Brief an dich vor den Ferien! An mein Seelchen.
Nun ist es bald wieder so weit, du wirst mit deiner Familie in Urlaub fahren und ich wohl auch. Obwohl letzteres mir gar nicht so recht ist. Wegen meinem Papa. Die Sorge um meine Eltern ist sehr groß. Aber sie sagen alle: Du brauchst mal Tapetenwechsel. Vielleicht haben sie da recht. Zuletzt habe ich Urlaub gemacht, bevor wir uns persönlich kennenlernten. Du und ich.
Ich weiß, es ist dir sicher unangenehm, dass ich den Streit (und den Grund dafür) mitbekommen habe. Das muss es aber nicht. Ich weiß schon lange, dass du oft in der Nähe bist. Manchmal sehe ich dich, manchmal weiß es mein Gefühl.
Aber ich will dir etwas sagen… Nie war mir das unangenehm. Ein Außenstehender würde sagen: ihr zwei seid echt Psychos. Mag sein. Denn auch ich mag ja deine Nähe und vermisse es, wenn du nicht irgendwo vermeintlich verborgen, irgendwo bist. Du hast mir von der ersten Sekunde an das Gefühl gegeben, auf mich aufzupassen. Nicht umsonst dein Geschenk mit dem Schutzengelbuch. Das hatte schon seinen Hintergrund.
Wenn deine Frau dir wieder irgendwas unterstellt (ich hab das nicht nur einmal mitbekommen), dann erinnere dich bitte daran, welches Versprechen du meiner Tochter und später auch mir gegeben hast: „ich werde immer auf dich aufpassen!“ Weißt du noch? Es nicht gerechtfertigt, was sie tut. Denn im Gegensatz zu mir, darf sie immer offiziell bei dir sein. Sie hat alles, könnte mit ein bisschen Liebe und Vertrauen alles haben. Sie hat vor vielen Jahren ein anderes Versprechen von dir bekommen. Eines welches für dich eben auch Gewicht hat.
Ja, es gab diese Situationen zwischen uns, in diesem einen Jahr, die wir aber im Griff hatten. Da sagst du so etwas komisches wie: „Wenn ich du wäre, würde ich umziehen.“ Und gleichzeitig saßen wir plötzlich Nase an Nase. Es war noch ein winziger Schritt. Aber keiner von uns hat dem nachgegeben, diesen Kuss vor der Zielgeraden gestoppt. Weißt du noch, auf dem Geburtstag meines Sohnes? Weil man uns eben vertrauen kann, nicht wahr? Wir sind Menschen, die darüber nachdenken, was sie tun.
Sag mir… Wie wäre das alles verlaufen, wenn einer von uns nachgegeben hätte? Für diesen kleinen, gestohlenen Moment? Das frage ich mich oft.
Denn alles was danach geschah, kommt mir bis jetzt noch wie ein einziger Albtraum vor. Irgendwie warst das nicht mehr du. Dein ganzes Verhalten. Und doch… Dieser Kontakt ist geblieben. Und nachdem ich nun selbst mehrere Male versucht habe, ihn zu beenden, hab ich eingesehen, dass Liebe bleibt und nicht auf Äußerlichkeiten schaut. Was bleibt, sind diese kleinen Momente, die ich sehr wohl bemerke. Und ich genieße den Moment, wenn du wieder mal mit hochrotem Kopf hochschiesst, wenn ich dich ertappt habe. Einfach nur, weil ich dann weiß: alles ist noch gut…
Wenn du alleine bist, dann ist es doch okay. Doch lieber wäre mir, wenn wir wieder an einen gemeinsamen Punkt finden könnten. Der Moment in dem du hier warst, Tee getrunken hast. An dem dir aufgefallen ist, dass mein Mann eben auch mein Ehemann ist und du nicht wusstest, dass ich diese Dinge für seinen Geburtstag vorbereitet habe. Ich verstehe erst jetzt, was dieses „Warum steht da Ikea drauf. Sag mir warum?“ Du wusstest es. Was es bedeutetet. Aber er ist eben auch mein Mann, den ich anders lieb habe und den auch seine Kinder lieb haben. Genauso wie deine Kinder dich lieb haben. Tja, sie können uns eben vertrauen, dass wir alles für die Familie tun. Du und ich. Jeder für sich.
Trotzdem: ich liebe dich. Auch wenn ich es dir nicht mehr persönlich sagen kann. Wahrscheinlich nie. Damit habe ich mich abgefunden und leb die gestohlenen Begegnungen mit dir. Wie du doch auch, nicht wahr?
Ich hoffe, dich noch mal sehen zu können. Ich hoffe es sehr. Vorher. Denn die Ferien sind lang. Falls nicht, wünsche ich dir von Herzen (und ohne Groll) eine gute Zeit und ja, mit der Hoffnung, dass durch das Bestehen dieser nicht kaputtbaren Verbindung, doch noch irgendwie ein Neuanfang möglich wäre.
Wie hast du geschrieben? Du hoffst, dass wir uns irgendwann wieder in die Augen sehen können? Ja… Das hoffe ich auch. Und ich vermisse die wunderschönen Gespräche mit dir. Immer noch. Komm, trau dich, vertrau uns, dass wir die richtige Kurve schaffen. Aber der Schritt darf nicht von mir aus kommen. Ich… Ich bin einfach nur da. Und bleibe auch.
Pass auf dich auf!