shamiradin
Neues Mitglied
- Registriert
- 19. Juli 2005
- Beiträge
- 108
Hallo ins Rund,
das Thema `gefühlte Wahrheit´ ist ja in diesem Forum nun doch sehr häufig genannt und erwähnt worden. Das eine eigens erfahrene ´Wahrheit´ immer subjektiv ist, ich glaube, da sind sich bisher alle hier einig gewesen.
Dennoch möchte ich heute einige Gründe nennen, warum es mitunter doch Sinn machen kann, für sich selbst die sogenannte ´gefühlte Wahrheit´ auch einmal in Frage zu stellen.
Dazu ein kleiner Ausflug - reduzieren wir mal die Gefühle auf das, was sie sind:
- chemische Reaktionen im Körper, die aufgrund von Sinnesreizen (aufgenommen durch Augen, Nase, Ohren etc.) unablässig gesammelt und an das Gehirn weitergegeben werden. (kurz an die Wissenschaftler unter Euch, ich wollte jetzt nicht auf Rezeptoren, Liganden, Moleküle, auf Hormone und Botenstoffe, auf Endorphine, Serotonin, Melatonin und auch nicht auf die Areale des Gehirnes, auf neurochemische und elektrophysiologische Prozesse im Detail eingehen, ja ?
thanks)
Das Gehirn gleicht ständig ab zwischen neuen Eindrücken und bereits gemachten Erfahrungen, sortiert, ordnet ein und bewertet unmittelbar. An den Kontaktstellen des Neuronetzes laufen eine Vielzahl eben dieser neurochemischen und elektrophysiologischen Prozesse ab. Schließlich folgt am Ende der Reizverarbeitungskette ein Impuls für ein bestimmtes Verhalten und es gibt eine ´Antwort in Form eines Gefühls` - Zorn, Ekel, Freude, Furcht o.a.
Das heißt also, wenn wir reagieren oder handeln, dann deshalb, weil bestimmte Nervenzellen auf eine bestimmte (erworbene) Art und Weise miteinander verknüpft oder ´verdrahtet´ sind.
Auch bedeutet es, daß unsere Handlungsweise in gewisser Hinsicht sogar ´vorhersagbar´ ist. Das Gehirn sucht immer nach bekannten Erfahrungen, um danach einen Impuls für dieses oder jenes Verhalten zu geben.
An diesem Punkt stellt sich mir dann die Frage:
*Beruhen meine `Erkenntnisse´ und ´Wahrheiten´ letztlich nicht nur auf bereits gemachten, bekannten und akzeptierten Erfahrungen der Vergangenheit ? Wo bleibt der Raum für Neues ?*
Seit einiger Zeit ist es jedoch bekannt, daß das Gehirn nicht nur plastisch, also veränderbar, ist, sondern zudem auch noch über ein ganzes Lager von neuralen Ersatzzellen in einem Bereich des Hirnes, im Hippocampus, verfügt. Diese Zellen verfügen über die Fähigkeit in bestimmte Hirnareale ´auszuwandern´ und sich je nachdem, zu regionsspezifischen Neuronen zu entwickeln.
Was heißt, daß die synaptische `Verdrahtung´ nicht endgültig festgelegt ist, was lange Zeit die gängige Lehrmeinung war. (!) Und es bedeutet, daß das Gehirn auch bis ins hohe Alter in der Lage ist, die Struktur der Nervenverbindungen zu verändern, also neue Dendriten und neue Synapsen zu bilden. Dies ist abhängig von der Beanspruchung der beteiligten Zentren.
Alle diese Prozesse werden durch Lernprozesse gefördert, durch jede Aktivität, in der das Gehirn Neues lernt.
Aber es tut sich auch etwas, und da fangen die Wissenschaftler gerade erst richtig an zu forschen, bei der Untersuchung von mentalen Praktiken, wie z.B. der Meditation. Es scheint nach einigen Tests an tibetischen Mönchen so, daß das Denkorgan meditierender Buddhisten (die waren es in diesem Fall) anders funktioniert als die graue Masse eines Durchschnittsmenschen - nur wie ?
Sie untersuchten u.a. die sogenannte ´binokulare Rivalität´ - heißt auf deutsch, unser Gehirn verschmilzt die visuellen Wahrnehmungen beider Augen zu einem Gesamtbild, so daß wir es als ganzes wahrnehmen. Die Aufnahmen rechts und links fügen sich nahtlos ineinander, da beide Augen dieselbe Szenerie betrachten. Aber was passiert, wenn durch eine geeignete Vorrichtung jedes Auge ein anderes Bild erhält ? Da wir nicht beide Alternativen gleichzeitig sehen können, löst das Gehirn es diplomatisch, es entscheidet sich erst für eines und dann nach einigen Sekunden für das andere Bild, um dann wieder umzuschalten, tack, tack, tack usw.
