Die subjektive Wahrnehmung der Gesellschaft

Für mich ist das sehr verwirrend, was Du, LynnCard, hier schreibst. Mir geht es völlig anders, daher beschreibe ich mal, was ich mache.
Ich nehme wahr. Das ist eine Information, die zu mir kommt. Diese Information erreicht mich durch mein Sensorium (sehen, hören, riechen, Kontaktfühlen, schmecken, 6.Sinn, innere Sinne).
In dem Moment, in dem mich die Informationen durch mein Sensorium erreichen habe ich sie MINDESTENS bereits zu einem ersten VERSTÄNDNIS, ERKENNTNIS verarbeitet und MINDESTENS GEWICHTET (Notfall, extrem wichtig, wichtig, neutral, unwichtig, extrem unwichtig, ignorieren) UND ich habe ein Gefühl dazu.

Damit stehen bereits 4 (vier!) verschiedene komplexe Informationen in mir UND diese 4 Informationen können extrem konträr sein, d.h. das Gefühl (Ekel z.B.) kann der Gewichtung (Notfall z.B.) widersprechen ...

Aber nichts ersetzt das andere.
Das Gefühl darf sein obwohl objektive Kriterien dem widersprechen.
Meine Gewichtung darf sein, obwohl ich lieber weglaufen würde.
Mein Verständnis und meine Erkenntnis können mit der Gewichtung und dem Gefühl kollidieren.


Mensch ist dazu geschaffen, aus all diesen Informationen innerhalb kürzester Zeit eine Handlungsentscheidung zu treffen, die ihm selbst und allen zum Wohle gereicht.

Dass wir weder geschult sind, diese verschiedenen Inputs wahzunehmen, noch eine weitere Instanz (hier: Bewußtsein) zu haben, die die Entscheidung trifft, ist traurig, aber gewollt, denn nur unbewußte Menschen können manipuliert werden, weg von sich selbst.

Gut wäre noch eine Instanz zu haben, die aber sehr viel Schulung voraussetzt: den neutralen Beobachter. Dann wären wir komplett. Ich habe ihn nur selten, den neutralen Beobachter, der "nur" MICH beobachtet (nicht die anderen).

Last but not least haben wir auch noch Wertung und die wird wirklich zu einem Problem, wenn wir die selbe Wertung zu oft wiederholen (z.B. fällt mir auf, dass Regen im Sommer gerne als Spielverderber angesehen wird, für mich ist Regen im Sommer Labsal und ich führe Freudentänze auf, wenn es zweimal die Woche richtig regnet oder täglich ein Stunde, mehr Regen sorgt dafür, dass ich Einsatz bringen muss, denn mein Garten verträgt nicht mehr Wasser, aber viel weniger darf es auch nicht sein).


Ein anderes Beispiel in dem sich die in mir vorhandenen Informationen widersprechen: Ich bin ein recht präsentes Wesen und wo ich bin, bin ich ziemlich raumfüllend, da wird es manchen zu eng und meine Mitbewohner sagen nicht selten "Du nimmst Dir zu viel Raum.". Mein Gefühl ist aber nahezu immer, dass ich fühle zu wenig Raum zu haben - aber das ist mein Gefühl! Die Erfahrung meiner Sinne widerspricht dem. Sogar meine Erkenntnis widerspricht dem. Mein Verständnis auch. Aber mein Gefühl bleibt (bisher).

Was ich gelernt habe zu tun ist, nun nichts höher als das andere zu werten und mir eine Vorgehensweise zu überlegen, was ich tun will. Offensichtlich ist Raum kein Problem für mich, ich habe ihn, ich besitze ihn, ich fülle ihn, aber MEIN GEFÜHL dazu ist anders. Also arbeite ich mit meinem Gefühl - was für mich zugegeben das Schwierigste ist. Das Gefühl darf nicht relativiert werden, denn es ist eine eigene Ebene und es liegt an mir herauszufinden, wie ich zu dem GEFÜHL komme: Ich habe allen Raum der Welt.


