen Nutzen in der Therapie, wenn ich von Eltern etwas verlange, dass sie mir nie geben können. Denn es geht im Grunde immer darum geliebt zu werden, dass ist die Sehn - Sucht dahinter.

Ich erlebe es immer wieder bei der Aufarbeitung eines Systemes, dass am Ende die Liebe angenommen werden kann, dass man genau das bekommen hat was vereinbart war und der Mensch sich kraftvoll und frei fühlt.

Es geht darum den inneren weiblichen und männlichen Teil zu heilen um erfüllende Partnerschaft mit sich und anderen zu leben. Das Thema Abwertung wird dir solange von allen Seiten gespiegelt bis du bereit bist endlich bei dir hinzuschauen.
 
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Hallo tinamaria
Vielleicht kann ich dir ein paar Tips geben.
Wie Du ja schon richtig erkannt hast, kannst Du mit deiner Familie nichts anfangen zur Zeit.
Vielleicht ist es etwas viel verlangt wenn ich dir sage, versuche dich doch mal in ihre Lage zu versetzen. Eine Situation kann man nur verstehen, sieht man den Anderen wie er ist.
Das was dir angetan wurde ist für dein Leben auf Jahre hinaus bestimmend, da Du daran arbeiten mußt um das alles wirklich und wahrhaftig hinter dir lassen zu können.
Deine Familie hat soviel Schuld auf sich geladen und sie sind bei weitem nicht soweit wie Du und werden es aller Wahrscheinlichkeit auch nie sein, um diese Schuld annehmen zu können.
Das heißt, willst DU dir nicht noch mehr Schmerz auferlegen, laß sie los und gehe deinen Weg.
Vielleicht schaffst Du es mit einer Therapeutin, die dich versteht.
Ich wünsche dir eine, die auch durch diesen Schmerz gehen mußte, denn nur wer dasselbe wie Du erlebt hast, kann dich verstehen.
Ich weiß wovon ich spreche, da auch ich alles aufarbeiten mußte und es mir ein tiefes Bedürfnis ist, Frauen die nicht ihr "normales Leben" leben können zu helfen.
Ich fand zu meiner Zeit leider keine geeignete Therapie. Aber ich suchte mir Hilfe in entsprechender Literatur. Ich kann dir ein sehr gutes Buch empfehlen. Solltest Du daran interessiert sein, dann lies es nicht auf einmal durch. Immer mal nur eine Seite. Es ist nicht ganz einfach das alles zu lesen, aber dein Unterbewußtsein setzt sich damit auseinander und irgendwann fühlst Du wie Du dich veränderst und die Wut, der Schmerz und die Trauer nachlassen.
Man hat dir deine unbeschwerte Kindheit gestohlen, aber mir hat es immer geholfen, zu denken, ich bin heute erwachsen und bin stark genug es auch hinter mir zu lassen. Natürlich geht das nicht von heute auf morgen.
Aber Du hast ja schon damit begonnen.
Das Buch heißt; Das verwundete Herz von DAN B:ALLENDER aus dem Brunnen Verlag
Alles Liebe catwomen
 
Es gibt keine Schuld, es gibt nur Verantwortung (in meinem Glaubenssystem). Verantwortung lädt zum Handeln ein. Schuld lähmt.
Korrekt - auch verniedlichte, welche mit "Verantwortung" benannt wird.

Es ist für mich ok, dass du das Wort aus deinem Wortschatz gestrichen hast - für mich gibt es sie auch nicht mehr - also das Wort gibt es schon noch, aber in meinem Weltbild gibt es nur mehr Situationen, welche eben so waren und sind, wie sie waren und sind - und ich suche nicht nach demjenigen, der Schuld daran ist.

Aber hier geht es jetzt nicht unbedingt um dich und mich persönlich - sondern um das, was in den Aussagen hier mitschwingt - und in meinem Empfinden geht es da nicht um Verantwortung übernehmen, sondern um absolute Schuldzuweisungen.

Sobald ich mir das Recht nehme, öffentlich raus zu posaunen, dass mein Vater gefälligst die Verantwortung für sein (vemeintliches) Tun übernehmen soll, geht es nicht mehr nur um Verantwortung, auch wenn es das andere Wort in deinem Wortschatz nicht mehr gibt.