Um den Beitrag nun nicht ins Unendliche auszudehnen, es war natürlich erwartungsgemäß erstaunlich, was bei unterschiedlichen Meditationstechniken und unterschiedlichen Meßtechniken wie MRT, EEG bei den Mönchen im Gegensatz zu den herangezogenen nicht praktizierenden Probanden zu erkennen war. Die Probanden brachten es im Schnitt auf 2,6 sec. - einige Mönche konnten das Bild über 5 Minuten stabil halten ! Außerdem zeigte sich anhand der Erregungsmuster, daß sie negative Emotionen wesentlich besser überwinden konnten u.a.m.
Entscheidend war hier auch, welche Med.-Art praktiziert wurde. Das konzentrierte Halten eines Bildes im Frontallappen erwähnte ich bereits an anderer Stelle und war eine Form. Es gab noch andere. Die Hypothese der Wissenschaftler: Meditation vermag die Aktivität des Gehirns dauerhaft zu verändern. Wir werden sehen, was sich da noch entwickelt.
Mein kurzes Fazit dazu:
Offen sein für Neues - oder das Unbekannte bekannt machen. Lernen, lernen, lernen und nicht nur intellektuell analysierend, sondern wie vielleicht auch am Beispiel der Mönche zu sehen ist, durch Erfahrungen, die bisher keinen Raum hatten welche zu werden.
Wie sagte Einstein in etwa: " Das Gros der Bevölkerung nutzt ca. 5 -6 % des Gehirnes, ich nutze etwa 7 %. "
(Ich weiß, wir sind schon wieder weiter, das gilt nicht mehr so eindeutig ....)
Und um auf meine Überschrift zu kommen:
Es könnte Sinn machen, die eigenen Wahrnehmungen und Wahrheiten auch dann und wann einmal in Frage zu stellen. Möglicherweise, um wieder auf dasselbe Ergebnis zu kommen, aber möglicherweise ändert sich auch der Blickwinkel hier und da.
In diesem Sinne
herzliche Grüße shamiradin
das Thema `gefühlte Wahrheit´ ist ja in diesem Forum nun doch sehr häufig genannt und erwähnt worden. Das eine eigens erfahrene ´Wahrheit´ immer subjektiv ist, ich glaube, da sind sich bisher alle hier einig gewesen.
Dennoch möchte ich heute einige Gründe nennen, warum es mitunter doch Sinn machen kann, für sich selbst die sogenannte ´gefühlte Wahrheit´ auch einmal in Frage zu stellen.
Dazu ein kleiner Ausflug - reduzieren wir mal die Gefühle auf das, was sie sind:
- chemische Reaktionen im Körper, die aufgrund von Sinnesreizen (aufgenommen durch Augen, Nase, Ohren etc.) unablässig gesammelt und an das Gehirn weitergegeben werden. (kurz an die Wissenschaftler unter Euch, ich wollte jetzt nicht auf Rezeptoren, Liganden, Moleküle, auf Hormone und Botenstoffe, auf Endorphine, Serotonin, Melatonin und auch nicht auf die Areale des Gehirnes, auf neurochemische und elektrophysiologische Prozesse im Detail eingehen, ja ?
Das Gehirn gleicht ständig ab zwischen neuen Eindrücken und bereits gemachten Erfahrungen, sortiert, ordnet ein und bewertet unmittelbar. An den Kontaktstellen des Neuronetzes laufen eine Vielzahl eben dieser neurochemischen und elektrophysiologischen Prozesse ab. Schließlich folgt am Ende der Reizverarbeitungskette ein Impuls für ein bestimmtes Verhalten und es gibt eine ´Antwort in Form eines Gefühls` - Zorn, Ekel, Freude, Furcht o.a.
Das heißt also, wenn wir reagieren oder handeln, dann deshalb, weil bestimmte Nervenzellen auf eine bestimmte (erworbene) Art und Weise miteinander verknüpft oder ´verdrahtet´ sind.
Auch bedeutet es, daß unsere Handlungsweise in gewisser Hinsicht sogar ´vorhersagbar´ ist. Das Gehirn sucht immer nach bekannten Erfahrungen, um danach einen Impuls für dieses oder jenes Verhalten zu geben.
