Die Augen aufmachen - wer will

Meiner Meinung nach motiviert man keinen wenn man ihm sagt dass er eine Krankheit hat. Dass impliziert dass er nichts dafür kann und er auch nichts daran ändern kann. Diese Einstellung macht die Menschen zum Opfer.

Andersrum sieht es aber so aus, als würde man dann keine Rücksicht nehmen, wenn jemand einfach so tut, als hätte derjenige nichts? Und manche Krankheiten sind vielleicht auch dazu da, um erst mal Abstand gewinnen zu können (oder auch zu müssen, was einem der Körper/die Seele zeigt), vom Leben und allem, was ist. Der Körper oder die Psyche zeigen einem ja, ob es geht oder wenn's nicht mehr geht. Wenn andere dann so tun als wäre nichts, kann es auch sein, dass das nicht gerade sehr hilfreich ist, finde ich.
 
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Ich sehe Alkoholismus nicht als eine Krankheit. Bin zwar in der Minderheit, aber nicht die einzige. Ich habe es gerade mal gegoogled, und habe dieses gefunden.
http://www.spiegel.de/gesundheit/di...eine-folge-von-willensschwaeche-a-812580.html

QUOTE Genau so sieht es auch Gene Heyman. Seit geraumer Zeit rüttelt der US-Psychologe von der Harvard Medical School an der gängigen Definition von Alkoholismus und sorgt mit einer provokanten These für Unruhe in der Therapeutenszene: Für Heyman ist Sucht keine Krankheit sondern vielmehr eine Störung der Willensentscheidung. "Es ist unmöglich, Sucht zu verstehen, ohne zu verstehen, wie wir Entscheidungen treffen", schreibt er in seinem Buch "Addiction: A disorder of choice". Seiner Meinung nach ist es auch falsch, Alkoholiker als Kranke zu behandeln.

Auf keinen Fall möchte der Psychologe zurück zur moralischen Verurteilung und Stigmatisierung von Drogenabhängigen. Aber er versucht zu belegen, dass man Sucht, anders als echte psychische Erkrankungen wie Schizophrenie oder Depressionen, in den Griff bekommen kann: Indem man die Abhängigen motiviert, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.QUOTE

Meiner Meinung nach motiviert man keinen wenn man ihm sagt dass er eine Krankheit hat. Dass impliziert dass er nichts dafür kann und er auch nichts daran ändern kann. Diese Einstellung macht die Menschen zum Opfer.

Heyman bekommt aber auch (sehr verständlichen!) Gegenwind:

Die von Heyman angeführten Selbstheilungsraten bezeichnet er als Illusion, weil die Statistiken spätere Rückfälle nur ungenau bis gar nicht abbildeten.

Für Kiefer ist es wesentlich, dass die Sucht einem Kranken gar keine richtige Wahl mehr lässt, weil dessen Entscheidungsfreiheit eingeschränkt ist, verschoben in Richtung Weitertrinken. Heyman sei auf dem richtigen Weg, sagt Kiefer. "Nur verkennt er, dass die Voraussetzung für jede Entscheidung subjektiv wahrgenommene, nicht objektive Handlungsalternativen sind."

http://www.spiegel.de/gesundheit/di...eine-folge-von-willensschwaeche-a-812580.html
 
bornfree schrieb:
Dass impliziert dass er nichts dafür kann und er auch nichts daran ändern kann. Diese Einstellung macht die Menschen zum Opfer.

Das sehe ich anders. Eine Krankheit zu haben bedeutet noch lange nicht, ihr gegenüber völlig machtlos zu sein. Ich glaube auch nicht, dass ein Mensch, der völlig selbstbestimmt gelebt hat, durch eine Krankheit plötzlich zum Opfer wird. Da sind ganz andere Mechanismen am Werk.

Als was würdest du eine Sucht bezeichnen? Ich habe irgendwie das Gefühl, dass du von dir, deinem Bekannten und vielleicht auch noch einer anderen "handvoll" Menschen ausgehst, die die Kraft aufbringen konnten, gegen ihre Sucht vorzugehen. Ich finde es aber bedenklich, wenn man dann hergeht und alle anderen insofern nieder macht, als man ihnen mehr oder weniger durch die Blume attestiert, sie wären nicht mal krank, sie hätten nur einfach Verhaltensfehler, Charakterschwächen, was auch immer.

LP
 
Ich finde es aber bedenklich, wenn man dann hergeht und alle anderen insofern nieder macht, als man ihnen mehr oder weniger durch die Blume attestiert, sie wären nicht mal krank, sie hätten nur einfach Verhaltensfehler, Charakterschwächen, was auch immer.

