"Batwoman" kroch landesweit in Fledermaus-Höhlen
Inzwischen hat allerdings das renommierte Wissenschaftsjournal "
Science" einen Artikel veröffentlicht, der sich auf die Studie chinesischer Wissenschaftler über die ersten 41 infizierten Patienten in Wuhan bezieht. Titel: "Clinical features of patients infected with 2019 novel coronavirus in Wuhan,
China". Demnach haben 13 der 41 Infizierten keinerlei Verbindungen zum Tiermarkt. Die Schlussfolgerung: Der Tiermarkt könne nicht die (einzige) Quelle für das COVID-19-Virus gewesen sein.
Seither rückt das große Fledermausforschungsprogramm in Wuhan wieder in den Mittelpunkt der Mutmaßungen. Es wird unweit des Tiermarktes betrieben und sollte nach den Epidemien von SARS, MERS und der Schweinegrippe die Forschung an Coronaviren stark intensivieren. Die Chef-Virologin Zheng-Li Shi tat das nach Kräften. Auf ihrer
Instituts-Website steht: "In den vergangenen 12 Jahren hat ihre Forschungsgruppe bei Fledermäusen eine Reihe von neuartigen Viren oder viralen Antikörpern entdeckt, darunter auch Coronaviren."
Professor Shi kroch jahrelang in stinkenden Höhlen herum und stocherte in Fledermauskot. Kollegen gaben ihr den Spitznamen "Batwoman". Nach einem Bericht der
South China Morning Post ist Shi in 28 Provinzen Chinas in tiefe Berge gewandert, um den Fledermausviren auf die Spur zu kommen. Was sie fand, brachte sie zur Analyse ins Nationale Labor für biologische Sicherheit nach Wuhan zurück.
Nach mehr als einem Jahrzehnt Arbeit baute sie so eine der weltweit größten Datenbanken mit Fledermausviren auf. Diese Datenbank ermöglichte es ihr schon Ende Dezember sofort nach dem Ausbruch genau zu diagnostizieren, dass das neue, aggressive Coronavirus der direkte Abkömmling eines Wildstammes war, den sie aus dem Kot einer Fledermaus in der Provinz Yunnan selber gezüchtet und der 96 Prozent der Gene gemeinsam hatte.
Ihre Arbeit gab der Forschungsgemeinschaft rasch wissenschaftliche Einblicke zum Verständnis des Ursprungs des neuen
Virus. Schon am 7. Januar 2020 hatte das Institut in Wuhan deshalb das vollständig definierte Genom des verursachenden Virus an die Welt weitergegeben, damit so schnell wie möglich weltweit Test-Kits entwickelt, eine Impfung erforscht und Antikörper hergestellt werden können.
Kein Lob für die "Mutter des Teufels"
Doch anstatt Ehre und Lobpreisungen erfährt die Virologin seither jede Menge Kritik. Auf asiatischen Internetseiten wird sie als die eigentliche Verursacherin der Pandemie beschimpft, sogar als die "Mutter des Teufels". Die Professorin sah sich so unter Druck, das sie in sozialen Medien eine Verteidigung veröffentlichte: "Ich schwöre bei meinem Leben, [das Virus] hat nichts mit dem Labor zu tun."
Das allerdings wird inzwischen immer lauter bezweifelt. So berichtet die Daily Mail, dass im Verlauf der mehrjährigen Forschungsarbeiten in Wuhan Ferkel zu Testzwecken mit dem bei den Fledermäusen isolierten Virus infiziert worden seien. Dabei habe es einen Unfall gegeben, bei dem Forscher mit infiziertem Blut in Kontakt gekommen seien.
Auf diese Weise seien die COVID-19-Viren möglicherweise aus dem Labor heraus und in Kontakt mit der Bevölkerung von Wuhan gelangt. Da die Gen-Sequenzierungen der COVID-19-Viren eben jenen Viren entsprächen, die in den Fledermäusen in den 1.000 Kilometer entfernten Yunnan-Höhlen vorkommen, seien sie wahrscheinlich über das Forschungslabor nach Wuhan gekommen. Die chinesische Regierung dementiert dies.
Über die Forschungsarbeiten des Forschungslabors an Fledermaus-Viren sind mehrere frei publizierte Studien veröffentlicht worden, so im April 2018 im
Wissenschaftsjournal "Nature". Die Studie wurde auf chinesischen Schweinefarmen durchgeführt. Auch dazu seien Fledermäuse in einer Höhle in Fallen gefangen und Proben entnommen worden. Die Viren seien im Labor kultiviert und schließlich drei Tage alten Ferkeln injiziert worden. Zuvor war schon am 30. November 2017 im ebenfalls renommierten
PLOS eine ähnliche Studie veröffentlicht worden.
https://web.de/magazine/news/coronavirus/woher-kommt-coronavirus-wirklich-34615930