An diesem Punkt stellt sich mir dann die Frage:
*Beruhen meine `Erkenntnisse´ und ´Wahrheiten´ letztlich nicht nur auf bereits gemachten, bekannten und akzeptierten Erfahrungen der Vergangenheit ? Wo bleibt der Raum für Neues ?*
Seit einiger Zeit ist es jedoch bekannt, daß das Gehirn nicht nur plastisch, also veränderbar, ist, sondern zudem auch noch über ein ganzes Lager von neuralen Ersatzzellen in einem Bereich des Hirnes, im Hippocampus, verfügt. Diese Zellen verfügen über die Fähigkeit in bestimmte Hirnareale ´auszuwandern´ und sich je nachdem, zu regionsspezifischen Neuronen zu entwickeln.
Was heißt, daß die synaptische `Verdrahtung´ nicht endgültig festgelegt ist, was lange Zeit die gängige Lehrmeinung war. (!) Und es bedeutet, daß das Gehirn auch bis ins hohe Alter in der Lage ist, die Struktur der Nervenverbindungen zu verändern, also neue Dendriten und neue Synapsen zu bilden. Dies ist abhängig von der Beanspruchung der beteiligten Zentren.
Alle diese Prozesse werden durch Lernprozesse gefördert, durch jede Aktivität, in der das Gehirn Neues lernt.
Aber es tut sich auch etwas, und da fangen die Wissenschaftler gerade erst richtig an zu forschen, bei der Untersuchung von mentalen Praktiken, wie z.B. der Meditation. Es scheint nach einigen Tests an tibetischen Mönchen so, daß das Denkorgan meditierender Buddhisten (die waren es in diesem Fall) anders funktioniert als die graue Masse eines Durchschnittsmenschen - nur wie ?
Sie untersuchten u.a. die sogenannte ´binokulare Rivalität´ - heißt auf deutsch, unser Gehirn verschmilzt die visuellen Wahrnehmungen beider Augen zu einem Gesamtbild, so daß wir es als ganzes wahrnehmen. Die Aufnahmen rechts und links fügen sich nahtlos ineinander, da beide Augen dieselbe Szenerie betrachten. Aber was passiert, wenn durch eine geeignete Vorrichtung jedes Auge ein anderes Bild erhält ? Da wir nicht beide Alternativen gleichzeitig sehen können, löst das Gehirn es diplomatisch, es entscheidet sich erst für eines und dann nach einigen Sekunden für das andere Bild, um dann wieder umzuschalten, tack, tack, tack usw.
Um den Beitrag nun nicht ins Unendliche auszudehnen, es war natürlich erwartungsgemäß erstaunlich, was bei unterschiedlichen Meditationstechniken und unterschiedlichen Meßtechniken wie MRT, EEG bei den Mönchen im Gegensatz zu den herangezogenen nicht praktizierenden Probanden zu erkennen war. Die Probanden brachten es im Schnitt auf 2,6 sec. - einige Mönche konnten das Bild über 5 Minuten stabil halten ! Außerdem zeigte sich anhand der Erregungsmuster, daß sie negative Emotionen wesentlich besser überwinden konnten u.a.m.
Entscheidend war hier auch, welche Med.-Art praktiziert wurde. Das konzentrierte Halten eines Bildes im Frontallappen erwähnte ich bereits an anderer Stelle und war eine Form. Es gab noch andere. Die Hypothese der Wissenschaftler: Meditation vermag die Aktivität des Gehirns dauerhaft zu verändern. Wir werden sehen, was sich da noch entwickelt.
Mein kurzes Fazit dazu:
Offen sein für Neues - oder das Unbekannte bekannt machen. Lernen, lernen, lernen und nicht nur intellektuell analysierend, sondern wie vielleicht auch am Beispiel der Mönche zu sehen ist, durch Erfahrungen, die bisher keinen Raum hatten welche zu werden.
Wie sagte Einstein in etwa: " Das Gros der Bevölkerung nutzt ca. 5 -6 % des Gehirnes, ich nutze etwa 7 %. "
Und um auf meine Überschrift zu kommen:
Es könnte Sinn machen, die eigenen Wahrnehmungen und Wahrheiten auch dann und wann einmal in Frage zu stellen. Möglicherweise, um wieder auf dasselbe Ergebnis zu kommen, aber möglicherweise ändert sich auch der Blickwinkel hier und da.
In diesem Sinne
herzliche Grüße shamiradin