Joey
Sehr aktives Mitglied
Eine Forschungsgruppe unter der Leitung von Prof Dr. med. Joanna Moncrieff vom University College in London, unter Mitbeteiligung der ZHAW, hat nun die erste bereichsübergreifende systematische Literaturarbeit zur Serotoninhypothese der Depression veröffentlicht. Die Arbeit wurde in der führenden medizinischen Fachzeitschrift «Molecular Psychiatry» publiziert.
In ihrer Metastudie haben die Forschenden alle relevanten Forschungszweige berücksichtigt, darunter unter anderem genetische Studien zum Serotonintransporter, bildgebende neurobiologische Studien zu Serotoninrezeptoren, und Studien, die Serotonin in Körperflüssigkeiten gemessen haben (z. B. in der Cerebrospinalflüssigkeit). Über alle Forschungszweige hinweg fand sich keine zuverlässige wissenschaftliche Evidenz für die Serotoninhypothese. Im Gegenteil: Die Befunde deuten stark darauf hin, dass Serotonin in der Entstehung und Aufrechterhaltung der Depression keine bedeutsame Rolle spielt. Das heisst, bezüglich Serotonin-Konzentration oder -Aktivität unterscheiden sich Personen mit Depressionen nicht nachweislich von Personen ohne Depressionen.
Das ist ein interessantes Ergebnis. Aber was bedeutet das?
Hier redet Prof. Dr. Joanna Mocrieff selbst über ihre Ergebnisse:

How to take the news that depression has not been shown to be caused by a chemical imbalance
Summary TL;DR For decades people have been told that depression is caused by a serotonin deficiency. This was the rationale behind the introduction of the SSRI (Selective Serotonin Reuptake Inhibit…

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Zitat: Before I go further, for those who have not come across me before, I am a Professor at University College London and my longstanding interest is in understanding the nature and action of psychiatric drugs. I also work in the National Health Service as a consultant psychiatrist and have done so for 30 years or thereabouts. I see people with depression and occasionally prescribe drugs after careful consideration.
(...)
So what else could be producing this small difference between antidepressants and placebos, assuming it is not an artefact of the trial methods? Could antidepressants be working on some other brain chemical or pathway that produces depression? Theoretically they could be, but there is no agreement about what this might be and no consistent evidence to support alternative theories.
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Wie ich schon in diesem Thread schrieb: Die möglichen Ursachen von Depressionen sind vielfältig. Die ganze Lage ist zu komplex, um all das - und insbesondere auch die unterstützende Wirkung der Antidepressiva - als "alles Lüge" abzutun. Die Wirkung allgemein wird auch von Frau Mocrieff nicht geleugnet: Sie schreibt selbst, dass sie mitunter selbst diese Medikamente verschreibt. Der Wirkmechanismus, falls da einer ist, ist wohl nur ein anderer, als bisher vermutet.