Ein längst fälliges Zeichen!

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Hallo Nehemoth,

Hallo Shimon, ich halte es grundsätzlich für falsch, Taten bestimmten ideologischen Charakters einen Sonderstatus zu verleihen.

Ich nicht. Deine Begründung gefällt mir aber bis zu einem gewissen Punkt. Lass mich erläutern, ab wo ich mit Dir da anderer Meinung bin.

(...) Es muss alles dafür getan werden, dass Juden als ganz normale Menschen wahrgenommen werden, als Menschen wie du und ich, die sie ja zweifelsfrei sind!

Ich hoffe, ich habe den Kernsatz Deiner Argumentation richtig erkannt. Und bis zu diesem Satz kann ich Deine Gedanken wunderbar nachvollziehen und stimme Dir zu.

Dem arbeitet man aber entgegen, wenn man immer wieder den Antisemitismus besonders betont, anstatt sich ein für allemal gegen Hass und Gewalt auszusprechen, gleich gegen wen und gleich von welcher Seite.

Da stimme ich Dir nicht mehr zu.

Der Antisemitismus ist eine Form von Randgruppen-Hass, der in der deutschen Vergangenheit zu einem der schrecklichsten Verbrechen der Menschheit geführt hat.

Beispielsweise ein jüdisches Grab mit Hakenkreuzen zu beschmieren ist nicht nur Sachbeschädigung und Störung der Totenruhe, sondern es birgt zusätzlich noch Tolleranz, ja sogar Zustimmung, für dieses dunkle Kapitel der Geschichte.

Wenn hingegen der Grabstein meines Vaters mit einem unbekannten Symbol beschmiert würde, würde ich mich nur tierisch drüber ärgern, den Schaden Bezahlen lassen... wie gesagt: Sachbeschädigung und Störung der Totenruhe. Es würde "nur" einen mangelnden Respekt gegenüber meinem Vater (oder dem für den Täter unbekannten Toten) ausdrücken; kein Verbrechen würde tolleriert oder gar glorifiziert werden.

Ich sehe in diesen beiden Fällen schon einen großen Unterschied.

Natürlich sind weder Juden noch irgendwelche anderen Gruppierungen automatisch Heilige. Aber ihnen geschah etwas, was ich keinem Volk der Welt wünsche. Auch das macht sie nicht zu Heiligen, aber ich will das Gedenken daran aufrecht erhalten, gerade zur Mahnung gegen weiteren grundlosen Hass und Gewalt.

Viele Grüße
Joey
 
Ich weiß ja nicht, was Euch in der Schule erzählt wurde... aber mir wurde nichts erzählt, was mich in irgend einer Art schuldig fühlen lassen würde. Ich fühle mich nicht schuldig am Holocaust/der Shoa. Aber ich fühle mich mit dafür verantwortlich, die Erinnerung daran wachzuhalten.

Erinnerung sicherlich, es ist fester Bestandteil der Geschichte. Aber dann bitte auf geeignete Art und Weise. Ich hab es immer nur als langweiligen, immer gleihen Predigtkatalog erleben müssen und ehrlich gesagt stumpft das bloss ab, aber rüttelt nicht auf. Daher ja auch meine Aufregung über diese Betonklötze und mein Vorschlag, wie man es anders handhaben könnte.


Will Du denn sämtliche Hintergründe und Zusammenhänge verstehen? Du beschreibst, wie gesellschaftliche Verlierer in ihrer Unzufriedenheit sich den Neonazis anschließen. Das ist ein möglicher Mechanismus von vielen. Aber...

Nix aber. Das ist ein Mechanismus der in den zunehmend schlechteren Zeiten immer breitflächiger zum Tragen kommt und von der Politik nicht behoben wird.
Es ist natürlich NICHT der einzige, aber ein weit verbreiteter, ohne jeden Aufwand von jedem Hilfsdepp zu realisierender. Und genau das macht ihn so effizient und gefährlich.


