Der Schleier existierte bereits vor dem Islam. Der Schleier wurde, als Kleidungsstück welches Teile des Kopfes oder Gesichtes bedeckt, zuerst vor mehr als 5000 Jahren getragen. Nach Meinung von Dr. Muazzez Cig, einem bekannten türkischen Archäologen, der sich auf die antike sumerische Zivilisation spezialisiert hat, wurden Schleier zuerst von sumerischen Tempelpriesterinnen verwendet, deren Aufgabe es war, junge Männer in die Welt des Sex einzuführen.
Im 13. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung hatten assyrische Könige sowohl die Abschottung von Frauen im königlichen Harem als auch den Schleier eingeführt. Aus dem vor-islamischen Persien gibt es schriftliche Nachweise verschleierter Frauen (die oft mit wohlhabenden Männern verheiratet waren). Im vor-islamischen Arabien wurde der Schleier als Schutz für das Gesicht vor den Sandstürmen der Wüste getragen. Im Judaismus wie auch im Christentum wurde der Schleier einst mit Bescheidenheit und Besitz assoziiert (die Definition sowohl von Bescheidenheit als auch Besitz veränderte sich mit der Zeit). In Indien vor ca. 2000 Jahren führten einige HinduStämme den Schleier ein, um die Bescheidenheit und Ehre ihrer Frauen zu bewahren. Die indischen Rajputes, ein Hindu -Stamm, bestehen immer noch strikt auf dem Schleier und die komplette Segregation der weiblichen Stammesangehörigen. Es ist eine historische Tatsache, dass der Schleier eine Tradition ist und keine religiöse Pflicht - eine jahrhundertealte Stammestradition, auch aus feudalistischen Zeiten, die nun zu einem Teil der Religion geworden ist.
Es gab keinen besonderen Dresscode während der Zeit der Propheten des Islam. Die Gründer des Islam verlangten niemals von muslimischen Frauen, sich im Stil der AfghanInnen oder Saudis zu verhüllen - von Kopf bis Fuß in einer Burka oder anderen Burka- ähnlichen Kleidung. Von 632 bis 661 verbreitete sich der Islam nach Basra, Syrien, Bahrain, Oman, Jemen, Ägypten, Jerusalem, Algerien, Libyen, Marokko, Sudan, Zypern und Tunesien, und immer noch gab es keine Kleidungsvorschriften für muslimische Frauen. Als der Islam sich außerhalb seiner Geburtsstätte verbreitete, nahmen einige frühe MuslimInnen regionale Praktiken an, inklusive der Verschleierung. Während sowohl der Umayyad- als auch der Abbasid-Dynastien (während dieser Zeit wurden feudalistische Beziehungen voll etabliert) , einer Zeitspanne von fast 600 Jahren, war nur für einen Teil der muslimischen städtischen Klassen die Verschleierung eine Option, oder die Isolation von Frauen in der Gesellschaft oder beides, meist als Statussymbol, das veranschaulichen sollte, dass Frauen der Familie nicht zu arbeiten brauchten. Durch die gesamte islamische Geschichte verschleierten sich die ländlichen und nomadischen muslimischen Frauen, eine Mehrheit unter den muslimischen Frauen, nicht.
Mitte des 18. Jahrhunderts setzte sich Muhammad ibn Abd al Wahab, ein arabischer Theologe, das Ziel, den Islam nach seinen eigenen Vorstellungen zu färben. Seine prinzipieller Idee war, Muslime hätten den Islam Jahrhunderte lang missverstanden. Muhammad Ibn Abd al Wahab und Muhammad Ibn Saud kamen überein, die islamische Interpretation und die politische Verwaltung unter ihnen beiden aufzuteilen und darüber ihre Herrschaft zu installieren. Seitdem kamen die politischen Herrscher Saudi Arabiens aus dem Hause der Ibn Saud während die Großmuftis (religiöse Kleriker, die das Recht auf die Interpretation der Religion haben) aus dem Hause der Ibn Wahab.
Saudische Herrscher und Großmuftis zahlten Milliarden von Dollar, um die Lehren des Ibn Wahab in muslimische Gesellschaften zu verbreiten (welche die gravierende Diskriminierung von Frauen im Bezug auf Bildung, Arbeit und Rechtsprechung beinhalteten). Saudischen Frauen ist es nicht erlaubt, einen Wagen zu fahren und die Religionspolizei erzwingt einen strikten Dresscode: Gesichtschleier, Kopftuch und einen Ganzkörperumhang in Schwarz. Alles Bräuche, die nichts mit Religion zu tun haben.
Ab der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts argumentierten einige muslimische Intellektuelle, dass die Interpretationen des Koran im Bezug auf Polygamie und Schleiertragen nichts mit dem Islam zu tun haben. 1923 lehnten türkische Intellektuelle den Schleier ab. Im selben Jahr fand eine öffentliche Entschleierung im Libanon, in Syrien und Tunesien statt. Reza Pahlvi brachte eine Proklamation heraus (Iran 1925-1941), die den Schleier verurteilte. Am 3. November 2006 verbot der Oberste Richter des Peshawar High Court weiblichen Anwälten das Tragen des Schleiers.
Der Schleier war in den sechziger und siebziger Jahren kein Thema gewesen, aber dann in den Achtzigern und Neunzigern. Die Frage des Schleiers erlebte ihr Comeback mit dem Aufstieg des Islamischen Fundamentalismus, der ein reaktionäres Phänomen ist. Immer noch trägt eine Mehrheit der 700 Millionen muslimischer Frauen keine Vollverschleierung.