Hast du eine Idee was man dann mit seinem Dämon macht wenn man ihn gefunden hat, bzw wie erkennt man ihn?
Ich halte es für falsch, alles auf einen inneren Dämon zu schieben.
Ein guter Anfang wäre, an eine Menschengruppe zu denken, die man maximal hasst, und sich dann mal alle Fantasien zu erlauben. Kinderschänder, Tierquäler, Nazis... jeder von uns kennt mindestens eine. Wie würdest du mit ihnen umgehen, wenn du diktatorische Macht hättest? Gehst du diesen Fantasien nach, erkennst du nicht nur, wozu du fähig wärst, sondern auch, wie viel Befriedigung du dir davon versprichst.
Ein nächster Schritt wäre, dir vor Augen zu führen, wessen Leid dir aus Prinzip gleichgültig ist. Der vergiftete Hund? Die überfahrene Katze? Die geschlachtete Kuh? Oder auf Menschen bezogen: Wer könnte alles elendig zugrunde gehen, ohne dir eine Gemütsregung zu entlocken?
Und schließlich frage dich: Worauf könntest du wirklich verzichten, abgesehen von Nahrung und Obdach? Hast du Gelüste, die erfüllt werden müssen, komme was wolle? Sehnsüchte, für deren Erfüllung du über Leichen gehen würdest?
Nun wirf einen Blick auf die Menschen, die Böses tun. Alles, was sie motiviert, findet sich, wenn du ehrlich bist, auf die eine oder andere Weise auch bei dir. Im Gegensatz zu ihrem Bösen mag dir deines moralisch legitim erscheinen, aber das ist kein wesentlicher Unterschied.
Nichts davon ist dämonisch, alles ist menschlich. Der Dämon entsteht, wenn du dich in der Illusion einrichtest, durch und durch gut zu sein. Ist er entstanden, wird man ihn nur extrem schwer wieder los, weswegen es sich lohnt, das eigene Böse vorher kennenzulernen und einzuordnen. Ganz los wirst du es nie.
Was lässt du zu, wo liegen deine Grenzen? Das ist die große Frage, denn irgendwo muss das Böse hin. Es kann schon helfen, hin und wieder bewusst in ein blutiges Steak zu beißen oder im richtigen Moment ein Wort zu säen, um einen Streit zwischen anderen Leuten zu entfachen.
Die Krux und die Kunst an der Sache bestehen in der Notwendigkeit, mittels wohldosierter kleiner Gemeinheiten sicherzustellen, dass gar nicht erst ein Dämon erwächst, der den Menschen verdrängt. Daran liegt es auch, dass es keine bösartigeren Staaten gibt als jene, die drakonisch gegen geringste Gesetzesverstöße vorgehen.