Erster Chor:
Die Seraphim. Sie haben sechs Flügel und glühen vom Feuer ekstatischer Liebe zu Gott, die sie unablässig " Heilig, heilig, heilig" singen lässt. Obwohl sie das höchste Wissen besitzen, ist das Eigentümliche an ihnen jedoch ihr Lieben.
Zweiter Chor:
Die Cherubim. Sie haben die Fähigkeit, Gott zu sehen und zu erkennen und ihre Weisheit weiterzugeben. So sind sie Spender von Wissen. Während die Seraphim die "Vielflügeligen " sind, sind die Cherubim die "Vieläugigen" , weil sie Gott, das erste Prinzip allen Wissens, unmittelbar schauen.
Dritter Chor:
Die Throne. Wir wissen von ihnen aus der Schrift nichts als den hebräischen Namen " ophanim". Man könnte an den Widerschein der Gerechtigkeit Gottes denken, die im Bild des herrscherlichen Throns zum Ausdruck kommt. So bringen sie Gottes Gerechtigkeit zu den Menschen
Vierter Chor:
Die Herrschaften. Sie regeln die Pflichten der unter ihnen stehenden Engelklassen, gehören damit noch nicht zu den eigentlichen Engeln des Dienstes, sondern übernehmen in eigenständiger Führerschaft die göttlichen Pläne, ohne dabei selbst Hand anzulegen.
Fünfter Chor:
Die Kräfte oder Mächte. Sie kümmern sich um die Ausführung der Pläne der Vorsehung. Ihnen dürfte auch die Bewegung der Himmelskörper und die Vermittlung von Energie an die Naturkräfte anvertraut sein. Zu ihnen scheinen jene Engel zu gehören, welche über die rein körperlichen Dinge gesetzt sind. Durch ihre Dienste geschehen auch die Wunder, und sie schenken Anmut und Furchtlosigkeit.
Sechster Chor
Die Gewalten.
Sie sind voll dynamischer Energie und sorgen dafür, dass die Pläne der göttlichen Vorsehung ungehindert zur Ausführung kommen. Durch ihren unerschütterlichen Mut in allem, was sie vollbringen, weisen sie auf Gott hin, die Quelle aller Kraft. Dionysios meint, ihrem Widerstand sei es zu verdanken, dass die Dämonen nicht längst die Welt beherrschen.
Siebter Chor:
Die Fürstentümer. In ihrer Obhut stehen die Völker und großen Städte auf Erden. Sie bewirken das Entstehen politischer Reiche und den Übergang von einem Reich zum anderen. Durch ihre Führungskraft geben sie ein Beispiel für ein Regierungshandeln nach den höchsten Prinzipien, und sie instruieren die menschlichen Herrscher über die rechte Regierung.
Achter Chor
Die Erzengel. Nach Dionys sind sie die Boten, welche die göttlichen Beschlüsse übermitteln. So gelten sie als die wichtigsten Vermittler zwischen Gott und jenen Menschen, die für das Wohl vieler verantwortlich sind.
Neunter Chor:
Die Engel. Sie sind den Menschen am nächsten und Übermitteln jedem einzelnen, ob hoch oder niedrig, Erleuchtung und Weisheit. Zusammen mit den Erzengeln sind sie auch die Wächter über alle physischen Dinge.
