@DruideMerlin
Beim Glauben geht es nicht um Glücklichsein, Händchen halten und ähnliche Nabelschau-Exerzitien, sondern darum, dass der Mensch in seinem Inneren die Präsenz eines höheren Wesens begreift und an dessen Existenz glaubt. Ab dem Moment bekommt sein Leben eine ganz andere Bedeutung als beim nicht glaubenden Menschen. Gott ist in sein Leben eingetreten.
"Wer Gott trägt, der wird von Ihm getragen"
Hallo Plissken,
schon Platon hatte davon gesprochen, dass die Sorge um das Seelenheil die wichtigste Aufgabe eines Menschen sein soll. Soweit könnte ich das auch unterstreichen, wenn ihm nicht dem Fehler der Denker unterlaufen wäre.
Wie könnte es anders sein, so hatte er in seiner Seelenlehre ein dreiteiliges Seelenmodell beschrieben. Er sonderte dazu die Seele des Willens und die Seele des Begehrens von der Seele der Vernunft (Logisticón) ab. Für ihn war Logisticón, der bestimmende und unsterbliche Aspekt. Nur in der Vernunft sah er als Philosoph die Möglichkeit, das triebhafte Begehren und die ungezügelte Kraft des Willens zu bändigen.
Obwohl auch C.G. Jung ein Kind seiner Zeit war und er dem Irrtum von Logisticón verfallen war, hatte er uns aber zumindest das Tor zur Seelenwelt geöffnet. Es sind die Bilder aus unseren Träumen, die uns der Seele so nahe bringen, wie wir näher nicht sein können. Nein, es ist nicht Logisticón, der wir begegnen, sondern den Gefühlen und Stimmungen, mit denen wir erfüllt sind. Deshalb liegt der Sinn unseres Daseins nicht im Anhäufen von Wissen, sondern im Glücklichsein. Auch jene, die gerade nicht mit Glück gesegnet sind, hoffen und streben nach ihm.
Es gibt zu viele Beispiele, in denen deutlich wird, dass Bildung nicht zwangsweise zu einem besseren Menschen führt. Auch die Neurowissenschaften stellen diese überkommende Vorstellung von Logisticón infrage. Mein Vater war an schwerer Demenz erkrankt und da hatte ich hautnah miterlebt, wie das mit der scheinbar alles überragenden und unsterblichen Logisticón so ist.
Im Prinzip sind wir Junkies der Botenstoffe und das Glücklichsein ist dabei der größte Dealer. Anderseits gibt es genetische Gründe, warum nicht jeder Mensch gleichermaßen glücklich sein kann und da kommt dann Logisticón mit ins Spiel. Ich denke, dass das Streben nach dem Höherem ein Teil dieses alles bestimmenden Belohnungssystems ist.
Mir kommt diese Suche nach dem Höheren oft wie eine Fata Morgana vor. Da wird nach meinem Verständnis das Ziel in die Ferne gerückt und dabei die Blümchen am Wegesrand übersehen. Das heißt aber des Seelenheils wegen nicht, dass man sich kein Szenario für das Leben danach zurechtlegen soll – es erleichtert uns das Loslassen von dieser Welt. Gerade im Sommer sitze ich gerne in meinem Straßencafé und schaue den vorbeieilenden Menschen zu – da denke ich mir oft, dass es wohl dereinst auf Wolke 7 auch sein wird.
Merlin