woher kommen diese "hohen Tiere"? Und was überwiegt? Überwiegt das hirnlose schlagende "Kanonanfutter" oder sind es die klügeren "hohen Tiere"? Von ersteren hört man mehr... aber sind es auch mehr? Ich bezweifle es.
Ich habe auch keine Statistiken, gehe aber davon aus, das es wesentlich einfacher ist, das Kanonenfutter zu rekrutieren als einen etablierten Menschen, der ja auch einiges zu Verlieren hätte. Anders sieht es natürlich bei denen aus, die in den Strukturen klare Nutzniesser sind, was Geld und Macht angeht. Aktuell lässt sich ja eine Menge Kohle machen, indem man marode Immobilien über Wert kauft und die Antinazihysterie dann nutzt um zu propagieren, das dort dan nein Schulungszentrum entstehen soll. Bisher wurde jedes noch so brüchige Häuslein dann doch noch zum überhöhten Preis von den betroffenen Gemeinden gekauft, um nur ja kein Nazizentrum entstehen zu lassen. Entsprechende Überweisungen des Hausverkäufers an den angeblich kaufwilligen Braunen wurden schon nachgewiesen. Auch dort also ist so Einiges aus dem Gleichgewicht geraten und statt Denken regiert die Hysterie.



Nein. Ich halte dieses Bild von den wenigen "hohen Tieren" und den vielem Kanonenfutter nur für arg vereinfacht.
In Relation sind es nunmal wenige. Aber da stellt sich natürlich die Frage, wen man diesen Gruppierungen zuordnet, wo die Grenze ist.


Was die "Erbschuld" angeht, mal eine Art vereinfachtes Bild:

Angenommen Dein Vater hätte jemandem viel Geld gestohlen. Du bist aufgrund dieses Geldes immernoch reich. Es hat Dir vielleicht eine gute Ausbildung ermöglicht, Du bist in Wohlstand aufgewachsen etc. Dem Sohn des bestohlenen geht es nicht ganz so gut. Du hast an dem Diebstahl Deines Vaters nicht die geringste Schuld. Würdest Du Dich nicht dennoch dem Sohn des Bestohlenen in irgendeiner Art schuldig gegenüber fühlen? Würdest Du nicht versuchen wollen, das Unglück, was ihm wiederfahren ist, irgendwie wieder gutzumachen?
Erstens: mein Opa. Zweitens: eben nicht einer aus meiner Familie einem anderen Menschen sondern die Väter vieler Familien auf Befehl eines unmenschlichen Systems anderen Menschen. Keine persönliche Bereicherung, keine persönliche Bindung. Die sogenannte BRD ist ausserdem eben kein Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches. Dein Vergleich ist zwar in der Sache scheinbar passend, greift aber nicht auf eben der persönlichen Ebene, die Du mit ihm suggerierst.

Und nein, ich fühle mich nicht persönlich schuldig. Ich glaube weder an Karma noch an Erbsünde noch an "Volksschuld".
Es bleibt dann auch immer die Frage, ab wann denn mal diese Erbschuld verjährt sein soll. Im Falle USA hats ja nicht mal 5 Minuten lang gedauert.Auch die späteren Völkermorde anderer Staaten zählen irgendwie nicht als Grund für irgendwelche Denkmäler oder Zahlungen.
Wann also? Wieviel Jahre oder Generationen bezogen auf die Zahl der Mordopfer gelten da als Standard?
Ja, das ist verdammt kalt und zynisch. Wie alles, was damit zusammenhängt, aus Mordopfern noch Geld rauszupressen.


Dem jüdischen Volk (und nicht nur denen) ist weitaus mehr angetan worden, als ein Diebstahl. Da fände ich gewisse Reparationsforderungen oder eine Art "Schuldbewusstsein" durchaus gerechtfertigt.

Und genau das ist mein Punkt: UND NICHT NUR DENEN.
Also statt "wehret den Antisemiten" vielleicht endlich mal "wehret den Rassisten". Bewusstsein schaffen, wie solche Ausgrenzungen samt allen Folgen beginnen, nach welchen Strukturen und Alarmsignalen man suchen muss.

Ich in der dritten Generation nach dem Massenmord sehe mich nun mal nicht mehr als schuldig an, umso mehr als, wie bereits erwähnt, mein einer Opa schon 1938 im Osten fiel, und mein anderer wegen einer angeborenen Wirbelsäulenskolliose beinahe selbst als "unwertes Leben" ermordet worden wäre. Trotzdem wird auch von meinem Geld für das gezahlt, was die Vorfahren anderer Mitbürger getan haben.
Das soll gerecht sein?
 
gestern abend habe ich mir einen film - der stellvertreter - bei einer freundin angeschaut .. bei diesem film habe ich einfach weinen müssen .. ich weiss nicht, ich konnte mich nicht kontrollieren .. ich konnte es einfach nicht verstehen, wie man nur so ignorant und so unmenschlich sein kann?? .. ich weiss nicht, ich kann einfach nicht verstehen, wie man einfach alles vergessen kann/will?? .. ich kann einfach nicht verstehen, warum in aller welt haben manche leute es notwendig heute immer noch die bedeutung des antisemitismus zu relativieren?? .. man kann die botschaft zwischen einigen zeilen verstehen, welche manchen leute offenbar selbst nicht mal bewusst ist .. darum frage ich mich, wissen manche leute eigentlich wirklich, was sie wollen?? ..

lg
PT
 
Ich weiß ja nicht, was Euch in der Schule erzählt wurde... aber mir wurde nichts erzählt, was mich in irgend einer Art schuldig fühlen lassen würde.

