Ich kann voll verstehen, dass man als eine Gruppe Menschen nicht möchte, wenn einer (noch dazu oft ein Nichtbetroffener) für alle spricht, kommt ja leider oft genug vor.
Ich kann auch einige Deiner Punkte gut nachvollziehen, daher erwähne ich hier nur die, wo ich stark widerspreche.
ob und wann ich eine Maske trage ...
Das kann ich tatsächlich nur bei schwer Lungen- oder Herzkranken nachvollziehen. Selbst meine über 90-jährige Oma trägt Maske, obwohl sie darunter nicht so gut Luft bekommt. Und 2 Menschen mit Klaustrophobie kenne ich, wobei einer anfangs Panikattacken mit Masken bekam, die sie dennoch konsequent tragen - für sich und für andere. Insbesondere, wenn man eher impfkritisch ist, kann man mMn schon irgendein "kleineres Übel" wählen, dem Umfeld und möglicherweise auch sich selbst zuliebe.
ebenso welchen Abstand ich zu meinen Mitmenschen halten will ...
Das kann ich noch weniger nachvollziehen. Niemandem tut es weh, Abstand zu halten, ganz im Gegenteil: Normalerweise fühlen sich Menschen unwohl, wenn ihre gesunde Distanz von 1,5 Metern von Fremden unterschritten wird. Das ist psychologischer Fakt. Dass man sich nun seit Corona urplötzlich über "zu viel Distanz" zu Fremden beschwert, liegt nicht an den "zu großen" Abständen (die sind im Gegensatz zu sonst endlich einmal den Bedürfnissen der Menschen entsprechend), sondern offenbar eher einem inneren Drang nach Selbstentscheidung und Protest gegen Maßnahmen (verständlich, aber eher irrational).
und ob mir Besuche, Feste und Veranstaltungen etc... zu riskant sind oder nicht.
Das verstehe ich nicht, denn da trägt man ja nicht nur für sich, sondern auch für andere eine enorme Verantwortung.
Ich wäre aber auf gar keinen Fall so unsolidarisch zu verlangen, dass die Mehrheit der Bevölkerung mir diese Entscheidung abnimmt, indem sie durch erlassene Lockdowns und andere Maßnahmen der Regierung Beifall klatscht und die folgenden Aspekte achselzuckend hinnimmt :
Na ja, die Mehrheit der Bevölkerung möchte vielleicht überleben und andere schützen ... Dass das dann andererseits ebenso in Rücksichtslosigkeit ausarten kann, ist wieder die andere Seite der Medaille ...
• Millionen Hungerstote mehr, durch unterbrochene Lieferketten
Wo gibt es die denn? (Ernstgemeinte Frage, vielleicht habe ich irgendwas verpasst.)
• dem Verlust einer normalen und schönen Kindheit, deren Folgeschäden noch gar nicht absehbar sind
Na ja ... Also ich sehe da aus pädagogischer Sicht keine große Gefahr. Vor allem nicht in den Industrieländern. Es war fast zu jeder Zeit möglich, seine Freunde zu treffen (bedingt sogar in einigen Lockdowns), Kleinkinder wurden von den Maßnahmen (Maske tragen usw.) meist ausgenommen, das einzig Problematische sind wohl die Nasentests, die für kleine Kinder unglaublich unangenehm gewesen sein müssen (bis dann endlich Gurgeln und Lollitests kamen). -- Klar, der versäumte Schulstoff ist ein Problem, und da hätte definitiv besser interveniert werden können durch vermehrte schulische Betreuung daheim, besseres Online-Angebot, etc. Wenn das bald in den Griff bekommen wird, wird sich das wohl noch kompensieren lassen. Mir ist schon klar, dass eine weltweite Katastrophe verunsichert und traumatisiert, auch Kinder, und das möchte ich nicht runterspielen, da hätte man sicher Vieles noch angstfreier und besser gestalten können. Aber da denke ich wirklich, dass Vieles versucht wurde und es in den Industrieländern noch relativ "komfortabel" ist, sofern mit Corona kein Jobverlust für die Eltern kam, gelaufen. Ich muss da immer an die Kriegsgeneration denken (und die Situation der DDR im Nachbarland oder, aktuell an Länder, in denen es Kinder schon vor der Pandemie schlechter hatten) und frag mich, was eigentlich noch passieren muss, damit wir Normalität und Schönes wieder schätzen können. Die Kriegsgeneration hatte meist gar keine Kindheit und auch keine Jugend - zerbombte Wohnungen, KZs, verstorbene Elternteile, Vergewaltigungen, mühsamer Wiederaufbau der gesamten Wirtschaft, oft kaum Schulbildung weil man die Zeit eher in Luftschutzkellern bei einer Hand voll wurmigem Getreide verbrachte - und aus dieser Generation ist ja ganz offensichtlich was geworden, sonst würden wir alle immer noch in kaputten Städten herumlungern als gechillt aufm Sofa in irgendwelche Foren schreiben zu können. Das alles haben wir vorigen Generationen zu verdanken.
Und, ganz ehrlich, bevor mein Kind an Corona sterben würde (oder ich als Elternteil) würde ich lieber einige der Maßnahmen auf mich/uns nehmen. Die Kindheit kann man nachholen, aber Tote zum Leben zu erwecken ist etwas schwieriger. Und wenn aufgrund von fehlender Vorsicht dann wirklich ein Elternteil stirbt, dann ist die Kindheit für das Kind sicher tatsächlich unnormaler und hässlicher als mit ein paar Lockdowns und nervigen Gurgeltests.
(Hier gabs im Sommer Mütter, die extra immer in andere Bundesländer Baden fuhren, nur um ihre Kinder nicht testen zu müssen, weil "das Gurgelwasser schmeckt zu salzig" ... Klar, da ist es natürlich viel "vernünftiger", die Ansteckung mit Corona auf sich zu nehmen ...)