Ich strenge mich über meine Kräfte an aber scheitere trotzdem

ChrisTina schrieb:
Da du es in diesem Bereich schreibst eine Frage, die du dir selbst beantworten solltest:

Wem - aus deinem Herkunftssytem - gegenüber könntest du dich - aus Loyalität - unbewusst - verpflichtet fühlen, es dir nicht leicht machen zu dürfen?

Dazu wäre es vielleicht auch hilfreich, ein Genogramm zu erstellen - ist sowas ähnliches wie ein Organigramm - oder auch ein Stammbaum - und die bekannten Schicksale bis in (Ur)großelterngeneration zurück verfolgen.

Vielleicht *springt dich dabei ja* eine Erkenntnis an, wem du dich verpflichtet fühlst - und mit dieser Person beschäftigst dich einfach - dadurch *würdigst du dessen Schicksal* - und kannst dich dadurch von deiner unbewussten Verpflichtung lösen - und endlich dein Leben leben.


hallo christina,

ich denke, in meiner kindheit habe ich ähnliche ängste und emotionale leere erfahren wie meine mutter und mein vater, obwohl das ganz andere vorraussetzungen waren, da z.b. meine mutter von ihrem vater massiv verprügelt worden ist und ich nicht. es gibt parallelen - so binde ich mich z.b. an männer, die emotional für mich nicht erreichbar sind und fühlte mich gelangweilt von wirklich interessierten männern.

ein genogramm habe ich bereits erstellt, da gibt es einiges interessante aus der familie meiner mutter. deren großmutter hat ihren ersten unehelichen sohn verstossen, der dann bei ihren verwandten aufwuchs und totgeschwiegen wurde.

sie ist von zuhause weggegangen und hat dann einen älteren mann geheiratet, der als liebevoll geschildert wird, aber als kapitän zur see so gut wie nie zuhause war und recht früh gestoben ist.

mit diesem mann hatte sie 5 weitere kinder, drei mädchen und zwei jungen, von denen meine großmutter das mitlere war. meine omi hat sich sehr um ihren jüngeren bruder gekümmert, der später mit 21 jahren im krieg gefallen ist.

die tochter ihrer ältesten schwester hat dann auch ein uneheliches kind bekommen, die schwester selbst hatte einen lieblosen mann und wurde unheilbar krank. der verlobte der jüngsten tochter kam bei einem unfall ums leben, sie hatte aber wohl eher homosexuelle neigungen und hatte keine kinder.
der älteste sohn lebte in 'wilder ehe', wie man das wohl so genannt hat und hatte vermutlich alkoholprobleme. hatte auch keine kinder.

meine omi hat dann selber ein bedürftiges 'kind' geheiratet, der und wohl überhaupt niemanden lieben konnte und total abhängig von seiner frau war, er hat die kinder geprügelt und war grausam zu ihnen. meine großmutter hat die familie ernährt, ist gerne arbeiten gegangen. meine großeltern sind sehr lieblos miteinander umgegangen. ihr sohn, mein onkel hat sich als erwachsener dann von ihnen völlig distanziert, ist in der familie seiner frau aufgenommen worden.

meine mutter hat die bürde auf sich genommen, ihre eltern zu betreuen, als die alt und schwach waren und ist daran fast zugrunde gegangen, auch daran, dass sie nicht akzeptieren konnte, dass ihr bruder sie dabei komplett alleine liess.

ja, in meiner familie opfert man sich gerne auf und wenn man das nicht tut, wird man sanktioniert. das kann mein papa gut: sieh' deiner mutter geht's schlecht, weil du nicht zu ihrem geburtstag gekommen bist, sondern arbeiten musstest (wolltest).

ich denke, dass viele meiner ängste und viele meiner 'qualen' übernommen sind. ich möchte sie eigentlich gerne an diejenigen zurückgeben, zu denen sie gehören.

