Liebe Angie,
nach meiner Meinung sollte man den Kindern Güte und Zuwendung schenken, die unliebsamen Dinge im Leben stellen sich ganz von selbst ein. Meistens sind es dann die Perfektionisten unter den Eltern, die sich damit ihre perfekte Welt erschaffen möchten. Jedes Kind ist anders, was also für das eine Kind gut ist, kann für ein anderes zum Nachteil werden.
Ich möchte, dass Kinder lernen sich selbst treu zu bleiben und mit ihren Stärken und Schwächen richtig umzugehen. Eventuell gelingt ihnen das ja leichter, wenn man diese Haltung einfach nur vorlebt. Es gibt für ein Kind nichts Schlimmeres, als wenn es Ideale vorgesetzt bekommt, die es nicht erfüllen kann.
Was aber tun, wenn nun ein solches Kind groß geworden und nun für sein Seelenheil selbst verantwortlich ist? Wäre es da nicht sinnvoll, zu diesem Kind in uns etwas gütiger zu sein, anstatt es seiner Unzulänglichkeiten wegen ständig zu demütigen? Es reicht doch schon, wenn das andere für uns erledigen.
Es ist auch für eine Umkehr zu sich selbst nie zu spät, denn wir sind es ja tief unserem Herzen ohnehin wir selbst geblieben. Wir brauchen diesem Kind also nur mit Güte die Hände reichen, um es aus seinem Schlaf zu wecken – wie es auch die Engel gerne tun. Hatten sie uns nicht schon in der Kindheit begleitet und schlagen so die Brücke zu den guten Erinnerungen aus jener Zeit?
Die Güte zu unserem inneren Kind sollte aber keinesfalls als Sanktionierung von allerlei Unarten missbraucht werden. So wie die Unverletzlichkeit unserer eigenen Persönlichkeit an erster Stelle steht, so sollte dies auch für unseren Nächsten gelten.
Gestern hatte ich mit meinem kleinsten Enkel (6 Jahre) Opa-Tag, da mussten wieder dringend aus Lego neue Gebäude und Schiffe in unserer Hafenstadt gebaut werden. Da bleibt natürlich keine Zeit, um über die eigene Befindlichkeit nachzudenken: Opfer müssen halt gebracht werden.
Nun ja, der Große ist mit seinem Studium beschäftigt und die beiden mittleren mit ihren Freunden. Da wird mir immer wieder bewusst, wie schnell diese besonderen Gemeinsamkeiten mit den Kindern vorübergehen.
Trotz all der guten Dinge gibt es natürlich auch bei mir gelegentlich ein paar dunkle Wölkchen am Firmament. Zurzeit machen mir einmal wieder die Augen zu schaffen und da wird wohl in absehbarer Zeit eine kleinere Operation unumgänglich werden. Du siehst, auch ich bedarf gelegentlich des Trostes und der schützenden Hände meiner Engel.
Merlin
Lieber Merlin,
Ich wünsche dir für deine angehende Operation, alles Gute. Ich habe mit den Engeln gesprochen, dass sie auf dich aufpassen sollen.
Opa-Tag also, ja die Kinder. Schön, dass du was mit ihnen unternimmst und ja, man ist dann abgelenkt von allem Übel auf der Welt
und man vergisst auch, die eigenen Probleme.
Ich habe auch zwei Nichten und einen Neffen. Die zwei Nichten sind 20 und 21 Jahre alt, der Neffe 16. Da brauchen die ihre olle Tante
kaum noch.
Mit einer Nichte, schreibt der Wolfgang oftmals auf WhatsApp, sie fragt dann schon mal, wie geht es Tante Angelika. Sie ist ein wahrer
Engel. Ein ganz liebes Mädchen. Hat jetzt mit 21 ihren ersten festen Freund, ihre Eltern sind im Grunde nicht einverstanden mit ihm.
Ich finde, das muss Nadine ( so heißt sie), selber wissen. Das kann man den Eltern nicht sagen, denn was sie denken, ist Gesetz.
Meine andere Nichte ( Delia heißt sie ), ist ganz anders drauf. Sie ist ein bildschönes Mädchen, aber sie ist ein Luder ihren Eltern
gegenüber. Sie hat keinen Respekt und beschimpft ihre Eltern oft.
Bei mir traut sie sich das nicht, ich habe ihr gesagt und gezeigt, mit mir nicht. Ich habe jedoch kaum Kontakt zu ihr. Als sie jünger war,
war das anders.
Sie rief jedoch nur an, wenn sie was wollte. ( Handy, oder so). Einmal brauchte ich ihre Hilfe. Wir hatten uns eine neue Katze angeschafft,
sie sollte mit auf die Kleine aufpassen, dass der Kater sie nicht angreift. Knapp drei Wochen blieb sie, nein, nicht umsonst, wo denkst du
hin? Sie bekam was sie wollte und obendrein noch eine Musikanlage dazu. Dann hat sie noch Geld bekommen, dafür hat sie hier was in
der Wohnung getan.
Da habe ich auch ihr Wesen erkannt. Ein Beispiel dafür. Wir saßen zusammen und haben gequasselt. Vielleicht sollte ich noch erwähnen,
sie war damals 13 Jahre alt. Sie wollte mich provozieren, sie nahm sich eine Zigarette aus meiner Schachtel und dachte, ich würde mich
aufregen. Falsch gedacht, ich sagte ihr, da liegt das Feuerzeug. Sie nahm es und ich sagte ihr, wenn du dir die Zigarette anmachst, rauchst
du sie auf, auch wenn es dir schlecht davon wird, du rauchst sie auf.
Sie war total entsetzt und legte die Zigarette wieder hin und sagte, du bist aber hart, Tante Angelika.
Nun quatsch ich dich mit meinen Erlebnissen, in meiner Familie zu.
Wie meinst du das mit deem demütigen? Ich kann nicht gut zu mir selber durchdringen. Bei mir ist immer alles so verdreht. Abschalten
kann ich auch sehr schlecht, vor allem, wenn hier Ruhe einkehrt. Da schwirren mir so viele Gedanken durch den Kopf. Und nicht alle
sind gut. Keine Ahnung, was das bei mir ist. Manchmal wünschte ich mir, mein Gehirn wäre hohl.
Liebe Grüße Angie