Was ist schon "normal" leben? Es gibt keine Normalität (auch für Menschen, die in einer gesunden Umgebung aufgewachsen sind), meintest Du deswegen "relativ"?

Ja

Ich gehe davon aus, dass Menschen, die in unserer Kultur aufgewachsen sind, meisten ein Päckchen zu tragen haben, auch wenn sie nicht missbraucht wurden.

Stimme ich auch voll zu - aber irgendwas ist für einen gewissen Prozentsatz der Menschheit eben sowas wie "relativ normal".

Und das ist Missbrauchsgeschädigten genauso gestattet wie allen anderen Menschen auch. Und wenn die Verdächtigung falsch ist, muss man (bevor man von Schuld spricht) fragen, wie derjenige dazu kommt, jemanden zu verdächtigen, der es möglicherweise gar nicht war. vielleicht hat er/sie ja doch Recht, oder es sind andere Vertrauensmissbräuche vorgefallen oder was auch immer.

Ich kann ja nur von dem ausgehen, was hier geschrieben - und auf Rückfragen geantwortet - wird - und da ging es bisher "nur" darum, dass "es" sich in Aufstellungen "gezeigt" hat und dabei als Mißbrauch benannt wurde - und das wollte ich festhalten, dass mir das zu wenig wäre, um jemanden öffentlich an zu prangern.

Bitte höre auf von Schuld zu sprechen - dieses Wort macht handlungsunfähig!

Allerdings auch, wenn mans zwar nicht ausspricht, aber trotzdem genau das tut.

Ich meine nicht dich - bei dir habe auch ich das Gefühl, dass du für dich und deine Situation eben die Verantwortung an den dafür passenden Stellen gelassen hast.

Mir geht es hier einzig um das, was bisher hier in Bezug auf Aufstellungen und Mißbrauchs-Vermutungen geschrieben wurde. Das sind für mich typische Zugangshinweise, im Aussen etwas zu suchen, woran man im Inneren nicht wirklich arbeiten - und auch loslassen - möchte.

(dies ist eine persönliche Bitte, die sehr stark meinem Gefühl entspricht)

Ich gelobe Besserung - werde mich dann jetzt eh in den Garten verkrümeln und Sträucher zurück schneiden.

Wenn es der Vater war, schon. Denn dann kommt zum sexuellen Missbrauch auch noch der Vertrauensmissbrauch dazu und dieser muss auch geheilt werden (das sage ich aus Erfahrung).

Maybe - ich persönlich sehe keinen Unterschied, ob es der Vater war oder der (Stief)bruder oder ein sonstiger Bekannter - wenn das Kind von einem vollkimmen Fremden mißhandelt wird, mags einen Unterschied machen, das will ich gar nicht bestreiten.

Mir wurde auch gesagt: "Aber Du darfst doch Deinen Vater nicht beschuldigen! Weisst Du, wie schwerwiegend diese Verdächtigung ist?"

Ich sag nicht, dass es nicht sein darf - ich wollte nur aufzeigen, was man sich selbst dadurch antut, wenn mans tut. Da geht es mir auch nicht unbedingt um den Täter - nur um das benennen einer bestimmten Person, die sich auch gar nicht mehr dagegen wehren kann, weil schon tot.

Und auch, wenn die Person noch leben würde - ich muss da immer an diese Studie denken, wo einer Gruppe von Menschen Bilder gezeigt wurden - und sie mußten anhand der Protraits die Sympathie bewerten.

Und dann gab es eine 2. Runde - wo bei der einen Person, welche in der 1. Runde die höchsten Sympathiewerte erhalten hatte - dazu gesagt wurde, dass dieser Mensch kleine Hunde vom Gehsteig kickt.

Die Sympathiewerte fielen in den Keller - klar - kann ich durchaus logisch nachvollziehen - aber - dann gabs noch eine dritte Runde.