LP

Hat es denn einen Vorteil und wenn ja, welchen, sich "krank" nennen zu können?

Irgendwo beginnt ein Weg. Und oft genug gibt das Umfeld rechtzeitig Hinweise wie: Hör mal, Du trinkst, rauchst, kiffst, arbeitest, isst in letzter Zeit aber sehr viel, was ist los mit dir?

LG
Any
 
Das sehe ich anders. Eine Krankheit zu haben bedeutet noch lange nicht, ihr gegenüber völlig machtlos zu sein. Ich glaube auch nicht, dass ein Mensch, der völlig selbstbestimmt gelebt hat, durch eine Krankheit plötzlich zum Opfer wird. Da sind ganz andere Mechanismen am Werk.

Als was würdest du eine Sucht bezeichnen? Ich habe irgendwie das Gefühl, dass du von dir, deinem Bekannten und vielleicht auch noch einer anderen "handvoll" Menschen ausgehst, die die Kraft aufbringen konnten, gegen ihre Sucht vorzugehen. Ich finde es aber bedenklich, wenn man dann hergeht und alle anderen insofern nieder macht, als man ihnen mehr oder weniger durch die Blume attestiert, sie wären nicht mal krank, sie hätten nur einfach Verhaltensfehler, Charakterschwächen, was auch immer.

LP

ÄÄHH, jetzt mache ich deiner Meinung nach wieder jemanden nieder und werfe ihnen Charakterschwäche vor? Aber ehrlich, wo sage ich das?
Ich habe nicht nur eine handvoll Leute gekannt, sondern als Berater gearbeitet. Unter meinen Kunden waren auch viele Alkoholiker. Früher sah man Alkoholismus als Charakterschwäche, manche Menschen sehen es auch heute noch so, damit ist dann ein bestimmtes Stigma verbunden. Aber auch das Bezeichnen des Alkoholismus als Krankheit hat ein Stigma, dass man nie wieder los wird. Ich sehe Menschen als fähig Sucht zu überwinden, auch wenn es nicht einfach ist. Für mich ist dass viel positiver als jemanden als krank einzustufen. Viele glauben dann sie wären dieser ''krankheit'' ausgesetzt und hätten keine Kontrolle darüber. Meine Erfahrung ist auch , dass es dann als Ausrede benutzt wird, als ''Kranker'' kann man eben nichts dafür.
 
Andersrum sieht es aber so aus, als würde man dann keine Rücksicht nehmen, wenn jemand einfach so tut, als hätte derjenige nichts? Und manche Krankheiten sind vielleicht auch dazu da, um erst mal Abstand gewinnen zu können (oder auch zu müssen, was einem der Körper/die Seele zeigt), vom Leben und allem, was ist. Der Körper oder die Psyche zeigen einem ja, ob es geht oder wenn's nicht mehr geht. Wenn andere dann so tun als wäre nichts, kann es auch sein, dass das nicht gerade sehr hilfreich ist, finde ich.

Es gibt Selbsthilfegruppen für Angehörige von Alkoholikern. In diesen Gruppen lernt man, den Alkoholiker zu unterstützen,aber nicht seine Sucht. Es gibt Partner die Ausreden für den Alkoholiker machen, z.B. den Chef anrufen und sagen dass er krank ist, anstatt zuzugeben ,dass er betrunken ist oder einen Kater hat. Man nimmt Rücksicht auf den Alkoholiker aber man sollte ihm nicht erlauben unverantwortlich zu sein. Er soll sehen welche KOnsequnzen sein Trinken hat, und es hilft dem Alkoholiker nicht wenn man versucht diese KOnsequenzen zu schlichten. Es führt dazu dass er noch länger trinkt.
ALso tut man nicht so als ob er nichts hätte, man macht ihm klar dass er allein dafür verantwortlich ist.
 
Heyman bekommt aber auch (sehr verständlichen!) Gegenwind:

Die von Heyman angeführten Selbstheilungsraten bezeichnet er als Illusion, weil die Statistiken spätere Rückfälle nur ungenau bis gar nicht abbildeten.