lg
pisces
 
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Hm, im Grunde genommen folgst Du ja im Moment nur noch Dir selber. Der Samen, der heute zu Deinem Verhalten geworden ist, wurde ja viel früher in Dich hinein gelegt. Wenn Du Dir vorstellst, daß aus dem Samen ein Baum gewachsen ist, dann wird vielleicht deutlich, daß Du heute etwas anderes bist als "nur" ein Samen, Du bist ein eigenständiges Individuum. Und als solches folgst Du natürlich der Information, daß Du ein Mitglied Deiner Familie bist, Du siehst Deiner Familie ja sicher auch äußerlich ähnlich. Innerlich aber kannst Du heute im Grunde selber entscheiden, wer Du bist, ganz unabhängig von Deiner familiären Herkunft.
Du entdeckst ja in Dir die Dinge, die Du als störend empfindest. Sie sind Deinem Familien-Erleben zugehörig, Du verbindest das negative in Dir mit Deiner Familie. Das ist zwar normal, aber im Grunde auch wieder nicht gesund. Denn Deine Familie sind die Wurzeln Deines Baumes und wenn Du Teile davon ablehnst, tut Dir das selber auch nicht nur gut.
Deshalb: lerne einfach, sie zu lassen, wie sie sind und gehe Deiner eigenen Wege. Und artikuliere Deine Meinung, laß Deine Familie an Deinem Weg teilhaben. Wenn sie es nicht hören will und Dich nur so haben will, wie sich es sich wünscht, dann würde ich ganz einfach eine zeitlang etwas mehr Abstand halten.

Liebe Grüße, Christian
 
Hallo pisces,
ich habe deinen ausführlichen Beitrag mit grossem Interesse gelesen. Deinen
Lösungsansatz, nämlich die Probleme an deren Verursacher zurüchzugeben, finde ich gut und passend.
ChrisTina scheint (so interpretiere ich es zumindest) für eine Familienaufstellung zu sein. Ich kenne sehr viele Menschen, denen das
offenbar geholfen hat. Ich möchte diese Art der Vergangenheitsbewältigung
weder positiv noch negativ werten. Auch ich habe eine "grosse" Aufstellung
gemacht, konnte aber mit dem Ergebnis nicht umgehen. Dazu habe ich am 29.1. einen eigenen Beitrag geschrieben in diesem Forum. Ich hoffte auf
Antworten, aber es hat sich niemand dazu geäußert, leider.
Ich kann dir, natürlich nur in Kurzform, aufzeigen, dass es sehr schädlich für einen sein kann, wenn man bestimmte negative Verhaltensmuster übernimmt, natürlich unabsichtlich, aber weil es einem so vorgelebt wurde. Und das ja auch nur, weil eben der, der es vorlebte, seine eigenen Verstrickungen hat
(hatte). Wenn einem der Grund des tatsächlichen "Strickfehlers" des eigenen Musters wirklich bewusst wird, dann hat man so eine Art gordischen Knoten
gelöst und verhält sich bewusst anders im positiven Sinn.
Also, hier in Kürze mein eigenes Beispiel. (Um zu eben meinen Erkenntnissen zu kommen, hat mir das erwähnte Buch sehr geholfen). .......
Meine Mutter war ständig beleidigt. Heisst, sie hat nichts mehr mit mir (auch mit anderen Familienmitgliedern) geredet, einen nicht mehr angeschaut, schlichtweg die Kommunikation verweigert (= Liebesentzug, Demütigung durch
Ignorieren). Ewig hatte ich undefinierbare Schuldgefühle und war immer abhängig von der "Güte" meiner Mutter, mich wieder wahrzunehmen. Heißt,
ich fühlte mich nicht angenommen, so wie ich war, sondern nur dann, wenn
Mutter mich "wollte".
Und irgendetwas "Schlimmes" musste ich ja gemacht haben (so lief das
jedenfalls damals wahrscheinlich unbewusst bei mir ab), denn sonst könnte Mutter ja nicht so "verletzt" sein. Ich wurde bockig, ein "undankbares"
Kind, das eigentlich so dankbar sein müsste.
Das Verhältnis zu meiner Mutter war immer gestört. Ihr Wertesystem war es, den Schein nach außen zu wahren ohne Rücksicht auf Gefühle. Das einzige
"Gefühl", das zählte, war der beleidigte Rückzug meiner Mutter, wie ein roter Faden im Leben.

