Im Gegenteil beschreibst Du, wie es im Menschen, der die Anwendung des astro-logischen Denkens übt, zum systemischen Erkennen kommt und kommen muß: es geht nur durch die Erfahrung der Richtigkeit und Anwendbarkeit des Systems.
Das möchte ich lediglich in Hinblick auf die "Richtigkeit" einschränken ... ich kann auch mit einem offenen System, das ich als vorläufig "brauchbar genug" erachte, arbeiten und finde das sogar spannender, weil es von der Auseinandersetzung um das richtigere Richtig befreit, ein Stück weit wenigstens.
Eine Typenlehre ist so wie das generell bei Systemen ist nur so gut, wie die einzelnen Teile des Systems ein Wiedererkennen zulassen und eine Ordnung herzustellen in der Lage sind. Je tiefer dabei das Lernen innerhalb eines Systems bereits gediehen ist, umso deutlicher wird das, was man als Wahrheit empfindet, weil man irgendwann diverse und nicht nur einzelne Anhaltspunkte dafür hat, daß das eigene Denksystem schlüssig ist.
Als Typenlehre sehe ich Astrologie nicht bzw. erst auf der Liste möglicher Ergebnis-Strukturen der dahinterliegenden Deutungs-Systems. Und das führt schon mitten in die Unterschiede: Ich behaupte, dass Astrologie zunächst einmal die Himmelsmechanik als evolutionäres System fokussiert, aus dem durch symbolische Deutung/Analogien auf zeitlich und räumlich verortete Strukturen geschlossen wird. Solche Strukturen sind zunächst einmal abstrakt und inhaltsleer – sie bilden den Rahmen für komplexe Wahrnehmungs- und Erlebensmuster, die wiederum deutend und konstruierend als Wirklichkeit referenziert werden, die mit astrologischen Rahmendaten konform geht. Uff. Ein vielschichtig verschränktes, komplexes System also, das wie alle Systeme erst durch Komplexitätsreduktion begreifbar/begrifflich darstellbar und kommunizierbar wird. Da müssen einfach die unterschiedlichsten Schulen und Methoden rauskommen ... und wenn die innerhalb der jeweiligen Fokussierung stimmig sind, haben sie auch ihren Platz. Eben genau den.
Es ist jetzt hier nicht der Platz zu diskutieren, welche Art von Wahrheit denn nun in einem durch ein System gebildetem Denken entsteht.
Schade ... ich meine, das wär einer der Knackpunkte ;-)
Wir Menschen benötigen ein System, in dem wir die erkennenden Gedanken führen können, um wenigstens den Eindruck zu gewinnen, daß wir die Einflüsse unserer eigenen Psyche auf unser Denkergebnis zumindest minimiert hätten.
Da ist ja gerade sehr viel in Bewegung ... was die erkenn- und darstellbaren Rahmenbedingungen für die Konstruktion solcher Systeme anlangt.
Ich persönlich mag Systeme ja sehr.
Ja, und ich mag ganz besonders den Zugang zum Begriff "System", wie ich ihn nach meinem marginalen Verständnis von Niklas Luhmann abgeleitet habe, vorläufig (s.o.): Systeme gibt es nicht an sich, sondern sie entstehen dadurch, dass jemand (ein Mensch/eine Gruppe/eine Schule/eine Theorie) sie als System konstruiert. Grundsätzlich ist alles mit allem verbunden, Systeme ermöglichen in dieser undurchdringlichen Komplexität Orientierung und Operationalisierung, also Handeln. Systeme sind nicht primär durch die Elemente, die ihnen zugeordnet werden, charakterisiert, sondern vor allem durch die Wechselwirkungen ("Kommunikationen" nennt das Luhmann), die zwischen ihnen zu beobachten sind bzw. an denen man teilnimmt.
Gerade Letzteres finde ich in Hinblick auf Astrologie sehr spannend, weil im Rahmen meiner Fokussierung so ein Horoskop geradezu ein Musterbeispiel für die Abbildung von und Interaktion mit Systemen ist – da ist die ordnende Fokussierung, die Darstellung der Kommunikationen durch Aspekte und weitere Kreuz- und Querbezüge innerhalb der Astrologischen Systematik, da ist die nahezu beliebig erweiter- bzw. komprimierbare Komplexität ... und da ist der mehrschichtig deutende Zugang, der dem System Wirklichkeit verleiht.
Auch klar: Unsere Konzeptionen vom Denken als System sind Ergebnisse eines Denkens im System, es hat immer etwas vom Münchhausen, der sich am Schopf aus dem Sumpf zieht mitsamt Pferd. Und all das Denken als Subsystem einer unermesslich größeren Komplexität ... da hat dann so ein Kreisrund mit ein paar Planeten und Linien etwas tröstlich Reduziertes ...