Verallgemeinern lässt sich diese Angabe allerdings nicht.
Für Deutschland gibt es nicht einmal seriöse Schätzungen. In der DGGG-Studie meldeten 481 Kliniken nur zwölf Fälle obwohl der Zeitraum der Vorfälle nicht eingeschränkt war. Sie alle seien zudem glimpflich verlaufen und vor der Entlassung aufgeklärt worden. "Wir gehen aber von einer Dunkelziffer aus", sagt DGGG-Präsident Jonat zu SPIEGEL ONLINE. "Die Tatsache, dass es zwölf aufgeklärte Fälle gibt, spricht ja für sich." Das lässt vermuten, dass längst nicht alle Fälle gemeldet werden. Und Verwechslungen, die nie aufgeklärt werden, tauchen naturgemäß auch in keiner Statistik auf.
Verwechslung trotz Verdacht der Mutter
Stattdessen gehen immer wieder Einzelschicksale durch die Medien. Bei Blutuntersuchungen oder Gentests platzt nach Wochen, Monaten oder gar Jahren die Nachricht in eine Familie, dass ein Kind andere leibliche Eltern hat. Der US-Amerikaner Jeff Aldridge, ein Anbieter von Hightech-Sicherheitsgerät für Säuglingsstationen,
führt auf seiner Website Buch über solche Meldungen. Der SPIEGEL zählte einige Dutzend solcher Schicksale in den letzten 20 Jahren, fünf davon in Deutschland. Doch die meisten Verwechslungen werden wahrscheinlich nie entdeckt und aufgeklärt. Weil weder die Polizei noch Staatsanwaltschaften oder Innen- und Familienministerien eine Statistik führen, bleibt jede Hochrechnung Spekulation.
Zuletzt erregte ein Fall im Saarland für Aufsehen. Im Sommer 2007 war in einer Klinik in Saarlouis
die Tochter einer Frau mit einem fremden Kind vertauscht worden. Zwar hatte die Mutter noch protestiert, weil sie glaubte, eine Verwechslung bemerkt zu haben. Doch das Pflegepersonal habe sie beschwichtigt, berichtete sie später. Erst nach Wochen führte ein Vaterschaftstest in der Familie des anderen Kindes auf die Spur der Verwechslung.