Tja......
https://www.diepresse.com/5956004/ein-starkes-immunsystem-ist-nicht-immer-gut
Ein starkes Immunsystem ist nicht immer gut!
Überhaupt kann man keinesfalls sagen, dass das Immunsystem am besten so scharf wie möglich reagieren soll. Gewiss: Wenn es nicht reagiert, ist das gefährlich.
Aber wenn es überreagiert, ist das oft genauso bedrohlich. Dafür ist gerade Covid ein gutes Beispiel: An schweren Verläufen ist häufig eine Überreaktion des Immunsystems schuld.
Der fatale Zytokinsturm
Vor allem der berüchtigte Zytokinsturm in der Lunge: Zytokine sind Proteine, die weitere Immunzellen zum Ort der Entzündung holen, die wiederum weitere Zytokine bilden und so weiter. Dieses Feedback kann außer Kontrolle geraten und das Gewebe so effektiv zerstören wie die Viren selbst. Fatal ist es auch, wenn das Immunsystem auf eine nur vermeintliche Gefahr reagiert, vor allem auf eigenes Gewebe, das es fälschlicherweise für fremd hält. Das nennt man Autoimmunerkrankungen. Zu diesen zählen Diabetes Typ 1, Morbus Krohn, Multiple Sklerose, Psoriasis, Rheuma, Zöliakie und viele andere. Und immer wieder kommen altbekannte Krankheiten neu in den Verdacht, zumindest teilweise Autoimmunkrankheiten zu sein - Arteriosklerose etwa oder sogar Schizophrenie.
Wohlfeile Vitaminmischungen
Das Beispiel zeigt gut, wie naiv der pauschale Ratschlag ist, das Immunsystem zu stärken. Dennoch ist er allgegenwärtig. Nicht nur FPÖ-Politiker bei Volksreden setzen darauf. Es gibt kaum mehr eine Apotheke, die darauf verzichtet, angeblich das Immunsystem stärkende Präparate zu verkaufen. Was wohl auch den Grund hat, dass die Stoffe, aus denen diese bestehen, vergleichsweise billig sind. Ein paar Vitamine und Mineralstoffe, dazu vielleicht Omega-3-Fettsäuren, Pflanzenextrakte oder (kein Spaß) „ein Inhaltsstoff aus dem Austernseitling“ – fertig ist die Mixtur. Man gibt ihr noch einen knackigen Namen – Immunstark, Immun-Elixier, Immunforte, Defendyl-Imunoglukan (sic!), Pro Immun – und bewirbt sie mit gelehrt bis knallig klingenden Phrasen: „Zum Diätmanagement bei nutritiv bedingten Immundefiziten“, „Das Immunsystem stärken mit der Power der Mikronährstoffe“ . . .
Schaden wird das alles nicht, nützen aber auch kaum: Mangel an Mineralstoffen und Vitaminen – mit der Ausnahme von Vitamin D im Winter – herrscht unter heutigen Ernährungsbedingungen höchst selten.