Ein RIESEN POST ----aber ist ja schliesslich auch ein Buch.........
ShortBooks
Wissen ist Macht 5 Lügen, die Liebe betreffend
Hauptaussagen
"Schuld und Zweifel aber schaffen den Boden für 'Experten', jene berufsmäßigen Verkünder moderner, zeitgeistiger Partnerschaftsideale. Wie ich darlegen werde, versprechen diese Experten die Lösung jener Probleme, an deren Entstehung sie beteiligt sind oder die sie sogar hervorgerufen haben."
Das, was wir unter Liebe und Partnerschaft verstehen und leben, ist nicht natürlich, sondern unterliegt vielen Prägungen von Seiten der Kultur, der Religion sowie der Medien.
Das, was uns derzeit die Medien, Psychologen und 'Experten' an Bildern, Idealen und Ansprüchen hinsichtlich Liebe und Partnerschaft vermitteln und aufdrängen, überfordert uns.
Durch deren Ideologien und Ratschläge gehen mehr Partnerschaften kaputt als dass sie förderlich wären.
Es geht darum, uns von diesen von außen kommenden Ansprüchen so weit wie möglich zu befreien. Stattdessen sollten wir Partnerschaft intuitiv und nach unseren eigenen stillschweigenden oder abgesprochenen Regeln, Vorstellungen und Bedürfnissen leben.
Rezension
"Im Verkauf ihrer Ideale und ihrer Widersprüchlichkeit unterscheiden sich Psychologen oft wenig von Theologen und Priestern."
Mit dem neuen (Anti-)Ratgeber des Hamburger Paartherapeuten Michael Mary kommt eine große Erleichterung auf alle Paare zu. Wortgewaltig und bissig attackiert er die überzogenen und unangemessenen Ansprüche von Psychologen, Experten und den Medien an eine Partnerschaft und ermuntert uns, sie kritisch zu hinterfragen und nach unseren eigenen Vorstellungen zu leben. Kenntnisreich und durch historische sowie kulturelle Vergleiche, entlarvt er viele Selbstverständlichkeiten und vermeintlich wissenschaftliche Erkenntnisse als unhaltbare Dogmen und Ideologien, weshalb sie nicht einmal von deren Verbreitern tatsächlich erfüllt und gelebt werden könnten.
ShortBook
"Der historische Abriss wird unter anderem zeigen, dass die heute verbreitete Ansicht vom Zusammenhang der Bereiche Partnerschaft und Sexualität über keinerlei geschichtliche Kontinuität verfügt, es zu allen Zeiten Partnerschaften frei von Sexualität und sexuelle Beziehungen unabhängig von Partnerschaften gab, alte Kulturen neben der Ehe über andere Formen legalisierter Geschlechtsbeziehungen verfügten..."
Historischer Abriss über Partnerschaftsformen
Nur allzu leicht sind wir verführt anzunehmen, dass die Art von Partnerschaftsbeziehung, die wir heutzutage führen, gleichsam natürlich oder gottgewollt sei. In Wirklichkeit ist sie von gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und religiösen Faktoren bestimmt. Ein Blick in die Geschichte zeigt uns, wie vielfältig Beziehungen zwischen den Geschlechtern ausfallen können.
Bei den südamerikanischen YanomamiIndianern, Beispiel einer uralten Kultur, findet der Geschlechtsverkehr der Ehepartner in der Hütte statt, geduldete außereheliche Kontakte im Wald.
Bei den Pygmäen tauschen sich die Frauen untereinander interessiert über die tolerierten Seitensprünge ihrer Männer aus. Ebenso herrschte
Bei den Römern neben der Einehe fast gleichberechtigt das Konkubinat, das heißt: die außereheliche Geschlechtsgemeinschaft.
o Dabei stammten die Geliebten aus höheren Schichten und wurden von den wohlhabenden Männern ausgehalten. Die Kinder aus diesen Verhältnissen waren jedoch nicht erbberechtigt.
o Da in Rom die Möglichkeit der Adoption weit verbreitet war, unterlagen die römischen Frauen keiner Zeugungsverpflichtung. Sie waren für das sexuelle Wohlergehen des Mannes zuständig.
o Scheiterten sie damit, so begab sich der Ehemann zur Prostituierten. Das wurde nicht nur toleriert, man betrachtete die Prostitution als Schutzfunktion gegenüber der Ehe. Der Mann wurde dadurch von der Einmischung in fremde Partnerschaften abgehalten.
