Das Christentum setzt ja von Anfang an auf die Trennung: "Gott" ist etwas anderes als "die Welt". (Heutzutage sehen das viele Menschen anders, aber mir dreht es sich hier um die traditionelle und offizielle Linie der Kirche)
Meine Frage: Stimmt es dass allgemein im Christentum vornehmlich die Ratio angesprochen wird, relatives und trennendes Denken herrscht? Stimmt es dass allgemein im Christentum spirituelle Erfahrung, absolutes Wissen weniger bis gar nicht beachtet werden?
Es gibt heutzutage unzählige christliche Kirchen und Splittergruppen.
Lassen wir mal die kleineren Grüppchen beiseite.
Was erwartest du von den Lehrmeinungen der etablierten Kirchen?
Die drehen sich doch bekanntlich wie das Fähnchen im Wind.
Ich war erstaunt, als ich jüngst einen Theologen im Radio über den Ausspruch sinnieren hörte: "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst".
Er sagte, das sei falsch, die korrekte Übersetzung sei: "Liebe deinen Nächsten ALS dich selbst", denn der andere sei nicht getrennt von dir etc.
1000 Jahre hat die Kirche Trennung gelehrt, vor allem die Trennung zwischen dem erbärmlichen Menschengeschöpf und dem fernen Gott, zwischen Diesseits und Jenseits, zwischen Natur und Schöpfer, zwischen Gut und Böse.
Dieser Theologe liegt mit seinen Anschauungen heute bestimmt gut im Trend, vor 500 Jahren hätte man ihn als Ketzer hingerichtet.
Franz von Assisi hätte man auch am liebsten verbrannt. Der einzige Grund, es nicht zu tun, war, daß seine Anhängerschar bereits zu groß war. Also tat man das politisch klügste: Statt ihn auszugrenzen, verleibte man ihn sich ein.
Von den Mystikern und Visionären geht immer eine Gefahr aus, denn sie sind selbstlos und zu allem bereit. Vor ihnen hat sich die Kirche seit jeher gefürchtet. Erst nach Jahrhunderten, wenn abzusehen ist, daß von ihnen nichts mehr droht, werden sie zögerlich anerkannt und bestätigt oder andererseits nach "weisem" Beschluß verworfen oder totgeschwiegen.
Wer weiß heute schon etwas von einem Miguel de Molinos oder einem Abbe Vachère?
Weshalb das Probelm mit Medjugorje?
Verständlich, denn warum sollte der Koloß das Risiko eingehen, sich von einem Niemand bezwingen und am Ende vielleicht sogar belehren zu lassen?
Kirche hat viel zu tun mit Verwaltung und Politik, aber wenig mit echter, gelebter Religiosität und wahrhaft lebendigem Glauben.
Yoyo