Mit meinem Verständnis über mich kann ich sogar mein Gefühl in Bezug setzen: Aha! Ich habe Raum, aber ich fühle keinen Raum zu haben. (Wundern.)

Hierfür gibt es alle Werkzeuge der Welt (Psychologie etc.).
 
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Gut wäre noch eine Instanz zu haben, die aber sehr viel Schulung voraussetzt: den neutralen Beobachter. Dann wären wir komplett. Ich habe ihn nur selten, den neutralen Beobachter, der "nur" MICH beobachtet (nicht die anderen).

Ja, ich meine genau diesen neutralen Beobachterstatus, der eben die subjektiv gefärbten Unterschiede in der Wahrnehmung "protokolliert" und statistisch sammelt als Vergleichswerte.

Das mit dem Raumgefühl finde ich interessant.
 
Ich weiss nicht, ob ein objektiver Blick überhaupt möglich oder sinnvoll ist. Ich denke, die individuelle Stimmung des Einzelnen wirkt wie ein Filter. Bin ich in einem Hoch, lasse ich mehr Hochgefühle zu mir durchdringen. Daher kommt es einem dann so vor, als sei die ganze Welt mit einem glücklich. Umgekehrt das Gleiche. Eine objektive Sichtweise beraubt dich, meiner Meiinung nach, nur dem menschlichen in dieser Situation.
 
Eine objektive Sichtweise beraubt dich, meiner Meinung nach, nur dem menschlichen in dieser Situation.
Das hört sich nach entweder-oder an.
Entweder-oder, also entweder subjektiv oder objektiv, das ist doch die Lüge schlechthin.
Mensch ist erst, wer sowohl-als-auch leben kann, also sowohl subjektiv als auch objektiv ist - UND übrigens noch vieles andere mehr - GLEICHZEITIG.
Also ohne objektive Sichtweise bist Du (noch) kein (vollständiger) Mensch.
Dein Text läßt alles aussen vor, was ich sonst noch dazu gesagt habe, z.B. Bewußtsein - das einzigartig dem Mensch zu eigen ist.
Rastafanda, Du sprichst nur von einer Reiz-Reaktions-Maschine und darin findest Du die subjektive Reiz-Reaktions-Maschine besser (Vorsicht Wertung), als die objektive Reiz-Reaktions-Maschine.
Neeeee Du, Mensch-Sein ist viiiiiiiieeel mehr.
 
@naglegt Kommt drauf an wie man "Objektiv" definiert. Subjektive Erfahrungen und Meinungen haben da eigentlich nichts drin verloren, somit verkommt Objektivität eigentlich zu einer "Pseudo-Objektivität".
Doch eigentlich war es gar nicht meine Absicht, auf deinen Post zu antworten, sondern auf den Start-Thread von LynnCard.
 
Ich weiss nicht, ob ein objektiver Blick überhaupt möglich oder sinnvoll ist. Ich denke, die individuelle Stimmung des Einzelnen wirkt wie ein Filter. Bin ich in einem Hoch, lasse ich mehr Hochgefühle zu mir durchdringen. Daher kommt es einem dann so vor, als sei die ganze Welt mit einem glücklich. Umgekehrt das Gleiche. Eine objektive Sichtweise beraubt dich, meiner Meiinung nach, nur dem menschlichen in dieser Situation.

Meinst Du also, dass jemand sich mit der Welt verbunden fühlt bzw. verbinden will, indem er die positiven bzw. die negativen äußeren Ereignisse des Weltgeschehens in sich aufnimmt und mit der eigenen Gemütsverfassung synchronisiert?
 
Meinst Du also, dass jemand sich mit der Welt verbunden fühlt bzw. verbinden will, indem er die positiven bzw. die negativen äußeren Ereignisse des Weltgeschehens in sich aufnimmt und mit der eigenen Gemütsverfassung synchronisiert?
Ich glaube es eher andersrum. Mein Gemütszustand stellt meinen Filter auf meine Umgebung ein. Dies kann man auch als Resonanz verstehen.
 
