Die beiden Fragen sind leicht zu beantworten:
1. Leid muss unabhängig von einem Glauben an Gott sein, denn auch die, die die Existenz Gottes verneinen, können Leid empfinden. Damit ist die erste Frage zwar nicht letztlich beantwortet, aber sie kann auch nicht endgültig beantwortet werden, da sie eine Glaubensfrage ist. Aber es ist klar, dass die Existenz von Leiden nichts mit dem Glauben oder Nicht-Glauben an Gott zu tun haben kann. Glaubt man aber an Gott als den Erschaffer von allem, so muss man zwangsläufig auch denken, dass Gott das Leiden erschaffen hat. Ein Nicht-Gläubiger wird diesen Kausalschluss folgerichtig ablehnen.
2. Warum Leid existiert hat viele, situativ und individuell unterschiedliche Antworten. Z.B. wenn ich mich brenne und daraufhin mich vom Feuer zurückziehe, könnte man sagen, dieses Leiden hat die Funktion, meinen Körper vor Verletzung zu schützen, darum existiert es. Leide ich unter Einsamkeit, so hat dieses Leid die Funktion, dass ich Gemeinschaft suche. Und leide ich existentiell, also an fehlendem Sinn oder Identität im Leben, so hilft diese Form des Leidens, mich sinnstiftenden Umständen zuzuwenden. Wenn Leid so groß ist und zur Verzweiflung wird, kann es mich in die Selbstzerstörung treiben und hat somit den Sinn, mich von allem zu erlösen, indem ich mich auslösche. Das hat wiederum die Prämisse, dass ich denke, dass mein Leid endet, wenn mein Körper endet. Aber ob das so ist oder nicht, dafür gibt es keine Sicherheit.