Heute sehe ich diese ganzen Zusammenhänge ziemlich klar, aber so ganz von selbst wäre ich da nie drauf gekommen.

Meine Mutter ist sich dessen, was sie da in mir angerichtet hat, auch heute noch nicht bewusst. Hier geht es, wohlgemerkt,
nicht um Schuldzuweisung, das wäre zu einfach. Es geht darum, auch dem Verursacher so macher seelischen Wunden die eigene kindliche (jugendliche) Wahrnehmung vor Augen zu halten um dann gemeinsam zu erkennen, warum so vieles war wie es eben war. Wenn man Glück hat, lassen sie Eltern auf diese Art des Aufarbeitens ein. Aber meine Mutter hat "zugemacht", sie will
davon nichts wissen. Seit einem Jahr versuche ich, mit ihr eine neue
Beziehungsbasis zu schaffen (lange Briefe, meine Bitte an sie, eben dieses
erwähnte Buch auch zu lesen, ich bin sogar zu ihr hingefahren - sie wohnt
weit weg -), aber sie will nicht. Nun gut, damit muss ich leben.
Hauptsache, ich konnte mein Verhaltensmuster selbst ändern.

Was ich sagen möchte ist, dass ich das, was sie mir vorgelebt hatte, unbewusst übernommen habe:

- in meiner Ehe war auch ich oft "beleidigt" aus (im Nachhinein) vollkommen
irrationalen Gründen. Kein Mann hält das aus. Beleidigtsein ist ja auch
viel einfacher als das lösungsorientierte Gespräch zu suchen .... Und ich
hatte einen wirklich wunderbaren Mann, doch ein Verhalten wie meines
macht jede Liebe kaputt.

- ich hatte nie gelernt, Grenzen zu setzen, weil ich absolut null Selbst-Wert-
Gefühl hatte. Dementsprechend hat sich mein (leider Ex)Mann
mir gegenüber verhalten.
Er hätte eine starke Partnerin gebraucht (meine 3 Kinder eine starke
Mutter) und kein "Opfer", wie ich es war.

Übrigens .... vor vielen Jahren fragte ich einmal meinen Vater (der inzwischen verstorben ist), wie denn seine Schwiegermutter, also die Mutter meiner
Mutter, in ihrer Art so war, und schon damals hätte mich seine kurze Antwort doch hellhörig machen müssen "... ich kannte diese Frau nur beleidigt ..."

Ich wollte dich nicht langweilen, liebe pisces, mit meiner Schilderung, aber
ich hoffe, ich habe eine message rübergebracht.

Was du sagst über das "nicht überanstrengen müssen", das kann ich nicht ganz nachvollziehen. Wenn die Anstrengungen in einem richtigen Verhältnis
zum Ziel stehen, dann sind sie angemessen, oder?? Aber vielleicht verstehe ich dich ja auch falsch, mit einem Beispiel deinerseits wär's leichter.

Viele liebe Grüße,
Daisy:daisy:
 
Daisy schrieb:
ChrisTina scheint (so interpretiere ich es zumindest) für eine Familienaufstellung zu sein.
Nicht unbedingt - ich halte pisces durchaus für fähig, dass auch ganz allein zu lösen, sobald sie den richtigen Knopf gefunden hat, der ent-wickelt werden könnte.