Wir leben schon in einer sehr "schizophrenen" Gesellschaft. Verdrängung scheint lebensnotwendig zu sein. Auch ein gewisser Egoismus. Ich sah mir einmal eine Doku an, wo ein kleines Affenbaby aus Kummer über den Verlust der Mutter selbst krank wurde, sich zurückzog, nicht mehr fraß, obwohl genug Futter da war, es auch eigenständig lebensfähig gewesen wäre. Es hat so offen getrauert und den Tod der Mutter nicht verdrängt, wurde nicht abgelenkt, es fand einfach nicht zurück in die Gemeinschaft der Affengruppe. Da dachte ich mir auch, dass dieses Affenbaby irgendetwas gebraucht hätte, das es vom Kummer abgelenkt hätte, damit es überlebensfähig würde. Und so ist es doch bei uns allen: Wir könnten keine einzige Sekunde glücklich sein, wenn wir uns das Leid der Welt wirklich vollumfänglich und die ganze Zeit so extrem zu Herzen nehmen würden, ohne es in irgendeiner Form zu sublimieren. Es gibt einfach zu vieles zu verkraften, allein schon die Sterblichkeit des Menschen an sich.

Und doch kann es fruchtbar sein, sich nicht ganz zu verschließen, nur braucht es offenbar eine persönliche Definition, wie damit umgegangen wird im eigenen Erleben, ein Zuordnung, um es verarbeiten und "damit leben zu können".
 
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Mit meinem Verständnis über mich kann ich sogar mein Gefühl in Bezug setzen: Aha! Ich habe Raum, aber ich fühle keinen Raum zu haben. (Wundern.)

Ich wollte noch näher auf Deinen Raum-Beitrag eingehen. Mir fällt das auch auf, wie vielsagend die eigene Positionierung in Räumen sich entfaltet, ebenso bei anderen. Diese Art von Körpersprache zu beachten, eröffnet interessante Gedankengänge und Assoziationen.

Ich war früher einmal bei einem Arzt, der seine Praxis in Gemeinschaft mit anderen Ärzten im Kellergeschoss hatte. Ich empfand es so, dass er sich dort trotz Selbständigkeit sehr eingeengt fühlte, was sich bestätigte, als er umzog, interessanterweise auf einen Berg mit bester Panorama-Aussicht und großen lichten Fenstern. Das war sein Befreiungsschlag.

Ich habe auch gerade einen hausinternen Umzug hinter mir, Zimmerwechsel. Obwohl das Zimmer jetzt kleiner ist und ich wirklich gut überlegen muss, wie ich das einrichten soll, habe ich nun direkten Zugang zum Balkon, wodurch ich mich viel freier und weiträumiger fühle als im vorherigen Zimmer, das aber fast doppelt so groß ist.

Heute wechselte ich meinen Schreibtischstuhl, weil ich auf einmal merkte, dass der alte mich in vielerlei Hinsicht einschränkte, ohne dass ich es merkte. Erst beim Austesten eines anderen Stuhls fühlte ich auf einmal den himmelweiten Unterschied.

Der Rahmen scheint also eine große Rolle zu spielen, wie subjektive Wahrnehmung innerhalb der Gesellschaft stattfindet. Jemand mit kurzer Lebenserwartung wird womöglich ein (letztes) Gespräch mit einem geliebten Menschen ganz anders empfinden als jemand, der das Leben noch vor sich hat und sich diesbezüglich keine Gedanken machen muss.

Wenn es mir nicht so gut geht, halte ich mir das oft vor Augen, dann ändert sich mein Blickwinkel ganz bewusst. So wie ein Bild in einem kleinen Rahmen anders wirkt als dasselbe Bild in einem großen Rahmen mit viel Freiraum an den Rändern.
 
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