Da wurden den neuen "Testern" gesagt, dass von dieser (in der 1. Runde sympathischste) Person behauptet wird, dass sie kleine Hunde vom Gehsteig kickt - und das Ergebnis war gleich mit dem, wo behauptet wurde, dass ers wirklich tut - und mans nicht nur vom Hörensagen "weiß"

Und dieses Bild hab ich auch hier dauernd vor Augen - da zeigte sich etwas in einer Aufstellung - und weil es wer als Mißbrauch einer bestimmten Person benannt hat, "muss" es jetzt so sein.

Für mich war dieser Weg des eigenen-Vaters-beschuldigen genau der Richtige und ich würde niemanden verurteilen, der diesen Weg geht - denn er holt den Vater vom hohen Ross der Unantastbarkeit herunter und macht ihn menschlicher, wodurch dann echte Liebe möglich wird.

Sehe ich anders - also dass nur dann echte Liebe möglich ist, wenn sich das Kind über den Vater stellt, indem es ihn "vom hohen Ross" runter holt. Frage - wer hat ihn auf das hohe Ross gesetzt?

Wenn ich in der Eigenverantwortung sein und bleiben möchte, muss ich niemanden wo runter holen, sondern kann einfach akzeptieren, dass ich mich getäuscht habe darin, dass ich ihn selbst auf das hohe Ross gesetzt habe - oder es nie geschafft hatte, von dieser Selbst-Täuschung los zu lassen.

Ich sehe echte Liebe nur dort als Möglichkeit, wo das Kind anerkennen kann, dass es ohne Vater nicht geboren worden wäre - und ihm für diesen Akt auch sowas wie dankbar ist - und von daher auch anerkennt, dass es nie mit dem Vater auf gleicher systemischer Ebene wird kommunizieren können.

Sobald ich mich als Kind gleich-wertig neben meinem Vater stellen will - oder sogar mich moralisch und systemisch über ihn erhebe - ist die Ordnung im System gestört - und es kann - auf Dauer - auch keine echte Liebe fliessen.

Doch den Weg muss jeder selbst gehen - es bringt nichts, wenn andere sagen: "Dies darfst Du nicht tun!" oder "Jenes solltest Du tun!"

Auch da stimme ich voll mit dir überein - drum schreibe ich ja auch nicht, dass wer was nicht darf, sondern nur, was sie/er vielleicht auch in seine Überlegungen mit einbeziehen könnte, wenn sie/er es denn wollte.

Das muss jeder Mensch für sich selbst entscheiden.

Korrekt - und drum sehe ich meine Mission hier auch als beendet - möglicherweise nimmt sich irgend jemand aus dem hier von mir geschriebenen etwas heraus, was ihr/ihm selbst das Leben erleichtert - wenn nicht, ist es für mich auch ok.

Wünsche allen noch einen warmen Sonn(en)Tag
 
Hallo ChrisTina,


ChrisTina schrieb:
Kinder sind immer unschuldig - sagt auch Hellinger



ChrisTina schrieb:
Doch für das, was sie daraus machen, was ihnen in ihrer Kindheit angetan wurde - dafür sind sie in vollen Umfang verantwortlich - sage ich.


Kannst du das mal näher erklären? Ich erkenne nämlich nicht die Relation zwischen diesen beiden Aussagen…..



Urajup
 
Bitte höre auf von Schuld zu sprechen - dieses Wort macht handlungsunfähig! (dies ist eine persönliche Bitte, die sehr stark meinem Gefühl entspricht)
Ein Tisch bliebt ein Tisch, auch wenn ich ihn Sessel nenne. Ich sehe die Grenze zwischen Schuld und Verantwortung beim Bewusstsein: Verantworten kann und muss ich Dinge, die ich bewusst tue oder unterlasse. Das ist bei Schuld nicht unbedingt der Fall - Schuld ist auch nicht mit meinem eigenen, subjektiven Maß zu messen, sondern nach den Kriterien einer - wie auch immer - übergeordneten Instanz, die Schuld definiert. Das kann das Strafrecht sein, das kann die Ordnung sein, die sich in einem System zeigt. Und da kann ich nach meinem subjektiven Ermessen meine Schuld in Abrede stellen, solange ich will - die Folgen werden mich erreichen und berühren, mit denen lebe ich.