Im Mittelalter versuchte die Kirche die Ehe zusehends unter ihre Kontrolle zu bringen. Außer mit Einschränkung beim einfachen Volk gelang ihr das jedoch nur unzureichend.
o So hielten sich neben der Ehe weitere legale und nicht legale Beziehungen, etwa Prostitution, Konkubinat oder sogar das Priesterkonkubinat.
o Die Ehen, die der Adel schloss, waren von politischen und wirtschaftlichen Motiven getragen. Die Ehepartner hielten emotionale Distanz zueinander und Leidenschaft war verpönt. Die wurde anderswo ausgelebt.
o Auch die Bauern und Handwerker ließen sich bezüglich der Ehe von wirtschaftlichen Gründen leiten. Vieh, Land und Mitgift waren dominierende Beweggründe. Gleichen Grunds wurde sogar innerhalb der Verwandtschaft geheiratet; der Besitz sollte innerhalb der Familie bleiben.
Im frühindustriellen Zeitalter und aufkommenden Bürgertum wurden die Menschen unabhängiger vom Landbesitz und von Vermögen, da sie sich auf ihrer Hände Arbeit verlassen konnten.
o So kam zu den wirtschaftlichen Überlegungen das Motiv der persönlichen Zuneigung hinzu. Die Ehepartner sollten sich auch sympathisch sein und mögen.
o Vor allem das Bürgertum idealisierte und romantisierte die Liebe und stilisierte sie zu einem Ideal. Jungen und Mädchen wurden zwecks einer geschlechtsspezifischen Erziehung getrennt. Diese Distanz zueinander leistete der Sehnsucht, Verklärung und Idealisierung des anderen Geschlechtes Vorschub.
Die Romantik stieß noch den letzten Rest an vernünftigen oder wirtschaftlichen Erwägungen ab. Es wurde die reine Liebesehe hoch in den Himmel gehoben. Es wurde vom einzigen und wahren Lebenspartner geträumt. Aber um ihn zu finden, schlich sich die serielle Monogamie, das heißt: hintereinander wechselnde Partnerschaften, ein. Denn schließlich konnte man den wahren Partner ja nur durch 'trial and error' - durch Versuch und Irrtum - finden.
Heute übrigens sind wir in Bezug auf die Motive und die Form der Partnerschaft scheinbar relativ frei. Mehr denn je ist die Ehe von materiellen Versorgungsaufgaben befreit. Um so mehr werden oft hohe Ansprüche an die Partnerschaft gerade in Punkto Liebe, Leidenschaft und Sexualität gestellt. Diese Anforderungen werden oft zumeist außen - durch Presse, Medien, Psychologen und vermeintliche Experten - an uns herangebracht und durch das ständige Bombardement verinnerlicht.
"Durch die Deutungen der Psychologen bekommt Sexualität eine gänzlich neue Aufgabe; und zwar die abwegige Aufgabe der Absicherung von Partnerschaft."
Die fünf "Lügen" bezüglich Partnerschaften
Die von den Psychologen und Medien an Partnerschaften gestellten ideologiebehafteten Ansprüche und Forderungen kann man zu folgenden fünf "Lügen" zusammenfassen:
1. Die Partnerschaftslüge Sie bezieht sich auf die Sexualisierung der Partnerschaft zum einen und die Pathologisierung derselben zum anderen durch Psychologen und Experten. Sie behaupten im Allgemeinen, dass die Basis der Partnerschaft in der Sexualität liege, und eine gute fortlaufende und leidenschaftliche Sexualität auf eine konstruktive und reife Beziehung schließen lasse und umgekehrt. Es werden also zwei Bereiche miteinander verknüpft, die auch historisch keineswegs immer miteinander verbunden waren. Tatsächlich lässt zudem statistisch und erfahrungsgemäß Sexualität im Laufe einer vertrauten Partnerschaft langsam nach. Das kann man darauf zurückzuführen, dass das Feuer der Sexualität durch das Unbekannte und Fremde geschürt und durch das Vertraute gedämpft wird. Das ist also ganz in Ordnung und natürlich. Darüber hinaus kann man sich auch bewusst für eine Partnerschaft entscheiden, in der der Schwerpunkt auf einem anderen Bereich liegt und in der Sexualität keine herausragende Rolle spielt. Durch die Anforderungen von Psychologen und Experten sowie deren Idealisierung einer vermeintlich gesunden und kaum realisierbaren Partnerschaft werden jedoch Schuldgefühle, Zweifel und Unsicherheiten gesät sowie zufriedene Partnerschaften mindestens der Tendenz nach pathologisiert.
2. Die Liebeslüge Sie besagt, dass Liebe und Sexualität untrennbar miteinander verbunden sind. Wer sich liebt, hat Sex, weil Sex die intimste partnerschaftliche Kommunikation ist. Sex ohne Liebe ist emotionslos. Im Umkehrschluss bedeutet diese These aber, dass, wenn in der Partnerschaft der Sex nachlässt, auch nicht mehr genug Liebe vorhanden ist. Das hat verheerende Folgen. Denn dann leidet man unter Schuldgefühlen und/oder nötigt sich entgegen dem eigenen Bedürfnis zu mehr Sex mit dem Partner, weil es doch gar nicht sein kann, dass man ihn nicht mehr liebt. Umgekehrt ist Sexualität derart machtvoll und kann als Bühne psychischer Prozesse und Konflikte fungieren, so dass es ihr nicht entspricht, notwendig auf das Terrain einer partnerschaftlichen Liebe eingeengt zu werden. Psychologen bemänteln dies zwar als unreif und infantil, aber die Geschichte ist voll von anerkannten Gegenbeispielen bis hin zu religiösen Orgien.