Aber da sie selbst diesen Thread im Bereich Familienaufstellung eröffnet hat, unterstelle ich, dass es ihr auch leichter fallen könnte, an dem Ende der Ver-Strickung zu beginnen - zu schauen, woher *der aktuelle Knopf im Leben* kommen könnte.
 
hallo daisy,

du hast mich ganz und garnicht gelangweilt, im gegenteil - ich finde deine schilderung sehr aufschlussreich, weil sie zeigt, wieviel wir aus dem verhalten anderer in unser eigenes verhalten übernehmen, was wir selbst garnichtg so mitbekommen.

ich selbst habe auch angefangen, mich zu beobachten und werde im moment ganz intensiv gespiegelt. und da kommen derzeit seiten zum vorschein - ogott - so bin ich? bzw. so werde ich gesehen? mein verhältnis zu den mitmenschen ist derzeit angespannt, so wie ich auch. es gilt wohl wirklich, die verhaltensweisen zu überprüfen und sich irgendwie neu zusammenzusetzen.

ich hätte nie gedacht, dass ich so vielen werten nacheifere, die mir vorgelebt wurden und die es alle zu hinterfragen gilt.

ich weiss nicht, ob meine eltern sich diesem von dir angesprochenen prozess stellen würden. es gab schonmal gesprächsansätze - aber die endeten mit: du hast uns ja immer schon terrorisiert und wir weisen die vorsätze zurück. ich glaube nicht, dass beide bereit wären ihre rollen und ihre eigenen verstrickungen zu hinterfragen. es ist schön, dort eingeladen zu sein, aber ich fühle mich schnell von ihnen vereinnahmt, nicht als erwachsene und ernstzunehmende person wahrgenommen.

@christina
manchmal ist man selbst der lösung zu nah, als dass man sie sehen kann. ich würde mir wünschen, dass der knoten platzt. es gibt hinweise, aber es ist nicht leicht, diese zu verfolgen. ich werde sicherlich auch eine aufstellung mache, allerdings sind diejenigen, welche ich in dieser hinsicht für vertrauenswürdig halte, sehr teuer.

lg
pisces
 
pisces schrieb:
@christina
manchmal ist man selbst der lösung zu nah, als dass man sie sehen kann. ich würde mir wünschen, dass der knoten platzt. es gibt hinweise, aber es ist nicht leicht, diese zu verfolgen. ich werde sicherlich auch eine aufstellung mache, allerdings sind diejenigen, welche ich in dieser hinsicht für vertrauenswürdig halte, sehr teuer.
Rehi,

hast du schon mal versucht, die Last, die du übernommen hast - egal, von wem genau du sie hast - einfach einer imaginären Person zurück zu geben? So nach dem Motto - wem auch immer sie gehört - bitte nimm sie zurück - sie ist mir viel zu schwer.
 
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Wenn ich etwas vorschlagen darf - dann probier doch mal folgende Visualisierung:


Such Dir eine wundervolle Wiese - mach sie genauso, wie Du Dich darauf wohlfühlst - sei es mit Moos, Schmetterlingen, Vögelgezwitscher oder allem, was Dich erfreut.

Sieh Dich um und entdecke einen kleinen Fluß.

Gehe dorthin.

Wie sieht der Fluß aus? Stehen am Rand Bäume? Oder wachsen Blumen? Was kannst Du am Grund des klaren Wassers entdecken? Sand? Steine?

Nun visualisiere das Paket an Last, das Dir nicht gehört........ Schau es Dir genau an. Welche Farbe hat es? Wie schwer ist es? Welches Material hat es?

Dann schau flußabwärts. Dort steht eine Person, die winkt und der das Paket in Wirklichkeit gehört. Egal, wer es ist - entscheide Dich, ob Du bereit bist, das Paket loszulassen.

Falls ja, so setze es achtsam ins Wasser und laß es flußabwärts treiben. Sieh dem Paket nach und schau auch an, wie die Person das Paket aus dem Wasser nimmt.......... und annimmt.

Alles Liebe,
Peggy
 
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