Für Kiefer ist es wesentlich, dass die Sucht einem Kranken gar keine richtige Wahl mehr lässt, weil dessen Entscheidungsfreiheit eingeschränkt ist, verschoben in Richtung Weitertrinken. Heyman sei auf dem richtigen Weg, sagt Kiefer. "Nur verkennt er, dass die Voraussetzung für jede Entscheidung subjektiv wahrgenommene, nicht objektive Handlungsalternativen sind."

http://www.spiegel.de/gesundheit/di...eine-folge-von-willensschwaeche-a-812580.html

Die Entscheidungen sind subjektiv, sie stehen jedoch jedem offen.
 
bornfree schrieb:
werfe ihnen Charakterschwäche vor? Aber ehrlich, wo sage ich das?

Gleich im selben Text schreibst du von Charakterschwäche. ;) Aber ich habe nicht gesagt, dass du den Menschen das vorwirfst, ich habe gefragt, als was du eine Sucht bezeichnen würdest. Antwort habe ich keine bekommen.

Du, mir geht es nicht darum, jemanden "unbedingt als krank bezeichnen zu wollen". Mir geht es schlicht darum, dass nicht ständig sämtliche Betroffene in einen Topf geschmissen werden. Über Sucht"kranke" (sorry, ich hab das Wort nicht erfunden) wird gerne mal hergezogen, speziell in einer solchen Leistungsgesellschaft wie wir sie heute haben. "Der ist so schwach", "der hat sich nicht im Griff" etc.pp. Ich persönlich sehe den Vorteil der Bezeichnung "krank" eher im Benehmen der lieben Mitmenschen. Kranke können noch eher auf ein gewisses Verständnis hoffen bei so manchen Mitbürgern.

Dass Menschen dazu in der Lage sind, ihre Sucht zu überwinden, steht ausser Frage. Ich sage nur, dass nicht jeder die Kraft dazu hat, das durchzustehen. Sieht man ja an der eklatant hohen Rückfallrate. 80% innerhalb des ersten Jahres!! Ich glaube, dass hier - wie schon geschrieben - viele Faktoren eine Rolle spielen, die nicht leicht beherrschbar sind. Wille allein ist i.d.R. zu wenig.

http://www.aida-selbsthilfe.de/Rueckfall/index.htm

Anevay schrieb:
rechtzeitig Hinweise wie: Hör mal, Du trinkst, rauchst, kiffst, arbeitest, isst in letzter Zeit aber sehr viel, was ist los mit dir?

Ich gehe davon aus, dass du weisst, wie schleichend eine Sucht entsteht bzw. entstehen kann, speziell bei Alkohol, der ja zum Gesellschaftsleben gehört. Und du weisst auch, dass jemand mit einer - ich sags jetzt mal so - Suchtstörung erstmal für sich erkennen muss, dass hier etwas falsch läuft und er möglicherweise Hilfe braucht - und vor allem den Willen dazu haben, etwas verändern zu wollen. Ich weiss nicht, wie das in DE ist, in AT kann man Menschen nicht eben mal so zwangstherapieren.

Kliniken, Rehazentren, Mediziner, Therapeuten, Psychologen, Selbsthilfegruppen, und und und... Jede Menge Möglichkeiten, um Menschen bei ihrem Weg aus der Sucht zu unterstützen. Und trotzdem klappt es bei einem grossen Anteil der Menschen nicht. WARUM, wenn es doch nur...... ja was eigentlich.... ist?

Wie definierst du Sucht? Was ist das?

Ich würde mir nicht anmaßen wollen, einfach mal eben zu sagen "na, da sagen es eh viele Leute schon vorher, dass zuviel gearbeitet, gegessen, getrunken, was auch immer wird.

LP
 
Ich würde mir nicht anmaßen wollen, einfach mal eben zu sagen "na, da sagen es eh viele Leute schon vorher, dass zuviel gearbeitet, gegessen, getrunken, was auch immer wird.

LP

einfach mal eben? Wer tut das? Ich nicht, ich maße mir hier auch nichts an, ich unterhalte mich zum Thema mit euch hier und stelle Fragen.

Es gibt Signale, Hinweise, die werden vom Betroffenen häufig genug ignoriert:
Ach was, aber ich doch nicht, stell dich nicht so an, Du regst dich künstlich auf, ich habe das doch alles im Griff, ich könnte jederzeit ohne...

Ist dieser Mensch bereits zu diesem Zeitpunkt "krank"? Wo beginnt Krankheit? Bei bewusst falschem Verhalten, gerade bei Substanzmissbrauch?

Es gibt Menschen, die schaffen es selbst mit schnell und körperlich abhängig machenden Substanzen klarzukommen und andere Menschen werden bereits bei leichter Gewohntheit psychisch abhängig, schneller als sie selbst schauen können.

LG
Any
 
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