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Marcellina
Guest
Erst heute habe ich den gesamten Faden durchgelesen.
Antisemetismus hin und her. In meiner Familie tragen einige die Kipa täglich und andere nicht, einige sind ultraorthodox und andere wollen nichts mit Religion zu tun haben.
Selbst bin ich als Jude aktiv Gemeinsamkeiten mit anderen anzubieten und einige gehen darauf ein und andere lehnen dies ab.
Selbst als Jude nenne ich möglichst wenig Antisemitisch und Rassistisch, denn für mich wäre es zu leichtfertig zu schnell alles da hinein zu schieben.
Die Schwester meiner Großmutter ist eine Überlebende und sie spricht gerne mit Österreichern, Deutschen und Schweizern und sagt zu den jungen Leuten, wenn diese mit Mitleit auf sie zugehen, „Kommt Kinderchen, macht mich nicht zum zweiten Mal zu einem Opferchen, das eine war schlim genug, und heute will ich keines mehr sein, selbst im Bedauern nicht. Kommt Kinderchen, lasst uns was Neues machen und nichts altes wiederholen.“ So ähnlich spricht sie heute noch.
Ich selbst begleite eine 92 Jährige Deutsche mit Nazigeschichte und sie weinte da ihr ein Jude beisteht. Selbst sagte ich ihr, sie möge weinen, aber bitte nicht lange, denn es gibt Neues was wir machen könnten. Auf ihre Frage hin, luden wir eine 19 Jährige Syrerin zum Tee ein. Diese hat ein Baby und wir sprachen nicht über altes Leid, sondern von der Zukunft.
Das Alte nicht vergessend, aber nicht daraus eine Lastmoral machend, sondern nur altes übles möglichst nicht wiederholend und somit jeden mit Kipa, oder Kopftuch, und natürlich auch ohne Kopfbedeckung als einen Menschen zu begegnen, wie eben von Mensch zu Mensch. Keiner ist auf der Erde in einem Land Gast und geduldet, sondern immer Zuhause. Man darf dies schlicht nur zulassen.
Furcht vor dem Fremden ist natürlich, mit dem Fremden sprechen oft eher selten, wenn dann aber mit ihnen gesprochen wird löst sich oft die Furcht und Fremde auf, entwickelt sich oft, nicht immer, zu Interesse.
Selbst arbeite ich daran, dass wir möglichst gemeinsam leben und lieb z.B. Brasilien, wo Hautfarbe und Herkunft fast bedeutungslos sind. Dort ist nur Politik und die Schere zwischen arm und reich, zwischen demokratisch und kriminell viel zu groß, aber Rassissmus gibt es dort, meiner Erfahrung entsprechend, weniger, auch nicht zwischen den Ureinwohnern und den Dazugewanderten und Dorthinverschleppten fast nicht.
Meiner Meinung und Erfahrung nach geht es, dass wir alle gemeinsam leben könnten und da ist gegenseitige Kritik wichtig, und das Finden von Gemeinsamkeiten und das Entwickeln von gegenseitigem Vertrauen noch wichtiger.
das, was Du beschreibst ist Lebenshaltung - in diesem Sinne lebe ich auch.
Unter dem Motto, wenn Morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Bäumchen in die Erde setzen oder wie ich aus den Berichten* der KZ-Überlebenden gelernt habe, mir etwas Neues aneignen (*Menschen tauschten ihr Wissen untereinander aus...).