3. Die Romantik- oder Traumpartnerlüge Diese suggeriert, dass man ein wundervolles Beziehungs- und Sexualleben führen wird, wenn man nur den oder die Richtige fände. Alle Probleme und Verständigungsschwierigkeiten fallen dann wie von allein weg, und man hat alles, was man sucht. Auch die Medien gaukeln uns ständig vor, dass es so etwas gibt. So werden einem permanent prominente Traumpaare vorgeführt. Vor kurzem waren es noch Barbara und Boris Becker. Wenn es dann doch nicht klappt, fällt das Publikum aus allen Wolken, kann es gar nicht glauben und hegt Hoffnung, dass sich die Beiden wieder versöhnen. Klappt es dann aber immer noch nicht, so rätseln die Medien und Psychologen, an was es gelegen haben mag. Die Traumpartnerlüge sieht die Schuld nie in den eigenen Träumen und zu hoch gesteckten Erwartungen, sondern immer im Partner, der wohl doch nicht der Richtige war. Er wird kritisiert und es finden Machtkämpfe statt bis hin zur Trennung. Überdies macht die Beendigung der Beziehung den Weg frei, um nach diesem Irrtum nun endlich seinem wirklichen Traumpartner zu begegnen.
4. Die Techniklüge Sie besagt, dass die Partnerschaft vorwiegend durch Sexualität erhalten wird und dass wir demgemäß nur alle ausgeklügelten Techniken und Raffinessen kennen und anwenden müssten, um eine befriedigende und dauerhafte Partnerschaft realisieren zu können. Diese Ideologie ist also zielorientiert. Wenn wir derzeit auch von Gegenströmungen lesen, welche das Abkommen von der Orgasmusfixiertheit vorschlagen, so haben doch die meisten Sexualtechniken die Befriedigung und den Höhepunkt des Partners zum Ziel. Da wird gar zwischen absolutem und flachem, einfachem und multiplem Orgasmus differenziert, sowie nach Dauer und Intensität. Männer können lernen, einen trockenen Orgasmus zu erlangen, indem sie zwischen Orgasmus und Ejakulation unterschieden, um selbst öfters hintereinander zum Höhepunkt zu kommen und dadurch auch der Frau länger und ausdauernd leidenschaftlich zur Verfügung zu stehen. Dazu ist beispielsweise die Beherrschung der Unterleibs- und Penismuskulatur zu trainieren. Diese mitunter seltsam anmutenden Methoden, die seit einigen Jahrzehnten vermehrt veröffentlicht werden, anfangs in Fachpublikationen, heute in der Publikumspresse, sind in Wirklichkeit einige tausend Jahre alt und stammen gerade aus der außerehelichen Tradition. Trotz ihres Alters konnten sie bis heute Partnerschaftsprobleme
Fünf Lügen, die Liebe betreffend nicht lösen. Eher wird die Partnerschaft dadurch unter Leistungsdruck gestellt. Vorübergehend können solche Techniken für eine spannende Abwechslung sorgen, doch bald werden sie zu neuer Routine und damit langweilig.
5. Die Partnerlüge Im Zusammenhang der hohen Anforderungen und Ansprüchen, die an eine Partnerschaft von Seiten der Medien, Psychologen und Ratgeber-Bücher gestellt werden, bedeutet die Partnerlüge, sich selbst und den Partner dahingehend zu belügen, dass man sich gegenseitig total begehrt, befriedigt ist, sowie den Anderen befriedigt. In früheren Epochen wurde von der Sexualität nicht die Kittung von Ehen erwartet. Aber aufgrund des hohen Stellenwertes, den die Sexualität heu-te einnimmt, hervorgerufen zum einen durch ihre jahrhundertelange Unterdrückung, welche ihr gerade dadurch Bedeutung zukommen ließ, zum anderen durch die heutige Überschwemmung mit sexuellen Bildern und Inhalten, erweckt ein naturwüchsiges Nachlassen des Begehrens und der Lust oft Schuldgefühle. Schnell strengt man sich daher meist an, ein noch besserer Liebhaber zu werden und spielt sich selbst und dem Partner etwas vor. Man steht nicht zu seinem eigenen Befinden und seinen Bedürfnissen aus der Angst heraus, dem geforderten Ideal nicht zu entsprechen und ein Versager zu sein.
Teil 2 folgt ........