Anderer Zugang: Verantwortung ist meine subjektive Stellungnahme zu den Ordnungs-Zwiebelschichten, die mich umgeben. Schuld ist ein Kriterium meiner Ein-Ordnung in diese Zwiebelschichten. Ein ganz wesentlicher Aspekt, den Bert Hellinger eingebracht hat, aufbauend auf chassidischen Lehren, ist jener, dass Schuld ausgleichsfähig ist. Das wird sogar von seinen vehementesten Gegnern als echte Neuerung im Umgang mit Schuld betrachtet: Schuld kann ausgeglichen werden.

Und darum ginge es auch bei Lösungen in Aufstellungen - um das Ausgleichen von Schuld, wenn sich wo Schuld zeigt. Und dieser Ausgleich kann oft verblüffend einfach geschehen - durch Hinschauen, durch Würdigen der Schuld, durch Annehmen (und ganz sicher nie durch Wegstreichen des Schuldbegriffs).

Vermutlich erscheint das vielen, die sich darin eingenistet haben, sich als Opfer zu betrachten und die Vorteile des Opferstatus zu lukrieren, als viel zu billig. So einfach dürfe ein Täter, der an einem schuldig geworden ist, nicht wegkommen... und das kippt dann leicht. Da beginnt der Mechanismus, der Opfer zu Tätern macht - wenn sie den Ausgleich über die Rache suchen (und was wäre die öffentliche Bezichtigung eines mutmaßlich Schuldigen Anderes als Rache... "jetzt soll er's auch einmal spüren!"). Ich meine, das ist die destruktivste Form des Ausgleichs - wenn eine frühere Schuld durch eine spätere Schuld des anderen ausgeglichen wird, wenn dadurch beide zu Schuldigen werden. Aber vermutlich ist auch das eine Form möglichen Ausgleichs ... allerdings himmelweit entfernt von einer Lösung und mit jeglichem Risiko behaftet, daraus eine Endlos-Spirale auch für Folgegenerationen zu machen. Auch das ist bei Alice Miller nachzulesen, das vor allem...

Alles Liebe,
Jake
 
Liebe ChrisTina,

Korrekt - auch verniedlichte, welche mit "Verantwortung" benannt wird.
Verantwortung ist für mich nicht niedlich, sie ist für mich ein sehr mächtiger Begriff. Ich weiss von mir z.B., dass ich nur für mich Verantwortung übernehmen möchte, deswegen habe ich keine Tiere (für die ich auch Verantwortung übernehmen müsste) - wenn ich Kinder hätte, dann stände ich automatisch in der Verantwortung, dass es dem Kind (im Rahmen meiner Möglichkeiten) gut geht. Das "gut gehen" könnte man noch näher definieren - doch für mich gehört auf keinen Fall ein sexueller Missbrauch dazu. Ich hätte die Verantwortung dafür, mein Kind vor solchen Erfahrungen möglichst zu schützen - und wenn ein Übergriff stattgefunden hat (durch andere), diese zur Rechenschaft zu ziehen, damit das Kind weiss, dass es mir wirklich vertrauen kann.
Wenn ich nun selbst den Missbrauch begehe - dann habe ich doppelt in meiner Verantwortung versagt. Zum einen, weil ich das Vertrauen missbraucht habe (und mich auch selbst nicht anzeigen werde) und zweitens, weil ich diejenige war, die den sexuellen Missbrauch begangen hat.

Es ist für mich ok, dass du das Wort aus deinem Wortschatz gestrichen hast - für mich gibt es sie auch nicht mehr - also das Wort gibt es schon noch, aber in meinem Weltbild gibt es nur mehr Situationen, welche eben so waren und sind, wie sie waren und sind - und ich suche nicht nach demjenigen, der Schuld daran ist.
Es ist auch müßig nach dem Schuldigen zu suchen, denn es fängt schon in der Gesellschaft an, dass solche Dinge überhaupt möglich sind.

