Wichtig scheint mir weiter der Hinweis Fromms auf das Verhältnis von erotischer Liebe
und Sexualität zu sein. Sexuelle Begierde strebt nach Vereinigung und ist deshalb ein Element
der erotischen Liebe. Aber - so sagt Fromm - sexuelle Begierde kann sich auch mit allen
möglichen anderen Bedürfnissen oder Emotionen verbinden: mit der Angst vor dem Alleinsein,
dem Wunsch zu erobern oder sich erobern zu lassen, mit Eitelkeit, ja auch mit aggressiven,
zerstörerischen Impulsen. Hinzufügen wäre aus meiner Erfahrung noch: sexuelles
Begehren kann sich auch mit dem Wunsch verbinden, sich wie ein Kind mütterlich versorgen,
oder mit dem Bedürfnis, sich in seiner unsicheren Männlichkeit oder Weiblichkeit bestätigen
zu lassen. Sexuelles Begehren muss also keineswegs immer mit Liebe zu tun haben.
Fromm gibt auch ein klares Kriterium dafür an, woran erkennbar und spürbar ist, dass das
körperliche Vereinigung etwas mit Liebe zu tun hat. Das körperliche Verlangen ist dann, so
sagt er, ohne Gier, es ist ohne den Wunsch zu erobern und sich erobern zu lassen, und positiv
ausgedrückt: es ist dann voll Zärtlichkeit.