https://www.brodnig.org/2016/05/12/...funktionieren-mein-vortrag-von-der-republica/
Angesichts all der Mechanismen, die ich beschrieben habe, stellt sich die Frage: Was können wir tun? Offensichtlich funktioniert die Verbreitung von Lügen im Netz herausragend gut.
Ich möchte drei Strategien gegen Falschmeldungen im Netz präsentieren. Der erste Schritt: Wenn ich all dies erzähle, kommt oft die Frage, ob wir auf Korrekturen gänzlich verzichten sollten. Das wäre aber total falsch. Dieser Backfire Effect betrifft vor allem extrem überzeugte, unbeirrbare Menschen. Ein großer Teil der Bürger sind nicht total von solchen Ideen eingenommen – viele Bürger sind noch erreichbar. Für die sind solche Korrekturen von Falschmeldungen sinnvoll.
Wenn man Korrekturen verfasst, gibt es aber handwerkliche Fehler, die man vermeiden sollte. In den USA gibt es zum Beispiel das hartnäckige Gerücht, dass Barack Obama ein Moslem sei. Das ist natürlich ein Unsinn. Die erste Reaktion vieler Menschen auf diese Falschmeldung, ist zu sagen: “Nein, Barack Obama ist kein Moslem.” Das ist naheliegend. Es ist jedoch besser auf diese Falschmeldung mit dem Satz zu antworten: “Nein, Barack Obama ist Christ.”
Wenn ich meine Richtigstellung so formuliere, wiederhole ich die falsche Aussage in meiner Antwort nicht noch einmal. Wenn ich die Falschmeldung – auch nur in einer Verneinung – wiederhole, besteht die Gefahr, dass sich Menschen vor allem die falsche Aussage merken. Denn sie wird dabei wiederholt.
Deswegen sollte man Richtigstellungen affirmativ formulieren. Nehmen wir die Behauptung: “Der Großteil der Vergewaltigungen wird von Flüchtlingen begangen.” Darauf kann man antworten: “Nein, der Großteil der Vergewaltigungen in Deutschland wird von deutschen Staatsbürgern durchgeführt.” Das stimmt ja auch.
Die zweite Lösung ist schon etwas komplexer. Wie schon gesagt, gibt es einen Teil der Bürger, die für manche Informationen nicht mehr erreichbar sind. Was machen wir mit denen? Eine richtig gute Strategie gibt es nicht, aber die Idee einer Gegenstrategie: Vielleicht ist es gar nicht das Wichtigste in einer Demokratie, dass alle Menschen alles gleich sehen oder alle Fakten anerkennen. Womöglich ist das Wichtigste, dass wir uns zumindest bei den ganz wichtigen Fragen auf Kompromisse einigen können.
In den USA gibt es ja viele Bürger, die nicht an den Klimawandel glauben, geschweige denn, dass Menschen diesen Klimawandel mitverursacht haben. Vor allem republikanische Wähler streiten das oft ab. Es gibt aber moderate republikanische Politiker, die sehr wohl an den Klimawandel glauben und die ihre Wähler überzeugen wollen, dass umweltschonende Technologien etwas Sinnvolles sind. Wie gehen die dabei vor? Die sprechen nicht von “Climate Change”, die versuchen dieses Wort zu vermeiden, das ist für ihre Wähler toxisch. Stattdessen sprechen sie darüber, dass die Chinesen in Zukunft umweltschonende Technologie kaufen werden. Und sie sagen quasi: “Wenn nicht wir die Technologie entwickeln, entwickeln die die Deutschen. Und die Deutschen kriegen dann das ganze Geld der Chinesen.” So wird erklärt, warum die USA solche Produkte entwickeln sollen. Diese Politiker appellieren also an Werte, die republikanischen Wählern wichtig sind – wie Wettbewerb, Innovation, das Anhäufen von Reichtum.
So kann man vielleicht manchmal doch einen Konsens herstellen: Nicht weil man die Fakten gleich wahrnimmt, sondern weil es verbindende Werte gibt oder auch unterschiedliche Werte zu einem Konsens führen können. Hier beispielsweise zum Konsens, dass Amerikaner es einsehen, wenn umweltschonende Technologie gefördert wird.
In der Flüchtlingsdebatte könnte ein solcher Konsens lauten, dass – egal, wie man über Flüchtlinge denkt – es Common Sense sein sollte, dass man Gewalt ablehnt. Wenn wir solche Mindest-Grundsätze noch erhalten können, ist schon viel erreicht.
Das führt mich zum dritte Ratschlag: Es gibt Untergriffe, die sind so bösartig und so verletzend, dass man die nicht einfach so stehenlassen kann. In diesem Fall sollte man juristische Schritte ergreifen.
https://www.brodnig.org/2016/05/12/...funktionieren-mein-vortrag-von-der-republica/