Aber hier geht es jetzt nicht unbedingt um dich und mich persönlich - sondern um das, was in den Aussagen hier mitschwingt - und in meinem Empfinden geht es da nicht um Verantwortung übernehmen, sondern um absolute Schuldzuweisungen.
Durch das, was Du so empfindest, bin ich auch gegangen - es gehörte zu meinem Weg der Heilung dazu. Wenn ich mir das verboten hätte, stände ich heute nicht dort, wo ich gerade bin, sondern würde immer noch von der Sozialhilfe leben, nicht berufsfähig sein etc.

Sobald ich mir das Recht nehme, öffentlich raus zu posaunen, dass mein Vater gefälligst die Verantwortung für sein (vemeintliches) Tun übernehmen soll, geht es nicht mehr nur um Verantwortung, auch wenn es das andere Wort in deinem Wortschatz nicht mehr gibt.
In dem Dorf, in dem meine Eltern leben, würde ich das nicht tun. Doch da, wo ich meinen Lebensmittelpunkt habe (und wo meine Eltern nicht leben müssen), kann ich das machen, denn kaum jemand kennt meinen Vater hier. Und diejenigen, die ihn kennenlernen (z.B. mein Freund), sind so eng mit mir, dass ich mich bei ihnen nicht verstellen möchte (das wäre auch unehrlich und gemein - gerade innerhalb einer Beziehung!).

Allerdings auch, wenn mans zwar nicht ausspricht, aber trotzdem genau das tut.
Da finde ich das Aussprechen, dass der Vater oder der Bruder einem in der Kindheit wehgetan hat, heilsamer - als das Verschweigen, weil man ja niemanden verletzen möchte.

Mir geht es hier einzig um das, was bisher hier in Bezug auf Aufstellungen und Mißbrauchs-Vermutungen geschrieben wurde. Das sind für mich typische Zugangshinweise, im Aussen etwas zu suchen, woran man im Inneren nicht wirklich arbeiten - und auch loslassen - möchte.
das Einbeziehen des Aussen gehört auch zur Heilung dazu - sonst kann man die Verantwortung für die Tat nicht dorthin geben, wo sie hingehört.

Ich gelobe Besserung - werde mich dann jetzt eh in den Garten verkrümeln und Sträucher zurück schneiden.
Das klingt gut. :liebe1:

Maybe - ich persönlich sehe keinen Unterschied, ob es der Vater war oder der (Stief)bruder oder ein sonstiger Bekannter - wenn das Kind von einem vollkimmen Fremden mißhandelt wird, mags einen Unterschied machen, das will ich gar nicht bestreiten.
Doch, es macht einen Unterschied. Ich wurde von meinem Vater und von meinen Brüder missbraucht. Und der Unterschied ist ganz klar: Meine Brüder waren 12 Jahre alt, mein Vater 35!
Der nächste Unterschied: Mein Vater war für mich verantwortlich, meine Brüder nicht! Von meinen Brüdern habe ich auch keinen Schutz erwartet, von Eltern sollte das selbstverständlich sein.

Ich sag nicht, dass es nicht sein darf - ich wollte nur aufzeigen, was man sich selbst dadurch antut, wenn mans tut. Da geht es mir auch nicht unbedingt um den Täter - nur um das benennen einer bestimmten Person, die sich auch gar nicht mehr dagegen wehren kann, weil schon tot.
Es geht darum, dass man endlich seiner Wahrnehmung und sich selbst glauben darf - für diesen Prozess ist es wichtig, dass man auch darüber redet (aus sich selbst heraus ist das für Missbrauchsüberlebende sehr schwierig).

Sehe ich anders - also dass nur dann echte Liebe möglich ist, wenn sich das Kind über den Vater stellt, indem es ihn "vom hohen Ross" runter holt. Frage - wer hat ihn auf das hohe Ross gesetzt?
Für ein Kind hängt das Überleben davon ab, auf die Eltern zu hören, ihnen zu gehorchen. Bisher habe ich noch kein Kind erlebt, welches auf einer Ebene mit den Eltern war, solange es Kind ist. In der Pubertät ändert sich das Verhältnis normalerweise.

