Bürgerbegehren zu Stuttgart 21 rechtlich nicht zulässig
Gutachter: "Voraussetzungen nach der Gemeindeordnung liegen nicht vor"
13.12.2007 Stuttgart 21
Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster hat heute gemeinsam mit dem Bürgermeister für Recht, Sicherheit und Ordnung, Dr. Martin Schairer, die Ergebnisse der Unterschriftenprüfung und der juristischen Prüfung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens zu Stuttgart 21 vorgestellt. Demnach wurde die nach der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg für ein Bürgerbegehren notwendige Zahl von 20.000 Unterschriften Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger erreicht und sogar deutlich überschritten.
Das Bürgerbegehren ist jedoch rechtlich nicht zulässig. Zu diesem Ergebnis kommen übereinstimmend die Rechtsanwälte Prof. Dr. Klaus-Peter Dolde und Dr. Winfried Porsch von der Kanzlei Dolde & Partner sowie Prof. Dr. Franz-Ludwig Knemeyer von der Universität Würzburg. Die Gutachter waren von der Stadt mit der juristischen Prüfung des Antrags auf Durchführung eines Bürgerentscheids beauftragt worden.
Die Ergebnisse der Unterschriftenprüfung und der juristischen Gutachten bilden die Grundlage für eine Vorlage an den Gemeinderat. Entsprechend der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg wird der Gemeinderat in seiner Sitzung am 20. Dezember entscheiden, ob das Bürgerbegehren zulässig ist.
"Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die Voraussetzungen der Gemeindeordnung für die Durchführung eines Bürgerentscheids nicht vorliegen", so das Fazit der Gutachter. Und weiter: "Nachdem das Bürgerbegehren nicht zulässig ist, empfehlen wir dem Gemeinderat, das Bürgerbegehren abzulehnen. Es besteht kein Ermessensspielraum, ob ein Bürgerentscheid sinnvoll ist oder nicht, sondern es geht bei der Frage der Zulässigkeit um eine reine Rechtsfrage."
Gegenstand des Bürgerbegehrens sind fünf Teilfragen, die zu einer einheitlichen Fragestellung verbunden werden, die die Gutachter in den vergangenen Wochen auf ihre Zulässigkeit geprüft haben. So geht es in der ersten Teilfrage um den "Ausstieg der Stadt Stuttgart aus dem Projekt Stuttgart 21". Die zweite Teilfrage behandelt die Ergänzungsvereinbarung zwischen der Stadt und den anderen Projektpartnern. In Teilfrage drei soll eine Änderung der Kaufverträge der Stadt mit der Deutschen Bahn verhindert werden.
Die vierte Teilfrage des Bürgerbegehrens soll erwirken, dass die Stadt Stuttgart "keine weiteren Verträge über dieses Projekt abschließt." In der letzten Teilfrage werden die Unterzeichner gefragt, ob sie dafür sind, dass "dies den Vertragspartnern mit dem Ziel des Abschlusses einer Aufhebungsvereinbarung mitgeteilt wird."
Die Gutachter sehen alle fünf Teilfragen und damit das gesamte Begehren als unzulässig an. So heißt es im Gutachten von Dolde & Partner: "Bei Bürgerbegehren, die mehrere Fragestellungen zu einer einheitlichen Frage koppeln, betrifft die Unzulässigkeit einer der Teilfragen das gesamte Bürgerbegehren; es ist insgesamt unzulässig. Selbst wenn man abweichend von der hier vertretenen Auffassung, z.B. die Teilfrage nach dem Verbot des Abschlusses weiterer Verträge für inhaltlich hinreichend bestimmt hält, wäre das Bürgerbegehren, das einheitlich auf einen "Ausstieg" gerichtet ist, insgesamt unzulässig."
Am kommenden Donnerstag wird der Gemeinderat über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens entscheiden. Schuster: "Aufgrund des Ergebnisses der Gutachten besteht kein Spielraum für eine andere Entscheidung."
Sollte der Gemeinderat auf Basis der Rechtsprüfung ein Bürgerbegehren als unzulässig ablehnen, kann gegen diesen Beschluss innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden. Hilft die Stadt dem Widerspruch nicht ab, hat das Regierungspräsidium die Rechts- und Sachlage zu prüfen. Die Dauer dieses Verfahrens ist offen. Gibt das Regierungspräsidium dem Widerspruch statt, wird der Gemeinderatsbeschluss aufgehoben und der Bürgerentscheid wird durchgeführt. Andernfalls haben die Initiatoren des Bürgerbegehrens die Möglichkeit, vor dem Verwaltungsgericht gegen die Entscheidung zu klagen.
"Die Entscheidung für Stuttgart 21 wurde auf breiter demokratischer Basis getroffen", so Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster. "Ob Bürgeranhörungen, Diskussionen oder offene Bürgerbeteiligungen - über alle Jahre hinweg konnten sich die Bürgerinnen und Bürger immer wieder wesentlich in die Projektplanung zu Stuttgart 21 einbringen. Der von den Bürgern gewählte Gemeinderat hat sich immer wieder mit einer Dreiviertelmehrheit für Stuttgart 21 ausgesprochen. Darüber hinaus wurde das Projekt in den vergangenen Jahren rund 170 Mal in den öffentlichen Sitzungen des Gemeinderats behandelt."
OB Schuster weiter: "Die Organisatoren des Bürgerbegehrens gegen Stuttgart 21 haben die Rechtslage gekannt. Sie tragen die Verantwortung für das Scheitern des Bürgerbegehrens. Sie haben den gutgläubigen Unterzeichnern Sand in die Augen gestreut. Offensichtlich geht auch die Gemeinderatsfraktion der Grünen davon aus, dass das jetzige Bürgerbegehren unzulässig ist, sonst hätten diese nicht einen neuen Antrag gestellt. Dieser steht ebenfalls am 20. Dezember auf der Tagesordnung des Gemeinderats."