Nach der Ansicht von Hildegad v. Bingen:
Darauf sah ich in der Erhabenheit der himmlischen Geheimnisse zwei Chöre überirdischer Geister in großem Glanz erstrahlen Im ersten Chor hatten sie Flügel an der Brust und menschlich Antlitze, in denen sich, wie in klarem Wasser, Menschengesichter spiegelten. Im zweiten Chor hatten sie gleichfalls Flügel an der Brust und Menschenantlitze, in denen auch das Bild des Menschensohnes wie in einem Spiegel aufleuchtete. Doch konnte ich in keinem der beiden Chöre mehr von ihrer Gestalt erkennen. Diese Chöre aber umgaben wie ein Kranz fünf weitere Chöre. Im ersten Chor trugen die Geister ein Menschenantlitz und funkelten von der Schulter abwärts in hellem Glanz; im zweiten Chor zeigten sie sich von solcher Herrlichkeit, dass ich sie nicht anzuschauen vermochte. Im dritten erschienen sie wie weißer Marmor, hatten menschliche Häupter, über denen sich brennende Fackeln zeigten, und unterhalb der Schulter waren sie von einer eisenfarbenen Wolke umgeben. Im vierten Chor hatten sie ein menschliches Antlitz und Menschenfüße. Auf dem Kopf trugen sie einen Helm und waren mit einem marmorschimmernden Gewand bekleidet. Im fünften Chur hatten sie keine Menschengestalt und leuchteten wie Morgenrot. Mehr konnte ich von ihrer Gestalt nicht erkennen. Doch auch diese Chöre wurden in Kranzform von zwei weiteren umgeben. In dem einen erschienen die Geister voller Augen und Flügel, hatten in jedem Auge einen Spiegel, in dem ein Menschenantlitz aufleuchtete, und erhoben ihre Flügel gleichsam zum Emporschwingen in himmlische Höhen. Im anderen Chor brannten sie wie Feuer und hatten viele Flügel, auf denen wie in einem Spiegel alle Ränge der kirchlichen Stände zu erkennen waren. Doch mehr konnte ich weder da noch dort unterscheiden Und all diese Chöre verkündeten mit wunderbaren Stimmen jeder Art von Wohlklang die Wunder, die Gott in den Seelen der Seligen wirkt, und sie verherrlichten Gott auf erhabene Weise.
Und ich hörte eine Stimme vorn Himmel zu mir sprechen.
1) Dass Gott seine Schöpfung wunderbar begründet und eingerichtet hat
Der allmächtige und unaussprechliche Gott, der vor aller Zeit war, doch ohne Anfang ist und am Ende der Zeiten nicht aufhören wird zu sein, hat jedes Geschöpf wunderbar nach seinem Willen geschaffen und wunderbar nach seinem Willen ausgestattet. Wie? Er bestimmte, dass die einen der Erde verhaftet sind, die andern aber dem Himmel angehören. Er berief die seligen himmlischen Geister sowohl zum Heil der Menschen als auch zur Ehre seines Namens. Wieso? Er bestimmte nämlich die einen dazu, den Menschen in ihren Nöten zu Hilfe zu kommen, die anderen aber, den Menschen seine geheimen Urteile kundzutun.
Deshalb siehst du in der Erhabenheit der himmlischen Geheimnisse zwei Chöre überirdischer Geister in großem Glanz erstrahlen: Denn so wird es dir in dieser erhabenen Verborgenheit, die kein menschlicher Blick, sondern nur das innere Auge des Menschen durchdringt, gezeigt. Die zwei Scharen deuten an, dass Leib und Seele des Menschen Gott dienen sollen, bei dem ihnen mit allen Himmelsbürgern das Licht der ewigen Seligkeit leuchtet.
3. Vom Aussehen der Erzengel und seiner Bedeutung
Deshalb haben sie im zweiten Chor gleichfalls Flügel an der Brust und Menschantlitze, in denen auch das Bild des Menschensohnes wie in einem Spiegel aufleuchtet. Das sind die Erzengel; auch sie achten im Verlangen nach Einsicht auf den Willen Gottes und offenbaren an sich die Schönheit der Vernunft. Sie verherrlichen das fleischgewordene Wort Gottes auf lauterste Weise; denn in Erkenntnis der geheimen Ratschlüsse Gottes kündigten sie oft die Geheimnisse der Menschwerdung des Gottessohnes mit ihren Zeichen an.
Doch kannst du an keinem der beiden Chöre mehr von ihrer Gestalt erkennen. Denn in den Engeln und Erzengeln sind viele verborgene Geheimnisse, die der menschliche Verstand unter dem Gewicht des sterblichen Leibes nicht begreifen kann. Dass aber diese Chöre fünf weitere wie ein Kranz umgeben, bedeutet: Die fünf Sinne umfassen Leib und Seele des Menschen mit ihrer gewaltigen Stärke. Sie sollen - durch die fünf Wunden meines Sohnes gereinigt - geradewegs zum inneren Sinn der Gebote führen.