Ich sehe echte Liebe nur dort als Möglichkeit, wo das Kind anerkennen kann, dass es ohne Vater nicht geboren worden wäre - und ihm für diesen Akt auch sowas wie dankbar ist - und von daher auch anerkennt, dass es nie mit dem Vater auf gleicher systemischer Ebene wird kommunizieren können.

Sobald ich mich als Kind gleich-wertig neben meinem Vater stellen will - oder sogar mich moralisch und systemisch über ihn erhebe - ist die Ordnung im System gestört - und es kann - auf Dauer - auch keine echte Liebe fliessen.
Sobald das Kind erwachsen ist, können sich (wenn alle Beteiligten das durchschauen) Eltern und Kinder auf einer Ebene begegnen. Es kann sich sogar umkehren, wenn später das Kind die Eltern pflegt, wenn praktisch das Überleben des Elternteils vom Wohlwollen des Kindes abhängig ist.

LG
Ahorn
 
Hi Jake,

So einfach dürfe ein Täter, der an einem schuldig geworden ist, nicht wegkommen... und das kippt dann leicht. Da beginnt der Mechanismus, der Opfer zu Tätern macht - wenn sie den Ausgleich über die Rache suchen (und was wäre die öffentliche Bezichtigung eines mutmaßlich Schuldigen Anderes als Rache... "jetzt soll er's auch einmal spüren!").


Man muß als Opfer ja nicht gleich nach Rache schreien, aber den Missbrauch zu bennen und auch zu fordern, daß der Täter, wie auch immer, eine Chance erhält, über seine Taten nachzudenken, indem das Opfer eine Aussprache mit ihm herbeiführt oder ihn der Justiz übergibt, finde ich nur legetim.
Ansonsten müßten wir ja unser ganzes Rechtssystem infrage stellen. Da können dann zwei Jugendliche nicht nur einen Rentner in der U-Bahn, sondern vielleicht 5, 8, 10 Rentnern den Kopf einschlagen, ohne das man "nach Rache" schreien soll? Und liegt nicht für den Täter gerade darin eine große Chance, umzukehren, umzudenken, die Verantwortung zu übernehmen für den Missbrauch an Körper und Seele seines Opfers, wenn man ihn zur Rechenschaft zieht?
Eine Innenkehr wird oft nur in Gang gesetzt, wenn man in Klausur geht, sich zurückzieht. Dies tun manche Menschen freiwillig, um den Kopf klarzubekommen....für manche Menschen muß es eben das Gefängnis sein......



LG
Urajup
 
Hallo ChrisTina,

Kannst du das mal näher erklären? Ich erkenne nämlich nicht die Relation zwischen diesen beiden Aussagen…..

Urajup

Falsche Hervorhebung - bzw. möglicherweise auf den falschen Part bezogen:

Doch für das, was sie daraus machen, was ihnen in ihrer Kindheit angetan wurde - dafür sind sie in vollen Umfang verantwortlich - sage ich.

Anders gesagt - daran, dass sie mißbraucht werden, sind sie unschuldig - wenn sie allerdings - dann, als Erwachsene - in der Opferrolle bleiben, liegt es in ihrer eigenen Verantwortung.
 
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Ein Tisch bliebt ein Tisch, auch wenn ich ihn Sessel nenne. Ich sehe die Grenze zwischen Schuld und Verantwortung beim Bewusstsein: Verantworten kann und muss ich Dinge, die ich bewusst tue oder unterlasse.
ich definiere es ein wenig anders. Auch Menschen, die unbewusst Dinge tun, tragen die Verantwortung dafür (und evtl. für die Folgen). Verantwortung kann man für "positive" und "negative" Taten haben. Wenn ich jemanden umbringe, muss ich die Folgen tragen (z.B. Gefängnis) und wenn ich Wildkatzen fütter, trag ich die Folgen (sie kommen immer wieder zu mir - das ist für manche positiv und andere mögen keine Katzen).

Schuldzuweisungen funktionieren meistens, indem man sagt: "Der andere hat Schuld!" und dabei vergisst man, seine eigenen Verantwortlichkeiten zu sehen. Schuld lähmt - Verantwortung fordert zum Handeln auf.

LG
Ahorn
 
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