Baphomet, der Gehörnte, ist der janusköpfige Gott, der seine Sicht nach innen mit dem Blick nach außen im Doppelblick vereint: "Ich bin der Teufel, der die Polaritäten überwunden hat, indem er Gott ins Auge blickte und darin die Wahrheit fand."
Er verkörpert die beiden Hälften eines einzigen Gesichtes, die sich gleichzeitig durchdringen und einander überschneiden, die sich wie die Spiegelungen in einem Kaleidoskop zu immer neuen Formen verbinden: Das Durchbrechen dieser Wahrnehmungsbarriere ist das höchste Ziel des doppelköpfigen Erkennens, das sich innerhalb und außerhalb des eigenen Sehens sieht. Von dem Augenblick an, da der Mensch diese Schwelle überschritten hat, kann er sich in seinem eigenen Betrachten betrachten und erkennen, welche innere Wahrheit hinter seinen äußeren Bildern liegt. Er überschreitet die Schwelle und geht unangefochten an den Masken und Projektionen vorbei, die ihm auf der feinstofflichen Ebene entgegentreten. Sein Ziel ist der wahre Wesenskern in allen Erscheinungsformen, und sein Streben liegt darin, im Zustand des Wachbewußtseins in seine Träume hineinzugelangen und die Wahrheit zu ergründen - denn es gibt nichts, was außerhalb seiner Träume liegt. Der Traum ist das gespiegelte Bild der Wahrheit in der Seele des Menschen; der Mensch ist der Rahmen, und das Bild ist die Seele selbst. Wenn du das Bild im Rahmen bewegst, kannst du bis an die Enden dieser Welten reisen - oder darüber hinaus, wie es auch die alten Mystiker taten. Sie verschwanden aus dieser Welt, nachdem sie ihre Wahrnehmung über den Rahmen hinausschoben.
Die bildliche Manifestierung des sich selbst erkennenden Geistes, der sich selber ins Auge schaut, des Blickes, der sich im eigenen Auge erkennt und des Schattens, der sich im Licht versteckt, ist Baphomet. Er repräsentiert eine geistige Stufe, auf der das Bewußtsein die Polaritäten des Denkens durchbricht und über die Grenzen der menschlichen Vorstellung hinaus vorstößt:
So bin ich das Denken jenseits des Denkens, das du kennst, und gleichzeitig das Denken selber. In mir ist die Vitalität des Wissens, die Muster, anhand derer du gelernt hast, die Welt zu erschaffen, sowie die Muster der Veränderung, die das verändern, was du aus diesen Mustern geschaffen hast. Vielleicht erscheine ich dir unpersönlich; doch da es meine Energien sind, mit denen du die Muster deiner Vorstellung tränkst, bin ich da nicht dein Freund? Wenn du mich Gott nennst, ist es gut, und wenn du mich Satan nennst, dann ist es auch recht. Nur darfst du mich nicht aus dir entfernen, denn ich bin in dir, in jeder deiner Zellen, dir näher als dein Atem. Denn wisse, ich bin das erkannte Erkennen, das dir die Siegel der menschlichen Vorstellung, diese Elixiere der Dunkelheit, enthüllt.
"Sein Phallus ist ein Hermesstab, und er trägt rechts auf seiner Brust die Sonne, links den Mond. Er ist bärtig, hat eine Krone auf dem Haupt und ein Szepter in der Hand. Dies ist der Azoth (Azoth ist der Name des "großen hermetischen und des wahren philosophischen Agens".) der Weisen auf seinem Sockel von Salz und Schwefel. Man sieht dieses Bild auch manchmal mit dem symbolischen Kopf des Bockes von Mendes. Das ist dann der Baphomet der Templer, der Bock des Sabbats und das Wort der Gnostiker, wunderliche Bilder, die als Schreckgespenster für das Volk gebraucht wurden, nachdem sie den Meditationen der Gelehrten gedient hatten, unschuldige Hieroglyphen des Gedankens und Glaubens, die dem Verfolgungswahn einen willkommenen Vorwand gaben. Wie unglücklich sind doch die Menschen in ihrer Unwissenheit, aber wie tief müßten sie sich selbst verachten, wäre es ihnen möglich, sie zu erkennen.