5. Vom Aussehen der Mächte und seiner Bedeutung
Im zweiten Chor zeigen sie sich von solcher Herrlichkeit, daß du sie nicht anzuschauen vermagst. Es sind die Mächte; sie deuten an, daß die Ohnmacht sterblicher Sünder die Ruhe und Schönheit der Macht Gottes nicht angreifen noch sich mit ihr messen kann, weil Gottes Macht unvergänglich ist.
7. Vom Aussehen der Herrschaften und seiner Bedeutung
Im vierten Chor haben sie ein menschliches Antlitz und Menschenfüße. Auf dem Kopf tragen sie einen Helm und sind mit einem marmorschimmernden Gewand bekleidet. Es sind die Herrschaften; sie zeigen an, dass Er, der alles beherrscht, die menschliche Vernunft, die vom irdischen (humano = menschlich erdlichen) Staub beschmutzt darniedergelegen hatte, vom Boden zum Himmel erhob, als er seinen Sohn auf die Erde sandte, der in seiner Aufrichtigkeit dem alten Verführer niedertrat; so mögen die Gläubigen ihn, ihr Haupt, getreulich nachahmen, ihre Hoffnung auf das Himmlische setzen und sich im großem Verlangen nach guten Werken festigen.
9. Vom Aussehen der Cherubim und seiner Bedeutung
Deshalb erscheinen in dem einen Chor die Geister voller Augen und Flügel und haben in jedem Auge einen Spiegel, in dem ein Menschenantlitz aufleuchtet. und sie erheben ihre Flügel gleichsam zum Emporschwingen in himmlische Höhen. Denn die Cherubim bezeichnen die Gotteserkenntnis, in der sie die verborgenen himmlischen Geheimnisse wahrnehmen und von Gott wohlgefälligem Verlangen beseelt sind (exspirant). So sehen sie durch sie in ihrer tiefen Einsicht mit reinem, durchdringendem Blick bereits jene Menschen wunderbar voraus, die den wahren Gott erkennen. Diese richten die Absicht ihres verlangenden Herzens wie Flügel empor, um sich in Güte und Gerechtigkeit zu dem aufzuschwingen, der über allen steht, und mehr das Ewige zu lieben als das Vergängliche zu erstreben. Das zeigen sie auch dadurch, dass sich ihr Verlangen erhebt.
12. Der Psalmist darüber
,,Die Stimme des Jubels und des Glücks ertönt in den Zelten der Gerechten" (Ps. 117,15). Das heißt: Den Klang der Freude und des Glücks darüber, dass das Fleisch überwunden ist und der Geist sich zum unvergänglichen Heil erhebt, vernimmt man in der Wohnung derer, die die Ungerechtigkeit abtun und Gerechtigkeit üben. Sie könnten auf die Einflüsterung des Teufels (eingehen und) Böses tun, doch auf göttliche Eingebung vollbringen sie das Gute. Was bedeutet das? Oft zeigt der Mensch unangebrachtes Frohlocken, wenn er eine Sünde vollbracht hat, nach der es ihn unziemlicherweise gelüstete. Doch es erwächst ihm kein Heil daraus, weil er etwas tat, was dem göttlichen Gebot zuwiderläuft. Einen Freudentanz aus Seligkeit über das wahre Heil jedoch wird jener aufführen, der das Gute, nach dem er glühend verlangte, eifrig vollbringt und, solange er in diesem Leibe lebt, die Wohnung derer liebt, die den Weg der Wahrheit liefen und den Irrtum der Lüge mieden.
Wer immer Erkenntnis im Heiligen Geist und die Flügel des Glaubt besitzt, übergehe daher meine Mahnungen nicht, sondern sein Herz verkoste sie und nehme sie liebend gern entgegen.
g. G.