Grundlegend geht es ja darum, dass nicht zu viele Menschen in den Krankenhäusern landen, v.a. auf Intensiv. Olaf Scholz argumentiert aktuell, dass wenn die Impfquote höher wäre wir jetzt keine Probleme hätten. Ich halte das für ein Kaschieren der Verfehlungen der Politik, denn das trifft in dieser Einfachheit nicht zu. Denn auch bei einer Impfquote von 100% gäbe es jetzt das Problem, dass der Impfstoff eben nicht so lange schützt wie erhofft.
Oder anders gesagt: Alte Menschen und Risikogruppen zu Boostern ist wesentlich wichtiger als junge und gesunde Menschen zu einer Impfung zu zwingen. So zu tun als wären die Ungeimpften generell das Problem beschuldigt eine Gruppe um vom eigenen Versagen abzulenken. Fakt ist doch, dass aktuell nicht mal genug Impfstoff da ist um allen die es brauchen in kurzer Zeit die Booster-Impfung zu geben.
Natürlich hat die Politik da Fehler gemacht. Ich will die weder freisprechen noch sonstwie in Schutz vor Kritik nehmen (und gleichzeitig möchte ich nicht in deren Haut stecken, denn ich vermute, dass ich es anders aber nicht notwendigerweise besser machen würde). Das ändert aber nichts dran, dass mit einer höheren Impfquote die aktuelle Welle flacher wäre.
Nimm mal folgende Punkte, die ich seriös belege, und frag Dich was das für einen Eindruck auf Menschen macht, vor allem aber nicht nur jene die betreffend Impfung Sorgen haben:
1. Alle wollen eine höhere Impfquote erreichen, aber weil wir zu wenig Biontech haben während es noch Moderna-Lagerbestände gibt, wird Biontech begrenzt und auf Moderna gesetzt (Quelle). Spahn bezeichnet Moderna als "guten und sicheren" Impfstoff, spricht von Gleichwertigkeit zwischen Moderna und Biontech usw. (Quelle).
Fragen die man haben kann:
A) Ist es nicht ein Versagen der Politik wenn auf einmal zu wenig Biontech da ist? Haben die etwa nicht früh genug ans Boostern gedacht?
Ja, es ist ein Versagen der Politik.
B) Wie kann man behaupten, Moderna sei genau so gut wie Biontech, wenn das Risiko einer Myokarditis bei Moderna offenbar höher ist, vor allem bei jüngeren Menschen die kaum je Probleme mit Corona haben? Island z.B. will Moderna überhaupt nicht mehr einsetzen, einige andere Länder (u.a. Norwegen und Schweden) wollen Moderna nicht mehr an junge Menschen verimpfen. (
Quelle)
Uh, das ist jetzt sehr schwierig: Einerseits möchte ich den Moderna-Impfstoff nicht freisprechen und Risiken ignoerieren. Auf der anderen Seite möchte ich klarstellen, dass dieser Impfstoff deswegen nicht komplett schlecht und total abzulehnen wäre.
C) Nun kommt auch noch die neue Variante hinzu und der Moderna-Chef geht von einer erheblich geringeren Schutzwirkung aus, will seinen Impfstoff anpassen, was aber Monate dauern wird. (
Quelle)
Der Link zur Quelle funktioniert bei mir irgendwie nicht, und das wollte ich nochmal nachlesen. Einen mRNA-Impfstoff anzupassen dauert meines Wissens nämlich nicht Monate sondern "nur" Wochen (6 Wochen habe ich da im Kopf), und für die Zulassung dessen sind auch nicht nochmal alle Studienphasen notwendig. Alles in allem geht das viel schneller, als z.B. einen Totimpfstoff auf Mutationen anzupassen.
Dass Moderna sein Serum anpassen will, wusste ich auch noch nicht; ich habe nur gestern oder heute früh die Überschrift aufgeschnappt, dass BioNTech den Schutz von ihrem Impfstoff vor der Omicron-Variant noch für recht hoch einschätzen (ich habe aber wie gesagt nur die Überschrift aufgeschnappt und nicht weiter gelesen).
2. Laufend wird Druck auf Ungeimpfte gemacht, und lange nicht nur jene die tatsächlich ein hohes Risiko haben, sondern auch auf junge und gesunde Menschen wie z.B. Profi-Fußballer. Deren Risiko wegen Corona einen schweren Verlauf zu erleiden ist sehr gering während erst jetzt wieder festgestellt wurde:
Das Risiko einer Herzmuskelentzündung nach einer mRNA-Impfung scheint vor allem bei männlichen Jugendlichen und jungen Männern höher als bislang gedacht.
https://www.fr.de/wissen/herzmuskel...ng-risiko-maenner-covid-19-news-91045646.html
Fragen die man haben kann:
A) In was für einer Gesellschaft leben wir eigentlich, dass hier mediale Hetzjagden auf ungeimpfte Promis möglich sind wenn offenbar wesentliche Fragen, z.B. Risiko einer Herzmuskel-Entzündung, doch noch nicht so abschließend geklärt sind wie immer getan wird?
Wir leben in einer "müden" Gesellschaft. Ich bin zumindest sehr müde. Ich hatte mich drauf gefreut, jetzt um Weihnachten rum wieder nach Deutschland zu fahren und einige Menschen, die mir lieb sind, wieder life zu sehen. Wahrscheinlich wird daraus wieder nichts werden (wobei ich die Hoffnung noch nicht komplett aufgegeben habe). Und mit einer ordentlichen Impfquote würde es gehen - sowohl was die Gesetzeslage angeht - es wäre kein Lockdown nötig - als auch was Gedanken über Vernunft o.ä. angeht. Das ist der Punkt, der mich da fünsch macht - und mit solchen Gedanken bin ich nicht alleine.
Vor Monaten - noch in der dritten Welle - haben viele bemängelt, wie der Lockdown der Wirtschsft schade etc. Nun gibt es vergleichsweise einfache Möglichkeiten, da raus zu kommen... sie werden aber nicht ausreichend genutzt, und auch da wird mitunter gehetzt.
B) Wie wirken die Medien da eigentlich? Ist es nicht verständlich, dass viele Menschen den Medien und der Politik nicht so wirklich vertrauen, wenn einerseits ein derartiger Druck aufgebaut wird während wenig später Informationen rauskommen, die darauf hindeuten dass z.B. Kimmich gar nicht falsch damit liegt vorsichtig zu sein?
Daran erkennt man mMn vor allem zwei Dinge:
1.) Die Medien sind nicht gleichgeschaltet, wie gerne von Querdenkern behauptet. Wenn sie es wären, würden die präsentierten Imfos und Apelle deutlich besser und smoother ineinandergreifen.
2.) Viele Medien sind durchaus objektiv bzw. einigermaßen vertrauenswürdig. Wären sie es nicht, würden wir von den Herzmuskelentzündungen etc. nichts mitkriegen. Es sind ja auch die Medien, die uns diese Info zukommen ließen.
Was die Politiker angeht: Das ist eine andere Frage, wie weit man ihnen vertrauen kann. Fakt ist jedenfalls, dass sie einige Dinge falsch gemacht haben.
Meiner Ansicht nach wäre ein großer Schritt wenn nicht immer auf Ungeimpfte gezeigt wird und so getan würde als hätten die alle einen an der Klatsche und wären Schuld. Und wenn es um Impfpflicht geht, dann bin ich wie gesagt dafür wenn man Risikogruppen definiert - logischerweise angefangen mit dem Alter.
Die Spinner sind leider unter ihnen ziemlich laut.