hallo merkur-uranus, sucher der absoluten wahrheit
fünf astrologen kommen zu fünf verschiedenen deutungen. das erinnert mich an erfahrungen mit ärzten. aber jenseits von subjektiven erfahrungen gibt es ja auch leute, die sich über aussagemöglichkeiten gedanken machen - und die sind bei komplexen, selbstreferenziellen systemen, wie es etwa der mensch nun mal ist, schlichtweg begrenzt. es gibt keine ganzheitliche aussage "das bin ich" ... ich müsste mich, wollte ich meine aussagen über mich nicht sträflich ideologisch verkürzen, je nach gerade gegebenem kontext sehr unterschiedlich beschreiben.
auch die astrologie befasst sich mit einem solchen komplexen, selbtreferenziellen system - mit evolutionären strukturen, die in der kosmischen entwicklung ebenso wie in der individuellen anzutreffen sind. auch hier wirst du - je nach kontext - sehr unterschiedliche aussagen nicht als widerspruch, sondern geradezu als notwendigkeit antreffen. "die astrologie" als großer rahmenbegriff für methoden, die auf einer gemeinsamen grundannahme beruhen, mündet in vielerlei praktische verfahren, die durchaus unterschiedliche sprachen sprechen.
es ist auch kein widerspruch, wenn die eine "schule" im saturninen die mütterlichen aspekte betont und die andere schule die väterlichen ... es gibt da ja auch noch die varianten großvater und großmutter ... de facto hat jedes zeichen wie yin und yang eine "weibliche" und eine "männliche" ausprägung, und wir können die eine oder die andere beschreiben. und es können beide zu stimmigen ergebnissen gelangen ... nur eines können wir nicht: in beschreibender sprache die ganzheit eines prinzips formulieren. das geht nur sequentiell.
weiterer gesichtspunkt: es hat sich inzwischen wohl schon durchgesetzt, dass auch väter mütterliche eigenschaften aufbringen und mütter väterliche - wie ja überhaupt "eigenschaften" einer person nicht der person als qualität anhaften, sondern konstrukte des jeweiligen betrachters der person sind. astrologe und klient konstruieren in einem zeitgemäßen erkenntistheoretischen kontext ihren deutungsrahmen und verwenden dabei chiffren wie "vater" und "mutter". der saturn in einem horoskop ist zunächst mal nichts anderes als die abbildung einer astronomischen position. bedeutung erlangt sie erst durch deutung. im prozess des deutens erhält sie ausprägungen wie "mütterlich" oder "väterlich", und da kommt dann empirie zum tragen - aber nicht als beweis, "dass etwas wahr ist", sondern als erfahrung, dass es nützlich ist, manche kontexte in dieser und manche in jener weise zu betrachten.
@kai küste: "die frau steht links vom mann" gilt in der systemischen arbeit nicht als gesetz, sondern es wurde als ausdruck einer häufig anzutreffenden ordnung (vor allem von den phänomenologischen vertretern des stellens) wahrgenommen. jede korrekte aufstellung muss solche positionen im einzelfall vor allem aber auch überprüfen, und da kommt es nicht selten vor, dass es sich als "mehr in ordnung" anfühlt, wenn die frau rechts steht. es kommt darauf an, was für diesen konkreten klienten stimmig erscheint. wenn dem eine generelle ordnung ("wahrheit") übergestülpt werden soll, wäre das ein missbrauch systemischer arbeit. und speziell die transpersonalen aspekte systemischer beschreibungsmodelle haben mit komplexen, beweglichen kommunikationsstrukturen zu tun und nicht mit starren factsheets.
faszinierend übrigens, wenn du leuten wie varga von kibed zuhörst, welchen respekt die jenen entgegenbringen, die vor ihnen geforscht und grundlagen geschaffen haben. da wirst du nie etwas wie "assagioli ist schnee von gestern" hören.
alles liebe,
jake