Du lebst hier in einem Land, in der Du ganz locker und bequem nach Deiner Meinung und Deiner Einstellung leben kannst, sei froh dafür. In anderen Ländern geht das nicht so einfach, denn da lebt man inmitten einer Gesellschaft, die Dich für Fehlverhalten gewaltig straft. Und kein Mensch erträgt es, ausgeschlossen und verachtet zu werden.
Den Einwand, Siriuskind,
lasse ich nicht gelten. Denn ich wuchs in der DDR auf, wo jeder für sein Fehlverhalten gewaltig abgestraft wurde. Und wir haben das System der DDR selber gekippt, weil wir irgendwann genügend Leute waren, die nicht mehr genügend Angst davor hatten. Wir wussten damals ja gar nicht, dass es noch einen größeren Schwachpunkt hatte und pleite war. Und wir wussten auch nicht, dass das, was danach kam, eigentlich auch gekippt gehört(e), aber es ließ einen schon mal wieder zu Atem kommen.
Nebenbei: Ich ertrage es inzwischen ganz gut, "ausgeschlossen und verachtet" zu werden, es hat nicht so sehr lange gedauert, bis ich sogar stolz darauf war (was natürlich ebenso ein Ego-Trip ist). In meiner Schulklasse war ich damals der einzige, der die Jugendweihe verweigerte und dann nicht mit auf Klassenfahrt durfte, abgesehen von einigen anderen Ausgrenzungsmaßnahmen. Später sprachen mir einige meiner Kameraden allerdings ihre Bewunderung aus, was ich einigermaßen genoss.
Wir waren 4 Geschwister, und ich war der einzige, der "nichts Vernünftiges konnte", sondern in die Stadt ging (mein Vater hasste die Stadt, und das Schlimmste, was man ihm antun konnte, war, in der Stadt zu wohnen und zu arbeiten, wenn man auf dem Lande aufgewachsen war).
Der einzige, der aus der engherzigen und kümmerlichen lutherischen Gemeinde, in der er groß geworden war, austrat, war ich dann nicht mehr, da ging immerhin auch meine Frau mit und meine drei Kinder. So lernte ich, wie es sich anfühlt, wenn man 99% des gesamten Freundeskreises mit einem Schlag verliert und wie stark man werden kann, wenn man das aushält, bis einem Neues zuwächst.
Warum bewundere ich bis heute jenen Jesus Christus, obwohl mir das Christentum selbst am A.... vorbei geht?
Weil ihn die Meinung der Leute, der eigenen Familie, der Religionsgruppe oder der sonst Mächtigen nicht die Bohne interessierte. (Zumindest sieht das, was von ihm überliefert ist, so aus und widerspricht der Kirchenkonformität.) Menschen, die etwas für sich als richtig erkannt haben und es durchziehen, egal wie es endet oder was andere davon halten, haben meine Bewunderung, immer, obwohl ich sie für mich selbst nicht als Autoritäten betrachte, sondern nur als Vorbilder für erstrebenswerte Haltungen.
Ratzi dagegen ist einfach bloß lächerlich,ein zitteriger Tattergreis, der sein Leben lang sein Fähnchen in den Wind hängte, der ihn nach oben trieb. Solche Leute verdienen eher unser Mitleid als unsere Wut.
Herzliche Grüße,
nanabosho