Wasserlinsen-Experimente zeigen spezifische Effekte von hochverdünnten Homöopathika. Interview mit dem Physiker Dr. Stephan Baumgartner.
Von Claus Fritzsche | 19.Januar 2012
Können hochverdünnte und potenzierte Wirkstoffe einen arzneimittelspezifischen therapeutischen Effekt auslösen? Der wissenschaftliche Mainstream hielt diese Möglichkeit bisher für eher unwahrscheinlich, weil homöopathische Hochpotenzenkeine pharmakologisch wirksamen stofflichen Bestandteile der potenzierten Ursubstanz mehr enthalten. Anders der PhysikerDr. sc. nat. Stephan Baumgartner von der Universität Bern (KIKOM). Er sieht durchaus eine Evidenz dafür, dass es solche Effekte tatsächlich gibt. Seine Forschungsgruppe publizierte 2010 und 2011 Ergebnisse von Experimenten mit Wasserlinsen. In diesen Untersuchungen zeigten Hochpotenzen einen homogenen, statistisch signifikanten und spezifischen Effekt, der in der Kontrollgruppe ausblieb. Im Gespräch mit Dr. med. Michael Teut erläuterte Baumgartner seine Experimente. Das folgende Interview mit Herrn Baumgartner dreht sich um die Frage, wie aussagekräftig die Wasserlinsen-Experimente sindund wie Homöopathie-Grundlagenforscher sicherstellen, dass ihre Messungen objektiv, reproduzierbar und valide sind.
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Vorbemerkung: Das folgende Interview ist für ein Blog relativ lang und inhaltlich (speziell für Laien) anspruchsvoll. Es hat jedoch auch einen ganz besonderen Reiz: Dr. Stephan Baumgartner vermittelt einen tiefen Blick hinter die Kulissen der
homöopathischen Grundlagenforschung:
Was motiviert einen Physiker, Hochpotenzen zu erforschen? Welche Eigenschaften müssen wissenschaftliche Experimente im Bereich der homöopathischen Grundlagenforschung haben, um
objektive,
reproduzierbare und
valide Ergebnisse hervorzubringen? Was ist eine
valide Messung? Was ist ein
biologisches Testsystem? Warum hält es Dr. Baumgartner entgegen der Lehrmeinung durchaus für möglich, dass hoch verdünnte und potenzierte Wirkstoffe einen arzneimittelspezifischen therapeutischen Effekt auslösen können – auch bei Verdünnungen jenseits der
Avogadro-Konstante?
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Interview mit Dr. Stephan Baumgartner
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Herr Baumgartner, Sie sind Physiker und seit vielen Jahren in der Grundlagenforschung an homöopathischen Potenzen aktiv, u. a. an der Kollegialen Instanz für Komplementärmedizin (KIKOM) der Universität Bern. Physik und homöopathische Präparate, prallen da nicht zwei unvereinbare Welten aufeinander?
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Dr. Stephan Baumgartner: Auf den ersten Blick scheint das in der Tat so zu sein. Die
Physik wird ja im allgemeinen als Wissenschaft der
unbelebten Materie gesehen, währenddem sich die medizinischen Richtungen, die homöopathische Präparate einsetzen, wie die
Homöopathie und die
Anthroposophische Medizin, als komplementär- oder alternativmedizinische Verfahren primär mit dem
Menschenbeschäftigen. Es gibt aber einen Punkt, wo sich diese beiden Welten berühren, und zwar beim Verfahren der
Potenzierung, der homöopathischen Heilmittelherstellung.
Halten Sie es für richtig, jene hochwertigen und verblindeten Homöopathie-Studien zu ignorieren, die einen signifikanten Effekt über Placebo hinaus gezeigt haben?
Dr. Stephan Baumgartner: Das ist ein wichtiger Punkt. Es gibt in der Tat eine ganze Reihe doppelblinder randomisierter klinischer Studien, in denen Effekte hochverdünnter Homöopathika gegenüber Placebo beobachtet wurden (1). Wenn hier keine falsch-positiven Resultate vorliegen, würde dies dafür sprechen, dass offenbar doch bestimmte Eigenschaften der potenzierten Substanz dem Verdünnungsmedium eingeprägt werden können. Wenn dies tatsächlich so sein sollte, wäre das ein sehr spannendes Phänomen, das nicht nur für die Physik sondern auch für die Biologie, die Pharmazie und die Medizin hochinteressant sein könnte.
Quelle :
http://dzvhae-homoeopathie-blog.de/?p=3284