Ich stimme Joey zu. Wem von den hier mitschreiben wurde auf irgendeine Art und Weise eingeredet schuldig zu sein? Durchforstet eure Erinnerungen, mistet euren Kopf aus. Es geht aber darum:

Ich fühle mich nicht schuldig am Holocaust/der Shoa. Aber ich fühle mich mit dafür verantwortlich, die Erinnerung daran wachzuhalten.

Nur wer sich an die Vergangenheit erinnert ist nicht dazu verdammt, die Fehler zu wiederholen. Wer das Vergessen predigt legt den Grundstein für die Schuld von morgen.
 
Ich stimme Joey zu. Wem von den hier mitschreiben wurde auf irgendeine Art und Weise eingeredet schuldig zu sein?

genau das wurde in diesem thread gemacht. und der entsprechende beitrag ist noch zu lesen....

aber lassen wir es gut sein...
ich habe kein interesse daran hier jemanden an den pranger zu stellen.
 
Shimon dürfte durch die Nazis draufgezahlt haben und deswegen schwelt in ihm ein fürchterlicher Hass. So ähnlich schaut es sich auch bei Sage an.

Ich kenne beide nicht persönlich, sehe aber keinen Hass sondern Konsequenz. Beide schiessen dabei für mich manchmal übers Ziel hinaus, aber immerhin sind ihre Ziele ehrenwert. Warum erkennst Du diese ehrenwerten Ziele nicht und siehst immer nur das Negative?

In anderen Zusammenhängen, wo es um ähnliche Themen gegangen ist, habe ich oft gesagt, dass das, was die Juden tun, indem sie allen ein schlechtes Gewissen machen

Es gibt nicht "die Juden".
Es gibt nicht "die Deutschen".
Es gibt Menschen.

Wenn es "die Deutschen" gäbe dann müsste ich Dir hier und jetzt vorwerfen "Die Deutschen sind unfähig aus der Vergangenheit zu lernen"

Und ich frage mich, wieso man das nicht verstehen will. Es ist psychologisch falsch, wenn man glaubt, jemanden durch Strafandrohung wegen einer schon längst vergangenen Sache, die man ja selber nicht begangen hat, zu einer ethisch wertvollen Handlung für den Hasser zu bringen.

Reden wir doch mal konkret statt immer nur herumzulabern. Was ist eigentlich unter Strafe gestellt? Sag mir das bitte und sag mir dann auch genau, gegen welchen dieser Punkte Du bist.
Ich will aber keine Behauptungen hören sondern ein Gesetz und warum Du gegen das Gesetz bist.

Man muss verzeihen und vergessen können. Anders wird es immer Unfrieden geben.

Verzeihen Ja.
Vergessen Nein.
 
Warum erkennst Du diese ehrenwerten Ziele nicht und siehst immer nur das Negative?

Warum erkennst du deren Selbstgerechtheit nicht und siehst immer nur das Positive?
Das ist Messen mit Zweierlei Maß.
Außerdem empfinde ich ich eva07s Sicht nicht als negativ, ich schätze sie realistisch ein.


Wenn es "die Deutschen" gäbe dann müsste ich Dir hier und jetzt vorwerfen "Die Deutschen sind unfähig aus der Vergangenheit zu lernen"

Das sind sie ganz bestimmt. Vor allem wenn sie sich die 3. Generation immer noch ein schlechtes Gewissen einimpfen lässt und man weiterhin reaktionär mit gutmenschlichem Gehabe alle Leute in eine rechte Ecke drängen will, die es wagen Israel zu kritisieren.
 
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ich denke, es kann nicht falsch sein, denkmäler wie die platten in berlin zu errichten und die erinnerung zu bewahren. entschädigungen für zwangsarbeit und enteignungen mögen auch noch angehen. aber da wird es schon komplizierter. aber was ich gar nicht verstehe ist, dass deutschland israel für NICHTS kritisieren darf, auch wenn die kritik angebracht erscheint.
lg
 
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